Parlamentskorrespondenz Nr. 1041 vom 25.11.2009

Erhöhtes Pendlerpauschale verlängert, Oppositionsanträge vertagt

Finanzausschuss erledigt umfangreiche Tagesordnung

Wien (PK) - Im weiteren Verlauf seiner Sitzung verabschiedete der Finanzausschuss ein Abgabenänderungsgesetz 2009 mit administrativen Vereinfachungen für die Wirtschaft und empfahl mit S-V-Mehrheit die Verlängerung von Pendlerpauschale- und -zuschlag über 2009 hinaus sowie ein Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG) 2010 mit neukodifizierten Zuständigkeitsregeln für die Abgabenbehörden. Einstimmig plädierten die Abgeordneten für die Bereitstellung aktuellerer Daten von Seiten der Buchhaltungsagentur des Bundes. Änderungen in Doppelbesteuerungsabkommen dienen der Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit von Finanzbehörden und Banken bei der Jagd nach SteuersünderInnen. - Die Oppositionsparteien unterbreiteten eine Reihe von Vorschlägen zur Förderung von Zukunftsinvestitionen, im Interesse von Bankkunden, für eine praktikable Banken-Konkursordnung und für mehr Effizienz beim Kampf gegen Schwarzarbeit. - Diese Anträge der Opposition wurden unter Protest ihrer Sprecher von SPÖ und ÖVP vertagt.                    

Abgabenänderungsgesetz 2009

Eine umfangreiche Vorlage für ein Abgabenänderungsgesetz 2009 sieht neue Regeln für Auszahlungen aus der Bauarbeiter-Urlaubskasse, die Verlängerung von Pendlerpauschale und Pendlerzuschlag über das Jahresende 2009 hinaus, die Senkung der Aktienquote in der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge und die Einführung eines Lebenszyklusmodells für Neuverträge ab 2010 vor. Dazu kommen EU-Anpassungen im Verbrauchsteuersystem, die Einführung eines EDV-Systems zur Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und Online-Versteigerungen im finanzbehördlichen Verfahren. Die Verwaltungsvereinfachungen bringen Vorteile für Unternehmen und Wirtschaftsstandort. Die Abstimmung ergab eine S-V-Mehrheit. Ein V-S-Abänderungsantrag berücksichtigte besondere Aufwendungen von SportlerInnen bei der Festsetzung der Reiseaufwandsentschädigung und sah eine Ausnahme für Flüssiggas beim reduzierten Mineralölsteuersatz vor.  

In der Debatte problematisierte Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) die Förderung von Pensionsvorsorgeprodukten, besprach die vorgesehenen administrativen Erleichterungen bei der Einhebung von Verbrauchssteuern aber positiv.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) erinnerte daran, dass der Grund für die Erhöhung des Pendlerpauschales - hohe Treibstoffpreise - weggefallen sei, und übte heftige Kritik an der Verlängerung dieser ökonomisch und ökologisch unsinnigen "Zersiedelungsprämie", die sozial ungerecht sei, weil Menschen mit geringem Einkommen und die BenutzerInnen öffentlicher Verkehrsmittel nicht profitieren.

Dem widersprach zunächst Abgeordneter Lutz Weinzinger (F), der darauf hinwies, dass viele ArbeitnehmerInnen gezwungen seien, mit dem PKW an ihre Arbeitplätze zu fahren. Er lehne den Entwurf ab, weil die Unterstützung der ArbeitnehmerInnen und der Familie unzureichend sei.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) hielt es nicht für sinnvoll, den Aktienanteil an Pensionsvorsorgeprodukten zu einem Zeitpunkt zu senken, zu dem die Kurse im Keller seien.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) verteidigte das Pendlerpauschale im Interesse der ArbeitnehmerInnen, die immer mobiler werden müssten, und wies unisono mit Staatssekretär Reinhold Lopatka die Behauptung der Grünen zurück, diese Pauschale nütze nur den Menschen in den "Speckgürteln" rund um die Großstädte.

Neukodifizierung der Behördenzuständigkeit im Abgabenrecht   

Alle Zuständigkeitsregeln für die Steuerbehörden sollen in einem neuen - mit S-V-G-B-Zustimmung an das Plenum weitergeleiteten - Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz (AVOG) 2010 zusammengeführt und damit Probleme gelöst werden, die aus der häufigen Änderung des AVOG und der Bundesabgabenordnung (BAO) entstanden sind.

