Parlamentskorrespondenz Nr. 110 vom 24.02.2010

Nationalrat setzt Endpunkt bei Getränkesteuer

11,47 Mio. ��� für die Gemeinden

Wien (PK) - Eingangs der heutigen 55. Sitzung des Nationalrats kündigte Präsidentin Barbara PRAMMER für 15 Uhr die Debatte über eine Dringliche Anfrage des BZÖ (4543/J) an den Bundeskanzler mit dem Titel "Österreich ist unregiert – Rot-Schwarz kassiert ungeniert!" an.

Im Anschluss daran wird eine Kurzdebatte über einen FPÖ-Fristsetzungsantrag für deren Antrag 100/A(E) zur "Sicherstellung der Ausbildung von Pflegekräften" stattfinden. - Ohne Debatte wird der Nationalrat nach Erledigung der Tagesordnung über folgende Fristsetzungsanträge abstimmen: Verfassungsausschuss (G-Antrag 644/A : Änderung von B-VG und Geschäftsordnungsgesetz; F-Antrag 156/A : Bezüge der Bundesbeamten), Justizausschuss (F-Antrag 80/A : Änderung des Strafgesetzbuchs), Familienausschuss (F-Antrag 133/A(E) : Zuerkennung der Familienbeihilfe für das freiwillige soziale Jahr), Verkehrsausschuss (F-Antrag 172/A(E) : Projekte nach dem Generalverkehrsplan), Außenpolitischer Ausschuss (F-Antrag 44/A(E) : Ausstieg aus Euratom-Vertrag), Wirtschaftsausschuss (F-Antrag 129 A/(E) : Teilzeitlehre), Landwirtschaftsausschuss (F-Antrag 39/A(E) : Holzmobilisierung), Innenausschuss (F-Antrag 238/A(E) : Fremdsprachige Ortsbezeichnungen in österreichischen Dokumenten), Finanzausschuss (F-Antrag 6/A(E) : Entlastung der Bürger), Umweltausschuss (F-Antrag 213/A(E) : Erdverkabelung von 380 kV-Leitungen), Tourismusausschuss (F-Antrag 497/A(E) : Masterplan Tourismus). Als Termin für die Fristsetzung sehen alle Anträge den 24. März 2010 vor.        

Gemeinden erhalten Bedarfszuweisung für Getränkesteuer-Rückzahlung

Die Gemeinden bekommen für die Mittel aus der Getränkesteuer, die sie im Vorjahr dem Handel rückerstatten mussten, jetzt aus Mitteln des Bundes und der Länder insgesamt 11,47 Mio. € an Rückvergütung ausgezahlt. Finanziert wird diese Zahlung durch einen Vorweg-Abzug bei der Körperschaftssteuer. Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) gab zunächst einen Rückblick auf die 13 Jahre dauernde Debatte über die Getränkesteuer, die vom EUGH aufgehoben wurde, was letztlich zur Rückzahlung dieser Gemeindesteuer an die Unternehmen führte. Schittenhelm begrüßte es daher als einen Erfolg von Finanzminister Pröll, die Gemeinden in der gegenwärtig finanziell schwierigen Phase mit einer außerordentlichen Bedarfzuweisung in der Höhe von 11,7 Mio. € zu unterstützen. Laut Schittenhelm wäre es der falsche Zeitpunkt zu sagen, dieser Betrag sei zu gering, denn die Budgetlage zwinge alle, Bund, Länder, Gemeinden und auch die Banken zur Budgetkonsolidierung beizutragen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Abgeordneter Kurt GAßNER (S) begrüßte die Bedarfszuweisung, zeigte sich aber irritiert über eine Formulierung im vorliegenden Gesetzentwurf, in dem es heißt, die Bedarfszuweisung diene der Aufrechterhaltung und der Wiederherstellung des Gleichgewichts in den Gemeindehaushalten. Dies sei mit einem Betrag von 11 Mio. € nicht zu erreichen, hielt Gaßner fest und forderte angesichts der schlechten finanziellen Lage der Gemeinden die Einberufung eines "Gemeindegipfels". "Wenn die Banken krachen, gipfelt es" - dasselbe forderte der Abgeordnete auch für die Gemeinden, die wesentliche Leistungen für die Menschen und für die Wirtschaft erbringen, nicht zuletzt auch als Auftraggeber an die Wirtschaft mit einer Gesamtinvestitionssumme von 2 Mrd. € pro Jahr.

Abgeordneter Lutz WEINZINGER (F) stimmte seinem Vorredner vollinhaltlich zu und führte seinerseits aus, es genüge nicht, den Gemeinden einen kleinen Teil der Summe zurückzuerstatten, die sie nach dem Ende der Getränkesteuer an die Betriebe abführen müssten. Um die dramatische Situation der Gemeinden zu illustrieren, wies Weinzinger darauf hin, dass zwei Drittel der 444 oberösterreichischen Gemeinden im Jahr 2010 Abgangsgemeinden sein werden, deren MandatarInnen nur noch verwalten, aber politisch nichts mehr gestalten könnten. "Die Gemeinden stehen am finanziellen Abgrund", schloss Weinzinger.

