Parlamentskorrespondenz Nr. 56 vom 29.01.2010

Nationalrat debattiert über Kindersklaven und Folter

Wien (PK) – Menschenrechtsfragen standen im Anschluss an die Diskussion über die Dringliche Anfrage der FPÖ an Innenministerin Maria Fekter und die Kurzdebatte im Mittelpunkt der Debatte. Auf der Tagesordnung standen zwei Berichte des Ausschusses für Menschenrechte. Zunächst ging es um einen B-Antrag betreffend Maßnahmen gegen Kindersklaverei.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) prangerte die Kindersklaverei an, unter der eine große Anzahl von Kindern leide. Sie seien die billigsten Arbeitskräfte des 21. Jahrhunderts und produzierten unter skandalösen Bedingungen billige Waren für den globalen Markt, so Ablinger. 50.000 Kinder stürben jährlich durch Gewaltanwendungen. Die Ursachen für Kindersklaverei liegen laut Ablinger in der sozialen Ungleichheit. Deshalb begrüßte sie den vorliegenden Entschließungsantrag, in dem es nicht nur um die Abschaffung der Kindersklaverei an sich geht, sondern auch darum, die Ursachen dafür genau zu untersuchen und zu bekämpfen.

Abgeordneter Wolfgang GROßRUCK (V) stimmte seiner Vorrednerin zu. Er hoffte, dass es auch bald möglich sein werde, über den Kinderschutz und damit über die Ratifizierung der UNO-Kinderrechtskonvention zu sprechen. Großruck thematisierte auch aktuelle Fälle der Christenverfolgung und kam dann auf die Erdbebenkatastrophe in Haiti zu sprechen. Mit großer Bestürzung berichtete er, dass offensichtlich Kinderhändler und Pädophile massenweise nach Haiti reisten, um sich der elternlosen Kinder zu bemächtigen. Hier müsse unbedingt etwas getan werden, appellierte er.

Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) kündigte die Zustimmung der FPÖ zum vorliegenden Antrag an. Er wies darauf hin, dass die UNO von 190 Millionen Kindern ausgehe, die, vorwiegend aus Gründen der Armut, arbeiten müssten. Viele Hilfsorganisationen warnten davor, Kinderarbeit generell zu verbieten, sagte Kurzmann, man müsse aber alles tun, um die Ausbeutung von Kindern hintanzuhalten.

Abgeordnete Alev KORUN (G) begrüßte den vorliegenden Entschließungsantrag ebenfalls. Dieser könne aber nur ein allererster Schritt sein, betonte sie, viele weitere Maßnahmen müssten folgen, um Kindersklaverei abzuschaffen. Unter anderem forderte sie, Opfer bei der Durchsetzung von Schadenersatz zu unterstützen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) hielt fest, auch das BZÖ hätte sich eine weitergehende Entschließung gewünscht. Grosz zufolge ist es etwa notwendig, konkretere Schritte gegen Sklaven- und Menschenhandel zu setzen. Gerade in Haiti drohten nun viele Kinder verkauft zu werden, warnte er. Kritik übte Grosz auch an Bettelei mit Kindern in Österreich.

Abgeordnete Petra BAYR (S) führte aus, ausbeuterische Kinderarbeit gebe es unter anderem in Steinbrüchen, Teppichknüpfereien und Plantagen. Entwickelte Länder wie Österreich müssen ihrer Meinung nach darauf achten, bei öffentlichen Beschaffungen nur Produkte zu erwerben, die ohne Kinderarbeit produziert worden seien.

Abgeordneter Franz GLASER (V) sagte, es sei erschreckend, dass weltweit 30 Millionen Kinder auf der Straße lebten und damit leicht Opfer von Menschenhandel würden. Man müsse im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit entsprechende Gegenmaßnahmen setzen, forderte er.

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) sieht in Bezug auf die Abschaffung von Kindersklaverei nicht nur die Regierung, sondern auch die Abgeordneten gefordert. Jeder einzelne Konsument habe durch sorgfältige Produktwahl die Möglichkeit einen entsprechenden Beitrag zu leisten, erklärte er.

Abgeordneter Franz EßL (V) gab zu bedenken, dass Kindersklaverei kein historisches Phänomen sei, sondern nach wie vor Millionen von Kindern betreffe. Man müsse bei den Ursachen von Kinderarbeit – Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger – ansetzen, bekräftigte er.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) wies darauf hin, dass der 12. Juni internationaler Welttag gegen Kinderarbeit sei. Ihm zufolge setzen Gewerkschaften weltweit Aktivitäten, um Kinderarbeit einzudämmen.

Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) erklärte, man solle bei der Debatte über Kindersklaverei nicht jene "Schandflecken" aussparen, die es hierzulande gebe. Insbesondere verwies sie auf das Problemfeld Kinderpornographie. Empört äußerte sich Plassnik über die Hinrichtung von zwei jungen Oppositionellen im Iran.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) verwies auf Aktivitäten der Volkshilfe zur Vermeidung von Kinderarmut und Kinderarbeit. Auch bei der nunmehrigen Katastrophe in Haiti sei die Volkshilfe im Einsatz, skizzierte er.

Die dem Bericht des Menschrechtsausschusses angefügte Entschließung wurde vom Nationalrat einstimmig angenommen.

G-Antrag zum Antifolter-Übereinkommen

Abgeordneter Kurt LIST (B) sprach sich gegen die Aufnahme einer Definition von Folter in das Strafgesetzbuch aus. Seiner Ansicht nach ist die bestehende Gesetzeslage ausreichend, um Folter angemessen zu bestrafen. Heftige Kritik übte List an der - seiner Meinung nach - zu milden Strafe für einen türkischstämmigen Österreicher, der seine Frau mit einer Eisenstange attackierte. Er sprach von einem Fehlurteil. Seiner Ansicht nach geht es nicht an, auf Grund der Herkunft des Täters mildere Strafen zu verhängen.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) machte darauf aufmerksam, dass von Seiten der UNO wiederholt die Aufnahme einer Definition von Folter in das Österreichische Strafgesetzbuch eingemahnt worden sei. Sie begrüßte in diesem Sinn die Ankündigung von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, in den nächsten Monaten einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) machte darauf aufmerksam, dass die Aufnahme einer Definition von Folter in das Strafgesetzbuch bereits im Regierungsübereinkommen verankert sei. Generell warnte er davor, Urteile aus dem Zusammenhang gerissen emotional zu diskutieren.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) hielt fest, Österreich habe die internationale Anti-Folter-Konvention inhaltlich bereits umgesetzt. Die FPÖ werde der Entschließung aus deklarativen Gründen dennoch zustimmen, konstatierte er.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) erinnerte daran, dass der Begriff Folter in der österreichischen Rechtsordnung bislang immer noch nicht definiert wurde und verlangte, diese Lücke endlich zu schließen. Aus aktuellen Gründen hielt es der Redner für unverständlich, eine Demonstration gegen einen rechtsextremen Ball in Wien nicht zuzulassen, das stelle einen Verstoß gegen das Prinzip der Versammlungsfreiheit dar.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) bekannte sich nachdrücklich zum internationalen Kampf gegen Folter und Misshandlung und würdigte das diesbezügliche Engagement von Amnesty International. Als eine besondere Herausforderung sah Kirchgatterer die Förderung digitaler Menschenrechte zum Schutzes der Privatsphäre der Menschen.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) sah den Foltertatbestand in der österreichischen Rechtsordnung sehr wohl berücksichtigt und unterstrich den hohen Stellenwert, der den Menschenrechten in Österreich zukommt.

Abgeordnete Alev KORUN (G) freute sich über den Mehrheitsbeschluss, beklagte aber, dass seit der Unterzeichnung des internationalen Folterübereinkommens 22 Jahre verstreichen mussten, bis daraus Konsequenzen für die österreichische Rechtsordnung gezogen werden. Die Rednerin gab ihrer Hoffnung auf eine baldige Regierungsvorlage Ausdruck und meinte, das Fehlen eines Folterparagraphen sei an den lächerlich geringen Strafen schuld, die Polizisten erhielten, die einen Schubhäftling misshandelten. 

Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) qualifizierte den Standard der Menschenrechte in Österreich als sehr hoch, räumte aber ein, dass individuelle Fehlleistungen in Einzelfällen immer wieder zu Verstößen führen. Er begrüße es, dass mit dem heutigen Beschluss ein weiterer Punkt des Regierungsübereinkommens einer Erledigung näher gebracht werde.

Die Ausschussentschließung wurde mehrheitlich angenommen.

(Schluss Menschenrechtsthemen/Forts. NR)