Abgeordneter Roman Haider (F) klagte über Probleme der BürgerInnen beim Kontakt mit den Finanzämtern und schlug vor, die Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB) aus den Finanzämtern herauszulösen und direkt dem Bundesministerium zu unterstellen.

Staatssekretär Andreas Schieder sah keinen Grund für Kritik an den Finanzämtern, sondern berichtete von wachsender Kundenzufriedenheit und deutlich verbesserten Informations- und Serviceleistungen für die BürgerInnen.

Schieders Kollege Reinhold Lopatka äußerte sich dazu gleichlautend, berichtete auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) von der bewährten Arbeit jener Finanzämter, die für Unternehmensgruppen zuständig seien, und machte die Abgeordneten darauf aufmerksam, wie gut die Finanzämter die organisatorischen Veränderungen trotz massiver personeller Einsparungen bewältigt haben.

Buchhaltungsagentur soll aktuellere Daten für das Budget liefern   

Auf eine bessere Planung der Bundesbudgets durch eine aktuellere Datenbereitstellung von Seiten der Buchhaltungsagentur des Bundes zielt eine Änderung des Buchhaltungsagenturgesetzes. Der Zeitpunkt der Budgetvorlage soll - mit einhelliger Zustimmung der Ausschussmitglieder - vom Frühjahr auf den Herbst verschoben werden.

Fragen der Abgeordneten Alois Gradauer (F), Ruperta Lichtenecker (G) und Werner Königshofer (F) beantwortete Staatssekretär Andreas Schieder, indem er von Sofortmaßnahmen berichtete, mit denen das Ressort auf die Veruntreuung eines Millionenbetrags reagiert habe. Schieder erklärte die Einführung des Vier- und des Sechsaugenprinzips sowie Strukturänderungen, und kündigte einen Bericht über weitere Maßnahmen an.

Staatssekretär Reinhold Lopatka informierte über den Rechtscharakter der Bundesbuchhaltungsagentur, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, die zu 100 % im Eigentum der Republik steht.

Änderung von Doppelbesteuerungsabkommen

Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Königreich Bahrein machte den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens notwendig. Es vermeidet die Doppelbesteuerung bei Einkommen und Vermögen und wurde nach bewährten und international anerkannten OECD-Standards abgefasst (399 d.B.). Zudem lag dem Ausschuss eine Reihe von Änderungsprotokollen zur Revision der Abkommen im Sinne der neuen OECD-Grundsätze zur steuerlichen Transparenz und Amtshilfebereitschaft vor. Um zu verhindern, dass Österreich auf eine "schwarze Liste" mit Ländern gesetzt wird, die als "Steueroasen" gelten, hat es sich in begründeten Verdachtsfällen zur internationalen Amtshilfe und zur Einschränkung des in Österreich geltenden Bankgeheimnisses bereit erklärt. Infolgedessen besteht Änderungsbedarf bei  Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern: Luxemburg (441 d.B.), Großbritannien (442 d.B.), Singapur (443 d.B.), Mexiko (444 d.B.), Belgien (445 d.B.), Dänemark (446 d.B.), St. Vincent/Grenadinen (447 d.B.), den Niederlanden (448 d.B.), Norwegen (449 d.B.), Gibraltar (450 d.B.), Andorra (451 d.B.), Schweiz (452 d.B.), San Marino (453 d.B.) und Monaco (454 d.B.). - Die Zustimmung erfolgte mit S-V-G-Mehrheit.

Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) begründete die Ablehnung der Abkommen mit dem Hinweis, diese Abkommen stünden im Zusammenhang mit der Beendigung des Bankgeheimnisses in Österreich.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) erkundigte sich nach dem Stand der Verhandlungen mit großen Handelspartnern wie Frankreich und Deutschland.

Abgeordneter Robert Lugar (B) begründete die Ablehnung der Übereinkommen mit der Nichteinhaltung von Versprechen, die die Regierungsparteien gegenüber den Oppositionsparteien bei deren Zustimmung zur Umsetzung der OECD-Grundsätze für den Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden gemacht haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) wies auf die traditionell kooperative Arbeitsatmosphäre im Finanzausschuss hin und warnte vor einer Blockadepolitik, deren Gründe außerhalb des Ausschusses liegen. Bei der Umsetzung der Doppelbesteuerungsabkommen und beim Vollzug der neuen OECD-Empfehlungen mahnte der Abgeordnete dazu, dem Geist der Vereinbarungen zu folgen, um zu verhindern, dass Österreich neuerdings an den Pranger gestellt werde.

