Parlamentskorrespondenz Nr. 1103 vom 11.12.2009

Vom Nabucco-Abkommen über schulischen Wintersport zur GO-Reform

Zwei Anträge der Opposition in Erster Lesung

Wien (PK) – Kurz nach Mitternacht ging die Sitzung des Nationalrats mit der Ersten Lesung von zwei Anträgen der Opposition zu Ende. Zuvor hatten die Abgeordneten mit Stimmenmehrheit ein Abkommen über die Errichtung einer neuen Gas-Pipeline aus dem Südkaukasus gebilligt. Zusammen mit dieser Vorlage standen die Änderung der Gewerbeordnung und ein Tropenholz- Übereinkommen zur Debatte.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) sprach sich gegen das Gaspipeline-Projekt Nabucco aus. Er fürchtet, dass die Errichtung der Pipeline die Energie-Abhängigkeit Österreichs von Drittstaaten weiter erhöhen wird, und das bei veranschlagten Kosten von 7,9 Mrd. €. Die FPÖ stehe für ein energieautonomes Österreich, es gebe ausreichend nutzbare Ressourcen, betonte Gradauer.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) machte dem gegenüber geltend, dass es das Ziel von Nabucco sei, die Energie-Versorgungssicherheit in Österreich zu erhöhen. Schließlich sei Österreich derzeit von einem einzigen Gaslieferanten abhängig, skizzierte er, dem gelte es entgegenzuwirken. Die Diversifizierung der Gasleitungen und der Lieferquellen bringe entsprechende Vorteile. Versorgungssicherheit ist ihm zufolge auch zur Absicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich notwendig.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) fragte, wo der Vorteil für Österreich liegen solle, wenn es die Abhängigkeit von Russland und der Ukraine bei der Gasversorgung gegen eine Abhängigkeit von der Türkei tausche. Zudem sei nicht einmal sicher, ob es genug Gas für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Leitung gebe. Lugar fürchtet ein "Milliardengrab". Er sprach sich zudem generell dagegen aus, auf veraltete Technologie zu setzen und urgierte eine Hinwendung zu erneuerbaren Energien.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) bekräftigte, mit der Pipeline Nabucco würden Gasvorräte in der Kaspischen Region erschlossen und die Abhängigkeit Österreichs von der Ukraine bei der Gasversorgung verringert. Eine "totale Energiewende" ist seiner Meinung nach nicht in Sicht, man werde sich an ein Nebeneinander von fossilen und erneuerbaren Energieträgern gewöhnen müssen. Im Sinne der Versorgungssicherheit sei es notwendig, ja zu Nabucco zu sagen.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zum Internationalen Tropenholz-Übereinkommen 2006 und der Regierungsvorlage zur Änderung der Gewerbeordnung, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes an. Zur Gaspipeline Nabucco äußerte sie sich hingegen kritisch. Die Pipeline koste 7,9 Mrd. €, skizzierte sie, dieses Geld wäre zur Forcierung erneuerbarer Energieträger viel sinnvoller angelegt.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) unterstrich, Energie-Versorgungssicherheit sei für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Österreich notwendig. Seiner Überzeugung nach werden fossile Rohstoffe auch in Zukunft benötigt. Österreich solle mit dem Gaspipeline-Projekt Nabucco eine Chance nützen, forderte Haubner.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) bezweifelte hingegen, dass durch Nabucco die Energie-Versorgungssicherheit in Österreich erhöht werde. Er sprach von einer "Luxusleitung", von der man heute nicht einmal noch wisse, ob sie funktionieren werde. Ein Großteil des Gases, das nach bestehenden Plänen in die Leitung eingespeist werden solle, sei außerdem, so Widmann, bereits an die russische Gazprom verkauft.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) hielt dazu in einer tatsächlichen Berichtigung fest, nur ein winziger Bruchteil des Gases von Aserbeidschan sei an die Gazprom verkauft worden.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) befasste sich mit dem Internationalen Tropenholz-Übereinkommen und wies auf die zunehmende Zerstörung der Regenwälder hin. Ziel des Übereinkommens sei es, die nachhaltige Bewirtschaftung von Tropenholz zu fördern, hob er hervor. Der beste Weg, die Zerstörung der Regenwälder zu verhindern, ist seiner Meinung nach allerdings der gänzliche Verzicht auf Tropenholz.

Abgeordneter Josef JURY (B) wertete die Errichtung der Gaspipeline Nabucco als "Bankrotterklärung" der Regierung in der Energiepolitik. Österreich begebe sich mit der Pipeline in die politische Abhängigkeit der Türkei und instabiler Länder im südosteuropäischen Raum, warnte er. Österreich müsse raus aus der Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern, forderte Jury.

