Parlamentskorrespondenz Nr. 998 vom 19.11.2009

Breit gefächerte Debatte über Österreichs Außenpolitik

Österreich bewirbt sich für einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat

Wien (PK) - Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) meinte im Zusammenhang mit dem B-Antrag betreffend Verbesserung der Haftbedingungen in den in China Laogai genannten Gefangenenlagern, der Antrag greife zu kurz. Man dürfe nicht ein Einzelproblem herausnehmen, zumal es solche Problemlagen weltweit gebe. Die weltweit meisten Gefangenen weise die USA auf, und die Haftbedingungen dort müssten auf das Schärfste kritisiert werden. Es brauche daher einen objektiven Antrag, wonach weltweit humane Haftbedingungen eingemahnt werden sollten. In diesem Zusammenhang brachte der Redner auch einen Entschließungsantrag ein.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) redete gemäß des Antrags des BZÖ der Schließung chinesischer Strafeinrichtungen das Wort und dankte all jenen, die sich für die Menschenrechte einsetzten, denn diese seien der SPÖ ein zentrales Anliegen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) sagte, es sei kein Widerspruch, die Menschenrechte weltweit einzumahnen und trotzdem dem B-Antrag die Zustimmung zu geben, denn beides diene einer nachhaltigen Befestigung der Menschenrechte. In der konkreten Problemlage müsse der Nationalrat eine klare Stellungnahme abgeben. Denn ein weltweites Umdenken müsse auf diesem Gebiet stattfinden, und dazu solle dieser Antrag einen Beitrag leisten.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) wies auf die Millionen Menschen hin, die seit 1949 in chinesischen Straflagern eingesperrt gewesen seien. Ein Drittel davon sei in diesen Lagern gestorben. Die Haftbedingungen müssten schärfstens bekämpft und diese Lager sofort geschlossen werden. In diese Richtung müsste auch der Antrag gehen.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Der F-Entschließungsantrag fand hingegen keine Mehrheit.

In der Debatte über die Folterung und Todesfälle Oppositioneller in iranischen Gefängnissen (G-Antrag) beklagte Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) eingangs, dass sämtliche Anträge seiner Fraktion, die so genannten Heimatvertriebenen betreffend, im Ausschuss abgelehnt worden seien. Zum Antrag selbst merkte der Redner an, in Österreich sei die Folter bereits unter Maria Theresia abgeschafft worden. Folter sei ein Verbrechen und müsste überall auf das Schärfste bekämpft werden, egal, ob diese durch den Iran oder durch die USA vorgenommen würde. Dagegen müsse man sich in Namen der Humanität zur Wehr setzen, denn die Menschenrechte seien unteilbar.

Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) meinte, besagte Anträge seien lediglich vertagt, nicht aber abgelehnt worden. Dann ging der Redner auf die Lage im Iran ein und votierte für die Annahme des gegenständlichen Antrags.

Abgeordneter Norbert KAPELLER (V) wies auf die Verantwortung und die Verpflichtung des Hauses hin, für die Rechte von politisch Andersdenkenden einzutreten, und dies gelte in besonderem Ausmaß für die Lage im Iran. Insofern hoffe er auf eine breite Annahme des vorliegenden Antrages.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) kritisierte die Menschenrechtssituation im Iran und meinte, es sei wichtig, hier auf den Iran entsprechenden Druck auszuüben und die Einhaltung der Menschenrechte auch im Iran einzumahnen. Gleichzeitig sprach er sich gegen Asylmissbrauch, gerade unter Berufung auf angebliche politische Verfolgung, aus.

Abgeordnete Alev KORUN (G) zeigte sich erfreut über die zu erwartende breite Zustimmung zu diesem Antrag und berichtete sodann über die aktuelle politische Lage im Iran. Man dürfe nicht zusehen, wie im Iran Menschen wegen ihrer politischen Anschauungen verfolgt würden. Umso wichtiger sei es, in Menschenrechtsangelegenheiten einen breiten Konsens gefunden zu haben.

