Parlamentskorrespondenz Nr. 993 vom 18.11.2009

Keine Jugendlichen in Sonnenstudios!

Nationalrat berät über Themen des Konsumentenschutzes

Wien (PK) – Eine Reihe von Themen des Konsumentenschutzes standen nach der Debatte über Gesundheitsfragen im Mittelpunkt der Sitzung des Nationalrats. Zunächst ging es um einen Fünf-Parteien- Antrag betreffend die Kennzeichnung von Lebensmitteln, der unter einem mit einem G-Antrag (367/A[E]) und zwei F-Anträgen (706/A[E] und 653/A[E]) debattiert wurde. Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) klagte über fehlende und irreführende Information der Kunden über die Herstellung und die Herkunft von Lebensmitteln in der Gastronomie und im Lebensmittelhandel. Enthält eine Pizza echten Käse, echten Schinken, enthält sie gentechnisch veränderte Produkte - all das könne der Kunde nicht erkennen, kritisierte der Redner. Kritik übte der Redner auch an mangelnden Risikobewertungen durch die zuständigen EU-Stellen und an mangelhafter Kontrolle durch die Länder.

Abgeordneter Johann MAIER (S) zeigte sich erfreut über den gemeinsamen Antrag, auf dem aufgebaut werden könne. Es fehle an Kontrolle, daher sei dem Minister zu danken, der das Jahr 2010 zum Jahr des Schutzes der Konsumenten vor Täuschung machen möchte. Maier warnte etwa vor Milchmischgetränken mit weit überhöhtem Zuckergehalt, die als gesunde "Zwischenmahlzeiten" beworben werden. Die Konsumenten brauchten ein Gütezeichen für gesunde Ernährung, sagte Abgeordneter Maier.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) unterstütze den Fünf-Parteien-Antrag für ein Gütezeichen für gesunde Lebensmittel und warnte vor ungenauen Bezeichnungen im "Gütesiegeldschungel" des Lebensmittelhandels. Die Rednerin warnte auch vor bedenklichen pseudowissenschaftlichen Werbemethoden und verlangte eine klare Kennzeichnung der Lebensmittel.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) machte darauf aufmerksam, dass Österreich in der Kennzeichnungspolitik auch von der EU abhängig sei. Der Fünf-Parteien-Antrag decke alle Bereiche ab, beim AMA-Biozeichen könne man sicher sein, dass keine gentechnisch veränderten Lebensmittel verwendet werden. Wenn man verlange, dass der Gastwirt ein Biosiegel einführe, müsse man ihm auch die Möglichkeit bieten, entsprechende Lebensmittel zweifelsfrei einkaufen zu können.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) sah die gemeinsame Initiative als ein gutes Zeichen und warnte einmal mehr vor der Irreführung der KonsumentInnen in der Lebensmittelwerbung. Der Redner machte auf die gentechnikfreie Fleischschiene der AMA aufmerksam und riet dazu, auch auf europäischer Ebene aktiv zu werden und dieses Gütesiegel auch in der EU zu positionieren. Qualitätssicherung verlangte Pirklhuber auch bei in die EU importierten Lebensmitteln und warnte auch hier vor der Täuschung der KonsumentInnen. Die Märkte sind europäisch, daher brauche es bei der Lebensmittelkennzeichnung eine europäische Politik. Kritik übte Pirklhuber an der EU-Organisiation EFSA wegen deren unzulänglicher Risikoeinschätzung.

Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) machte auf wachsende Ansprüche der Menschen an die Qualität der Lebensmittel aufmerksam und plädierte daher für ein Gütezeichengesetz. Ziel müsse es sein, den KonsumentInnen klar erkennbar zu machen, was in einem Lebensmittel enthalten sei. Dies gelte auch für Lebensmittel, die der Konsument in der Gastronomie, in Kantinen und durch Zustelldienste erwerbe. Mit einem solchen Gütezeichen könne man die hohe Qualität der österreichischen Landwirtschaft zur Geltung bringen.

