Parlamentskorrespondenz Nr. 112 vom 24.02.2010

BZÖ kritisiert in Dringlicher Anfrage Untätigkeit der Regierung

Misstrauensantrag gegen Gesundheitsminister Stöger abgelehnt

Wien (PK) – Die Debatte über den Rechnungshofbericht wurde am Nachmittag unterbrochen und eine Dringliche Anfrage des BZÖ betreffend "Österreich ist unregiert – Rot-Schwarz kassiert ungeniert" in Verhandlung genommen. Mit der Anfrage wolle das BZÖ die MinisterInnen und vor allem den Bundeskanzler daran erinnern, die Regierungsgeschäfte wieder aufzunehmen, stellte Abgeordneter Josef BUCHER (B) einleitend fest. Kurz nach Antritt der neuen Regierung wurden unzählige Arbeitsgruppen, Komitees und Expertenrunden eingesetzt, die aber nach nunmehr eineinhalb Jahren noch immer keine Ergebnisse vorzuweisen hätten. Obwohl es genügend anstehende Probleme gebe und Lösungen für die Wirtschaftskrise gefunden werden müssten, seien die Minister ständig auf irgendwelchen Dienstreisen unterwegs und es werden auch keine Regierungsvorlagen mehr eingebracht. Dies sei auch an der heutigen Sitzung erkennbar, wo die Opposition herhalten musste, damit man überhaupt eine Tagesordnung zustande bringen konnte, sagte der Mandatar.

Bucher betrachtete die monatelange Untätigkeit der Regierung, die beispiellos in der Zweiten Republik sei, als Provokation angesichts der großen Probleme im Land. Er wies darauf hin, dass schon über eine Million Menschen an der Armutsgrenze lebten, dass es einen Anstieg bei den Sozialhilfeempfängern um 9 % gegenüber dem Jahr 2008 gegeben habe und dass mittlerweile 400.000 Personen in Österreich eine Arbeit suchten. Der BZÖ-Klubobmann kritisierte vor allem die fehlenden Rezepte zur dringend notwendigen Sanierung des Budgets, das noch dazu auf nächstes Jahr verschoben wird, sowie die ausstehenden Reformen in den Bereichen Verwaltung, Bildung, Universitäten, Bundesheer, Asyl, Kriminalitätsbekämpfung und Gesundheit. Für enorm wichtig erachtete der Redner auch die Senkung der Steuern, die in Österreich etwa im Vergleich zur Schweiz viel zu hoch sind; erst dann könne die Beschäftigungssituation wieder verbessert und der Wohlstand gesteigert werden. Endlich angehen müsste man auch das Problem, dass die heimischen Banken, die in den Steueroasen stark vertreten sind, offensichtlich bis zu 2 Mrd. Euro pro Jahr hinterziehen, wie dies der Rechnungshof ermittelt hat. Aber wenn die Regierung keine Lust zum Arbeiten habe, dann solle sie besser Neuwahlen ausschreiben, forderte Bucher abschließend.

Bundeskanzler Werner FAYMANN (S) bezeichnete die Dringliche Anfrage des BZÖ als Zusammenfassung von haltlosen und thematisch völlig unterschiedlichen Allgemeinvorwürfen, die in den letzten drei Wochen irgendwer in irgendeiner Zeitung gelesen hat. Dies sei sehr schade, meinte Faymann, denn man sollte die Gelegenheit lieber dazu nutzen, um seriös und intensiv in einen gemeinsamen Dialog zu treten und um konstruktive Lösungen zu erarbeiten. Deutlich wolle er auch den Vorwurf zurückweisen, dass Österreich nicht mehr weit von Griechenland entfernt sei; dieser Vergleich sei völlig unangebracht.

