Parlamentskorrespondenz Nr. 1064 vom 01.12.2009

Wissenschaftsausschuss befasst sich mit Lage der Universitäten

Opposition fordert eigenen Unterausschuss zur Zukunft der Bildung

Wien (PK) – Eine umfassende Tagesordnung stand heute auf dem Programm des Wissenschaftsausschusses des Nationalrates. Aus gegebenem Anlass begann die Sitzung mit einer aktuellen Aussprache.

Eingangs der aktuellen Aussprache berichtete Bundesminister Johannes Hahn über den Stand der Diskussionen rund um den tertiären Sektor. In der Vorwoche habe es einen umfangreichen Dialog mit 70 teilnehmenden Personen und entsprechenden Expertenstatements gegeben, nun werde die Debatte in fünf Arbeitsforen, die sich dem gesellschaftlichen Bildungsauftrag, der koordinierten Entwicklung des Sektors, dem Bologna-Prozess, dem Studienzugang und der Finanzierung widmen sollen, fortgesetzt. Diese Foren sollen einmal im Monat tagen, ein erstes Treffen sei für die Woche vom 14. Dezember geplant. Ziel sei es, am Ende des ersten Quartals 2010 einen Zwischenbericht vorlegen zu können, wobei die weiteren Schlussfolgerungen seitens der Politik bis zum Sommer erfolgen sollen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) mahnte eine Verbindlichkeit des Dialogs ein. Zudem solle auch das Parlament stärker eingebunden werden, denn dieses habe den Auftrag, Strömungen der Bevölkerung abzubilden. Außerdem, so Grünewald, gehe es auch um die politische Gewichtung der Dialogteilnehmer.

Abgeordnete Beatrix Karl (V) zeigte sich dankbar für die Einrichtung des Hochschuldialogs, denn es gebe viel Diskussionsbedarf. Positiv sei, dass alle Parlamentsparteien im Dialog vertreten seien. Es brauche daher keine Parallelstrukturen, vielmehr solle man den Dialog in Ruhe arbeiten lassen, dann habe man immer noch genügend Zeit, auf parlamentarischer Ebene tätig zu werden. Abgeordneter Rainer Widmann (B) sprach sich gegen weiteres Zuwarten aus, man müsse jetzt handeln, und deshalb solle der Wissenschaftsausschuss schon jetzt adäquat eingebunden sein. Zur Klärung der in Rede stehenden Fragen sei, so Widmann, ein Unterausschuss einzusetzen.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) nannte den Hochschuldialog einen wichtigen Schritt. Sie sei nicht grundsätzlich gegen die Einsetzung eines Unterausschusses, man solle sich aber erst einmal ansehen, wie diese Foren arbeiteten und welche Ergebnisse sie erzielten. Dann sei wieder das Parlament am Zug. Abgeordneter Martin Graf (F) vertrat die Auffassung, dass die Abgeordneten stärker in den Dialogprozess eingebunden gehörten. Ein außerparlamentarischer Prozess könnte einen parlamentarischen Prozess nicht ersetzen, weshalb auch er für die Einsetzung eines Unterausschusses plädierte, der diese Themen effizient aufarbeiten könne. Graf würdigte in diesem Zusammenhang die Studenten, die diesen Dialog erst initiiert hätten. Ohne Unterausschuss, warnte Graf, bestehe die Gefahr, dass die diesbezügliche Entwicklung am Parlament vorbeigehe.

Bundesminister Hahn sprach von einem klaren Arbeitsprogramm für diese Legislaturperiode und sah das Ressort auf einem guten Weg. Er hinterlasse keine Baustelle, sondern es gebe eine wohl geplante Agenda, die in sich völlig stringent sei und Punkt für Punkt umgesetzt werde. Insgesamt gebe es fast eine Milliarde in alter Währung (68 Mio. Euro) an Sofortförderung, und diese Mittel sollen eine nachhaltige Wirkung entfalten.

Mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurden sodann aktuelle Oppositionsanträge zur Situation an den Hochschulen. Es handelte sich dabei um Anträge zur Uni-Milliarde (848/A [E]), zum Zwölfpunkteplan (858/A [E]), zur Qualitätsverbesserung (844/A [E]), zu einem sofortigen Notbudget (845/A [E]), zum UNI-Bonus (854/A [E]) und zu einer behindertenfreundlichen Uni (856/A [E], 857/A [E])

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) beantragte die Einsetzung eines Unterausschusses. Dieser wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt. Abgeordnete Beatrix Karl (V) stellte einen Vertagungsantrag für alle in Rede stehenden Materien, da, so Karl, die Ergebnisse des Hochschuldialogs abgewartet werden sollten. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeichnete ein tristes Bild der heimischen Universitäten und forderte ein Raumprogramm sowie entsprechende Investitionen in Forschung und Lehre ein.