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER hielt fest, es gehe in der Energiepolitik nicht um ein "Entweder-Oder", sondern um ein "Sowohl-Alsauch": nämlich sowohl um die Forcierung erneuerbarer Energieträger als auch um die Sicherung der Energieversorgung. Er erinnerte an die Gaskrise im vergangenen Winter und erachtet in diesem Sinn die Diversifikation von Gaslieferungen im Bereich der Routen und im Bereich der Quellen für unbedingt erforderlich. Beim vorliegenden Abkommen gehe es lediglich um ein "intergovernmental Agreement", das Projekt werde, mit Ausnahme eines Zuschusses der EU, privat finanziert. Daher sei auch eine Aufrechnung der Kosten nicht gerechtfertigt, betonte Mitterlehner.

Abgeordneter Franz GLASER (V) wies darauf hin, dass die Urwälder in großem Ausmaß für das weltweite Klima verantwortlich seien. Kein Verständnis äußerte er dafür, dass Österreich in Kopenhagen gemeinsam mit anderen Ländern "an den Pranger gestellt" worden sei, weil es im Rahmen nachhaltiger Waldbewirtschaftung Holz aus dem Wald entnehme.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) machte darauf aufmerksam, dass die Diskussion über Energie- und Heizkosten mittlerweile ein Dauerbrenner in Österreich sei. Ein Verzicht auf Erdgas ist ihrer Ansicht nach nicht möglich. Durch den Bau von Nabucco könne die vollkommene Abhängigkeit Österreichs von einer einzigen Pipeline vermindert werden, betonte Hakel, das komme den KonsumentInnen zugute.

Auch Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) begrüßte den Bau der Nabucco-Pipeline. Es sei notwendig, die Abhängigkeit von der Ukraine zu minimieren, konstatierte sie.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) wies auf die breite Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf hin. Er betonte, dass Österreich zeitgemäße Regeln für die Wirtschaft brauche, und machte geltend, dass ein Großteil der Innovationen von Klein- und Mittelbetrieben komme.

Abgeordneter Franz HÖRL (V) gab zu bedenken, dass Österreich nach wie vor zu 73 % von Öl, Gas und Kohle abhängig sei. Er plädierte für einen Ausbau der Energieerzeugung aus alternativen Energieträgern, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass auch auf die Sicherheit der Energieversorgung großes Augenmerk zu legen sei, "damit die Stube warm und das Licht an bleibt". Der Bau von Nabucco sei sinnvoll, zeigte sich Hörl überzeugt.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) zeigte kein Verständnis für die Einwände der Opposition gegen das Pipeline-Projekt Nabucco. Das Ziel der Versorgungssicherheit dürfe nicht gegen die Ziele Klimaschutz und Energieeffizienz ausgespielt werden, forderte er.

Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) outete sich als Anhänger von Biogas und bedauerte Widerstände der Arbeiterkammer in diesem Bereich. Als interessante Idee wertete er die "Verpressung" von CO2 und dessen Rückführung in alte Gasspeicher.

Der Nationalrat genehmigte das Abkommen zwischen Österreich, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Türkei betreffend das Nabucco-Projekt mit Stimmenmehrheit. Das internationale Tropenholz-Übereinkommen wurde einstimmig gebilligt. Mehrheitlich verabschiedete der Nationalrat das Bundesgesetz zur Änderung der Gewerbeordnung, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes.

Einhellig für die Forcierung von schulischem Wintersport

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) zeigte sich erfreut über den einstimmigen Beschluss im Ausschuss hinsichtlich der Förderung des schulischen Wintersports. In Österreich habe der Tourismus großen Stellenwert, und dieser solle auch erhalten werden. Dies gelte insbesondere auch für den Wintertourismus, der einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstelle. Da es gelte, auch die Jugend an den Wintersport heranzuführen, sei dieser Antrag zu begrüßen, schloss der Redner.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) schloss an ihren Vorredner an und meinte, es sei erfreulich, in dieser wichtigen Materie einen Fünf-Parteien-Antrag zuwege gebracht zu haben, da diese Form sportlicher Betätigung für die Jugend von großer Bedeutung sei.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) plädierte gleichfalls für die Annahme der Vorlage und unterstrich die Wichtigkeit derartiger Maßnahmen im Interesse der heimischen Jugend, dabei insbesondere auf den finanziellen Aspekt verweisend.

Abgeordneter Maximilian LINDER (B) meinte, es sei wichtig, dass die Kinder lernten, traditionelle Wintersportarten auszuüben, weshalb es ihn umso mehr freue, dass man in dieser Materie einen Allparteienkonsens auch im Interesse des heimischen Tourismus gefunden habe.