Der Antrag wurde mit Mehrheit angenommen.

Unter einem wurden 3 V-S-Anträge verhandelt: betreffend weltweite Unterstützung von Meinungsfreiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen, Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den SR und Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) erklärte, Glaubens- und Gewissensfreiheit seien Grundrechte, die weltweit entsprechenden Schutz verdienten. Umso erfreuter sei sie, dass der Nationalrat auf diesem Gebiet eine einhellige Meinung vertrete. Sodann ging die Rednerin auf Detailaspekte der Thematik ein, so konkret auf die Lage der Aramäer.

Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) sprach dem Außenminister ihre Anerkennung für dessen Tätigkeit und für das Auftreten Österreichs im UN-Sicherheitsrat aus. Man habe viel beigetragen zu einer weltweiten Rechts- und einer umfassenden Schutzkultur. Diesem Ziel dienten auch die gegenständlichen Vorlagen, die durch die Rednerin in der Folge näher erläutert wurden.

Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) erinnerte daran, dass in Österreich bereits 1848 für die Grundrechte eingetreten worden war, und daher sei es auch besonders wichtig, für diese auch heute einzutreten, und zwar in einem globalen Maßstab. In diesem Zusammenhang wies der Redner darauf hin, dass der amtierende US-Präsident die diesbezüglichen Missstände, die sein Vorgänger geschaffen habe, noch nicht beseitigte. Doch auch in Europa sei das Problem nach wie vor virulent, man müsse daher aus Überzeugung überall für den Einhalt der Menschenrechte eintreten.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) unterstrich gleichfalls die Wichtigkeit der Menschenrechte, die überall verteidigt und gesichert werden müssten. Er signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zu den gegenständlichen Vorlagen. Auch Religionsfreiheit, schloss der Redner, sei ein Menschenrecht, das von niemandem hinterfragt werden dürfe.

Auch Abgeordnete Alev KORUN (G) bekräftigte die Bedeutung der Menschenrechte. Diese sollten weltweit einklagbar und gut geschützt sein. Es gelte, sie überall zu verteidigen, auch in der Türkei. Besonderen Schutz verdienten, so die Rednerin, Frauen und Kinder, weshalb man sich vor allem für sie besonders einsetzen müsse.

Bundesminister Michael SPINDELEGGER wies auf die lange Tradition des österreichischen Engagements für die Menschenrechte hin und meinte, diese Tradition sollte fortgesetzt werden. Daher sei er besonders erfreut über die breite Unterstützung dieses Kurses, die hier im Hohen Haus erkennbar sei. Besonderes Augenmerk schenkte der Minister dem Schutz von Zivilpersonen. Sodann kündigte er an, dass sich Österreich für einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat bewerben werde.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) behauptete, die Einhaltung der Menschenrechte sei ein ureigenes Anliegen ihrer Fraktion, weshalb ihr Klub die in Rede stehenden Vorlagen vollinhaltlich unterstütze und mittrage. Zum Fall Zogaj erklärte die Rednerin, dass dieser mit Populismus nicht zu lösen sei. Man habe die Menschenrechte auch in Österreich zu achten und einzuhalten.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) ging auf Berichte über die Verschleppung von Zivilpersonen in Konfliktregionen und über menschenrechtswidriges Verhalten gegen Familien, Frauen und Kinder ein und würdigte die Arbeit des Roten Kreuzes für Menschen, die unter Katastrophen und Menschenrechtsverstößen zu leiden haben. Nachdrücklich bekannte sich Abgeordneter Steindl auch zum Eintreten Österreichs für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu den drei Vorlagen an und meinte ebenfalls, Österreich dürfe bei Menschenrechtsverletzungen nicht wegschauen. Kritisch sah der Redner allerdings Menschenrechtsverletzungen in Nachbarländern sowie in der Türkei, die sich als EU-reif darzustellen versuche. Für die FPÖ stehe freilich fest: Die Türkei ist nicht EU-tauglich.

Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) ging auf die Situation in vielen Krisenherden ein und klagte über Opfer unter den Zivilisten und über schwere Menschenrechtsverletzungen, sexuelle Übergriffe sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in großem Umfang. Die Rednerin untermauerte die Forderung nach dem Schutz der Kinder und aller Zivilisten in allen Konfliktgebieten. Um betroffene Länder instand zu setzen, ihre Zivilbevölkerung zu schützen, sei ihnen finanziell zu helfen und die Umsetzung der Schutzmaßnahmen streng zu kontrollieren. 

Abgeordneter Franz GLASER (V) stellte die Frage, was Österreich in der Menschenrechtspolitik bewirken könne, und befürchtete, dass die Wirkung mit der Entfernung zu den Orten, an denen Menschenrechtsverletzungen beklagt werden müssen, abnehme. In diesem Zusammenhang lobte der Abgeordnete die Vermittlungsbemühungen von Außenminister Spindelegger im bewaffneten Konflikt auf Sri Lanka und das konfliktlösende Engagement Österreichs im UN-Sicherheitsrat. Wichtig sei es auch, Menschen den Rücken zu stärken, die sich vor Ort für die Einhaltung der Menschenrechte engagierten.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) mahnte die Einhaltung des Menschenrechts der Versammlungsfreiheit in Österreich ein und warnte vor der Störung politischer Versammlungen durch Aktivisten der Grünen. Als Beispiel nannte Vock die Störung einer RFS-Veranstaltung an der Universität Graz durch Grüne, die ihren "Erfolg" als einen "antifaschistischen" feierten, wie der Redner kritisierte. Der Appell des Abgeordneten lautete, politische Meinungsverschiedenheiten in Debatten und nicht auf der Straße auszutragen.

Die drei Ausschussentschließungen wurden einstimmig angenommen.

Zur Verhandlung standen hierauf: der Außenpolitische Bericht 2008, die Änderung des Konsulargebührengesetzes, Annex XVIII zum Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen der UN, ein Protokoll mit der Organisation der erdölexportierenden Länder und ein Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Österreich

Abgeordneter Wolfgang SCHÜSSEL (V) begrüßte jüngste Nachrichten über ein Allzeit-Hoch bei der Zustimmung der Österreicher zur Mitgliedschaft bei der Europäischen Union und rief dazu auf, sich mit der spannenden Zukunftsfrage zu befassen, welche Rolle Europa angesichts der sich möglicherweise entwickelnden Bipolarität USA - China spielen werde. Das ehrgeizige Programm Österreichs für seine Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat sei im Bericht gut beschrieben, lobte Schüssel und hob die besondere Rolle Österreichs bei den Peace Keeping-Missionen und in der internationalen Abrüstungspolitik hervor. Hier plädierte der Abgeordnete dafür, ein international einklagbares Abkommen zu schaffen, das die Anreicherung und Weiterverbreitung von Uran unter Sanktionen stellt. Schüssel bekannte sich ausdrücklich zu der Vision, die Welt bis 2030 atomwaffenfrei zu machen. Angesichts der Absicht mancher Staaten, sich heimlich Atomwaffen zu besorgen, sei dieses Ziel besonders wichtig.

Abgeordneter Josef CAP (S) lobte die kompetente Vorsitzführung Österreichs im UN-Sicherheitsrat, bekannte sich zur Absicht der EU, Russland als Partner zu behandeln, und begrüßte auch die Absicht der USA, mit Russland auf einer neuen Basis zusammenzuarbeiten. Die EU sei aufgefordert, sich verstärkt in den Friedensprozess im Nahen Osten einzubringen. Die neuen Orientierungen der Türkei, etwa in Richtung Sudan, seien nicht der EU in die Schuhe zu schieben, sagte Cap und plädierte dafür, Europa zu definieren und zu klären, wie weit der Erweiterungsprozess gehen könne. Derzeit sah Cap jedenfalls keinen Anlass, großräumige Erweiterungspläne zu schmieden, sondern auf eine privilegierte Kooperation mit der Türkei hinzuarbeiten. Denn wer in der EU ja zur Türkei sagt, müsse auch ja zum gesamten Mittelmeerraum und zu Russland sagen. 