Auch Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) machte darauf aufmerksam, dass die Gemeinden einerseits große Aufgaben bei der Kinderbetreuung, bei der Finanzierung der Pflichtschulen, bei der Sozialhilfe, der Altenpflege, bei Abwasserentsorgung, Müllabfuhr und Erhaltung der Gemeindestraßen erfüllten, zuletzt aber starke Einbußen bei den Einnahmen hinnehmen mussten. Die Abgeordnete befürchtete, dass ein Rückgang der Gemeindeinvestitionen die regionale Wirtschaft schwer treffen und die ohnedies schwierige Lage der 200.000 Einpersonenunternehmen weiter verschärfen könnte. Die Abgeordnete trat daher in einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion für Sofortmaßnahmen zugunsten der Kleinstunternehmen ein.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) klagte seinerseits über die schlechte finanzielle Situation der Gemeinden und meinte, 11 Mio. € könne man nicht als einen fairen Ausgleich für Ausgaben bezeichnen, die in Summe 45 Mio. € ausmachten. Die Abgangsgemeinden verlören in Wahrheit die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie, weil sie jeden Gemeinderatsbeschluss den Bezirksbehörden zur Genehmigung vorlegen müssen. Widmann verlangte einen gerechten Finanzausgleich, kritisierte Gebührenerhöhungen seitens des Landes Oberösterreich und legte einen Entschließungsantrag des BZÖ vor, der auf die Abschaffung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels bei der Gemeindefinanzierung gerichtet ist.

Abgeordneter Jakob AUER (V) erinnerte an die Entwicklungen rund um die Getränkesteuer und an die unzähligen Bemühungen des Gemeinde- und des Städtebundes, den finanziellen Interessen und Bedürfnissen der heimischen Gemeinden gerecht zu werden. Deren Lage sei prekär, es brauche daher entsprechende Maßnahmen, um es diesen auch in Hinkunft zu ermöglichen, ihren Aufgaben in ansprechender Weise nachkommen zu können. In diesem Lichte müsse man die Verhandlungen um den Finanzausgleich auch führen. Besonders würdigte der Redner das Agieren des seinerzeitigen Finanzministers Molterer, doch müsse noch mehr getan werden, um den Gemeinden wirklich effizient zu helfen.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) verwies darauf, dass es sehr wohl möglich gewesen wäre, die Getränkesteuer zu adaptieren, doch sei das damals politisch nicht gewollt worden. Generell vertrat der Redner die Ansicht, die Republik müsse sich etwas überlegen, um den Gemeinden effizient zu helfen, denn deren Aufgaben würden nicht weniger, sodass es eine ansprechende finanzielle Lösung im Sinne der Gemeinden brauche, wobei man auch den Gesamtrahmen im Auge behalten sollte, da es manchmal sinnvoller sei, über die jeweilige Landesgrenze hinauszudenken, um zu einer sinnvollen Regelung im Interesse aller zu kommen.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) meinte, man müsse sich Gedanken machen, wie man die finanzielle Lage der Gemeinden verbessern könne. Dies sei umso wichtiger, als die Einnahmen aus der Kommunalsteuer ob der Wirtschaftskrise drastisch gesunken seien. So bräuchten die Gemeinden wirksame Unterstützung, ihre eigene Infrastruktur zu verbessern, denn dies würde wiederum der lokalen Wirtschaft helfen. Es sei daher anstrebenswert, ein solches gemeindefokussiertes Konjunkturpaket gemeinsam in Angriff zu nehmen.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) signalisierte Zustimmung zur Regierungsvorlage, doch betonte er, die Gemeinden müssten effizient gestärkt werden, wenn sie auch in Hinkunft ihren Aufgaben nachkommen können sollten. Man solle daher von den Überschriften abgehen und endlich Taten setzen, forderte Huber.