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) warnte vor Lebensmitteln, bei denen es den KonsumentInnen immer häufiger den Magen umdrehe, und sprach sich zugleich gegen Produktbezeichnungen aus, deren Verständnis ein Chemiestudium voraussetze. Zanger plädierte dafür, den Ab-Hof-Verkauf zu forcieren, um dem Vertrieb künstlicher "Schummelprodukte" entgegenzutreten. 

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) verlangte eine klare Kennzeichnung, um den KonsumentInnen die weitverbreitete Unsicherheit zu nehmen. Den wertvollen Produkten der heimischen Landwirtschaft sollte in der Gastronomie mehr Chancen gegeben werden. Obernosterer plädierte für die positive Kennzeichnung heimischer Produkte auf den Speisekarten der Wirte und Hoteliers. Beginnen sollte man im industriellen Bereich, bei kleinen Betrieben sollte man aber vorläufig noch auf Freiwilligkeit setzen. 

Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) kritisierte Missbrauch bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln durch Einsatz von Ersatzstoffen. Das österreichische Lebensmittelgesetz sei sehr streng. Zu schützen seien die KonsumentInnen vor falsch gekennzeichneten Importprodukten. Statt unzähliger Gütezeichen sollte eine einheitliche Kennzeichnung für eine gute Information und für den Schutz der KonsumentInnen sorgen.

Abgeordneter Kurt GAßNER (S) plädierte für ein ordentliches Gütesiegelgesetz und sah die KonsumentInnen als die stärksten Partner der Bauern im Bemühen um eine starke, qualitätsorientierte Agrarproduktion in Österreich. Daher sei es ihm unverständlich, wenn sich die Landwirtschaft gegen ein neues Gütesiegel wehre. Er hoffe, dass der gemeinsame Antrag zu einem neuen Gütesiegel führe, damit die KonsumentInnen wissen können, was sie kaufen und essen.

Abgeordneter Harald JANNACH (F) betonte die Bedeutung effizienter Kontrollen. Der Redner warnte vor Gütezeichen, die den Eindruck erweckten, es würden heimische Produkte verwendet, ohne dass dies stimme. Daher plädierte der Abgeordnete für eine positive Kennzeichnung heimischer Agrarprodukte. Der Fünf-Parteien-Antrag sei ein Schritt in die richtige Richtung. 

Die dem Ausschussbericht angeschlossene Entschließung wurde einstimmig angenommen; die (negativen) Ausschussberichte über den G-Entschließungsantrag betreffend eine konsequente Herkunftsbezeichnung bei Lebensmitteln, über den F-Entschließungsantrag betreffend Verbot der Herstellung und des Verkaufs von "Schummelschinken" sowie über den F-Entschließungsantrag betreffend Überprüfung der Vielzahl an Gütezeichen wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

F- Antrag betr. Kennzeichnung von Fleisch abgelehnt

Abgeordneter Norbert HOFER (F) gab zu bedenken, dass die KonsumentInnen bei Fleisch, das mit dem A-Stempel versehen ist, annehmen, dass dieses Produkt auch sicher von heimischen Tieren stammt. Tatsache sei aber, dass Woche für Woche tonnenweise Rind- und Schweinefleisch nach Österreich gekarrt wird, obwohl in Österreich ausreichend hochqualitatives Fleisch von heimischen Bauern zur Verfügung steht, und dass dies nach der Schlachtung mit dem A-Stempel verkauft werden kann. Eine klare, transparente Kennzeichnung sei daher dringend notwendig.

Seine Fraktion werde den Antrag ablehnen, da er inhaltlich falsch sei, begründete Abgeordneter Johann HELL (S). Es sei jedoch richtig, dass die Vielzahl an Gütesiegeln bei Lebensmitteln die KonsumentInnen verwirre, räumte der Redner ein. Der A-Stempel stelle aber nur eine Bescheinigung der Genusstauglichkeit durch den Veterinär im Schlachthof dar; es handle sich dabei um kein Element der Lebensmittelkennzeichnung und es soll auch in Zukunft keines werden.

Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) war der Ansicht, dass unbedingt sichergestellt werden müsse, dass nur Fleisch von Rindern, die in Österreich aufgewachsen und gefüttert worden sind als österreichisches Fleisch gekennzeichnet werden kann. Und dafür soll es auch ein entsprechendes Kennzeichen geben, forderte er. Seinen Vorredner wies er darauf hin, dass der A-Stempel per Jahresende aufgelassen und durch den EU-Stempel ersetzt wird.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) konnte sich nicht vorstellen, dass der kleine A-Stempel, der zudem durch den EU-Stempel ersetzt wird, die KonsumentInnen so massiv verunsichere. Ein Qualitätskennzeichen, dass wirklich klar erkennbar und sehr bekannt ist sowie von unabhängigen Stellen gut kontrolliert wird, sei hingegen das AMA-Gütesiegel, das 95 % der ÖsterreicherInnen kennen. Höllerer trat daher mit Nachdruck dafür ein, dass dieses Gütesiegel auch in Zukunft – nach Auslaufen der Gütezeichenverordnung – weiter bestehen bleibt.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) wies darauf hin, dass im letzten Jahr 62.000 Schlachtrinder nach Österreich importiert worden sind. Im Inland bekommt das Fleisch dann das Genusstauglichkeitszeichen und sorgt dann für Missverständnisse bei den KonsumentInnen.

Auch Abgeordneter Bernhard VOCK (F) war der Meinung, dass dort, wo Österreich draufsteht, auch nur Österreich drinnen sein sollte. Ebenso wie sein Vorredner machte er darauf aufmerksam, dass der Import von Rindern und Schweinen in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Der Verdacht liege nahe, dass jene Tiere nur deshalb in Österreich geschlachtet werden, damit sie das heimische Gütesiegel bekommen.

Der – negative - Ausschussbericht über den F-Entschließungsantrag betreffend Kennzeichnung von Fleisch mit dem A-Stempel wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, der F-Antrag war somit abgelehnt.

Nationalrat einstimmig für Solarienverbot für Jugendliche

In einem weiteren Fünf-Parteien- Antrag ging es dann um ein Solarien-Benützungsverbot für Jugendliche. Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) begrüßte den vorliegenden Fünf-Parteien-Entschließungsantrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Benutzung von UV-Bestrahlungsgeräten durch Kinder und Jugendliche in Solarien zu verbieten. Es gebe eine Reihe von Untersuchungen, die allesamt zu dem Ergebnis kommen, dass die Solarienbenutzung besonders für junge Menschen unter 30 Jahren sehr schädlich sein kann und vor allem die Entstehung von Hautkrebs begünstigt. Außerdem bestätigen Messungen bei den eingesetzten Geräten, dass die Strahlenstärke fast überall zu hoch ist.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) schloss sich grundsätzlich ihrem Vorredner an und gab zu bedenken, dass insbesondere junge Menschen, die sich im Übermaß der UV-Strahlung aussetzen, in späteren Jahren eine Tumorerkrankung riskieren.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) begrüßte das Verbot der Benutzung von Solarien durch Kinder und Jugendliche sowie die Anbringung von

Warn- und Schutzvorschriften.

Das BZÖ werde den Antrag mittragen, weil er Kinder und Jugendliche schützt, urteilte Abgeordnete Martina SCHENK. Länder wie Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal und manche Regionen in Italien haben bereits ähnliche Maßnahmen umgesetzt, informierte sie. Was die Altersgrenze betrifft, so könnte sie sich vorstellen, diese mit 16 Jahren festzulegen. Kritisch hinterfragte sie eine Informationsbroschüre der Wirtschaftskammer Wien, in der für die Benutzung von Solarien durch Jugendliche geworben wird.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) betonte, dass künstliche UV-Strahlen noch wesentlich mehr Schaden anrichten als die natürlichen. Leider werde das Risiko aber von vielen Menschen deutlich unterschätzt. Eine aktuelle Studie habe aber belegt, dass der regelmäßige Besuch von Solarien mit einer Krebsrisikostufe 1, also als klar krebserregend, eingestuft wird. Im besonderen sei es notwendig, junge Menschen vor Solarien zu schützen, da das Risiko für unter 35-Jährige um 75 % höher ist.

