Parlamentskorrespondenz Nr. 1020 vom 23.11.2009

Fremdenrechtsgesetz passiert den Bundesrat

Auch Postmarktgesetz wird nicht beeinsprucht

Wien (PK) - Bundesratspräsident Erwin PREINER eröffnete die 778. Sitzung des Bundesrates mit der Angelobung des oberösterreichischen ÖVP-Bundesrates Michael HAMMER und kündigte für 16 Uhr die Beantwortung einer Dringlichen Anfrage von FPÖ und Grünen zur aktuellen Situation an den österreichischen Universitäten durch Wissenschaftsminister Johannes Hahn an.

Die ersten beiden Tagesordnungspunkte betrafen das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 und die Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.

Bundesrat Johann ERTL (F/N) klagte über zunehmenden Asylmissbrauch und führte ihn auf das Motiv von Wirtschaftsflüchtlingen zurück, durch Inanspruchnahme des Asylgesetzes legalen Aufenthalt in Österreich zu erhalten. Verschärft werde dieses Problem durch verzögerte Erstaufnahmeverfahren in Griechenland und Italien, was dazu führe, dass Asylwerber, die von dort kommend in Österreich Erstaufnahme finden, nicht mehr in diese Länder abgeschoben werden können. Der Redner machte auch darauf aufmerksam, dass Drogenkriminelle, denen in ihrer Heimat die Todesstrafe drohe, nicht dorthin abgeschoben werden können. Der Bundesrat erinnerte daran, dass Asylwerber mit Kindern Anspruch auf eine finanzielle Schulbedarfsbeihilfe haben, die man ihnen nicht nehmen, aber diese Hilfe doch auch österreichischen Familien zugänglich machen sollte. Die vorliegende "Minireform" des Fremdenrechts bezeichnete Ertl als völlig ungenügend, weshalb die FPÖ sie ablehne. Sie werde die Probleme nicht lösen, die daraus entstehen, dass Kriminelle das Asylrecht als Deckmantel für ihre Machenschaften missbrauchten.

Bundesrat Franz PERHAB (V/St) bekannte sich namens seiner Fraktion zu einem politisch klugen Weg der Mitte und zu dem Grundsatz, gesetzlich zu regeln, was nötig sei, und zugleich Menschlichkeit walten zu lassen. Perhab wandte sich gegen die Agitation der Freiheitlichen gegen das Schubhaftzentrum in Vordernberg, wo ein mutiger Bürgermeister eine konsequente Haltung im Interesse seiner Gemeinde zeige. Es sei unverständlicher Populismus, ein Zusatzmodul für Schubhäftlinge bei einer der modernsten Haftanstalten Österreichs abzulehnen. Zugleich kritisierte Perhab die Position der Grünen im Nationalrat und lobte die konsequente Haltung der Innenministerin gegen den Missbrauch des Asylrechts. Man müsse sich fragen, wie es sich die Familie Zogaj zehn Jahre leisten konnte, einen Anwalt zu beschäftigen. Fragen müsse man sich auch, warum sie nicht die Möglichkeiten einer Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung genutzt haben.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) hielt es für unverständlich, wenn ein Staat wie Österreich einen jungen Menschen erfolgreich ausbildet und integriert, ihn dann aber in ein Land abschieben möchte, in dem er ein sekundärer Analphabet wäre. Arigona Zogaj spreche perfekt Deutsch - der Kosovo sei für sie ein fremdes Land, dessen Sprache sie zwar spreche, aber niemals lesen und schreiben lernte. Für Österreich könne es kein Ziel sein, nach dem Vorbild Burmas auf eine "Rollläden runter-Politik" zu setzen, sagte Schennach und wies auf die rechtlichen Bedenken vieler Experten gegen die vorliegende Fremdenrechts-Novelle hin. Selbst der Rechnungshof und das Finanzministerium warnten vor den Kosten weiter ausgedehnter Schubhaften, sagte der Bundesrat.