Was Kritik an der Regierungstätigkeit angeht, so erinnerte Faymann zunächst daran, dass Österreich die zweitniedrigste Arbeitslosenrate (auch bei den Jugendlichen) in der EU aufweise. Selbstverständlich setze die Regierung alles daran, dass die Beschäftigung wieder steigt, versicherte der Bundeskanzler. Dabei gehe es nicht nur um Wachstum allein, sondern vor allem um die Beachtung der Verteilungsgerechtigkeit, unterstrich er. Aus diesem Grund war es auch besonders wichtig, den Finanzmarkt- und Bankensektor zu stabilisieren, der nicht durch das Verteilen von Geschenken, sondern etwa durch Partizipationskapital, Haftungen für die Sparer und konkrete Kreditaktionen unterstützt wurde. Im Gegenzug müssten die Banken aber auch ihren Beitrag leisten, z.B. in Bezug auf die Eigenkapitalausstattung oder eine strengere Finanzmarktkontrolle, zeigte sich Faymann überzeugt. Was die internationale Ebene angehe, so werde im Rahmen der G-20-Staaten und der EU diskutiert, ob man gemeinsame Maßnahmen auf der Einnahmenseite durchführen kann, z.B. die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder einer Bankenabgabe.

In Beantwortung der einzelnen Fragen wies der Bundeskanzler darauf hin, dass die angesprochenen Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete, die Haftungen am Bankensektor oder die Reduktion der Schülerhöchstzahl in den Klassen, bereits umgesetzt und zudem von der Opposition weitgehend mitbeschlossen wurden. Faymann bekannte sich dazu, Einsparungen in den verschiedensten Bereichen vornehmen zu wollen, wobei jedoch nicht die qualitätsvolle Leistung gekürzt werden sollte, sondern Doppelgleisigkeiten vermieden, die Bürokratie vereinfacht und die Effizienz erhöht werden sollten.

In diesem Zusammenhang räumte der Kanzler jedoch ein, dass aufgrund der föderalen Struktur in Österreich besondere Herausforderungen zu bewältigen sein werden. Dass die gesetzten Maßnahmen zum Teil aber auch schon greifen, beweise etwa die verbesserte finanzielle Lage der Krankenkassen, zeigte der Kanzler auf. In manchen Sektoren, die besondere Anstrengungen verlangen, werden jedoch trotz der Sparmaßnahmen sogar zusätzliche MitarbeiterInnen aufgenommen; so werden z.B. 1.000 neue PolizeibeamtInnen ausgebildet und 70 weitere Planstellen in der Justiz geschaffen.

Hinsichtlich der Asylpolitik informierte der Bundeskanzler darüber, dass vorerst die Entwicklungen in den nächsten Monaten beobachtet werden sollen und dann darüber entschieden wird, ob ein neues Erstaufnahmezentrum eingerichtet werden soll oder nicht. Im Mittelpunkt stehe aber vor allem eine Verkürzung der Verfahren, damit die Menschen möglichst rasch zu ihrem Recht kommen und Missbrauch verhindert wird. Weiters kündigte der Regierungschef an, dass bis zum Sommer eine neue Strategie für den Forschungsbereich, die Weichenstellungen bis 2020 vorgibt, vorgestellt werden soll. Hinsichtlich der Fragen, die den Gesundheitssektor betreffen, stellte Faymann mit Nachdruck fest, dass die zuständigen Behörden die Vorkommnisse rund um den verseuchten Käse rasch geprüft und entsprechende Maßnahmen ergriffen haben. Der Gesundheitsminister habe seine Verantwortung wahrgenommen, unterstrich der Kanzler, es wurde der betroffene Betrieb gesperrt, die schädlichen Lebensmittel vom Markt genommen und die Öffentlichkeit umfassend informiert.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) erinnerte den Bundeskanzler daran, dass er sehr wohl eine Koordinierungskompetenz habe, denn andernfalls könne man dieses Amt ja einsparen. Das Versagen der Bundesregierung ziehe sich seit Monaten hin, wobei der Zusammenhang zwischen dem politischen Versagen und den konkreten Todesfällen evident sei, denn bereits im August habe man von Krankheitsfällen gewusst. Mittlerweile gebe es sechs Todesfälle, die Regierung habe jedoch nicht reagiert, wie sich an den Dokumenten der Bundesregierung ablesen lasse.