Staatssekretär Andreas Schieder betonte, dass sich Österreich in den Verhandlungen mit den anderen Ländern an das OECD-Musterabkommen halte, manche Details in den sehr unterschiedlichen Steuergesetzgebungen aber berücksichtigt werden müssen, was die Dauer der Verhandlungen erkläre. Ein Abkommen mit Frankreich sei demnächst zu erwarten, mit Deutschland, den USA und China werde bereits verhandelt.

Anträge der Opposition

Schließlich nahm der Finanzausschuss Anträge der Opposition in Verhandlung und vertagte diese jeweils mit der Mehrheit der Koalitionsparteien. Eine Vorgangsweise, die Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) unter Zustimmung der Vertreter von FPÖ und BZÖ einmal mehr kritisierte.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) untermauerte ihre Anträge 368/A(E) und 716/A(E) für einen Investitionsfreibetrag bei thermischen Sanierungen und für einen "Sanierungscheck" zugleich mit ökonomischen (Beschäftigungs-) und ökologischen (Klimaschutz-) Argumenten.

Den Interessen von Bankkunden galten weitere Entschließungsanträge der Grünen: Menschen mit niedrigem Einkommen, fehlenden Papieren oder Schulden will Abgeordnete Birgit Schatz das Recht auf ein - für Banken risikoloses - Girokonto auf Habenbasis einräumen und damit eine Voraussetzung zur Teilnahme am sozialen und wirtschaftlichen Leben bieten (145/A(E)). Der oftmalige Einstieg junger Menschen in eine ruinöse "Schuldnerkarriere" durch die "Einstiegsdroge" Kontoüberziehung ließ G-Abgeordnete Birgit Schatz mit ihrem Entschließungsantrag 146/A(E) Vorschriften über bessere Information der BankkundInnen über Verzugszinsen und strengere Bonitätsprüfungen bei der Festlegung von Überziehungsrahmen fordern. Außerdem verlangte Abgeordnete Schatz Vorkehrungen gegen die Banken-Praxis, von den KundInnen auch für gesetzliche oder vertraglich fixierte Leistungen zusätzliche Gebühren einzuheben (787/A(E)).

Die seit der Krise unter steigenden Kosten leidenden KreditnehmerInnen will das BZÖ durch Abschaffung der Kreditgebühr entlasten (591/A(E)). Zudem trat das BZÖ für die Förderung von Zukunftsinvestitionen ein. Abgeordneter Robert Lugar (B) brach eine Lanze für Investitionen in die thermische Sanierung, die Solarthermie, in KMU, Bildung, F&E sowie Wagniskapital, und forderte die Abschaffung von Basel II und einmal mehr der Kreditgebühren (755/A[E]).

Eine praktikable Konkursordnung für Banken schlugen die FPÖ-Abgeordneten Lutz Weinzinger und Werner Königshofer bei gleichzeitiger Garantie der Guthaben von Bankkunden in unbegrenzter Höhe vor (831/A(E)). Es gelte zu vermeiden, dass Banken künftig noch risikofreudiger agierten als in der Vergangenheit, weil sie seit dem Bankenrettungspaket wüssten, dass ihnen der Staat im Notfall jedes Risiko - auf Kosten des Steuerzahlers - abnehme. Denn die Gefahr einer systembedrohenden Finanzkrise würde dadurch größer statt kleiner.

Schließlich vertagte der Ausschuss einen Antrag der FPÖ für eine effektivere Kontrolle der Schwarzarbeit (608/A(E). Abgeordneter Roman Haider (F) bedauerte, dass von der KIAB zu prüfende Betriebe immer wieder "vorgewarnt" werden und verlangte die Einrichtung einer bundesweiten KIAB-Steuerungseinheit samt Regionalkoordinatoren und die Herauslösung der KIAB aus der Verantwortung der Finanzämter und deren direkte Unterstellung unter das Ministerium. (Schluss)