Im Einzelnen wandte er sich gegen Abschiebungen wegen Bagatelldelikte, gegen die Altersfeststellung durch Röntgenuntersuchungen und gegen spezielle Altersgrenzen für den Familiennachzug von Asylanten. Wer über das Abgleiten von Asylwerbern in Kriminalität und Prostitution klage, dürfe nicht vergessen, dass Asylwerber keinen Zugang zum legalen Arbeitsmarkt haben, sagte Schennach. Zugleich sollte man nicht übersehen, dass ein Drittel aller neuen Arbeitsplätze in Österreich von Migranten geschaffen wurden, die einen weit überdurchschnittlichen Anteil an Unternehmensgründungen in Österreich haben. Die Grünen können einem Gesetzentwurf nicht zustimmen, der menschenrechtswidrige Gummiparagraphen enthalte, schloss Schennach.

Bundesrat Josef KALINA (S/W) warnte vor einer schematischen Diskussion des Themas Asylrecht und erinnerte die Grünen daran, dass die Bedenken von Experten, die sie geltend zu machen versuchten, bei der Formulierung der neuen Bestimmungen berücksichtigt wurden. Niemand werde abgeschoben, der die berühmte "Wurstsemmel" gestohlen habe, abgeschoben werde erst bei schweren Delikten, die mit mehr als einem Jahr Arrest geahndet werden. Arigona Zogaj sei für ihn als einen Journalisten ein Fallbeispiel eines jungen Menschen, auf dessen Kosten mediale und politische Gruppen ihr Geschäft betrieben hätten.

Die gute österreichische Tradition, Verfolgten Schutz zu bieten, bleibe auch nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Gesetzesänderungen aufrecht. Man dürfe aber das Problem illegaler Zuwanderung nicht negieren und müsse Kriminalität bekämpfen, die damit zusammenhänge. Außerdem müsse Österreich seinen Arbeitsmarkt in Ordnung halten und könne es nicht zulassen, die Regeln für eine legale Zuwanderung zu umgehen, indem man einen Asylantrag stelle. Außerdem sei es notwendig, den Behörden praktikable gesetzliche Bestimmungen zu geben, etwa gegen Mehrfach- und Folgeanträge. Statt dies zu kritisieren, sollte die Grünen ehrlicherweise sagen: "Wir wollen alle Menschen im Land behalten, die Mehrfach- oder Folgeanträge stellen". Es sei auch notwendig, die Möglichkeiten der DNA-Analyse zu nutzen, um Missständen durch falsche Verwandtschaftsangaben entgegentreten zu können.

Abschließend appellierte Bundesrat Kalina an die Innenministerin, für eine menschenwürdige Behandlung von Schubhäftlingen zu sorgen und sich für Abkommen mit Ländern einzusetzen, in die Schubhäftlinge derzeit nicht abgeschoben werden können.

Bundesrat Peter ZWANZIGER (B/K) wandte sich zunächst generell gegen die Auffassung, Österreich brauche Zuwanderung, um das Überleben des Landes zu gewährleisten. Auf die Vorlage eingehend, wandte sich der Bundesrat gegen Scheinasylanten, die nach Österreich kämen, um hier Sozialleistungen auszunützen. Eine Verschärfung des Fremdenrechts sei dringend notwendig, weil die Kriminalität zunehme und Straftäter bislang nur im Wiederholungsfall abgeschoben werden konnten. Österreich brauche dringend Facharbeiter, aber keine Zuwanderung unqualifizierter Arbeitskräfte. Angesichts zunehmender illegaler Einwanderung forderte der Redner, die Grenzkontrollen wieder einzuführen, "um die Heimat vor ausländischen Kriminellen zu schützen".

Innenministerin Maria FEKTER machte geltend, dass es einen "signifikanten Trend" zu Asylmissbrauch gebe. So konnten ihr zufolge etwa im heurigen Jahr bisher nur 16 % der Asylverfahren positiv erledigt werden, während bei rund 12.100 Fällen keine Asylgründe vorgelegen seien. Gleichzeitig hätten die zuständigen Stellen zwischen Jänner und Ende Oktober 4.329 Asylanträge und 1.306 Folgeanträge nicht zugelassen, was einem Plus von 68 % bzw. 99 % gegenüber 2008 entspricht. Man müsse, betonte Fekter, dieser Entwicklung durch Gesetzesänderungen und Maßnahmen im Vollzug entgegen wirken. Sie wolle "keine Handlangerin von Schlepperbanden" sein.