Dementsprechend werde die Haltung der Regierung auch von den ExpertInnen scharf kritisiert. Der Minister sei säumig gewesen, er habe der Bevölkerung keinerlei Schutz geleistet, ja nicht einmal über die Brisanz der Angelegenheit informiert. Daher habe sich der Minister der fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. Das Regierungsmitglied möge ein guter Kassenbeamter gewesen sein, für dieses Regierungsamt aber habe er sich disqualifiziert, weshalb ihm das BZÖ das Misstrauen ausspreche. In diesem Sinn brachte der Redner einen entsprechenden Antrag ein.

Abgeordneter Josef CAP (S) zeigte sich verwundert über die Dringliche Anfrage des BZÖ. In dieser seien Kraut und Rüben behandelt, eine Menge an Fragen, die in keinem Zusammenhang miteinander stünden, seien hier aufgelistet, sodass sich niemand mit der Anfrage auskenne. Deswegen halte er hier fest: Während die Bundesregierung für Österreich gearbeitet habe, sei das BZÖ nur mit sich selbst beschäftigt gewesen.

Dessen ungeachtet gebe das BZÖ ja indirekt selbst zu, dass es die Punkte, die es in dieser Anfrage kritisiere, selbst zu verantworten habe, war das BZÖ doch genau im fraglichen Zeitraum in der Regierung. So seien etwa die Eurofighter in der Verantwortungszeit des BZÖ angekauft worden, auch die Kasernen hätte das BZÖ sanieren können. Das BZÖ solle daher in sich gehen, ehe es andere kritisiere.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) meinte, es sei angesichts der Todesfälle unangebracht, sich in hysterischem Geschrei zu ergehen. Die vorliegende Dringliche Anfrage sei sicher nicht die Art, wie man mit einem solch ernsten Thema umgehen sollte, wie sich die Anfrage generell nicht gerade durch Inhalte auszeichne.

Der Abgeordnete verwies auf die konkreten Maßnahmen der Regierung vom Konjunkturpaket bis zur Steuerreform, mit denen es gelungen sei, Österreich im internationalen Vergleich auch weiterhin im Spitzenfeld zu halten. Das Parlament habe gute und intensive Arbeit geleistet, von einem parlamentarischen Leerlauf könne daher nicht die Rede sein, sagte Kopf, der sodann konkrete Beispiele für diverse Regierungsvorlagen präsentierte. Aus allen Ressorts seien Vorlagen gekommen, die dafür gesorgt hätten, dass Österreich ein gutes Stück vorwärts gekommen sei. Und auch das Budget werde fristgerecht vorgelegt werden, schloss Kopf.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) verglich den Auftritt des Bundeskanzlers mit der Stegreifbühne "Tschauner" und meinte, dieser sei keineswegs in akzeptabler Weise auf die genannten Fragen eingegangen. Dass die Politik in Österreich schon längst abgedankt habe, wisse man ja, aber nunmehr habe man ein neues Niveau erreicht. Es scheine, als sei dem zuständigen Bundesminister der Käse-Skandal völlig gleichgültig, denn er wisse seit langem darum, ohne dass er konkrete Maßnahmen gesetzt hätte.

Dieser Skandal sei jedenfalls inakzeptabel, der Minister müsse dafür die Verantwortung übernehmen. Bei einer derart brisanten Situation dürfe man nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern müsse sofort energisch handeln. Der Minister müsse die Konsequenzen ziehen und zurücktreten, resümierte die Rednerin.

Abgeordneter Harald WALSER (G) kritisierte gleichfalls den Stillstand, der sich in Österreich ob der Untätigkeit der Regierung ergeben habe. Es wehe ein Hauch von Gusenbauer und Molterer durch das Land, denn auch diese Regierung habe die Chancen, die sich gerade in dieser Krise böten, nicht genutzt. Insbesondere wies der Redner auf Möglichkeiten auf dem Gebiet des Umweltschutzes hin.

