Parlamentskorrespondenz Nr. 1065 vom 01.12.2009

Heinisch-Hosek: Nationaler Aktionsplan geht in die Endphase

Gleichbehandlungsausschuss diskutiert Benachteiligung von Frauen

Wien (PK) – Die heutige Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses begann mit einer aktuellen Aussprache, bei der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Abgeordneten Rede und Antwort stand. In der Folge befassten sich die MandatarInnen mit dem Bericht über den Abbau von Benachteiligungen von Frauen im Zeitraum 2007 bis 2008. Auf der Agenda standen noch drei Entschließungsanträge der Opposition. Vertagt wurde sowohl die Forderung der FPÖ betreffend die Erstellung von nachvollziehbaren und transparenten Einkommensstatistiken als auch der Antrag der Grünen betreffend die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes in den Bereichen Werbung und Medien. Der BZÖ-Antrag betreffend die Erstellung einer Studie über die Volkskrankheit Burnout wurde dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

Die Aktivitäten und Pläne der Frauenministerin

Im Rahmen der aktuellen Aussprache informierte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek über aktuelle Entwicklungen in ihrem Ressort, wobei sie vor allem auf Aktivitäten hinwies, über die in den Medien nicht so intensiv berichtet wurde. Im letzten Jahr haben eine Reihe von interessanten Veranstaltungen stattgefunden, erklärte die Ministerin, wie z.B. zu den Themen "Geschlechtergleichstellung im Wandel der Zeit" und zur "Lebens- und Arbeitsituation von Bäuerinnen". Frauen mit Migrationshintergrund standen im Mittelpunkt einer weiteren Veranstaltung, die sich Fragen bezüglich "Fremdbild – Rollenbild – Vorbild" widmete. Gemeinsam mit dem Außenministerium wurde auch eine Tagung bezüglich der Frauenrechtskonvention abgehalten. Erstmals habe sie zudem ein so genanntes "Gleichstellungsfest" organisiert, wo alle Personen, die mit Gleichstellungspolitik zu tun haben, eingeladen wurden, um sich kennenzulernen und noch besser vernetzen zu können. Heinisch-Hosek berichtete weiters über ihre Auslandsbesuche, die sie u.a. nach Schweden führten, wo sie vor allem Gespräche über Gleichstellungspläne in den Betrieben und über die Frage der anonymen Gehaltstransparenz führte. In Madrid informierte sie sich über die Auswirkungen des spanischen Gewaltschutzgesetzes, das 2004 eingeführt wurde, und wo u.a. auch Arm- und Fußbänder für die Täter eingesetzt werden.

Was die Umsetzungserfolge angeht, berichtete die Ministerin über die Reihungskriterienverordnung des Gesundheitsministeriums bei der Vergabe von Kassenverträgen an Gynäkologinnen, die von ihrem Ressort unterstützt wurde. Diese sieht vor, dass bei der Vergabe von Kassenverträgen Frauen bevorzugt werden, wenn es in den entsprechenden Regionen eine Unterversorgung mit Gynäkologinnen gibt. Große Erfolge seien sicherlich die Einführung des Gratiskindergartenjahres für Fünfjährige, das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, das Entlastungspaket für Familien sowie das neue Gewaltschutzgesetz. Die Möglichkeit zur eingetragenen Partnerschaft, die sie aufgrund der fehlenden Möglichkeit, eine Zeremonie am Standesamt abhalten zu können, zwar als unvollendetes Werke sehe, sei dennoch ein ganz wichtiger Schritt, betonte Heinisch-Hosek.

Die zahlreichen Fragen der Abgeordneten betrafen eine breite Palette an Themen: häusliche Gewalt gegen Frauen, die Schaffung von Notfallwohnungen (Abgeordnete Sonja Ablinger, S), der nationale Aktionsplan für "Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt" (Abgeordnete Dorothea Schittenhelm, V), die Armutsgefährdung von Frauen, insbesondere von Alleinerzieherinnen (Abgeordnete Carmen Gartelgruber, F), die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf Frauen, die Koppelung von Förderungen an die Gleichstellungspolitik in Betrieben (Abgeordnete Judith Schwentner, G), die Einführung von flächendeckenden Selbstverteidigungskursen für Frauen, der Alkoholkonsum bei jungen Mädchen, die "Pille danach" (Abgeordnete Martina Schenk, B), die Einführung eines Papa-Monats (Abgeordnete Daniela Musiol, G) sowie der Out-put der kostspieligen Initiative für Lohngerechtigkeit und die Umsetzung des Gender-Budgetings (Abgeordnete Ursula Haubner, B).