Karlsböck übte Kritik an der überhasteten Einführung des Bologna-Prozesses. Hierzulande habe man sich stets der forschungsgeleiteten Lehre im Sinne Humboldts verschrieben, nun habe man das angelsächsische Modell übernommen, was nicht zu entsprechenden Ergebnissen führen könne, da es eben nicht organisch gewachsen sei. Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) zeigte sich besorgt darüber, dass die Ablehnung des Antrags auf Einsetzug eines Unterausschusses zu einer übermäßigen Verzögerung der parlamentarischen Behandlung dieser Materien führen werde. Dem schloss sich auch Abgeordneter Rainer Widmann (B) an, der die Befürchtung äußerte, durch diese Vorgangsweise ein halbes Jahr zu verlieren. Schließlich sprach sich Abgeordneter Gerhard Deimek (F) gegen jede Form der Zugangsbeschränkung aus.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) votierte für einen sinnvollen Ablauf, der Parallelaktivitäten vermeide. Daher solle man sich jetzt massiv in den Hochschuldialog einbringen und danach eine politische Bewertung im Parlament vornehmen, wobei sich zeigen werde, welches parlamentarische Instrument dann das geeignete ist. Überdies verwahrte sich auch Kuntzl gegen Zugangsbeschränkungen.

Abgeordneter Martin Graf (F) unterstrich dieses Eintreten gegen Zugangsbeschränkungen, denn Qualität über Quantität steuern zu wollen, sei zum Scheitern verurteilt. Sodann meinte er, die Thematik verdiente sich eine intensivere Befassung im Parlament, denn sie sei so bedeutsam, dass der Unterausschuss das richtige Instrument wäre. Sämtliche in Diskussion stehende Tagesordnungspunkte wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt.

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Bericht des Fachhochschulrates.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) nannte zuvor die Fachhochschulen eine wichtige Bereicherung der heimischen Hochschullandschaft und eine bedeutende Ergänzung der heimischen Universitäten. Nun aber brauche es eine Weiterentwicklung, weshalb sich die Frage stelle, wann der Entwicklungs- und Finanzierungsplan vorliegen werde. Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sagte, die Frage sei, welche Schlüsse man aus diesen Berichten ziehe. Der Sektor solle ausgebaut werden, und die Fachhochschulen wünschten dies auch.

Bundesminister Johannes Hahn erläuterte, es gebe gerade Gespräche bezüglich des Fachhochschulplans 4, der den heuer auslaufenden Fachhochschulplan 3 ersetzten solle. Eine Novelle des Gesetzes werde gleichfalls angedacht, ergänzte der Minister.

Ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Tätigkeitsbericht des Wissenschaftsrates über die Jahre 2006,2007 und 2008. In der Debatte teilte Minister Johannes Hahn auf Fragen der Abgeordneten Andrea Kuntzl (S) mit, dass der Rat für seinen laufenden Betrieb ein Jahresbudget von 900.000 € erhält und einzelne Projekte einer Sonderdotation bedürfen. Der Aufnahme von Vertretern des Fachhochschulbeirats, wie sie ebenfalls von Kuntzl vorgeschlagen wurde, stand Hahn positiv gegenüber.

Anträge der Opposition vertagt

Eine Reihe von Anträgen der Opposition wurden unter einem verhandelt. So verlangte Abgeordnete Birgit Schatz in ihrer Initiative Qualitätskriterien für Pflichtpraktika (29/A(E)) sowie mehr Daten und Informationen zur Lage der PraktikantInnen (597/A(E)), während ihr Fraktionskollege Abgeordneter Kurt Grünewald (G) für eine Erhöhung des Regelbudgets und für mehr Finanzierungssicherheit beim FWF eintraf (467/A(E)). Abgeordneter Martin Graf (F) verlangte eine Bündelung der Forschungskompetenzen in einem Ministerium (415/A(E)) sowie eine Erhöhung der Finanzierung der Fachhochschulen (419/A(E)). Die Abgeordneten Lutz Weinzinger (F) und Ursula Haubner drängten in getrennten Anträgen auf Schaffung einer Medizin-Universität in Linz (531/A(E), 512/A/(E)). Ein weiterer Antrag des BZÖ hatte die Aufstockung des wissenschaftlichen Personals an der Uni Klagenfurt zum Inhalt (567/A(E)).

Zur Frage der Med-Uni Linz bemerkte Bundesminister Johannes Hahn, ein allfälliger Mehrbedarf könne von den bestehenden medizinischen Universitäten in Österreich bewältigt werden. Dies sei billiger als die Errichtung einer neuen Universität.

Sämtliche Anträge wurden bei der Abstimmung mit S-V-Mehrheit vertagt.

Jeweils einstimmig wurden schließlich Änderungen des Abkommens mit Slowenien über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (328 d.B.) sowie ein Abkommen mit Montenegro über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (341 d.B.) genehmigt. (Schluss)