Im Umweltbereich sei Österreich mittlerweile nicht einmal mehr Durchschnitt, und auch die Armutsproblematik werde von der Bundesregierung de facto ignoriert. Hier brauche es einen grundlegenden Politikwechsel, denn die Regierung ergehe sich nur in Untätigkeit, betonte Walser. Österreich müsse aber die Probleme dringend angehen, sonst werde das Land international noch weiter zurückfallen.

Bundesminister Alois STÖGER zeigte sich froh, dass er die Gelegenheit habe, dem Parlament zu berichten, was es mit dem Käse-Skandal wirklich auf sich habe. FPÖ und BZÖ warf der Minister vor, sie würden tragische Todesfälle für ihre politischen Ziele missbrauchen. Real sei der Skandal rasch geklärt worden, und man habe sofort die nötigen Konsequenzen gezogen. Man habe sich vorbildlich verhalten, denn nicht immer würden so rasch die richtigen Schritte gesetzt.

Er bedaure zutiefst den Tod der betroffenen Menschen, sein Mitgefühl gelte den Angehörigen. Man müsse aber gleichzeitig auch sehen, dass man gerade auf dem Gebiet der Lebensmittel-Infektionen in den letzten Jahren signifikante Erfolge erzielt habe. Auch im vorliegenden Fall habe man rasch und richtig gehandelt, was sich auch daran zeige, dass es keine Neuinfektionen mehr gebe. Produkte des betroffenen Betriebs würden nicht in Verkehr gebracht, die Ursachenforschung laufe auf Hochtouren. Man habe also alle Vorschriften eingehalten und streng korrekt gehandelt. Die vorgebrachte Kritik an seinem Haus müsse er daher zurückweisen, schloss das Regierungsmitglied.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) warf seinem Vorredner vor, eine inakzeptable Vorlesung gehalten zu haben. Das BZÖ habe aufgezeigt, dass das Ministerium seit Monaten von diesem Skandal gewusst habe, und dem zuständigen Minister falle nichts anderes ein, als die Opposition zu kritisieren. Entweder der Minister habe von dem Skandal schon lange gewusst, dann habe er hier gelogen, oder er habe es tatsächlich jetzt erst erfahren, dann habe er aber sein Ressort nicht im Griff.

Was Stöger hier geboten habe, sei eine Ungeheuerlichkeit gewesen, die dringend Konsequenzen zeitigen müsse. Der Misstrauensantrag gegen ihn sei mithin mehr als berechtigt, schloss der Redner, der abschließend noch einmal die zentralen Forderungen seiner Fraktion rekapitulierte.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) meinte, das BZÖ solle sich erst intern einigen, welche Fragen es überhaupt stellen wolle, dann könne man sich seriös damit auseinandersetzen. Sodann wies die Rednerin auf die diversen Initiativen der Bundesregierung hin, um die Arbeitslosenquote so niedrig wie möglich zu halten. Mittels diverser Konjunkturmaßnahmen habe man dafür gesorgt, dass Österreich weiter auf Erfolgskurs bleibe. Die Kritik der Opposition verfange daher nicht. Einen ähnlich positiven Befund stellte die Rednerin auch der Gesundheitspolitik der Bundesregierung aus. Ihre Fraktion stehe daher voll und ganz hinter der Bundesregierung, so die Rednerin abschließend.