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) ortete Schwachstellen im Lissabon-Vertrag, der etwa keinen dezidierten Minderheitenschutz vorsehe. Beim Minderheitenschutz sah der Redner großen Nachholbedarf in Europa. Auch in Südtirol sei nicht alles in Ordnung, wie immer wieder behauptet werde, sagte der Redner und vermisste eine dynamische Begleitung des Autonomieprozesses in Südtirol durch Österreich. Konkrete Probleme stellten etwa die Blockade der Finanzmärkte durch Italien und die Aufrechterhaltung faschistischer Denkmäler dar. Gegenüber Präsidentin Prammer beharrte der Abgeordnete auf dem Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler und stellte die Frage, ob die Nationalratspräsidentin mit einem diesbezüglichen Brief an den Außenminister Italiens nicht ihre Kompetenzen überschritten habe. An den Außenminister lautete die Aufforderung, über Südtirol nicht nur einen "Reisebericht" zu verfassen, sondern auf konkrete Probleme der Südtiroler einzugehen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) lobte den Außenpolitischen Bericht als eine gute Arbeitsgrundlage für die Abgeordneten und mahnte die Bundesregierung, das gewachsene Vertrauen der Menschen in die Europäische Union nicht durch parteipolitisch motiviertes Postengerangel wieder zu schwächen. Wichtig seien auch Maßnahmen für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Das setze seiner Meinung nach Handlungsfähigkeit nach außen und ein Ende der sechsmonatigen Rotation in der Vertretung der EU nach außen voraus.

In seinen weiteren Ausführungen befasste sich der Redner mit Fehlern des Westens in der Nahostpolitik und mit mangelnden Erfolgen beim zivilen Wiederaufbau Afghanistans wegen des zersplitterten Einsatzes der finanziellen Mittel durch eine Vielzahl von NGOs. Eine Nahost-Friedenslösung setze eine Gleichbehandlung der Konfliktparteien voraus sowie die Lösung offener Fragen durch gemeinsame Gespräche aller beteiligten Staatschefs. Österreich sollte seinen Vorsitz im Sicherheitsrat für eine entsprechende Positionierung nutzen. Ein weiteres Anliegen Scheibners war der Schutz von UN-Soldaten. Die beabsichtigte Schließung der Botschaft im Oman bezeichnete der Redner als völlig falsches Signal. 

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) lobte den informativen Bericht des Außenministers, meinte aber, man umschiffe darin Probleme allzu elegant. So vermisste Van der Bellen eine Positionierung Österreichs zum Atomprogramm des Iran - die diesbezüglichen Aussagen im Außenpolitischen Bericht seien allzu bescheiden, bemängelte der außenpolitische Sprecher der Grünen. Als sehr schlecht bezeichnete Van der Bellen die Situation der Kurden im Iran und übte Kritik an politischen Verfahren und Todesurteilen gegen junge Kurden, die sich an Demonstrationen beteiligt haben. Nach wie vor ungeklärt sei der Mord an iranischen Kurden in Wien und ebenso gebe es Gerüchte darüber, dass der heutige iranische Staatspräsident selbst in diese Morde verwickelt gewesen sei. Eine Einschätzung der iranischen Politik und seines Selbstverständnisses sei wichtig, insbesondere ab dem Zeitpunkt, wo der Iran Atomwaffen besitzen wird.

Bundesminister Michael SPINDELEGGER meinte zum Brief der Nationalratspräsidentin an den italienischen Außenminister, dieser sei ein gebotener Akt der Höflichkeit gewesen, dessen Inhalt sich mit der inhaltlichen Position des Außenministeriums decke: Österreich betrachtet sich als politische Schutzmacht der Südtiroler.