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek wies in Beantwortung der einzelnen Fragen zunächst darauf hin, dass zusätzlich 600.000 € für die Gewaltschutzzentren bereit gestellt wurden, wodurch drei neue Regionalstellen eröffnet und eine flächendeckende Beratung gewährleistet werden könne. Für das Budget im nächsten habe sie eine weitere Erhöhung um 170.000 bis 200.000 € eingeplant, wobei jedoch noch die Innenministerin einer Aufstockung der Mittel ihrerseits zustimmen müsse. In diesem Zusammenhang machte sie auch darauf aufmerksam, dass die Broschüre "Frauen haben Recht" aktualisiert wurde und auf die neuen gesetzlichen Gegebenheiten hinweist. Ein wichtiges Thema sei auch die häusliche Gewalt gegen Migrantinnen, die generell einen Schwerpunkt ihrer Arbeit im nächsten Jahr darstellen. Es sollen unter anderem neue Netzwerke mit NGO in den Bundesländern geschaffen und spezielle Plattformen sowie ein EU-Projekt in diesem Bereich unterstützt werden. Sie setze sich auch sehr für die Schaffung einer Notwohnung ein, die aber in der Errichtung 80.000 € und im laufenden Betrieb 300.000 € kosten würde; Gespräche darüber werden aber geführt.

Was den nationalen Aktionsplan für "Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt" angeht, so finde der zweite Sozialpartnergipfel am 16. Dezember statt. Bis dato wurden etwa 150 Maßnahmen formuliert, die aber noch gebündelt werden müssen. Ein vorrangiges Thema dabei sei ihr natürlich die Einkommenstransparenz, unterstrich die Frauenministerin. Sie glaube auch, dass die Kosten für diesbezügliche Kampagne sehr gut angelegt waren, weil damit ein Bewusstwerdungsprozess und eine Diskussion angestoßen wurden. Es gehe ihr dabei um eine anonymisierte Darstellung von Einkommensunterschieden die nur intern im Intranet abrufbar sein soll. Dort wo Unterschiede festgestellt werden, sollten die Sozialpartner aktiv werden, um innerhalb eines gewissen Zeitrahmens diese Ungleichheiten zu beheben.

Die Ministerin informierte weiters darüber, dass im letzten Jahr 9.000 neue Kinderbetreuungsplätze und – damit zusammenhängend - 3.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen wurden. In dieser Frage sprach sie sich für Schaffung eines Rahmengesetzes sowie für die Festlegung von einheitlichen Mindeststandards aus. Was die Einführung des Papa-Monats angeht, so sei für sie diese Idee noch nicht gestorben.

Die Ziele des Gender-Budgeting sollen im nächsten Jahr im Rahmen von Pilotprojekten und in ausgewählten Pilotressorts weiter vorangetrieben werden, merkte die Ressortchefin an. Aber 2013 müssen die Vorgaben dann verbindlich umgesetzt werden.

Ein wichtiges Anliegen war der Bundesministerin, dass die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik weiterhin zu 50 % für Frauen bereitgestellt werden, zumal auch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht endgültig absehbar sind. Das Thema Frauen und Armut werde nächstes Jahr – im europäischen Jahr der Armut und der sozialen Ausgrenzung – verstärkt behandelt werden. Als ersten kleinen Schritt habe sie ermöglicht, dass auch in den Beratungsstellen ein Finanzcoaching angeboten wird, da in den Schuldenberatungsstellen kurzfristig oft kein Termin zu bekommen sei. Sie trete auch weiterhin dafür ein, die Notstandshilfe vom Partnereinkommen zu entkoppeln.  

Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen

Die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst, Gabriele Heinisch-Hosek, hat einen Bericht über den Abbau von Benachteiligungen von Frauen betreffend den Zeitraum 2007 bis 2008 vorgelegt, der vom Gleichbehandlungsausschuss mit S-V-G-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde.

Der Bericht informiert über "externe", also nach außen wirkende Maßnahmen der einzelnen Ressorts und ihre (messbaren oder potenziellen) Effekte, erklärte Ministerin Heinisch-Hosek. Dazu zählten etwa Maßnahmen zur Schaffung von Einrichtungen, die es Männern und Frauen ermöglichen, ihre familiären Verpflichtungen mit ihrer Berufstätigkeit zu vereinbaren; sozialpolitische Maßnahmen, die Benachteiligungen von Frauen in Hinblick auf den Umstand, dass sie Mütter sind oder sein können, abbauen; Maßnahmen zur Durchsetzung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben; aktive Frauenförderungsmaßnahmen in allen gesellschaftlichen Bereichen (insbesondere in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wissenschaft, Kunst und Kunstförderung und im öffentlichen Dienst) sowie allgemeine Maßnahmen zur Existenzsicherung, vor allem für die Fälle des Alters, der Invalidität und der Arbeitslosigkeit. Von Seiten der Ministerien wurden für den Zeitraum 2007 und 2008 insgesamt 172 Maßnahmen zum Abbau der Benachteiligungen von Frauen gemeldet.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) erkundigte sich danach, welche Schlüsse die Ministerin aus den Ergebnissen des Berichts ziehe.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) sprach sich gegen eine Offenlegung der Gehälter aus, weil dies nur zur Bildung einer Neidgesellschaft führen würde. Außerdem könne er aus eigener Erfahrung sagen, dass es im Betrieb nicht darauf ankomme, ob ein Mann oder eine Frau die Arbeit verrichtet, sondern nur welche Leistungen erbracht werden.

Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) warnte davor, die "Pille danach" als Verhütungsmittel zu sehen, weil dies nur zusätzlich zu einem Auseinanderklaffen zwischen Sexualität und Schwangerschaft führen würde. Sie wollte zudem wissen, ob die Auswirkungen des Aktionstags für Mädchen evaluiert wurden.

Weitere Fragen betrafen das Transferkonto (Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager, V), die Armutsgefährdung von Mehrfachmüttern (Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein, F), die Notwendigkeit der Intensivierung der Täterarbeit, um effizienter gegen häusliche Gewalt vorzugehen (Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill, G) sowie die unzureichenden Maßnahmen für behinderte Frauen (Abgeordnete Ursula Haubner, B).

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek gab gegenüber dem Abgeordneten Obernosterer zu bedenken, dass sie sehr wohl Betriebe kenne, wo es erhebliche Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Allerdings seien manche Unternehmen auch Vorreiter, da sie durch die Offenlegung von "Gehaltsbändern" einen ersten wichtigen Schritt gesetzt haben. Außerdem gehe es ihr nicht darum, Einzelgehälter zu veröffentlichen, sondern um die Information über die durchschnittliche (d.h. ohne Prämien und Boni) Bezahlung von Gruppen. Bezüglich der Förderung von Frauen in Führungspositionen sei ihr das Modell Norwegen ein Vorbild, gegen das es in der Privatwirtschaft in Österreich aber noch große Widerstände gibt. Immerhin habe man es schon geschafft, eine 45 %-Quote im ORF zu etablieren und die Frauenquote im Bund von 40 % auf 45 % zu erhöhen.

Was das Transferkonto angeht, so sehe sie dies sehr kritisch, da sie im derzeitigen Modell keinen Genderaspekt entdecken könne. Sie verstehe auch nicht den Sinn darin, wenn Sozialleistungen, die nur für die Betroffenen selbst relevant sind, veröffentlicht werden sollen. Die "Pille danach" habe sie nie als probates Verhütungsmittel angesehen, unterstrich die Ministerin, sie sollte nur in Notfällen verwendet werden können.