Abgeordneter Werner AMON (V) verteidigte die intensive Arbeit der Regierung gegen die Kritik des BZÖ und setzte sich mit Details der Anfrage auseinander, die er insgesamt als keine seriöse Grundlage für eine politische Debatte bewerten konnte. Die Anfragesteller argumentierten widersprüchlich: einerseits wenden sie sich gegen Budgetvorbehalte, andererseits klagten sie aber darüber, die Haushalte würden aus dem Ruder laufen. Besonders scharf wies der Redner die Behauptung zurück, die Regierung beschränke sich darauf, Arbeitslosigkeit und Armut zu finanzieren und zu verwalten, statt sie zu bekämpfen. Zurückzuweisen sei auch die formal wie inhaltlich falsche Kritik des BZÖ an der Bildungspolitik der Bundesregierung.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) widersprach den Aussagen von der Regierungsbank und meinte, die Maßnahmen für die Wirtschaft würden nicht greifen und es herrsche nach wie vor eine Kreditklemme. Im Fall des Listerien-verseuchten Käses hätten Gesundheitsministerium, Landesstellen und KonsumentenschützerInnen bei Information und Kontrolle versagt. Zwischen 21.1.2010 und 16.2.2010 sei niemand informiert worden. Deimek kritisierte auch die Medien, die sich zwar gerne mit Randthemen beschäftigten, eine lebensbedrohliche Situation aber ignoriert hätten. Niemand sei persönlich ein Vorwurf zu machen, die Regierung habe aber Verantwortung zu übernehmen und Probleme im System zu beheben.     

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) führte das bislang fehlende Thema der Klimapolitik in die Debatte ein und wies mit Nachdruck darauf hin, dass Österreich bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms Schlusslicht in Europa sei und Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu erwarten habe. "Diese Politik ist grob fahrlässig", kritisierte die Umweltsprecherin der Grünen und erinnerte daran, dass alle Vorschläge ihrer Fraktion zu den Themen Klimaschutz und Energiepolitik von den Regierungsparteien vertagt wurden. Es sei unverständlich, dass die Regierung auf jede Initiative verzichte, die zu einer größeren Energieunabhängigkeit Österreichs beitrage und sich statt dessen darauf beschränke, in neue Pipelines und Autobahnen zu investieren.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) stellte fest, der Bundeskanzler habe die an ihn gerichteten Fragen nicht beantwortet. Dem Gesundheitsminister warf er Inkompetenz vor. Das Krisentagebuch seines Ministeriums beweise, dass Minister Stöger auf die Krise wegen des Listerien-verseuchten Käses nicht rechtzeitig reagiert habe. Der Regierung insgesamt warf der Abgeordnete Untätigkeit vor, obwohl 400.000 Menschen arbeitslos seien und die Armut zunehme. Sie unternehme auch nichts gegen die hohe Kriminalitätsrate, kritisierte Westenthaler und forderte die Justizministerin auf, dass Haftentlassungspaket zu sistieren und so zu verhindern, dass Schwerverbrecher vorzeitig entlassen werden. Für seine Partei kündigte der Redner diesbezüglich einen Antrag an.       

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) konfrontierte die Anfragesteller des BZÖ mit den Ergebnissen der Politik ihrer eigenen Regierungszeit: Die Asylverfahren hätten damals länger gedauert als zu jeder anderen Zeit, während sie von der SPÖ-ÖVP-Koalition wesentlich beschleunigt wurden. Wenn das BZÖ von zu wenig PolizistInnen rede, sollte es daran denken, dass unter ihrer Regierungsverantwortung die Zahl der PolizistInnen verringert und erst durch die jetzige Regierung vermehrt wurde. Auch bei der Bildung sei gespart worden, während die aktuelle Regierung Schritte in Richtung auf ein moderneres Schulsystem setze. Die SPÖ-ÖVP-Regierung sei es auch gewesen, die Steuerprivilegien für Manager-Bonuszahlungen abgeschafft habe, sagte Krainer und wies abschließend auf Erfolge der Regierung beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hin.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) bescheinigte der Regierung, gute Politik zu machen, was sich an der guten Position Österreichs beim internationalen Vergleich der Arbeitslosigkeit ablesen lasse. Kritik an der Reisetätigkeit der BundesministerInnen wies Haubner zurück. Damit würden wichtige Initiativen für die Wirtschaft gesetzt und die Wirtschaft durch Aufträge aus dem Ausland gestärkt. Bei der Aufgabe, den Staatshaushalt wieder maastrichtkonform zu gestalten, ließ der Redner seine Präferenz für eine ausgabenseitige Konsolidierung erkennen und erinnerte an Vorschläge des Rechnungshofs für strukturelle Einsparungen. Der Schwarzarbeit will Haubner durch die Einführung eines Handwerker-Bonus entgegenwirken. Mit der Bankenabgabe sollte man die Spekulanten "erwischen", sagte Haubner und begrüßte die vom Finanzminister angekündigte Abschaffung der Kreditvertragsgebühr. "Das ist der richtige Weg", schloss Haubner.      