Über die Gestaltung des Außenpolitischen Berichts sei er gesprächsbereit, der Außenpolitische Bericht werde aber auch in Zukunft eine Ex-post-Darstellung bleiben. Österreich will gemeinsam mit der Europäischen Union eine Nahostinitiative starten, kündigte der Minister an und teilte den Abgeordneten mit, er plane auch eine Initiative für eine Donauraumstrategie. Österreich wolle mit seinen Nachbarländern, insbesondere mit Ungarn Projekte, etwa auf wissenschaftlichem Gebiet, gemeinsam umzusetzen. Dazu komme die Absicht, die Position Österreichs im Schwarzmeerraum zu festigen. Diese Region sei ein Wachstumspol, zu dem Österreich Türen öffnen sollte. Dazu gehöre die Eröffnung einer Botschaft in Baku. In Wien seien derzeit 20 internationale Organisationen jeweils mit einem Amtssitz beheimatet. Diese internationale Präsenz bedeute für Österreich viel. Es gelte, die Amtssitze zu erhalten und Wien als eine internationale Drehscheibe weiter auszubauen. Weitere Institutionen, etwa für den Dialog zwischen Islam und katholischer Kirche, wolle er nach Wien bringen. Das Allzeit-Hoch in der EU-Zustimmung der Österreicher sei erfreulich, aber kein Grund, sich auf Erfolgen auszuruhen - er werde seinen Dialog mit der Bevölkerung über die europäische Integration intensiv fortsetzen, versprach Außenminister Spindelegger. 

Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) nannte den Außenpolitischen Bericht einen außerordentlich nützlichen Arbeitsbehelf, den sie den Abgeordneten für ihre außenpolitische Arbeit an Herz lege. Im Jahr 2008 habe die Kosovo-Problematik auf eine gute Schiene gebracht werden können und ein bemerkenswerter Konflikt, ein Krieg zwischen zwei Mitgliedern des Europarates - ein bis dahin nicht für möglich gehaltenes Ereignis - entschärft werden können.

Plassnik ging dann näher auf die zukünftige EU-Außenpolitik ein und zeigte sich zufrieden darüber, dass es in Hinkunft dafür eine Telefonnummer geben werde. Trotz der Position eines Hohen Vertreters für die Außenpolitik werde die EU-Außenpolitik weiterhin eine Teamarbeit mit dem Präsidenten des Rats, mit dem Kommissionspräsidenten und dem Europäischen Parlament sein, bemerkte Plassnik. Die ehemalige Außenministerin begrüßte auch den europäischen auswärtigen Dienst, der dem Hohen Vertreter unterstellt sein wird. Dabei müsse man die BürgerInnen, das Informationsbedürfnis und die notwendige Kommunikation mitbedenken, sagte Plassnik. Die europäische Außenpolitik werde sich auch mit den Themen Energie und Klima befassen müssen, meinte sie und plädierte mit allem Nachdruck für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Außen- und InnenministerInnen bei der Prävention von Extremismus. Abschließend erinnerte sie an die UNO-Resolution 1325 vor zehn Jahren, die sich mit Frauen in kriegerischen Konflikten befasst. Österreich sollte dabei das Netzwerk der Frauen am Balkan unterstützen, forderte Plassnik.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) verlieh ihrer Sorge Ausdruck, dass die Gruppe der G-20, ein informelles Gremium, sich immer mehr zu einem Entscheidungsgremium entwickelt, das keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Sie regte auch an, sich um eine entsprechende Vertretung der Eurozone in dieser Gruppe zu bemühen. Für bedenklich hielt sie weiters die Situation im Atomstreit mit dem Iran und hoffte auf eine gemeinsame Position innerhalb der UNO. Die Konfliktbewältigung zwischen Slowenien und Kroatien durch die Einbeziehung eines internationalen Schiedsgerichts bezeichnete sie als ein Musterbeispiel friedlicher Konfliktlösung.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) hielt aus seiner Sicht kritisch fest, die EU tue zu wenig zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Mitte des nächsten Jahres werde in der EU jeder zehnte arbeitslos sein, sagte er, und darauf habe die Union zu reagieren.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) zeigte sich mit dem Außenpolitischen Bericht insofern unzufrieden, als dieser, ihrer Ansicht, nach die Situation der österreichischen Entwicklungspolitik beschönigend darstellt. Österreich liege weit hinter dem Milleniumsziel von einem BIP-Anteil von 0,7 %, sagte sie. Außerdem gebe es widersprüchliche Aussagen zur Anrechnung der Hilfen für den Umweltschutz in die Entwicklungszusammenarbeit. Österreich müsse einen gerechten Anteil an den Kosten für den Klimaschutz übernehmen, forderte Schwentner, die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit dürften dadurch nicht gefährdet werden.

