Parlamentskorrespondenz Nr. 114 vom 24.02.2010

Nationalrat debattiert Anträge in Erster Lesung

Uni-Budgets, Berufsumsteiger, Konsumentenschutz, Abtreibung

Wien (PK) – Vier Anträge, die in Erster Lesung in Verhandlung genommen wurden, standen am Schluss der Tagesordnung der Sitzung des Nationalrats.

G- Antrag fordert Globalbudget für Universitäten

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) erläuterte seinen Antrag, der darauf hinausläuft, bis 2015 2 % des BIP für den tertiären Bildungssektor bereitzustellen, und argumentierte, gerade in Krisenzeiten könnten Investitionen in Bildung und Forschung Impulse für den Aufschwung geben. Er kritisierte, dass der derzeitige Budgetplan keine zusätzlichen Mittel für den Hochschulsektor vorsehe, und forderte die Regierung mit Nachdruck auf, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die österreichischen Universitäten international konkurrenzfähig zu machen.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) teilte grundsätzlich die Intentionen des Antrags und wies auf den Plan des Regierungsübereinkommens hin, wonach das 2 %-Ziel bis 2020 erreicht werden soll.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) erinnerte an die Aufstockung des Universitätsbudgets und unterstrich, nun gehe es darum, im Rahmen des Hochschuldialogs eine gemeinsame Datenlage zu schaffen und darauf aufbauend entsprechende Konzepte zu erarbeiten. Sie gab überdies zu bedenken, dass der tertiäre Bildungsbereich nicht ausschließlich öffentlich finanziert werden könne, und rief zur Entwicklung einer Vielfalt von Finanzierungsmodellen auf.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) unterstützte den Antrag und übte grundsätzliche Kritik am österreichischen Hochschulwesen, das er als überbürokratisiert und unterfinanziert bezeichnete. Er schlug insbesondere eine Evaluierung der tatsächlichen Kosten pro Studienplatz vor und erklärte den Bologna-Prozess aus derzeitiger Sicht für gescheitert.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) drängte auf eine Fortführung des Hochschuldialogs im Parlament und bemerkte, die österreichischen Universitäten würden mehr Geld, aber auch andere Finanzierungsmöglichkeiten brauchen, wobei die Wiedereinführung der Studiengebühren kein Tabu sein sollte.

Der Antrag wurde dem Wissenschaftsausschuss zugewiesen.

FPÖ: Mehr Urlaubsanspruch für Berufsumsteiger im öffentlichen Dienst

Abgeordneter Werner HERBERT (F) erklärte, es gehe bei seiner Initiative um die Schaffung einer gesetzlichen Möglichkeit, beim Wechsel von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst den vorhandenen Urlaubsanspruch "mitzunehmen".

Abgeordneter Otto PENDL (S) warnte, eine Umsetzung dieses Antrags würde zu einer Privilegiendiskussion führen, und sprach sich hingegen für die Ausarbeitung eines modernen Dienstrechts für den öffentlichen Dienst aus.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) sprach von einem etwas "abenteuerlichen Antrag", der auch aus legistischer Sicht nicht in Ordnung sei. Da er ein "Rosenpicken" für Einzelfälle bezwecke, werde er sicher keine Mehrheit finden.

Auch Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) konnte dem Antrag wenig abgewinnen, dem ihre Fraktion wegen mangelnder Sinnhaftigkeit nicht beitreten könne.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) räumte ein, dass er sich den Antrag einige Male durchlesen musste, da er viel Interpretationsspielraum lasse. Statt sich mit Einzelfällen zu befassen, sollte vielmehr eine grundsätzliche und seriöse Debatte über ein Dienstrecht Neu und ein Besoldungsrecht geführt werden.

Der Antrag wurde dem Verfassungsausschuss zugewiesen.

Grüne beantragen Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) erläuterte den Antrag ihrer Fraktion, der auf eine Änderung des Konsumentenschutzgesetzes abziele. Im konkreten gehe es ihr dabei um die Ausweitung des Paragraphen 25c, der die Aufklärungspflicht von Banken oder anderen Kreditgebern gegenüber Pfandbestellern regelt.

Abgeordneter Johann MAIER (S) unterstützte das Anliegen der Grünen, weil es dabei um die umfassende und wahrheitsgemäße Aufklärung über die wirtschaftliche Lage von KreditnehmerInnen geht. Das Regierungsübereinkommen 2009 sehe deshalb auch vor, dass diese unvollständige Rechtssituation im Falle von Pfandbestellungen korrigiert werden soll.

