Parlamentskorrespondenz Nr. 79 vom 08.02.2010

Aktuelles Stabilitätsprogramm kommenden Mittwoch im Budgetausschuss

Regierung unterstreicht Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung

Wien (PK) – Am kommenden Mittwoch wird der Budgetausschuss zusammentreten und u.a. über das Stabilitätsprogramm der Bundesregierung bis 2013 beraten. Der Teil der Sitzung, in dem Berichte zur Debatte stehen, ist öffentlich. Der Bericht über das Stabilitätsprogramm informiert über aktuelle Daten und Prognosen zur mittelfristigen Wirtschafts- und Budgetentwicklung und enthält die Absichtserklärung der Bundesregierung, das öffentliche Defizit, das 2010 krisenbedingt auf 4,7 % steigen wird, durch Konsolidierungsmaßnahmen bis 2013 auf maastrichtkonforme 2,7 % zurückzuführen. Die Regierung setzt auf eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, auf gemeinsame Budgetverantwortung mit Ländern und Gemeinden, auf Strukturreformen in der öffentlichen Verwaltung, Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung sowie auf die Sicherung des Sozialsystems als Standort- und Produktivfaktor (III-112 d.B., http://www.bmf.gv.at).

Der Bericht gibt einen Überblick über die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf Österreich, dokumentiert die ökonomischen und budgetären Auswirkungen des Bankenpakets sowie der Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete, mit denen Regierung und Parlament auf die Krise reagierten und zeigt, dass es gelungen ist, den Krisenverlauf in Österreich positiv zu beeinflussen. Untermauert mit detaillierten Prognosen über Wachstum, Inflation, Beschäftigung und Defizitentwicklung in den nächsten Jahren skizziert die Regierung einen Weg aus der Krise, wobei auf wirtschaftliche Unsicherheiten und mögliche Abweichungen vom "Basisszenario" eingegangen wird. Abschließend unterstreicht die Regierung die Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung mit dem Hinweis auf eine langfristige "Nachhaltigkeitslücke", die den öffentlichen Finanzen ohne gegensteuernde Maßnahmen durch die budgetären Auswirkungen der Krise und durch die demografische Entwicklung drohen würde.

Ein Kraftakt gegen die Krise - das Bankenpaket

Als Österreich in der zweiten Jahreshälfte 2008 von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erfasst wurde, reagierte der Bund im Oktober 2008 mit einem "Bankenpaket" und sicherte Kreditinstitute und Versicherungen ab. Der Haftungsrahmen für eine Clearingbank zur Belebung des Interbankenmarktes und Garantien für Bankpapiere umfasste insgesamt 65 Mrd. €. Dazu kamen 15 Mrd. € an Haftungen für gefährdete Kredite und Veranlagungen sowie für den Erwerb von Beteiligungskapital. 10 Mrd. € zur Absicherung privater Spareinlagen (bis Ende 2009 zu 100 %, seither bis zu 100.000 €) und für eine Sicherung der Einlagen von KMU bis zu 50.000 € wurden bislang nicht beansprucht. Wirtschaftlich gesunde Großunternehmen können seit August 2009 staatliche Garantien für Finanzierungen im Umfang von insgesamt 10 Mrd. € erhalten.  

Das Bankenpaket wurde gut angenommen. Ende 2009 haftete der Bund mit 20,4 Mrd. € für Bankpapiere, mit 1,5 Mrd. € für Bankforderungen, mit 310 Mio. € für Kapitalerhöhungen sowie mit 500 Mio. € für die Clearingbank und hatte Beteiligungspapiere von fünf Banken mit insgesamt 5,4 Mrd. € im Portfolio. 217 Mio. € an Haftungsentgelten flossen 2009 an den Bund zurück, für 2010 werden 277 Mio. € an Einnahmen unter diesem Titel erwartet. Die 2008 gezeichneten Partizipationen brachten bislang keine Einnahmen. Künftig rechnet der Finanzminister aber mit Dividenden von 280 Mio. € pro Jahr.