Abgeordneter Franz GLASER (V) lobte die Arbeit des Außenministeriums und begrüßte die von Österreich initiierte UNO-Resolution zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten. Er thematisierte sodann die Hungersnot in vielen Gebieten und sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Intensivierung der praktischen Entwicklungszusammenarbeit aus. Man müsse dazu beitragen, so Glaser, dass die Länder möglichst autonom ihre Energie- und Lebensmittelversorgung bewerkstelligen können. Dies sei auch ein wichtiger Punkt zur Eindämmung der Migration, merkte Glaser an.

Abgeordneter Petra BAYR (S) behandelte ebenfalls die Nahrungsmittelkrise sowie die Klima- und Energiekrise. Die reichen Länder hätten den Schlüssel dazu, die Krisen zu beheben, sagte sie, es fehle aber der politische Wille. Dass eine Milliarde Menschen hungern müsste, stelle eine der größten Menschenrechtsverletzungen dar, betonte sie. Das Hauptproblem liegen ihr zufolge vor allem im sozialen, ökonomischen und politischen Bereich, wobei dem Bevölkerungswachstum besonderes Augenmerk geschenkt werden müsse. Viele Frauen würden gerne verhüten, hätten aber keinen Zugang zu den Verhütungsmitteln, kritisierte sie. Am Hunger seien auch die Struktur des Welthandels, die Subventionspolitik und Spekulationen schuld, stellte Bayr fest und verurteilte insbesondere die Praktiken reicher Länder, Boden von armen Ländern für den eigenen Bedarf zu kaufen. Damit untergrabe man die dortige Ernährungssouveränität. Man hätte heute durchaus die Möglichkeit, mithilfe der nachhaltigen Landwirtschaft und ohne Gentechnik die Menschen zu ernähren, unterstrich Bayr.

Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) brachte eingangs einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene Gespräche zu führen, um zu einer politischen Willenskundgebung für den Erhalt der Kreuze in den Klassenzimmern zu gelangen. Außerdem sollten die europäischen und abendländischen Grundwerte eine rechtliche Absicherung erhalten. Er begründete die Initiative damit, dass Europa christlich-abendländisch geprägt sei und man es nicht zulassen dürfe, dass der Halbmond das Kreuz verdrängt. Der FPÖ-Antrag gehe über jenen der Koalitionspartner hinaus, da die FPÖ die Anerkennung der Werte im gesamten EU-Raum als verbindlich verlangt. Was den Außenpolitischen Bericht betrifft, so lobte Kurzmann vor allem das Bürgerservice des Außenamtes. Er forderte darüber hinaus den Außenminister auf, in der UNO die Benes-Dekrete und AVNOJ-Beschlüsse zu thematisieren, genauso wie die Menschenrechtsverletzungen in Palästina und die noch immer nicht aufgeklärte Ermordung des Bundesheerangehörigen Lang durch das israelische Militär.

