Parlamentskorrespondenz Nr. 158 vom 11.03.2010

Vom einheitlichen Jugendschutz bis zu Energiestrategien

Staatssekretärin Marek in der Fragestunde des Bundesrats

Wien (PK) – Staatssekretärin Christine Marek aus dem Wirtschaftsministerium stand heute im ersten Teil der 782. Sitzung des Bundesrats den Mitgliedern der Länderkammer im Rahmen einer Fragestunde Rede und Antwort.

Bundesrätin Bettina RAUSCH (V/N): Warum soll aus Ihrer Sicht der Jugendschutz in Österreich vereinheitlicht werden?

--------------------------------------------------------------------

und

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O): Wie und in welchem Rahmen wollen Sie als Jugendminister erreichen, im Jahr 2010 ein einheitliches Bundesjugendschutzgesetz zu verabschieden?

--------------------------------------------------------------------

Staatssekretärin Christine Marek bekräftigte, mit ihrem Vorhaben einheitliche Standards im Jugendschutz schaffen zu wollen. Neun unterschiedliche Regelungen seien sachlich nicht zu rechtfertigen, sagte sie, und entsprächen auch nicht der Alltagsrealität Jugendlicher. Diese seien heute wesentlich mobiler als früher, weshalb eine bessere Orientierung und verständlichere Regelungen notwendig seien.

Ziele eines österreichweiten Jugendschutzgesetzes sind Marek zufolge nicht nur einheitlich hohe Standards. Man müsse vor allem junge Menschen vor wesentlichen Gefahren schützen und deren körperliche, geistige und soziale Fähigkeiten fördern. Konkret sprach sie dabei den Alkohol- und Nikotinkonsum, Gewaltvideos, Wettspiele und Ausgehzeiten an. Sie wolle auch die Eigenverantwortlichkeit der Jugendlichen und die Erziehungskompetenz der Eltern fördern. Auf keinen Fall dürfe es zu Verschlechterungen hoher Schutzstandards kommen, betonte Marek.

Die Staatssekretärin sah jedoch keine Chance für ein Bundesjugendschutzgesetz. Realistisch ist für sie eine 15a-Vereinbarung mit den Ländern, in der die Eckpunkte einheitlicher Jugendschutzbestimmungen definiert werden, die dann von den Landesgesetzen auszuführen sind.

Gesetzliche Bestimmungen sind laut Marek jedoch nicht alles, weshalb sie darüber hinaus auf bewusstseinsfördernde Maßnahmen im Hinblick auf Aufklärung und Gesundheitsprävention setzt. Auch die Schule könnte einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung leisten. Marek drängte auch die Bundesländer, ihre derzeit geltenden Jugendschutzbestimmungen zu vollziehen, denn derzeit seien diese weitgehend totes Recht.

Bundesrätin Maria MOSBACHER (S/St): Welche Maßnahmen haben Sie bisher umgesetzt, damit Frauen in der Wirtschaft für die gleiche Arbeit endlich den gleichen Lohn erhalten?

--------------------------------------------------------------------

Staatssekretärin Marek unterstrich die Bedeutung der Frage für ihre Arbeit. Um das angestrebte Ziel auch zu erreichen, müsse man die Wirtschaft als wesentlichen Partner gewinnen. Anhand von Beispielen aus Schweden und Norwegen habe sich gezeigt, wie wichtig Bewusstseinsbildung und Anreizsysteme sind und wie gut diese wirken. Frauen würden spezielle Ausbildungen angeboten, um Führungspositionen übernehmen zu können. Die Unternehmen müssten auch den Nutzen sehen, wenn Männer und Frauen gleichermaßen in Entscheidungspositionen vertreten sind, sagte Marek. Dabei gehe es nicht nur um die Vertretung von Frauen in Aufsichtsräten, sondern auch im Managementbereich. Die Staatssekretärin ließ in ihrer Beantwortung durchaus Sympathien für entsprechende Anreizsysteme in staatsnahen Betrieben erkennen. Die öffentliche Hand müsse als Vorbild voran gehen und trage somit auch hohe Verantwortung, meinte sie.

Ihre Bemühungen gingen auch dahin, im Bereich von Forschung und Entwicklung mehr Frauen in höhere Positionen zu bekommen. Im Rahmen von Forschungszentren würden Kompetenzen von Frauen geschärft, erklärte Marek.

Marek bedauerte, dass im Corporate Government Codex die gerechte Verteilung beider Geschlechter nur als Empfehlung aufgenommen wurde. Sie hätte sich eine Selbstverpflichtung der Unternehmen gewünscht, weil dies ein stärkeres Mittel darstelle.

Die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern bezeichnete die Staatssekretärin als unerträglich. Sie zeigte sich jedoch von der oftmalig geforderten Gehältertransparenz nicht überzeugt. Diese würde einen großen Aufwand für die Unternehmen verursachen, während der Nutzen nicht groß ist, bemerkte Marek und wies auf Beispiele in Schweden hin. Marek forderte jedoch die Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben auf, die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu nützen. BetriebsrätInnen hätten durchaus die Möglichkeit, Einblick in die Gehälter zu nehmen. Die Bestimmungen seien aber weitgehend totes Recht, bedauerte sie.