Fekter warf AsylwerberInnen u.a. Identitätsverschleierung, falsche Herkunftsangaben und falsche Altersangaben vor. Es werde niemals gelingen, solche "Lügner und Betrüger" in Österreich zu integrieren, wenn sie von Anfang an nicht mit den Behörden kooperierten, meinte sie. Asylwerber müssten zur Kenntnis nehmen, dass ihnen geholfen werde, wenn sie in ihrer Heimat tatsächlich verfolgt würden, dass sie aber mit Lügen und Betrügen keine Chance hätten. Der Rechtsstaat in Österreich sei, so Fekter, intakt und nicht bankrott und lasse sich auch nicht erpressen.

Bundesrätin Anneliese JUNKER (V/T) erklärte, man müsse die "Ausländerszene" in Österreich in den Griff bekommen. In Innsbruck halten ihr zufolge 200 Marokkaner "eine Stadt in Schach" und versetzten Mädchen und Frauen in Angst. Viele von ihnen würden sich dabei als Algerier oder als minderjährig ausgeben, um ihre Chancen auf Asyl zu erhöhen. Junker verteidigte in diesem Sinn die Verschärfung der Fremdengesetze. Es gebe viele Asylwerber in Österreich, die, so Junker, "wilde Schicksale" hinter sich hätten, diese dürften nicht unter jenen leiden, die ungerechtfertigt nach Österreich kommen.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) sprach sich gegen eine Vermischung in der Diskussion von Asyl, Migration, illegalen Grenzübertritten, Kriminalität und Bleiberecht aus. Nicht alle, die im Asylverfahren falsche Angaben machten, seien automatisch kriminell, meinte sie, ebenso gebe es auch österreichische Kriminelle.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) führte aus, die SPÖ stimme der vorliegenden Novelle "sehr gerne zu", da es deren wesentlichste Intention sei, Asylmissbrauch zu verhindern, ohne gleichzeitig allen Asylwerbern Missbrauch zu unterstellen. "Einzelnen Vertretern der Opposition" warf Klug vor, Gesellschaftsgruppen gegeneinander ausspielen zu wollen. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Asylwerbern und Mindestpensionistinnen, sagte Klug, wenn es um den Erhalt eines dauerhaften sozialen Friedens in Österreich gehe, dann trennten SPÖ und FPÖ Welten.

Bundesrat Christoph KAINZ (V/N) zeigte kein Verständnis für die ablehnende Haltung der Opposition zur Gesetzesvorlage. Schließlich gehe es darum, Asylverfahren zu beschleunigen und Asylmissbrauch abzustellen, konstatierte er. Man müsse Maßnahmen setzen, um ungerechtfertigte Folgeanträge hintanzuhalten. Kainz begrüßte auch die vorgesehenen Röntgenuntersuchungen zur Altersfeststellung und die Gebietsbeschränkung und mahnte darüber hinaus die Errichtung eines dritten Erstaufnahmezentrums für Asylwerber in Österreich und die Errichtung eines Schubhaftzentrums ein. Traiskirchen müsse seit Jahrzehnten die Hauptlast im Asylbereich tragen, bemängelte er.

Bundesrat Elmar PODGORSCHEK (F/O) wertete das vorliegende Gesetzespaket als Schritt in die richtige Richtung, ihm zufolge fehlt aber die letzte Konsequenz. So kritisierte er etwa, dass es keinen Zwang zu DNA- und Handwurzeluntersuchungen zur Feststellung des Verwandtschaftsverhältnisses bzw. zur Altersfeststellung gebe. Asylrecht sei ein Menschenrecht, das es zu wahren gelte, erklärte Podgorschek, man müsse aber Missbrauch abstellen und echte Asylwerber von "Scheinasylanten" unterscheiden. Innenministerin Fekter vertrete den Standpunkt seiner Fraktion.