Auch die Abgeordneten Fritz GRILLITSCH (V), Gerhard DEIMEK (F) und Sigisbert DOLINSCHEK (B) befürworteten die Forderung der Grünen.

Der Antrag wurde dem Konsumentenschutzausschuss zugewiesen.

FPÖ: Keine Abtreibung bis zum Geburtstermin bei schwerer Behinderung

Abgeordneter Norbert HOFER (F) gab zu bedenken, dass in Österreich ein behindertes Baby, das von der medizinischen Norm abweicht, noch im 9. Schwangerschaftsmonat abgetrieben werden darf. Man müsse sich ernsthaft die Frage stellen, warum eine Tötung fünf Sekunden vor der Geburt noch legal ist, während eine Tötung fünf Sekunden nach der Geburt als illegal einzustufen ist. Er forderte deshalb eine Änderung des Strafgesetzbuchs, wodurch sichergestellt werden soll, dass behindertes Leben nicht als Schadensfall betrachtet wird.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) räumte ein, dass es sich bei der zur Diskussion stehenden Rechtsmaterie um eine der am schwierigsten zu lösende handle. Man müsse bedenken, dass sich die werdenden Mütter und Väter in Notsituationen befinden, auf die das Strafgesetzbuch wohl nicht die richtige Antwort geben kann. Vielmehr gehe es darum, die entsprechenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Eltern zu ermutigen, in solchen Fällen die richtige Entscheidung zu treffen. 

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) sprach von einem sehr wichtigen Antrag, der im zuständigen Justizausschuss unbedingt ausführlich und ohne jede ideologische Vorbehalte diskutiert werden sollte. Allerdings unterstrich Huainigg auch, dass für ihn die Fristenregelung grundsätzlich außer Diskussion stehe. Auch er war überzeugt davon, dass die werdenden Eltern besser unterstützt werden müssen. Eine Abstimmung über diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt sei seiner Meinung nach aber noch verfrüht.

Abgeordnete Helene JARMER (G) pflichtete ihrem Vorredner bei, dass diese Frage noch ausführlich und gründlich diskutiert werden müsse. Am wichtigsten sei ihrer Meinung nach ein Umdenken in der Gesellschaft und eine bestmögliche Unterstützung der Eltern von behinderten Kindern. Notwendig seien ihrer Ansicht nach auch Änderungen im Schadenersatzrecht.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) räumte ein, dass es sich um ein schwieriges, komplexes und emotionales Thema handle. In Österreich kommt es derzeit zu etwa 500 Abtreibungen nach der Dreimonatsfrist aufgrund von einer schweren Behinderung des Embryos. Ihrer Meinung nach sollte es einer Frau aber nach wie vor frei gestellt werden, wie sie sich im Fall einer diagnostizierten schweren Behinderung des Kindes entscheidet. Die bisherige Regelung sollte daher beibehalten, die Betreuungs- und Beratungsstellen aber ausgebaut werden.

Auch Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) plädierte für ein längeres Nachdenken und ein Einbinden von ExperteInnen und Betroffenen, um eine sachgerechte Lösung zu finden. 

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) gab zu bedenken, dass das Strafgesetzbuch nun einmal die Grenzen des von der Gesellschaft tolerierten bzw. nicht mehr tolerierten Handelns aufzeige. Er hoffe, dass der Antrag des Abgeordneten Hofer den Beginn einer verantwortungsvollen Diskussion darstellen und eine neue Dimension der Menschlichkeit einleiten wird.

Der Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen.

Sodann wurde der G-Antrag, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 644/A eine Frist bis zum 23. März 2010 zu setzen, abgelehnt. Auch die F-Anträge, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 80/A, dem Familienausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 133/A[E], dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 172/A[E], dem außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 44/A[E], dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zur Berichterstattung über den F-Antrag 129/A[E], dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über Antrag 156/A, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den F-Antrag 39/A[E], dem Innenausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 238/A[E], dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 6/A[E], dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 213/A[E] sowie dem Tourismusausschuss zur Berichterstattung über den F-Antrag 497/A[E] Fristen bis zum 24. März 2010 zu setzen, fanden keine Mehrheit.

Sodann fand noch eine weitere (56.) NR-Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen Zuweisungen und Mitteilungen diente. (Schluss)