Parlamentskorrespondenz Nr. 1107 vom 11.12.2009

Neues Beamtendienstrecht mit Mobbingverbot und mehr Frauenförderung

Erhöhtes Kilometergeld verlängert, Gehaltsabschluss berücksichtigt

Wien (PK) - Eine vom Nationalrat nach differenzierter Abstimmung in zweiter Lesung einhellig verabschiedete 2. Dienstrechts-Novelle 2009 bringt ein ausdrückliches Mobbingverbot im öffentlichen Dienst, die Vereinheitlichung der Dienstpflichten von Beamten und Vertragsbediensteten, mehr Transparenz bei der Aufnahme von Karenzvertretungen, die Ausweitung der Frauenförderung und die Verlängerung des befristet erhöhten "Kilometergeldes" um ein Jahr. Der kürzlich für 2010 fixierte Gehaltsabschluss im öffentlichen Dienst wurde durch Annahme eines S-V-Abänderungsantrages zum Gehaltsgesetz berücksichtigt. Ohne Mehrheit blieb ein FPÖ- Antrag zum Gehaltsgesetz, mit dem Gehaltseinbußen von Bediensteten bei "fortgesetzter Krankheit" verhindern werden sollten, weil sich die diesbezügliche Bestimmung im Gehaltsgesetz nicht bewährt habe, wie Abgeordneter Werner HERBERT (F) in seiner Wortmeldung ausführte.

Zur Dienstrechtsnovelle hielt Herbert fest, grosso modo sei diese in Ordnung, doch liege das Problem wieder einmal im Detail, denn die Beschäftigung von anerkannten Flüchtlingen im öffentlichen Dienst sei deswegen zweifelhaft, weil fraglich sei, ob diese Personen tatsächlich einen besonderen Bezug zur Republik hätten. Auch die Erhöhung der Frauenquote sei nicht nachvollziehbar, erklärte Herbert.

Abgeordneter Otto PENDL (S) begrüßte den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst und brachte einen entsprechenden Abänderungsantrag zur vorliegende Dienstrechts-Novelle ein. Ebenso hob er positiv hervor, dass künftig auch städtischen Exekutivbeamten eine Pauschalabgeltung nach der Reisegebührenvorschrift gewährt werden könne, wenn diese vorwiegend im Außendienst tätig seien. Generell unterstrich Pendl, der öffentliche Dienst leiste wertvolle Arbeit.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) schloss sich dem Dank Pendls an die Beamten an. Zum vorliegenden Gesetzentwurf äußerte er sich allerdings kritisch. So begrüßte er zwar das neue Mobbing-Verbot im öffentlichen Dienst, wertete die Formulierungen aber als zu ungenau. Auch die Erhöhung der Frauenquote lehnte er ab. Zum Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst merkte Hagen an, das BZÖ sei dafür, Beamten mit hohen Gehältern wie Sektionschefs eine Nulllohnrunde zu verordnen und im Gegenzug niedrige Bezüge überproportional zu erhöhen. Zum wiederholten Mal urgierte er zudem ein eigenes Exekutivdienstgesetz.

Abgeordnete Beatrix KARL (V) ging auf einzelne Punkte der Gesetzesnovelle ein und wies unter anderem darauf hin, dass mit der Novelle sachlich nicht gerechtfertigte Unterschiede zwischen Beamten und Vertragsbediensteten beseitigt würden. Weiters würde auf neue Entwicklungen reagiert und etwa ein Mobbing-Verbot verankert. Die Frist zur Geltendmachung von finanziellen Ansprüchen wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz wurde laut Karl von einem Jahr auf drei Jahre verlängert.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) kündigte ein differenziertes Abstimmungsverhalten der Grünen an. Ihre Fraktion werde das Gesetz in Zweiter Lesung trotz einiger positiver Punkte ablehnen, weil die Unabhängigkeit weisungsfreier Organe durch die künftige uneingeschränkte Unterrichtungspflicht gegenüber der obersten Dienstbehörde gefährdet sei, skizzierte sie. In Dritter Lesung werde es aber wegen des eingefügten Gehaltsabschlusses für den öffentlichen Dienst eine Zustimmung geben. Ebenso werden die Grünen laut Musiol dem Antrag der FPÖ zustimmen, auch wenn sie daran erinnerte, dass die von der FPÖ nun beanstandete Bestimmung von "schwarz-blau" eingeführt worden sei.