Der Außenpolitische Bericht 2008 zeige sehr deutlich auf, dass es für Österreich ein großes Anliegen ist, Südosteuropa in den europäischen interkulturellen Dialog voll zu integrieren, erklärte Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V). Ihrer Meinung nach sei die europäische Integration in ihrem Kern vor allem eine kulturelle Aufgabe. Österreich habe dies erkannt und weltweit ein Netzwerk bestehend aus Kulturforen, Österreich-Bibliotheken, Österreich-Institute, Österreich-Lehrstühle und spezielle Kooperationsbüros aufgebaut.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) appellierte zunächst an den Außenminister, sich auf internationaler Ebene für die Reisefreiheit der Menschenrechtsaktivistin Aminatou Haidar einzusetzen, die sich derzeit in Lanzarote im Hungerstreik befindet, weil ihr die Heimreise in die West-Sahara verweigert wird. Weninger wies sodann darauf hin, dass derzeit über 20 internationale Organisationen ihren Amtssitz in Wien haben, was eine Auszeichnung für den Standort Österreich sei. Er zeigte sich sehr froh darüber, dass die heimische Außenpolitik nach Jahren der EU-Zentriertheit und der Konzentration auf die Nachbarschaftspolitik wieder ein stärkeres Profil entwickelt und zu einem internationalen Impulsgeber wird.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) kündigte für seine Fraktion an, den Bericht nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Grund dafür sei u.a. das Fehlen von jeglicher Selbstkritik und einem objektiven Beurteilen von zwei Seiten. So sei er etwa der Ansicht, dass eine vernünftige Entwicklungszusammenarbeit nur dann gegeben sei, wenn es eine kommerzielle, tragbare Basis für die Projekte gibt. Darin liege nach Auffassung von Hübner auch der Erfolg der chinesischen "Entwicklungshilfe" in China, die eigentlich keine ist, sondern eine wirtschaftliche Kooperation. Außerdem müsse man generell eine eigenständige Position in der Außenpolitik entwickeln, meinte Hübner, um auch wirklich glaubhaft zu sein.

Ein Schwerpunkt der außenpolitischen Arbeit für die Jahre 2009 und 2010 liege im verstärkten Einsatz für die Menschenrechte im Rahmen der Mitgliedschaft Österreichs im UN-Sicherheitsrat, informierte Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V). So sei es unter der Vorsitzführung von Außenminister Spindelegger gelungen, dass der UN-Sicherheitsrat die Resolution über den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten einstimmig angenommen hat. Was die Südtirol-Politik anbelangt, so gibt es zweifellos Punkte, die weiterhin intensiv zu diskutieren sind. Klar sei jedoch auch, dass das Südtirol-Autonomiestatut Vorbildwirkung für Minderheitenfragen in ganz Europa hat.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) brachte einen S-V-Entschließungsantrag betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern ein. Die Bundesregierung wird darin ersucht, weiterhin darauf zu wirken, dass die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum und in Räumlichkeiten auch in Zukunft möglich ist und die Anbringung von Kreuzen in Schulklassen mit einer Mehrheit von SchülerInnen, die einer christlichen Konfession angehören, in Übereinstimmung mit der österreichischen Verfassungsordnung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen gesichert ist. Weiters soll gegenüber dem Europarat, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und allen Mitgliedstaaten der EU die Haltung vertreten werden, dass die Wertungen, Kriterien und Schlussfolgerungen des EGMR im gegenständlichen nicht rechtskräftigen Urteil über die diesem Gerichtshof zukommende Auslegung der Konvention weit hinausgehen und nicht dem Verständnis des im Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundrechts auf Glauben, Gewissen und Religionsfreiheit entsprechen.