Abgeordneter Gerhard STEIER (S) wies darauf hin, dass nun der Wirtschaftsminister am Zug sei, um die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu erlassen. Je mehr Sonne Kinder und Jugendliche abbekommen, desto höher sei das Risiko, im Erwachsenenalter an Hautkrebs zu erkranken, zeigte Steier auf. Hautärzte sagen, dass bei 50 Sonnenbädern im Jahr das Limit für die Haut von Mitteleuropäern erreicht sei, egal ob die Sonne vom Himmel oder aus der Röhre kommt. Auch sein Fraktionskollege Abgeordneter Christian FAUL unterstützte die gemeinsame Initiative aller fünf Fraktionen.

Das BZÖ werde diesem Antrag zustimmen, weil damit die Jugend geschützt werden kann, meinte Abgeordneter Stefan PETZNER. Er würde die Altersgrenze mit 16 Jahren festlegen, weil man in diesem Alter auch schon wählen kann oder rauchen darf. Ab dann soll man frei wählen können, ob man Solarien benutzen will oder nicht. Petzner war der Meinung, dass er selbst der lebende Beweis dafür sei, dass die Benutzung von Solarien auch gesund sein könne. Die Vorteile der Solarienbenutzung liegen nämlich in einer stimmungsaufhellenden Wirkung und einer vermehrten Produktion von Vitamin D.

Die dem Ausschussbericht beigeschlossene Entschließung wurde einstimmig angenommen.

BZÖ scheitert mit "umfassendem Konsumentenschutzpaket "

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) erläuterte die Eckpunkte des umfassenden Konsumentenschutzpakets des BZÖ, das u.a. die Verankerung des Konsumentenschutzes im Justizressort, die Weitergabe von Preissenkungen bei Energie, Zinsen etc. und die einheitliche Kennzeichnung von Finanzprodukten beinhaltet.

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) erinnerte daran, dass die Konsumentenschutzagenden in der Zeit der "schwarz-blauen" Regierung noch im Justizressort angesiedelt waren. Man habe aber damals alles daran gesetzt, um dem damaligen Sozialminister Haupt mit diesen Aufgaben zu betrauen. Das BZÖ müsste sich daher einmal darüber klar werden, was es wolle. Er sei auf jeden Fall gegen einen Wechsel, da er glaube, dass die Querschnittsmaterie Konsumentenschutz bei Sozialminister Hundstorfer bestens aufgehoben ist.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) machte Abgeordneten Dolinschek darauf aufmerksam, dass die meisten Forderungen des Antrags schon erledigt wurden. Verwundert zeigte er sich auch über den Wunsch des BZÖ, den Konsumentenschutz in das Justizressort zu übertragen, zumal es sich dabei um eine klassische Querschnittsmaterie handle.

Auch Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) hielt nicht so viel von der Verankerung des Konsumentenschutzes im Justizressort, weil das die Durchsetzbarkeit der Materie nicht erhöhen würde. Der Rest des Antrags sei ein Sammelsurium von bereits erledigten Forderungen und nicht umsetzbaren.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) gab zu bedenken, dass der Antrag Forderungen sehr unterschiedlicher Art enthalte. Für unterstützenswert hielt sie, dass Preissenkungen von Strom, Gas und Öl sowie Zinssenkungen direkt an die Konsumenten weitergegeben werden müssen sowie die Forderung nach einer transparenten Auszeichnung von Finanzprodukten.

Der (negative) Ausschussbericht über den B-Entschließungsantrag betreffend ein allumfassendes Konsumentenschutzpaket wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Schluss Konsumentenschutz/Forts. NR)