Der Bundesrat erhob gegen beide Gesetzesvorlagen mehrheitlich keinen Einspruch.

Im Zusammenhang mit dem Sprengmittelgesetz 2010 hielt Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) fest, die Grünen stünden einer Neugestaltung des Sprengmittelgesetzes prinzipiell positiv gegenüber. Mit dem vorliegenden Entwurf werden ihr zufolge aber viele Ziele nicht erreicht. So qualifizierte sie etwa die Bestimmung darüber, wer verlässlich und zuverlässig ist, um Spreng- und Schießmittel besitzen zu dürfen, als "sehr weich" und kritisierte überdies zahlreiche Ausnahmen vom Geltungsbereich des Gesetzes und zahlreiche Befreiungen von der Aufzeichnungspflicht. Es wäre etwa interessant zu wissen, wie viel Munition ein Waffenbesitzer horte, meinte Kerschbaum.

Bundesrat Günther KÖBERL (V/St) wies darauf hin, dass das neue Sprengmittelgesetz das alte Gesetz aus dem Jahr 1935 ersetze. Es regle die Herstellung, den Handel und den Umgang mit Schieß- und Sprengmittel und sehe auch genaue Aufzeichnungspflichten vor, skizzierte er. Ebenso würden EU-Vorschriften in Bezug auf die Kennzeichnung umgesetzt. Für nicht angebracht wertete es Köberl, Sportschützen und Jägern Misstrauen entgegen zu bringen. Man solle das Traditions- und Vereinsleben nicht durch "überbordende Bürokratie" behindern.

Bundesrat Ewald LINDINGER (S/O) hielt Bundesrätin Kerschbaum entgegen, im Gesetz sei die Frage der Verlässlichkeit klar geregelt. Ebenso erachtet er die vorgesehenen Ausnahmen für notwendig. Was würden beispielsweise Biathleten oder Sportschützen sagen, wenn sie bei Wettbewerben nicht genügend Schießmittel mithaben dürften, fragte er.

Mehrheitlich kein Einspruch.

In der Diskussion zum Postmarktgesetz und zur Änderung des KommAustria-Gesetzes meinte Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W), Österreich hätte genauso wie Luxemburg die Möglichkeit gehabt, eine Verlängerung der Liberalisierung des Postmarktes auf 2013 auszudehnen; dies wäre aufgrund Österreichs Topographie durchaus möglich gewesen. Bei solchen Dingen sei man immer bei den Allerersten, klagte sie. Auch sei keine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gegeben. 1.650 Postdienststellen soll es geben, aber im Gesetz sei keine Mindestanzahl angeführt, auch sei nicht sicher, dass es Postdienststellen sind, es könnten auch – wie man im Ausschuss gehört habe - fremdfinanzierte sein. Die maximale Entfernung zur Postdienststelle solle im ländlichen Gebiet (unter 10.000 Einwohner) 10 km betragen. Hier habe man nicht darauf Rücksicht genommen, dass ältere Menschen kein Auto mehr haben und auf das öffentliche Verkehrsnetz angewiesen sind. Da mit dem Gesetz die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb nicht gegeben seien, werde man der Vorlage nicht zustimmen.