Abgeordneter Johann SINGER (V) befasste sich vor allem mit der Änderung des Konsulargebührengesetzes. Es komme nicht nur zu einer sinnvollen Anpassung an das Gebührengesetz und zur Streichung von Bagatellgebühren, sondern es wurde auch ein 50 %-iger Aufschlag für die jeweilige Tarifgebühr vorgesehen, wenn Amtshandlungen außerhalb der Dienstzeiten erfolgen. Überdies wird die Verpflichtung zum Auslagenersatz für Bürger nach Befreiungsaktionen im Ausland durch österreichische Behörden geregelt. Bei grob schuldhaftem Verhalten (z.B. bei Missachtung von Reisewarnungen) beträgt dieser Kostenersatz bis zu 50.000 Euro, bei fahrlässigem Verhalten bis zu 10.000 Euro.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) erinnerte an die Erfolge der österreichischen Außenpolitik im Jahr 2008, wie etwa die Erlangung eines Sitzes im UN-Sicherheitsrat oder die dauerhafte Beheimatung des Amtssitzes der OPEC in Wien. Bedauerlich seien die Entwicklungen im Nahen Osten, zumal Israel den Bau weiterer Siedlungen bei Jerusalem plane. Er wünsche sich von der EU, dass in dieser Frage klare Worte gesprochen werden.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) war der Meinung, dass es hinsichtlich des EMRK-Urteils betreffend die Anbringung von Kreuzen in Schulen eine Vorgeschichte gebe. Das eigentliche Problem liege nämlich darin, dass man bereits bei der Formulierung des EU-Verfassungsvertrags vor den ganzen Laizisten in die Knie gegangen sei und akzeptiert hat, dass jeder Gottesbezug aus der Verfassung herausgenommen werden musste. Was die Auswirkungen auf Österreich angeht, so war Stadler der Auffassung, dass die Rechtslage eine andere sei als in Italien. Österreich habe nämlich ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl, woraus sich völkerrechtliche Verpflichtungen ergeben. Außerdem müsse sich endlich einmal die Mehrheit zu Wort melden und sich nicht von einer Minderheit diktieren lassen, dass sie ihre religiösen Symbole entfernen muss, forderte der B-Mandatar.

Abgeordneter Harald WALSER (G) wies seinen Vorredner darauf hin, dass ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu akzeptieren ist. Es sei natürlich klassischer Populismus von Seiten des Juristen Stadlers, wenn er heute eine Position vertrete, die der Meinung der bedeutendsten österreichischen Verfassungsrechtler widerspreche. "Wir leben in einem Europa der religiösen Toleranz und Vielfalt", betonte Walser, und diese Werte gelte es zu schützen.

Er selbst gehöre der zweitgrößten "Religionsgemeinschaft" in Österreich an, meinte Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G), nämlich den Agnostikern. Er persönlich verstehe nicht, warum die Frage der Kreuze in den Schulen für eine so große Aufregung sorgt. Ein Problem habe er schon immer mit der Darstellung des gefolterten Jesus am Kreuz gehabt; er wisse nicht, ob man das kleinen Kindern so nahe bringen muss. Wenn es das friedliche Zusammenleben aller fördert, dann könne man neben dem Jesus auch andere religiöse Symbole aufhängen, schlug er vor. Ernsthaft störe ihn jedoch das Kreuz in Gerichtssälen, denn dort werden keine Gottesurteile gefällt. Was die Ablehnung des italienischen Kommissars Buttiglione angeht, die Stadler angesprochen hat, so lag der Grund dafür nicht in seinem Katholizismus, sondern in frauen- und homosexuellenfeindlichen Äußerungen, die er getätigt hat.

Bei der Abstimmung wurde zunächst der Außenpolitische Bericht 2008 mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der F-Entschließungsantrag betreffend Erhaltung des Kreuzes in Europas und Österreichs Klassenzimmern verfiel der Ablehnung. Der S-V-Entschließungsantrag betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern wurde hingegen mehrheitlich angenommen.

Sodann wurde die Änderung des Konsulargebührengesetzes mehrheitlich beschlossen. Der Staatsvertrag Annex XVIII: Welt-Fremdenverkehrsorganisation zum Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen der Vereinten Nationen samt Mitteilung an den UN-Generalsekretär wurde mehrheitlich, der Staatsvertrag mit der OPEC zur Änderung des Abkommens über den Amtssitz wurde einstimmig genehmigt. Ebenso wurde der Staatsvertrag bezüglich Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung einstimmig genehmigt. (Forts.)