Parlamentskorrespondenz Nr. 31 vom 22.01.2010

Barbara Prammer eröffnet Heinz Schäffer Gedächtnissymposion

ExpertInnen diskutieren über Verfassungsinterpretation in Europa

Wien (PK) – Im Budgetsaal des Parlaments fand heute der Auftakt zu einem zweitägigen Symposion zu Ehren des 2008 verstorbenen österreichischen Verfassungsrechtlers und Ersatzmitglieds des Verfassungsgerichtshofs Heinz Schäffer statt, bei dem sich Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland mit der Verfassungsinterpretation in Europa auseinandersetzen werden.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die gemeinsam mit dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt und der Gesellschaft für Gesetzgebungslehre zu der Veranstaltung eingeladen hatte, erinnerte in ihren Begrüßungsworten daran, dass die Verfassungsinterpretation ein Forschungsschwerpunkt Hans Schäffers war, und sah im Thema des Symposions mit seinem Blick über die Grenzen ein Zeichen, das in die richtige Richtung weist. Gerade durch den EU-Beitritt habe sich der Stufenbau der Rechtsordnung verändert, primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht stehe nun über dem Bundesverfassungsrecht, dem EuGH komme bei der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung von staatlichem Recht wesentliche Bedeutung zu, gab Prammer zu bedenken.

Zusätzliche Aktualität erfahre das Gemeinschaftsrecht überdies durch den Vertrag von Lissabon, dessen Umsetzung die Mitgliedstaaten mit der Herausforderung konfrontiert, ihr Verfassungsrecht zu durchleuchten. Die Auseinandersetzung mit dem Vertrag, der ja auch die nationalen Parlamente stärkt, sei in Österreich noch nicht in ausreichendem Maß geführt worden, meinte Prammer, die von der Notwendigkeit einer Novelle der österreichischen Bundesverfassung sprach, um dem Vertrag von Lissabon den entsprechenden Stellenwert zu geben.

Der Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt Georg Lienbacher erinnerte daran, dass die Habilitationsschrift Heinz Schäffers aus dem Jahr 1971 über die Verfassungsinterpretation nach wie vor ein Standardwerk ist, wobei er anfügte, weniges in der juristischen Literatur sei so zeitlos wie diese Arbeit. Das Parlament sei der richtige Ort, um über die Grenzen zwischen Verfassungsinterpretation und Rechtsfortentwicklung zu diskutieren, meinte er. Das Symposion werde sich deshalb vor allem auch mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Ausmaß heute Organe Rechtsfortentwicklung betreiben, die eigentlich dem Parlament als Gesetzgeber zusteht, und inwieweit insbesondere Höchstgerichte diese Rechtsfortentwicklung unzulässigerweise vornehmen, betonte er.

Auf dem Programm der Veranstaltung, die vom Präsidenten der Gesellschaft für Gesetzgebungslehre Theo Öhlinger geleitet wird, standen zunächst Referate von Matthias Jestaedt (Universität Erlangen – Nürnberg), Luc Heuschling (Université Lille Nord de France) und Beniamino Caravita di Toritto (Sapienza – Università di Roma) über die jeweilige Verfassungsinterpretation in Deutschland, Frankreich und Italien.

Schwerpunkte des zweiten Teils des Symposions werden am 23. Jänner im Großen Vortragssaal des Innenministeriums die Verfassungsinterpretation in Spanien, Österreich und der EU sein.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at