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) schloss sich der Forderung nach Abschaffung der Kreditvertragsgebühr an und fügte hinzu, dies sei ein seit vielen Jahre vorgetragenes Verlangen der FPÖ. Ansonsten könne er den Aussagen der ÖVP an diesem Tag wenig Vernünftiges entnehmen. Der Finanzminister habe nicht die Wahrheit gesagt, als er eine ausgabenseitige Budgetsanierung angekündigt habe. Die Ausführungen zur Bankensteuer sollten lediglich den Volkszorn beruhigen, wobei Pröll aber bereits abschwächend angekündigt habe, nur Spekulationen besteuern zu wollen. Die Konjunkturprogramme seien bei der Wirtschaft nicht angekommen, kritisierte Themessl weiter, von der thermischen Sanierung habe man zwar geredet, aber nichts dafür getan und auch die Verwaltungsreform werde nicht gemacht. Er befürchte für die Zeit nach den Wahlen in der Steiermark und in Wien ein Belastungspaket für die Menschen, "das sich gewaschen hat".

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) konstatierte, essentielle Probleme, etwa in der Bildungspolitik, würden von der Regierung nicht angepackt. Erst die Proteste der Studierenden hätten die Regierung "aus dem Tiefschlaf gerissen". Beim Thema Gesundheitspolitik kritisierte der Abgeordnete, die Kassen würden Leistungen zu Lasten sozial schwacher Gruppen kontingentieren, etwa Therapien für schwerbehinderte Kinder. Bei der Neurorehabilitation und bei den Konzepten für die Hospiz- und Palliativ-Medizin stellte der Redner Mängel fest. Scharf wies Grünewald schließlich die Denunziation von WissenschaftlerInnen zurück, die ein alternatives Finanzierungskonzept für die Pflege vorgelegt haben.

Abgeordneter Johann MAIER (S) warf dem BZÖ vor, bei der Behandlung der Listerien-Problematik mit unwahren Aussagen zu operieren. Maier stellte klar, dass sowohl der Bundesminister als auch die AGES gesetzeskonform gehandelt und alle Vorschriften eingehalten habe. Der Umgang des BZÖ mit diesem Thema entspreche nicht der Würde dieses Hauses. Abgeordneter Maier räumte aber ein, dass die bestehenden gesetzlichen Instrumente bei der Kontrolle der Lebensmittelsicherheit verbessert werden müssen und legte dazu einen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien vor: Die Information der KonsumentInnen sei auf europäischer Ebene zu verbessern, auch bei verarbeiteten Lebensmitteln soll eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung eingeführt und dem Minister die Möglichkeit gegeben werden, KonsumentInnen auf Lebensmittel hinzuweisen, bei denen es begründete Hinweise gebe, dass sie Krankheiten auslösen können. 

Abgeordneter Fritz GRILLITSCH (V) zeigte sich bestürzt darüber, dass Todesfälle dazu benützt werden, politisches Kleingeld zu schlagen. Man sei es den Menschen schuldig, Defizite in der Kontrolle und bei der Information aufzuzeigen und jedem Betrug der KonsumentInnen entgegenzutreten. Deshalb seien auch auf europäischer Ebene klare Herkunftsbezeichnungen notwendig. Den österreichischen Bauern sei durch den Käseskandal Schaden entstanden, obwohl kein Tropfen heimischer Milch in dem verseuchten Käse enthalten war, klagte Grillitsch. "Wo Österreich draufsteht, muss 100 % Österreich drin sein", forderte Grillitsch, der im AMA-Gütesiegel einen guten Ansatz zur Verbesserung der KonsumentenInnensicherheit sah.          