Abgeordneter Harald WALSER (G) signalisierte gleichfalls Zustimmung, erklärte aber, seine Fraktion habe es erreicht, den Antrag so umzuformulieren, dass er nun auch für die Grünen annehmbar sei, unterstütze seine Fraktion doch die Idee von Wintersportwochen. 

Abgeordneter Franz HÖRL (V) wies auf den generellen Rückgang bei den Wintersportaktivitäten hin und hielt es daher für geboten, hier gegenzusteuern. Da dieser Antrag auch der heimischen Jugend diene, sei er besonders zu begrüßen.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) sagte, Skisport zähle nicht umsonst zu den populären österreichischen Sportarten und man könne gar nicht früh genug damit anfangen, ihn zu erlernen. Der Antrag weise somit in die richtige Richtung, zumal er auch auf die Bedürfnisse der heimischen Tourismuswirtschaft Bedacht nehme.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) freute sich ebenfalls über den Antrag, der auch finanziell schwächer gestellten urbanen Jugendlichen die Möglichkeit gebe, Wintersport auszuüben.

Ebenfalls für die Annahme der Vorlage votierten die S-Abgeordneten Elmar MAYER und Johann HELL sowie der V-Abgeordnete Jochen PACK.

Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.

Änderungen der Geschäftsordnung in Zweiter Lesung

Zwei Anträge auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes – 702/A und 705/A – wurden gemeinsam in Zweiter Lesung erörtert.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) setzte sich mit dem geplanten neuen Umgang mit Europathemen auseinander und erinnerte an die seinerzeit geübte Praxis. Er sprach von einer notwendigen Sanierung der Geschäftsordnung, kritisierte jedoch gleichzeitig, dass man just bei Europadebatten Europaabgeordnete auch weiterhin nicht beiziehe.

Abgeordneter Otto PENDL (S) sprach von guten Berichten und zeigte sich zufrieden damit, dass es gelungen sei, hier zu guten Ergebnissen zu kommen.

Abgeordnete Beatrix KARL (V) schloss an ihren Vorredner an, erläuterte die geplanten Änderungen und empfahl deren Annahme.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) signalisierte gleichfalls Zustimmung zu den beiden Materien, beklagte jedoch gleichzeitig die Vorfälle rund um die letzte Sitzung des Geschäftsordnungskomitees.

Ebenfalls für die Annahme der Vorlagen sprachen sich die S-Abgeordneten Stefan PRÄHAUSER und Christine MUTTONEN aus.

Beide Vorlagen fanden in zweiter Lesung die erforderliche Mehrheit.

Erste Lesung eines Antrags der Grünen

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) erläuterte ihren Antrag und verwies auf die Notwendigkeit, dass es abtreibungswilligen Frauen möglich sein müsse, ihre Rechte ungehindert wahrnehmen zu können. Daher sei die Einrichtung von Schutzzonen rund um Abtreibungskliniken unumgänglich.

Abgeordnete Gisela WURM (S) stimmte ihrer Vorrednerin inhaltlich zu und sprach sich gleichfalls dafür aus, entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen. Details solle man noch diskutieren.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) erklärte, natürlich spreche sich seine Fraktion gegen Psychoterror aus, doch sei in dem Antrag zu bemängeln, dass er unangemessenen Druck nur in einem einzigen Zusammenhang unter Strafe stellen wolle, was ihn persönlich dem Antrag sehr skeptisch gegenüber stehen lasse.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) bezog inhaltlich eine grundsätzliche Gegenposition und erklärte, zigtausende ungeborene Kinder seien vor diesen Kliniken in den letzten Jahren gerettet worden. Der Antrag belege einmal mehr die ideologische Ausrichtung der Grünen.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) meinte, dieser Antrag ziele nur auf die "Lebensschützer" ab, weshalb er diesen Antrag scharf ablehne, denn in dieser Debatte werde er eindeutig auf Seiten der "Lebensschützer" stehen.

Der Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen. 

Erste Lesung eines Antrags des BZÖ

Abgeordneter Josef BUCHER (B) erläuterte die Inhalte des Antrags, die Ausweitung der Kompetenzen des Rechnungshofs auf die Gemeinden. Dies wäre ein Schritt zu mehr Transparenz, so der Redner.

Abgeordnete Christine LAPP (S) sprach von einem wichtigen Thema, das eingehende Überlegungen rechtfertige und zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer entsprechenden Lösung kommen werde.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) erklärte, man brauche angesichts der geänderten Bedingungen eine Optimierung der Prüfkompetenzen, die entsprechenden Beratungen seien daher zu begrüßen.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) meinte, der Antrag entspreche voll und ganz einer alten Forderung der FPÖ, man werde ihn daher unterstützen.

Auch Abgeordneter Werner KOGLER (G) begrüßte die bevorstehende Diskussion zum Thema.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

(Schluss)