Zum Ziel werde man ihrer Meinung aber erst kommen, wenn Mädchen nicht nur traditionelle Berufe wählen. Denn gerade diese Berufe seien weniger gut bezahlt. Marek setzte sich daher dafür ein, bereits im Kindergarten das Bewusstsein bildende Maßnahmen zu setzen und die Berufsberatung in den Schulen so auszurichten, dass man Mädchen auch für technische Berufe interessiert.

Im Hinblick auf eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie habe man das "Audit Beruf und Familie" geschaffen, was sich als ein hervorragendes Mittel erwiesen hat, in den Unternehmen individuell familienfreundliche Maßnahmen zu entwickeln. Heuer werde erstmals ein Staatspreis für das familienfreundlichste Unternehmen verliehen, informierte Marek. Aus einer Befragung unter hundert familienfreundlichen Betrieben gehe hervor, dass diese pro DienstnehmerInnen eklatant weniger Krankenstandstage zu verzeichnen hatten – 4,9 Tage pro MitarbeiterIn gegenüber dem Durchschnitt von 12 Tagen - und die Fluktuation wesentlich geringer war. Auch die Rückkehrquote nach der Karenz lag bei diesen Betrieben über 90 %, was zu einer hohen Loyalität und Motivation der MitarbeiterInnen geführt habe.

Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V): Welche konkreten Maßnahmen werden Sie in den nächsten Monaten treffen, um die massive Benachteiligung heimischer Betriebe infolge der mit 1. April 2006 in der Schweiz wirksam gewordenen Regelungen betreffend den grenzüberschreitenden Handwerksdienstleistungen zu beseitigen?

--------------------------------------------------------------------

Staatssekretärin Marek bestätigte, dass dieses Problem ein großes Sorgenthema in Vorarlberg darstellt. Im Rahmen eines trilateralen Dialogs der Wirtschaftsminister Österreichs, Deutschlands und der Schweiz habe man Maßnahmen erarbeitet, die zu Erleichterungen und mehr Transparenz in der Vollziehung führen sollen. Marek räumte jedoch ein, dass man kein Druckmittel gegenüber der Schweiz habe. Österreich habe daher bei der EU Beschwerde eingelegt, denn diese habe mehr Möglichkeiten, die Vereinbarungen auch durchzusetzen. Darüber hinaus habe es im Juni des Vorjahres ein weiteres Dreiertreffen der Wirtschaftsminister gegeben, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu evaluieren.

Bundesrätin Sonja ZWAZL (V/N): Welche Beschäftigungseffekte und weitere Verbesserungen erwarten Sie sich durch das Lehrberufspaket 2010, das Sie bei der Regierungsklausur Anfang März angekündigt haben?

--------------------------------------------------------------------

Die Staatssekretärin berichtete, durch die gesetzten Maßnahmen habe man die Zahl der Lehrlinge trotz der Krise relativ konstant halten können. Es sei lediglich ein Rückgang von 0,3 % zu verzeichnen gewesen.

Die Ausbildung von Lehrlingen stelle ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung dar, und gemeinsam mit den Sozialpartnern würden ständig Verbesserungen in der Lehrlingsausbildung vorgenommen. So seien beispielsweise für einige Lehrberufe Modularlehrgänge geschaffen worden. Dabei würden Einzelberufe zusammengezogen, wodurch die Lehrlinge ein einheitliches Grundmodell geboten bekommen. Die Durchlässigkeit würde damit verbessert, sagte Marek.

Im Hinblick auf die Kritik an Lehrwerkstätten betonte sie, dass der Sozialminister in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ständig die Qualität kontrolliere und um Weiterentwicklung bemüht sei.

Was die Mädchen betrifft, so verwies Marek auf die Beantwortung der ersten Frage. Man müsse früh ansetzen, diese für nicht traditionelle Berufe zu interessieren, sagte sie. Gleichzeitig sei es notwendig, Unternehmen Anreize zu bieten, Mädchen in nicht traditionellen Sektoren aufzunehmen.

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W): Österreich wird medial als Subventions-Europameister dargestellt – werden Sie die Empfehlungen des WIFO, im Bereich der Unternehmensförderungen signifikante Kürzungen vorzunehmen, umsetzen?

--------------------------------------------------------------------

In der Beantwortung dieser Frage übte die Staatssekretärin leise Kritik an der Studie. Darin sei der Förderbegriff sehr weit gefasst worden, merkte sie an. Die ExpertInnen hätten sowohl Wirtschafts- als auch Arbeitsmarktförderungen hinein genommen sowie Zuwendungen an die ÖBB im Ausmaß von 2 Mrd. €, an Krankenhäuser in der Höhe von 4 Mrd. € und an die Landwirtschaft mit 700 Mio. €. Sie würde das nicht als eine direkte Unternehmensförderung sehen. Ihr Ministerium habe beispielsweise an die KMUs 18 Mio. € vergeben, erläuterte sie, an Tourismusbetriebe 25 Mio. € und 40 Mio. € in Form unternehmensbezogener Arbeitsmarktförderung.