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) betonte, es herrsche "Stillstand im Land". Das sieht man seiner Ansicht nach etwa an der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung und an der Tatsache, dass 700 Oppositionsanträge unerledigt in den Ausschüssen liegen. Er sieht die Regierung vor allem gefordert, sich zu überlegen, wie man den Menschen in Österreich Arbeit verschaffen könne. Bedauern äußerte Zanger auch darüber, dass eine Initiative zur Belebung der Krisenregion Obersteiermark derzeit auf Eis liege.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) äußerte die Vermutung, dass das BZÖ mit der vorliegenden Dringlichen Anfrage, die "Kraut und Rüben" vermische, von ihrer eigenen Verantwortung für das Desaster rund um die Hypo Alpe-Adria ablenken wolle. Zum Listeriose-verseuchten Käse merkte er an, Gesundheitsminister Stöger habe zwar dafür gesorgt, dass das beanstandete Produkt aus dem Lebensmittelhandel zurückgeholt und auch die EU rechtzeitig informiert wurde, er habe es aber verabsäumt, für eine offensive Öffentlichkeitsarbeit zu sorgen. Den Misstrauensantrag des BZÖ gegen Stöger werden die Grünen laut Pirklhuber dennoch nicht unterstützen. Pirklhuber selbst urgierte ein umfassendes Gütezeichengesetz und forderte Maßnahmen gegen KonsumentInnentäuschung durch irreführende Produktbezeichnungen.

Auch Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) warf dem BZÖ vor, in der Dringlichen Anfrage "Kraut und Rüben" zu vermischen. Er selbst befasste sich mit dem Thema Bankensteuer und zeigte sich darüber verwundert, dass das BZÖ Politik zugunsten von "Spekulanten und Zockern" machen wolle und für eine Steuerfreiheit für Banken eintrete.

Abgeordneter Josef JURY (o.F.) sprach von "verbrecherischen Machenschaften" sowohl in der Finanzwirtschaft als auch in der Lebensmittelindustrie. Durch "wahnsinnige Malversationen und faule Produkte" sei die halbe Welt in den Abgrund gefahren worden, meinte er. Für den Käse-Skandal müsste Jury zufolge Gesundheitsminister Alois Stöger die politische Verantwortung übernehmen.

Abgeordneter Erwin RASINGER (V) wandte sich dagegen, die Entdeckung von Listerien-verseuchtem Käse zu instrumentalisieren, "um jemandem ans Zeug zu flicken". Die Listeriose sei nur eine von weltweit vielen Infektionskrankheiten, die es immer besser gelinge zu bekämpfen, unterstrich er. Für Rasinger ist es bemerkenswert, dass man überhaupt herausgefunden habe, welches Produkt für die aufgetretenen Krankheits- und Todesfälle verantwortlich sei. Dass die ÖVP den Misstrauensantrag gegen Gesundheitsminister Stöger nicht unterstützt, begründete Rasinger damit, dass Stöger korrekt und kompetent sei und man von ihm nicht verlangen könne, ein Hellseher zu sein.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) warf dem Gesundheitsministerium und Minister Stöger hingegen vor, monatelang untätig gewesen zu sein. Der Gesundheitsminister sei nicht für den Listerien-verseuchten Käse verantwortlich, meinte er, er habe es aber verabsäumt, rasch zu handeln. Stadler erinnerte daran, dass sich der damalige Gesundheitsminister Herbert Haupt bei BSE-Verdachtsfällen immer sofort an die Öffentlichkeit gewandt habe.