Abgeordneter Franz EßL (V) meinte, mit dieser Vorlage könne man die Diskussion um die Rückforderung der Getränkesteuer beenden, deshalb sei sie auch zu begrüßen. Die Gemeinden seien in einer schwierigen Lage, hätten ihre Aufgaben aber dennoch zu bewältigen, weshalb es geeigneter Maßnahmen bedürfe, sie entsprechend zu unterstützen. Und dem diene auch die gegenständliche Vorlage, die ein kräftiges Signal an die Gemeinden darstelle. Diese sei ein gutes Ergebnis im Interesse der heimischen BürgerInnen.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) erläuterte Genese und Inhalt der Vorlage und votierte für deren Annahme, denn sie beinhalte die richtigen Maßnahmen und bedeute ein wichtiges Signal für die heimischen Gemeinden. Könnten nämlich Gemeinden nicht mehr in ihre Struktur investieren, käme es zu einer weiteren Abwanderung, und das könne ja nicht Sinn der Sache sein.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) brachte einen Entschließungsantrag betreffend Einführung einer Bankensonderabgabe ein und erläuterte diesen. Sodann erklärte der Redner, seine Fraktion stimme der Vorlage zu, denn es sei höchste Zeit, dass die ihr zugrunde liegende Frage befriedigend geklärt werde. Wichtig sei, dass nun konsequent gespart werde, um die Mittel effizient einsetzen zu können. Der Redner nannte in der Folge konkrete Beispiele, wo der Mitteleinsatz seiner Ansicht nach sinnvoller erfolgen könnte. Denn wenn man jetzt nicht eisern spare, dann seien massive Steuererhöhungen unvermeidlich, und das gelte es zu verhindern. Die Regierung möge in diesem Sinne tätig werden, schloss der Mandatar.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) hielt fest, die Ausgaben der Gemeinden stiegen immer weiter an, während die Einnahmen dramatisch sinken würden. Hier brauche es also dringend entsprechender Schritte, um die erforderlichen Leistungen auch in Hinkunft sicherzustellen. Sonst wären die Gemeinden bald nicht mehr in der Lage, die Daseinsvorsorge für die heimischen BürgerInnen zu gewährleisten. Daher fordere seine Fraktion, den Finanzausgleich auf 2010 vorzuziehen, was auch Inhalt eines Entschließungsantrag ist, den der Redner in der Folge einbrachte.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) erklärte, mit der Vorlage werde die Problematik rund um die Getränkesteuer einer Lösung zugeführt, was zu begrüßen sei. Den Gemeinden komme so eine Hilfe zu, und das stelle das richtige Signal dar.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) unterstrich die zentrale Bedeutung der heimischen Gemeinden. Diese würden finanziell ausgehungert, sodass es einer anderen Politik bedürfe. Kritik übte der Redner an der Finanzpolitik Niederösterreichs und plädierte sodann dafür, die Finanzpolitik an die Bedürfnisse der BürgerInnen anzupassen.

Staatssekretär Reinhard LOPATKA wies darauf hin, dass auch die Lage des Bundes angespannt sei, weshalb man die Probleme nicht einfach nur damit lösen könne, vom Bund mehr Geld zu verlangen. Der Bund habe erforderliche Reformen in die Wege geleitet, doch müssten eben Länder und Gemeinden diese Reformen mittragen und selbst umsetzen, um wirklich die nötige Konsolidierung ins Werk setzen zu können.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) attestierte der Vorlage, in die richtige Richtung zu weisen, doch stelle sie nur einen Tropfen auf den heißen Stein dar. Man müsse stärker auf die Bedürfnisse der Gemeinden eingehen, denn deren Tun diene den BürgerInnen. Wären diese nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben wahrzunehmen, dann laufe etwas falsch. Die Politik müsse daher vermehrt auf die Problemlage der Gemeinden abgestellt werden.

Für die Annahme der Vorlage votierte der S-Abgeordnete Franz KIRCHGATTERER. Argumentativ unterstrich er die Aussagen seiner Vorredner, wobei er insbesondere auf die vermehrten Aufgaben, welche Städte und Gemeinden zu erledigen hätten, verwies.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) sagte, man stelle den Gemeinden mit der heutigen Vorlage eine entsprechende Unterstützung zur Verfügung, und dies sei angesichts der angespannten Lage das richtige Signal.

Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) knüpfte an seine Vorrednerin an und erläuterte noch einmal den Inhalt der Vorlage. Er sprach von einem wichtigen Beschluss im Interesse der Gemeinden, mit dem auch die heimische Wirtschaft gestärkt werden würde.

Abgeordneter Maximilian LINDER (o.F.): Wenn man weiß, dass der Finanzminister 11 Mio. € über die Körperschaftsteuer zurückbekommt, sei es vermessen, von einem "Geschenk an die Gemeinden" zu reden. Man wisse sehr wohl, dass es den Gemeinden finanziell sehr schlecht geht, aber nicht, weil sie diesen Zustand selbst verursacht haben, sondern weil sie mit Kosten zugedeckt werden. Es wäre aus seiner Sicht höchst an der Zeit, für die Gemeinden ein Konjunkturpaket zu schnüren, um ihnen zu ermöglichen, für ihre Bürger zu arbeiten und die lokale Wirtschaft zu unterstützen.

Das Grundproblem sei, meinte Abgeordneter Werner KOGLER (G), dass die Gemeinden immer mehr Aufgaben zugeteilt bekommen, aber sich an der Einnahmensituation kaum etwas ändere. Selbst wenn die Gemeinden optimal wirtschaften würden, befänden sie sich in einem Dilemma, meinte er. Hat die öffentliche Hand Aufgaben zu erfüllen, dann müsse man ihr ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, damit sie etwas Vernünftiges machen könne. Ein "perverser Unsinn" sei es, sich dauernd mit der Frage zu befassen, wer sei die bessere Steuersenkungspartei, aber gleichzeitig zu verschweigen, was alles nicht finanziert werden kann.

Bei der Abstimmung wurde die Gesetzesänderung mit Stimmeneinhelligkeit verabschiedet. Die oppositionellen Entschließungsanträge verfielen der Ablehnung.

(Schluss Getränkesteuer/Forts. NR)