Bundesrat Albrecht KONECNY (S/W) warf der FPÖ vor, eine "Kindesweglegung" zu begehen, da es FPÖ-Regierungsmitglieder waren, die die Privatisierung der Post verlangt und Postamtsschließungen zugelassen haben. Es gehe darum, Marktbedingungen zu schaffen, wo Private Zugang haben, die Post aber nicht aus dem Markt gedrängt wird, sagte Konecny, die Pflichten für den Universaldienstleister Post so zu gestalten, dass diese nicht zu seinem Niedergang führen. Konecny begrüßte die Festlegung von einer Mindestzahl von 1.650 Postdienststellen, womit das derzeitige Angebot ausgeweitet wird. Er zeigte sich auch mit jenen Regelungen zufrieden, die ein Sperren eines Postamts hinter dem Rücken einer Gemeinde verhindern. Es sei auch dargestellt, dass es für die Briefzustellung eine Konzession geben muss, und dass für die Arbeitsbedingungen bestimmte Regelungen gelten, hielt er fest. Es würden auch keine Belastungen für Hauseigentümer und Mieter bei der Umrüstung von Postfächern entstehen, bekräftigte Konecny, der die Neuregelungen insgesamt als vernünftig bezeichnete. Das Gesetz biete der Post-AG eine gute Zukunftsgrundlage.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) konnte den Zugang seines Vorredners zur Liberalisierung des Postmarkts nicht teilen. Das Hauptproblem seien die mächtigen Interessengruppen, sagte Schennach. Er befürchtete, dass man bei den Privaten zum Großteil Scheinselbstständige vorfinden werde, da die arbeitsrechtlichen Formulierungen im Gesetz viel zu unklar seien. Außerdem sollen von den 1.650 Poststellen nur 125 die gesamten Dienstleistungen anbieten, kritisierte Schennach. Der G-Bundesrat lehnte private Dienstleister zwar nicht grundsätzlich ab, Fakt bleibt aber laut Schennach, dass die Universaldienstleistungen nicht mehr in vollem Umfang angeboten werden. Er glaubte auch, dass die gesicherten Tarifeinheiten umgangen werden können. Den Ersatz der Genehmigungspflicht durch eine Anzeigepflicht lehnte er ab.

Für Bundesrat Georg KEUSCHNIGG (V/T) hat das Postmarktgesetz zwei wesentliche Aspekte zum Ziel, nämlich einerseits die flächendeckende Versorgung und andererseits die Sicherstellung der Post im neuen europäischen Wettbewerbsmarkt. Die Regelung der Schließungsszenarien hielt er für vernünftig. Man habe nun bis 2011 Zeit, die 1.650 festgelegten Poststellen mit Leben zu erfüllen, und er hoffte, dass diese Anzahl von Poststellen auch tatsächlich gehalten werden kann. Die Postpartner haben sich Keuschnigg zufolge in der Praxis bewährt. Wichtig erachtete er es aber, bei der Findung von Postpartnern keinen minimalistischen Weg zu gehen, denn die Frage der Versorgung müsse man umfassend diskutieren. Vor allem müsse auch der ländliche Raum ausreichend mit Breitbandinternet versorgt werden, so seine Bitte an die Ministerin.

Bundesrat Peter MITTERER (B/K) stellte die Frage in den Raum, warum das Angebot der Post für Private attraktiv ist, die Post jedoch Postämter schließt. Er vermutete dahinter hausgemachte Probleme, vor allem habe sich ein Beamtenstaat bei der Post ohne wirtschaftliches Denken breitgemacht. Die Post sei sehr unflexibel gewesen und habe sich nicht an die Entwicklungen angepasst, kritisierte er. Der Erfolg des Internets sei vorhersehbar gewesen, meinte Mitterer, die Post habe sich jedoch darauf nicht eingestellt und es verabsäumt, neue Kunden anzuwerben. Postpartner sind seiner Meinung nach ausreichend, denn viele Beispiele in Kärnten zeigten, dass diese Postpartner kundenfreundlicher agierten, vor allem was die Öffnungszeiten betrifft. Das neue Postmarktgesetz hält er keineswegs für einen Garanten für flächendeckende Versorgung.

Bundesministerin Doris BURES wies darauf hin, dass Postdienstleistungen jeden einzelnen betreffen. Sie verstehe daher die emotionale Diskussion über dieses Thema. Darüber hinaus habe diese Dienstleistung auch sehr viel mit dem Wirtschaftsstandort zu tun, unterstrich sie und hob damit die wirtschaftliche Bedeutung der Post hervor. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang die vor einigen Jahren durchgeführte Schließung von rund 800 Poststellen, ohne dafür Postpartner zu suchen. Deshalb habe sie ihre Möglichkeiten ausgenützt und weitere Schließungen gestoppt, stellte Bures fest. In dieser Frage sei sie auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt worden.