Der Misstrauensantrag des BZÖ gegen Gesundheitsminister Alois Stöger blieb bei der Abstimmung in der Minderheit. Einstimmig beschloss der Nationalrat den S-V-Entschließungsantrag betreffend Information der Öffentlichkeit bei Lebensmittelinfektionen und gesundheitsschädlichen Lebensmitteln.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag der FPÖ

Abgeordneter Norbert HOFER (F) will, wie er sagte, mit dem gegenständlichen Fristsetzungsantrag belegen, dass nicht die Opposition für die dürftige Tagesordnung der heutigen Nationalratssitzung verantwortlich sei. Der gegenständliche Antrag ziele auf eine Ausbildungsoffensive für Pflegekräfte ab und liege, wie viele andere Anträge, bereits seit dem Jahr 2008 im Sozialausschuss, skizzierte er. Hofer zufolge hat sich im Pflegebereich eine "Pflegemafia" etabliert. Ohne hohe Zahlungen an einen Verein sei eine 24-Stunden-Betreuung nicht organisierbar. Insgesamt liegen Hofer zufolge bereits 700 unerledigte Oppositionsanträge in den zuständigen Ausschüssen, viele von ihnen seien ohne Begründung wiederholt vertagt worden. Kritik übte er auch an unzureichenden Anfragebeantwortungen durch Regierungsmitglieder.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) wandte sich dagegen, Pflege und Betreuung miteinander zu vermischen. Man brauche sowohl gut ausgebildete Pflegekräfte, als auch gut ausgebildete Personen, die alte und kranke Menschen betreuen, meinte sie. Es gebe im Gesundheitsministerium bereits eine Arbeitsgruppe, die sich mit der niederschwelligen Betreuung bis hin zur hochqualifizierten Pflege auf Hochschulniveau befasse. Mit einem Fristsetzungsantrag könne die umfangreiche Thematik, so Oberhauser, nicht gelöst werden.

Ähnlich wie Oberhauser argumentierte Abgeordnete Claudia DURCHSCHLAG (V). Der Mangel an Pflegekräften in manchen Gebieten ist ihrer Meinung nach nicht zuletzt auf die schlechte Bezahlung in diesem Bereich zurückzuführen. Was die Ausbildung betrifft, plädierte Durchschlag für ein modulares System.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) schloss sich den Ausführungen seines Fraktionskollegen Norbert Hofer vollinhaltlich an. Das Parlament gehe alles andere als würdevoll mit Oppositionsanträgen um, bekräftigte er. Einzelne Initiativen der Opposition würden seit Jahren vertagt. Warum könne man in Ausschüssen nicht offen und ehrlich über Vorschläge diskutieren, egal woher sie kommen, fragte Vilimsky.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) hielt Abgeordneter Oberhauser und Abgeordneter Durchschlag entgegen, dass die von ihnen geforderte ausführliche Diskussion über den Mangel an Pflegekräften im zuständigen Ausschuss nicht stattfinde. Stattdessen würden Oppositionsanträge, sollten sie überhaupt auf die Tagesordnung kommen, üblicher Weise gleich wieder vertagt. Öllinger zufolge schadet diese Vorgangsweise dem Parlamentarismus insgesamt. Gleiches gilt seiner Meinung nach für die unzureichende Beantwortung schriftlicher Anfragen durch die zuständigen Regierungsmitglieder.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) schloss sich einem Zeitungszitat an: "Es regiert die lange Bank". Das treffe auch auf die Ausschussarbeit zu, betonte sie. Dabei gebe es gerade im Sozialbereich und im Gesundheitsbereich zahlreiche "offene Baustellen". Unter anderem ortet Haubner im Pflegebereich politischen Stillstand. Oppositionsanträge würden aber nicht behandelt bzw. ständig vertagt. Dabei habe die Opposition, so Haubner, viele gute Antworten.

Der Antrag der FPÖ, dem Sozialausschuss zur Berichterstattung über den FPÖ-Antrag 100/A(E) betreffend Sicherstellung der Ausbildung von Pflegekräften eine Frist bis zum 24. März 2010 zu setzen, blieb in der Minderheit. (Schluss Dringliche/Forts. NR)