FPÖ für nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken


In einem Entschließungsantrag der FPÖ wies Abgeordnete Heidemarie Unterreiner darauf hin, dass es derzeit auf Grund unzulänglicher Berechnungsmethoden der Statistik Austria nicht möglich sei, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern objektiv zu beurteilen. Von der Statistik Austria würden nämlich zahlreiche Parameter nicht erhoben, z.B. die tatsächliche Tätigkeit im Betrieb, die Einstufung in die Gehaltstafel, die Beschäftigungsgruppe und das Berufsjahr (Seniorität) des jeweiligen Kollektivvertrages, die Anzahl der Berufsjahre in den Branchen, in denen die ArbeitnehmerInnen früher tätig waren, etwaige Zusatzqualifikationen etc. Die Bundesregierung wird von der FPÖ daher aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine gesetzliche Ermächtigung für die Statistik Austria beinhaltet, die oben exemplarisch angeführten Mindestgliederungen in einer Studie zu erheben und bei Vorliegen der Ergebnisse diese dann auch zukünftig als Grundlage für die Einkommenserhebung in den Einkommensbericht einfließen zu lassen.

Abgeordnete Judith Schwentner (G) hielt die Forderungen der FPÖ für nicht machbar und fragte sich zudem, was mit dem Antrag bezweckt werden soll.

Abgeordnete Anna Höllerer (V) wies darauf hin, dass der Rechnungshofbericht in Hinkunft zusätzliche Kriterien berücksichtige, die u.a. auf die im Antrag angesprochenen Faktoren abzielen. Sie stellte daher einen Vertagungsantrag, der mehrheitlich angenommen wurde.

BZÖ sieht Notwendigkeit für Studie über Volkskrankheit Burnout

Sodann wurde ein von den BZÖ-Mandatarinnen Martina Schenk und Ursula Haubner eingebrachter Entschließungsantrag, in dem sie eine aktuelle Studie zum Burnout-Syndrom unter Berücksichtigung einer genderspezifischen Perspektive einforderten, einstimmig dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

Grüne für Diskriminierungsschutz auch in Medien und Werbung 


In Österreich ist sexistische und frauenfeindliche Werbung nicht gesetzlich verboten, stellte G-Abgeordnete Judith Schwentner in einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion fest. Werbeinhalte, die Frauen in einer Weise darstellen, die als herabwürdigend, diskriminierend, sexistisch oder anstößig empfunden werden können, oder Werbeinhalte, die auf stereotype Darstellungen von Frauen und Männern zurückgreifen, können derzeit nur mittels einer Beschwerde beim Österreichischen Werberat beanstandet werden, gab die G-Mandatarin zu bedenken. Im Falle einer Beschwerde beim Werberat komme es zwar zu einem Verfahren, das als schwerwiegende Sanktion aber nur die "Aufforderung zum sofortigen Stopp der Werbekampagne oder des Werbesujets" vorsieht. Da sie diese Regelung als unzureichend ansieht, forderte Schwentner die Vorlage eines Berichts betreffend die Möglichkeiten eines gesetzlichen Diskriminierungsschutzes in den Bereichen Werbung und Medien, um effizienter als bisher gegen solche Darstellungen vorgehen zu können.

Nicht dieser Meinung anschließen konnte sich Abgeordneter Stefan Petzner (B), der sich im Sinne der Medienfreiheit skeptisch gegenüber weiteren Regulierungen und Verboten zeigte. Ebenfalls kritisch äußerte sich Abgeordneter Johannes Hübner (F), der vor einer massiven Zensur warnte. Dies würde "unser ganzes Wertesystem in Frage stellen", gab er zu bedenken.

Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) verurteilte die sexistische Darstellung von Frauen und Männern in den Medien, sprach sich aber gegen legistische Eingriffe aus, die die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit einschränken. Sie glaube, dass die Sanktionsmöglichkeiten durch den Werberat ausreichend seien; sie habe damit bis jetzt sehr gute Erfahrungen gemacht.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) betonte, dass die Meinungsfreiheit dort ende, wo Menschenrechte und Menschenwürde verletzt werden. – Der Antrag wurde schließlich mit S-V-Mehrheit vertagt. (Schluss)