Anstrengungen zur Stabilisierung von Konjunktur und Arbeitsmarkt

Die Ende 2008 beschlossenen Konjunkturpakete, die seit 1.1.2009 wirksame Steuerreform sowie zwei Arbeitsmarktpakete tragen maßgeblich zur Stabilisierung und Stimulierung der österreichischen Volkswirtschaft bei. Analysen und Evaluierungen des WIFO zeigen, dass nationale Stabilisierungs- und Stimulierungsmaßnahmen sowie die Konjunkturpakete der wichtigsten Handelspartner Österreichs das reale BIP in Österreich 2009 und 2010 kumuliert um 2,1 % erhöht und die Beschäftigung um rund 41.500 Personen ausgeweitet haben. Knapp die Hälfte dieser Wachstums- und Beschäftigungsimpulse geht auf die beiden Konjunkturpakete und auf die Steuerreform der Bundesregierung zurück. Der Beschäftigungseffekt der beiden Arbeitsmarktpakete und der aktiven Arbeitsmarktpolitik wird mit 52.400 Arbeitsplätzen beziffert, die Kurzarbeitsregelung mit 30.000.

Krisenverlauf, Konjunkturprognosen, Budgetprobleme 

Die Krise ließ das reale Wirtschaftswachstum 2008 von 3,5 % (2007) auf 2 % zurückgehen. Umfassende Konjunkturpakete stoppten den Abwärtstrend Mitte 2009 und führten im dritten Quartal 2009 zu einem realen Wachstum von 0,5 %. 2009 betrug das BIP-Minus laut WIFO 3,4 %. Insgesamt fiel der Abschwung aber schwächer aus als in Deutschland oder in der Eurozone. Zusätzlich stabilisierend wirkten 2009 der private Konsum, die niedrige Inflation (0,4 %), hohe Lohnabschlüsse und die Steuerreform.

Zwei Arbeitsmarktpakete dämpften den Anstieg der Arbeitslosigkeit, dennoch nahm die Beschäftigung seit November 2008 um 42.166 Personen oder 1,3 % auf 3.316.488 (Dezember 2009) ab. Die Zahl der Arbeitslosen erhöhte sich um 25.624 oder 8,9 % auf 312.771; 68.852 Personen (+22.886 bzw. +49,8 %) befanden sich in Schulung. Im Dezember 2009 fiel der Zuwachs der Arbeitslosigkeit erstmals seit Jahresbeginn 2009 wieder unter 10 %.

Auf den Finanzmärkten zeichnete sich im März 2009 eine deutliche Erholung ab. Der ATX, der nach einem Rekordhoch im Juli 2007 im Jahr 2008 um 61 % nachgegeben hatte ab, legte 2009 wieder um 43 % zu.

Für 2010/11 erwartet die Bundesregierung eine moderate Erholung der Wirtschaft mit einem realen BIP-Wachstum von jeweils 1,5 %, vor allem durch die Erholung der Weltkonjunktur und durch Export-Zuwächse nach Deutschland. Ein Investitionsaufschwung wird wegen niedriger Kapazitätsauslastung erst für 2011 erwartet. Für eine Trendwende am Arbeitsmarkt dürfte der Aufschwung noch zu schwach sein - die Arbeitslosenrate wird laut Eurostat bis 2011 auf 5,7 % ansteigen (2009: 5 %). Die Inflationsrate dürfte hingegen trotz Preissteigerungen bei Energie 2 % nicht überschreiten und wird 2010/11 bei 1,3 % und 1,5 % liegen.

2012/13 dürfte das reale BIP-Wachstum durchschnittlich 2 % pro Jahr erreichen. Wachstumsimpulse werden von Exporten, Investitionen und vom privaten Konsum ausgehen, der öffentliche Konsum wird wegen der Budgetkonsolidierung ab 2011 aber keinen Wachstumsbeitrag mehr liefern. Die jährliche Inflationsrate wird langsam steigen und 2013 nahe bei 2 % liegen. Die Arbeitslosenquote wird noch nicht sinken und wird für 2013 mit 5,7 % angenommen.