Sie sei bestrebt gewesen, rasch Klarheit zu schaffen, wie man in Zukunft die Liberalisierung des Postmarkts regelt. Bures zeigte sich überzeugt, dass man mit dem Gesetz eine gute Postdienstversorgung sichert und darüber hinaus auch der Verunsicherung in der Bevölkerung ein Ende setzen kann. Das Wesentliche sei die Versorgungsdichte, auch wenn ihr das Postamt selbst am liebsten wäre, sagte Bures. Im Interesse der Bevölkerung sei sie bestrebt gewesen, eine bestimmte Anzahl von Postämtern zu sichern und einen Mechanismus für das Mitspracherecht der Gemeinden zu schaffen. Ihr sei es auch darum gegangen, faire Löhne zu gewährleisten, um ein Sozialdumping zu verhindern. Den Vorwurf von Bundesrat Schennach, die diesbezügliche Formulierung sei zu unklar, wies sie zurück, denn diese entspreche den Formulierungen in den Kollektivverträgen. Die Frage der Umgehung werde in vielen Bereichen diskutiert, räumte sie ein, aber auch für diesen Fall sorge das Gesetz vor, da die Konzession an die Einhaltung arbeitsrechtlicher Bedingungen geknüpft ist. Um ein "Rosinenpicken" zu verhindern, seien private konzessionierte Marktteilnehmer weiters verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten. Sollte bei den Postkästen eine Umrüstung erforderlich sein, so würden dabei weder die MieterInnen noch die HauseigentümerInnen belastet werden, erläuterte die Ministerin. Sie sprach die Hoffnung aus, dass das Management das Gesetz nun auch mit Leben erfüllt und dass die ÖIAG dem Management dabei auf die Finger schaut. Abschließend bestätigte sie, man rüste mit allem Nachdruck die moderne Telekommunikation auf und baue das Glasfasernetz aus.

Bundesrat Wolfgang SODL (S/B) erinnerte die FPÖ daran, dass sie in Regierungsverantwortung zahlreiche Postämter geschlossen hat, ohne eine entsprechende Anzahl von Postpartnern zu beauftragen. Das nun vorliegende Gesetz biete die Grundlage für die Gewährleistung von universalen Leistungen. Außerdem werde das Angebot durch das Gesetz sogar erweitert. Es sei politische Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Post für die Liberalisierung fit ist, sagte Sodl und stellte gleichzeitig fest, durch Postpartner werde das Postamt jedoch nicht ersetzt. Wesentliches Element des neuen Gesetzes ist für ihn auch die Regelung, dass kein Postamt ohne Ersatz geschlossen werden darf, und er begrüßte dezidiert die Einbindung der Gemeinden in den Entscheidungsprozess. Ebenso befürwortete er die Regelungen für die Umrüstung der Postkästen und meinte, mit dem Gesetz schiebe man dem Gewinnstreben auf dem Rücken der KundInnen einen Riegel vor. In diesem Zusammenhang übte er aus eigenen Erfahrungen Kritik an der Zustellpraxis von Privaten.

Bundesrat Stefan ZANGERL (A/T) zeigte sich als langjähriger Postbediensteter wenig begeistert von dem vorliegenden Gesetzentwurf. Es sei nicht geeignet, die flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen aufrechtzuerhalten. Der ländliche Raum könne lediglich mit einer Minimalversorgung rechnen, eine Erweiterung des Dienstleistungsangebots sei nicht zu erwarten. Große Gefahren für die Versorgung des ländlichen Raums ortete der Tiroler Bundesrat in der Auslagerung von Dienstleistungen durch die Post. Nach der letzten Schließungswelle bei den Postämtern bestünden keine ausreichenden Voraussetzungen mehr für die Aufrechterhaltung der ländlichen Regionen mit ausreichenden Postdienstleistungen. Der Gesetzentwurf bringe auch keine Lösung für die vielen Postbediensteten, die zuletzt freigestellt wurden, dazu habe man auch in der heutigen Diskussion nur sehr wenig gehört. Positiv sah der Redner die erstmals getroffene quantitative Festlegung des Gesetzgebers, was unter einer flächendeckenden Versorgung mit Postdienststellen zu verstehen sei, die vorgesehene Zahl sei aber unzureichend. Außerdem vermisste Bundesrat Zangerl Bestimmungen für die Qualität der einzelnen Postdienststellen. Die Zukunft der österreichischen Post sei mehr als fraglich, lautete der Schlusssatz von Bundesrat Zangerl.