Das WIFO sehe Einsparungsmöglichkeiten insbesondere bei den Subventionen in staatsnahen Betrieben, in der Wohnbauförderung und in der Agrarförderung vor. Bei der direkten Unternehmensförderung seien trotz Budgetkonsolidierung nur sehr maßvolle Einsparungen sinnvoll, betonte die Staatssekretärin. In einer Phase des beginnenden Aufschwungs dürfe man Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort nicht aus den Augen verlieren. Das Gleiche gelte in Hinblick auf die Steuern.

Der Budgetkonsolidierungskurs stelle alle vor große Herausforderungen, sagte Marek, und sie wolle daher vor allem gemeinsam mit den Sozialpartnern auf eine effizientere Gestaltung des Verwaltungsaufwands hinarbeiten. Für eine Senkung der Lohnnebenkosten sah sie derzeit keine Chance.

Bundesrat Magnus BRUNNER (V/V): Welche Erwartungen setzen Sie in die neue Energiestrategie in Österreich?

--------------------------------------------------------------------

Als wesentliche Ziele der heute vom Wirtschafts- und Umweltminister vorgestellten Energiestrategie nannte Staatssekretärin Marek die Steigerung der Energieeffizienz, einen engagierten Ausbau erneuerbarer Energie und die Sicherstellung der Energieversorgung. Als Nebeneffekt sollte die Umstellung auch positive Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation haben.

Die Richtungsänderung sei deshalb notwendig, weil unser Energiesystem vom steigenden Energiebedarf geprägt und stark importabhängig ist, erklärte Marek. Dabei sei man von politisch instabilen Regionen abhängig, was nicht nur die Versorgungssicherheit beeinträchtige, sondern auch zu stark schwankenden Energiepreisen führe. Grundsätzlich sei der Preistrend steigend. Außerdem würden die Ressourcen knapper.

Die heutige Präsentation durch die beiden Minister stelle einen Startschuss für einen Prozess dar, der von Bund und Ländern ausgestaltet und umgesetzt werden müsse und von einem Monitoring begleitet werden wird.

Bundesrat Wolfgang SODL (S/B): Das WIFO empfiehlt für das Jahr 2010 ein Impulsprogramm in der Höhe von etwa 1 Mrd. Euro – welche Maßnahmen in welcher finanziellen Höhe planen Sie für 2010 zur Schaffung neuer Arbeitsplätze?

--------------------------------------------------------------------

Die Staatssekretärin wies in diesem Zusammenhang auf die positiven Effekte der Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete sowie der Steuerreform hin. Österreich habe rechtzeitig und richtig reagiert, weshalb es gelungen sei, massive Einbrüche am Arbeitsmarkt zu verhindern. Laut WIFO-Studie hätten dadurch insgesamt 40.000 Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Während im EU-Durchschnitt die konjunkturfördernden Maßnahmen 1,1 % des BIP ausmachen, liege der Wert in Österreich bei 1,8 %, stellte Marek fest. Die österreichischen Pakete seien von Anfang an auf eine zweijährige Laufzeit ausgerichtet gewesen, und somit stünden 2010 genauso viel Mittel zur Verfügung. Marek sah daher keine Notwendigkeit für zusätzliche Maßnahmen. Man sei aber in Kooperation mit dem AWS ständig bemüht, für Unternehmen, insbesondere für Neugründungen, den administrativen Aufwand zu reduzieren, bekräftigte sie.

Die Tagesordnung der 782. Sitzung

Die Tagesordnung, die der Bundesrat im Anschluss an die Fragestunde abzuarbeiten hatte, umfasste vier Punkte. Zunächst ging es um eine Änderung beim Finanzausgleich. In seiner Sitzung am 24. Februar hatte der Nationalrat beschlossen, den Gemeinden, die durch die Rückzahlung der Getränkesteuer im Vorjahr belastet wurden, Ausgleichszahlungen in Form einer einmaligen Bedarfszuweisung zukommen zu lassen. Die Vorlage blieb unbeeinsprucht. Im Anschluss daran beschäftigte sich die Länderkammer mit dem Bericht des Gesundheitsministers betreffend das Patientenverfügungsgesetz. Dritter Punkt der Tagesordnung war die Novellierung des Unterbringungs- und des Heimaufenthaltsgesetzes. Auch dieses Gesetz fand die Zustimmung des Bundesrats. Zuletzt wählten die BundesrätInnen Bundesrat Josef Kalina (S/W) als Mitglied und Wolfgang Beer (S/W) und Waltraut Hladny (S/St) als Ersatzmitglieder des Ständigen Ausschusses des Nationalrats und des Bundesrats. (Schluss)


Format