Der Abschwung ließ 2009 das gesamtstaatliche Budgetdefizit auf 9,6 Mrd. € oder 3,5 % des BIP steigen. Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben sanken um 1,5 Mrd. € oder 0,5 % des BIP unter die geplanten Werte, so bei der Körperschaftsteuer (-1 Mrd. €), Lohnsteuer (-100 Mio. €), Umsatzsteuer (-300 Mio. €) und der Mineralölsteuer (-100 Mio. €). Dank deutlich niedrigerer Zinsen sank aber der Aufwand für die Staatsschuld. Da für das Bankenpaket 2009 statt budgetierter 10,3 Mrd. € nur 4,8 Mrd. € benötigt wurden, stieg die Staatsschuld auf 66,5 % statt auf erwartete 68,5 %.  

Das gesamtstaatliche Defizit steigt 2010 weiter auf 4,7 % und würde ohne Gegenmaßnahmen in den Folgejahren auf diesem Niveau bleiben. Daher räumt die Bundesregierung ab 2011 der Budgetkonsolidierung Vorrang ein und will das gesamtstaatliche Defizit bis 2013 auf maastrichtkonforme 2,7 % des BIP senken - primär ausgabenseitig und unter Einbeziehung aller Ausgabenkategorien in allen öffentlichen Haushalten. Wegen steigender Staatsschulden und schwachem Wirtschaftswachstum wird die Schuldenquote aber weiter zunehmen, und zwar von 66,5 % im Jahr 2009 auf 74,3 % im Jahr 2013.

Die Bundesregierung setzt auf eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, die auf konjunkturelle Schwächen in geeigneter Weise reagiert, über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen bilanziert und auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften im Sinne des innerösterreichischen Stabilitätspaktes achtet. Oberste Priorität haben Maßnahmen zur Überwindung der Krise, die zu einer nachhaltigen Erholung führen und die Wiederholung einer solchen Krise verhindern: Investitionen in Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Aus- und Weiterbildung, die Sicherung des Sozialsystems als Standort- und Produktivfaktor sowie Strukturreformen in der öffentlichen Verwaltung.

Dem Stabilitätsprogramm liegen Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, der Statistik Austria (STAT) sowie Prognosen und Einschätzungen von WIFO und Finanzressort zugrunde. Für das reale Wachstum gilt folgende Annahme - 2010: 1,5 %; 2011: 1,5 %; 2012: 1,9 %; 2013: 2 %.

Die Inflation bleibt weiterhin mäßig. Die Regierung rechnet mit folgender Zunahme des Verbraucherpreisindex - 2009: 0,4 %; 2010: 1,3 %; 2011: 1,5 %; 2012: 1,8 %; 2013: 1,9 %.

Die Arbeitslosigkeit dürfte sich – nach Eurostat-Kriterien - wie folgt entwickeln - 2009: 5 %; 2010: 5,4 %; 2011: 5,7 %; 2012: 5,7 %; 2013: 5,7 %.

Alternativen zum Basisszenario

Da Experten die mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung als unsicher einschätzen, enthält das Stabilitätsprogramm ergänzend zu diesem "Basisszenario" zwei alternative Szenarien. Sollte sich die österreichische Wirtschaft rascher und stärker (etwa um 0,5 %)  erholen als im Basisszenario angenommen, würde das Budgetdefizit bereits 2012 - ein Jahr früher als mit dem ECOFIN vereinbart - unter die Maastrichtgrenze von 3 % des BIP sinken, die Schuldenquote würde deutlich geringer steigen und bereits 2013 wieder sinken.

Sollte das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren schwächer als im Basisszenario dargestellt ausfallen (um -0,5 %), würde das Defizit 2010 auf -4,9 % steigen und das Ziel von 3 % am BIP bis 2013 nicht erreicht, die Schuldenquote würde auf 78 % steigen.

Grundsätze der Budget- und Wirtschaftspolitik

Bei der Absicherung von Wirtschaftswachstum und der Arbeitsplätzen setzt die Bundesregierung auf die Umsetzung der Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete inklusive Steuerreform, auf Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte, auf den Abbau von Wettbewerbsbeschränkungen, die Förderung des Wettbewerbs und die Unterstützung der Exportwirtschaft. Dazu kommt eine aktive Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik, um Menschen in Beschäftigung zu halten, Arbeitsplätze zu schaffen und die Integration in den Arbeitsmarkt zu forcieren.