Bundesrat Franz WENGER (V/S) sah Lücken bei der Umsetzung der EU-Postrichtlinie in das nationale Recht und wies darauf hin, dass in größeren Gemeinden die Erreichbarkeit der Postdienststellen innerhalb von zwei Kilometer gewährleisten werden müsse, in den anderen Gemeinden hingegen nur innerhalb von zehn Kilometern. Der vorliegende Gesetzentwurf sei "städtelastig", sagte Wenger und brach eine Lanze für die Versorgung des ländlichen Raums mit Postdienstleistungen, wobei er auf Nachhaltigkeit und Rücksichtnahme auf die sozialen Gegebenheiten drängte. Der Redner warnte vor einer - vom Postaufsichtsrat angeblich bereits abgesegneten - Strategie zur weiteren Reduzierung von Postdienststellen, insbesondere in seinem Heimatland Salzburg. Bundesrat Wenger plädierte daher dafür, die genannten Mängel bei der Umsetzung der Post-Richtlinie zu beheben.

Bundesrat Elmar PODGORSCHEK (F/O) räumte ein, dass in der schwarz-blauen Koalition Postämter geschlossen wurden, forderte die Redner der SPÖ aber dazu auf, zuzugeben, dass auch unter der Ressortverantwortung von Sozialdemokraten zahlreiche Postämter geschlossen wurden. Außerdem habe die Politik zwischen 2004 und 2006 zu einer Parteispaltung im freiheitlichen Lager geführt, erinnerte der Redner.

Bundesrat Manfred GRUBER (S/S) machte auf seine Initiativen gegen die Aushöhlung der Infrastruktur des ländlichen Raumes in der Zeit der ÖVP-FPÖ-BZÖ-Koalition aufmerksam und beklagte den Höhepunkt in der Ausdünnung des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum zu dieser Zeit. Der Redner erinnerte an das Zusperren von Polizeidienststellen, Postämtern und Nahverkehrsangeboten im Gasteinertal, eine Politik, für die die Namen ÖVP, FPÖ und BZÖ stehen. 800 Postämter seien ersatzlos geschlossen worden. Zudem versuchte die ÖIAG ohne jeden Auftrag von Seiten der Regierung die Post-AG nach Deutschland zu "verscherbeln". Daher sei es erfreulich, dass Bundeskanzler Faymann bei der Post auf die "Stopptaste" gedrückt und dazu aufgefordert habe, neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Dank gebühre auch der Infrastrukturministerin Bures, die weitere Absichten der Post, Dienststellen zu schließen, beendet hat. Das vorliegende Gesetz stelle einen ersten Schritt gegen die Aushöhlung der ländlichen Infrastruktur dar und gibt den Mitarbeitern, den Gemeinden, der Wirtschaft und der Bevölkerung Rechtssicherheit. Der Redner begrüßte die Bestimmungen, die faire Bedingungen für die Dienstnehmer bringen sollen. Bundesministerin Bures gebühre Respekt.

Bundesrat Friedrich HENSLER (V/N) appellierte an seine Bundesratskollegen, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen, und warnte davor, allzu viel über die Vergangenheit zu sprechen, denn es liege ein gutes Gesetz vor, das in die richtige Richtung weise. Diskussionen bei der Schließung von Postämtern seien berechtigt gewesen. Nun wurde ein Rahmen geschaffen, damit Postpartner zur Belebung der Region beitragen können. Wichtig sei der Grundsatz der flächendeckenden Versorgung, das Gesetz sichere Arbeitsplätze und biete faire Rahmenbedingungen für den Wettbewerb. Für die Post gelte: "Wer aufhört besser zu sein, hat aufgehört gut zu sein"

Kein Einspruch. (Schluss)


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