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK wies darauf hin, dass die vorliegende Dienstrechts-Novelle mehr als 150 Punkte umfasse, die, wie sie meinte, "in guter sozialpartnerschaftlicher Manier" erarbeitet worden seien. Auch die Gehaltsverhandlungen für den öffentlichen Dienst sind ihr zufolge "gut zu Ende gegangen". Mit 0,9% plus Zusatzzahlungen gebe es, so Heinisch-Hosek, den drittniedrigsten Abschluss der letzten 40 Jahre, wobei sichergestellt sei, dass Beamte mit niedrigem Einkommen prozentuell mehr Geld erhalten.

Von den weiteren Punkten der Gesetzesnovelle hob Heinisch-Hosek u.a. das Mobbing-Verbot, den flächendeckenden Zugang zur Führungskräfteausbildung, strengere Regelungen für die Nebenbeschäftigung von öffentlichen Bediensteten und die Anhebung der Frauenquote hervor. Mobbing sei kein Kavaliersdelikt und könne in Zukunft als Dienstpflichtverletzung geahndet werden, zeigte sie sich zufrieden.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) gab zu bedenken, Opfer von Mobbing würden oft schwer Gehör finden. Sie sei daher froh, dass nunmehr im öffentlichen Dienst ein ausdrückliches Mobbing-Verbot festgeschrieben werde, meinte sie. Mobbing sei eine Dienstpflichtverletzung und könne zu Konsequenzen führen. Besonders erfreut äußerte sich Lueger auch über die Anhebung der Frauenquoten und bekräftigte, niemand müsse Bedenken haben, dass Frauen zu Unrecht bevorzugt würden.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) unterstrich, es brauche ein völlig neues Dienst- und Besoldungsrecht im öffentlichen Dienst mit fairen und modernen Regelungen. Seiner Meinung nach kommen leistungsbereite öffentlich Bedienstete derzeit zu kurz. Zudem hob er die Notwendigkeit hervor, Mitarbeiter auch vor "politischem Mobbing" zu schützen.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER (V) bezeichnete den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst als "sehr angemessen". Es sei sichergestellt, dass es keinen Reallohnverlust gebe, erklärte er, gleichzeitig sei eine soziale Komponente eingebaut worden. Verärgert zeigte sich Neugebauer wegen der Debatte über vermeintliche Privilegien von Beamten. Ein Großteil der Kollektivverträge sehe automatische Gehaltsvorrückungen vor, betonte er. Die überdurchschnittlich hohen Gehälter im öffentlichen Dienst führte er auf den hohen Akademikeranteil zurück. Derzeit intensiv verhandelt werde laut Neugebauer über die Anerkennung von Bachelor-Abschlüssen im öffentlichen Dienst und die Einführung eines Zeitwertkontos.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) begrüßte namens der Grünen die frauenpolitischen Aspekte der Novelle. Sie gab allerdings zu bedenken, dass schon die derzeit geltende 40-Prozent-Quote in Führungspositionen nicht annähernd erreicht werde. So seien etwa unter 90 SektionsleiterInnen derzeit nur 12 Frauen.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) verwies darauf, dass die Dunkelziffer bei Mobbing sehr hoch sei. Das Thema müsse enttabuisiert werden, forderte sie und begrüßte in diesem Sinn die Vorreiterrolle des Bundes. Auch die Erhöhung der Frauenquote sieht die Abgeordnete als Meilenstein.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) hielt Abgeordnetem Neugebauer entgegen, männliche Beamte seien bei der "Hacklerregelung" sehr wohl privilegiert. Auch die automatischen Gehaltserhöhungen durch Biennalsprünge wertete er als Privileg.

Die zweite Dienstrechtsnovelle passierte nach Berücksichtigung eines S-V-Abänderungs- und Zusatzantrags das Plenum in Dritter Lesung mehrheitlich. Der FPÖ-Antrag auf Änderung des Gehaltsgesetzes blieb in der Minderheit.  

(Schluss Dienstrechts-Novelle/Forts. NR)