Gleichzeitig soll die Qualität der öffentlichen Finanzen durch stärkere Betonung zukunftsorientierter Budgetaufgaben gestärkt werden. Investitionen in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation sollen die Grundlagen für den zukünftigen Wohlstand sichern und der Jugend beste Startchancen in das Berufsleben bieten.

Thema Verwaltungsreform

Durch Verwaltungsreformen, Einsatz neuester Informationstechnologien und Personalabbau konnte der Anteil der Staatsausgaben am BIP in den letzten Jahren deutlich reduziert werden, er lag 2008 um 2,1 Prozentpunkte unter dem Wert von 2002 und um 7 Prozentpunkte unter jenem von 1996. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf Reformen für eine schlanke, dynamische und leistungsfähige Verwaltung. Dazu erarbeitet derzeit eine Arbeitsgruppe auf Basis von Empfehlungen des Rechnungshofs und des Staatsschuldenausschusses unter Einbindung der Länder Vorschläge. Zu den Themen E-Government und Optimierung der Supportprozesse liegen bereits Lösungsvorschläge vor, Effizienzprobleme wurden analysiert. Beim Thema Pensionierungen wurden die OeNB und die ÖBB um Vorschläge ersucht und Bundesländer aufgefordert, Reformen umzusetzen.

"Better Regulation" spart Verwaltungskosten

Bis 2013 gilt das Ziel, die Kosten von Unternehmen aus Informationsverpflichtungen um 25 % oder 1 Mrd. € jährlich zu senken. 2010 sollen Kosten aus nationalen Informationspflichten um 560 Mio. € reduziert werden, bei den EU-Pflichten sind Vereinfachung bis 2012 geplant. 2013 werden ein Unternehmensserviceportal und ein One-Stop-Shop mit Informations- und Transaktionsfunktion für Unternehmen errichtet. In Tirol, Oberösterreich und Steiermark laufen Pilotprojekte zur Senkung der Verwaltungslasten für Betriebe aus landesgesetzlichen Verpflichtungen.

Zudem sollen schon 2010 Vereinfachungen bei den 100 zeitaufwendigsten Informationsverpflichtungen für BürgerInnen  Entlastungen in Verwaltungsverfahren bringen. Nicht nur der Rechtsbestand wird auf Entlastungsmöglichkeiten für die Menschen überprüft, sondern auch neue Gesetzes- und Verordnungsentwürfe.

Krise und Demografie reißen Lücke in die öffentlichen Finanzen

Über den mittelfristigen Horizont des Stabilitätsprogramms hinaus informiert der Bericht des Finanzministers abschließend auch über langfristige Stabilitätsaspekte, insbesondere über die Kosten der Staatsschuld und zusätzliche Lasten aus der fortschreitenden Bevölkerungsalterung.

Bisherigen Prognosen zufolge steigen die öffentlichen altersabhängigen Ausgaben für Pensionen, Gesundheit und Pflege demografiebedingt bis 2060 von 25,8 % des BIP (2008) um 3 Prozentpunkte auf 29 % des BIP im Jahr 2060. Die Folgen der Krise und der demografisch bedingte Anstieg der Pensions-, Gesundheits- und Pflegeausgaben um etwa 3 bis 4 Prozentpunkte des BIP bis 2060 lassen in Österreich eine finanzielle Nachhaltigkeitslücke entstehen. Die Bundesregierung unterstreicht daher die Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung ab 2011.

Außerdem soll durch betriebliche Gesundheitsförderung die Erwerbsfähigkeit der Menschen erhalten, verbessert und zugleich der Zugang der Menschen zu Rehabilitationsmaßnahmen erleichtert werden. Ziel ist ein höheres faktisches Pensionsantrittsalter. Mit den Krankenversicherungen hat die Regierung ein Kostendämpfungsvolumen von 1,725 Mrd. € bis 2013 vereinbart. Dazu kommen Kostensenkungen in der Verwaltung der Versicherungen. (Schluss)