Parlamentskorrespondenz Nr. 161 vom 11.03.2010

Ausgewählte Ermittlungsmaßnahmen im RH-Ausschuss auf dem Prüfstand

RH-Empfehlungen zum Großteil umgesetzt bzw. in Umsetzung

Wien (PK) - Ziel der Gebarungsüberprüfung des Rechnungshofs im Bereich bestimmter Ermittlungsmaßnahmen war die Beurteilung der Effizienz und Effektivität der Aufgabenerfüllung des BMI und des BMJ sowie des Zusammenwirkens von Justiz– und Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive im Zeitraum 2001 bis 2006 (III-21 d.B.). Der entsprechende Bericht des Rechnungshofs bildete den letzten Punkt der Tagesordnung im Rechnungshofausschuss.

Die — in den Geschäftsregistern der Verfahrensautomation Justiz - automationsunterstützt erfassten Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation boten keine Möglichkeit zur Ermittlung detaillierter und aussagekräftiger Informationen, heißt es im RH-Bericht. Die Betreiber von Telekommunikationsdiensten erfüllten ihre gesetzlich normierte Mitwirkungspflicht in unzureichendem Ausmaß; dies führte zum unwiederbringlichen Verlust von Inhaltsdaten (in der Regel Gesprächsinhalten) sowie zur ungesetzlichen Fortführung von Maßnahmen, die Grund– und Freiheitsrechte der Betroffenen verletzten. Die Übermittlung gesetzwidriger Gerichtsbeschlüsse, mit denen Telekommunikationsbetreibern Überwachungsmaßnahmen angeordnet wurden, war geeignet, die Strafverfolgung zu erschweren oder zu verhindern und verletzte überdies das verfassungsmäßig gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz.

Geheimhaltungsvorschriften wurden durch Gerichte nicht ausreichend beachtet. Diese Verletzungen waren geeignet, den Erfolg der Ermittlungsmaßnahmen zu gefährden, betonte der RH und merkte an, dass die kontinuierlich geringe Anzahl kleiner Späh– und Lauschangriffe aufgrund fehlender Erfahrungen zu Qualitätsmängeln führte; aus diesem Grund wäre die Konzentration dieser Aufgabe bei der Sondereinheit für Observation erforderlich.

Der RH gab u.a. folgende Empfehlungen ab: Die Sondereinheit für Observation (SEO) sollte direkt dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit unterstellt werden. Ein Anschaffungsprogramm für eine dem Stand der Technik entsprechende Ausrüstung der SEO wäre nach vorangehender Bedarfsfeststellung und budgetärer Vorsorge zu erarbeiten sowie ein Zeitplan für dessen Umsetzung festzulegen. Die Durchführung kleiner Späh– und Lauschangriffe sollte bei der Sondereinheit für Observation konzentriert werden. Der Ausrüstungsstand sämtlicher Dienststellen für optische Überwachungsmaßnahmen wäre zu evaluieren, der Ausrüstungsbedarf zu erheben und ein nachhaltiges Beschaffungsprogramm zu erarbeiten. Basierend auf einer Wirtschaftlichkeitsberechnung sollte der Nichteinsatz von IT zur Auswertung von Ergebnissen optischer Überwachungsmaßnahmen überdacht werden.

Durch klare Vorgaben und Maßnahmen zur Qualitätssicherung wären die einheitliche (einmalige) und richtige Erfassung der Daten in der Verfahrensautomation Justiz sicherzustellen sowie verstärkte Plausibilitätsprüfungen vorzunehmen. Durch Verhandlungen mit Betreibern sollte die sofortige Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen sichergestellt sowie auf eine detaillierte Regelung der Mitwirkungspflichten der Betreiber hingewirkt werden. Für die Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften durch Gerichte wäre verstärkt zu sorgen. Eine legistische Initiative zur Befugnisausweitung des Rechtschutzbeauftragten auf länger dauernde Telekommunikationsüberwachungen sollte überlegt werden. Im Erlassweg wäre dafür Sorge zu tragen, dass Mitwirkungsanordnungen der Staatsanwaltschaften künftig keine Daten enthalten, welche die Strafverfolgung erschweren oder verhindern könnten.

Abgeordneter Werner Herbert (F) sprach die technische Ausrüstung und die Personalressourcen der Sondereinheit für Observation (SEO) an. Seine Kritik galt den rechtswidrigen Gerichtsbeschlüssen.

Bei dieser sensiblen Materie hat der RH mit Übersicht und Kompetenz Einsicht genommen, sagte Abgeordneter Hermann Gahr (V) und erkundigte sich, wie viele Empfehlungen des RH in der Zwischenzeit umgesetzt wurden.

Der Großteil der Kritik des Abgeordneten Peter Pilz (G) richtete sich an die Justizministerin. Die Videoüberwachung sei unbrauchbar, da weder Zeit noch das Personal zur Verfügung stünden, sich die Bänder anzuschauen, erklärte der Redner und fragte, ob der RH von rechtswidrigen Überwachungsmaßnahmen informiert worden sei.

Für das Budget der SEO für 2008 bis 2010 und die Zahl der angeordneten Überwachungen interessierte sich S-Abgeordnete Christine Lapp.

Innenministerin Maria Theresia Fekter strich heraus, seit dem RH-Bericht habe sich bei der SEO einiges getan, und zwar in engem Kontakt mit den Rechtschutzbeauftragten des BMI und BMJ.

11 Punkte wurden vom RH im Bereich des Innenressorts beanstandet, 2 Empfehlungen wurden bereits umgesetzt, acht weitere befinden sich im Stadium der Umsetzung. Die SEO ist seit einem halben Jahr dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit unterstellt, die Änderung der Geschäftsordnung sei in Ausarbeitung. Das Budget wurde aufgestockt, zumal 2007 und 2008 vermehrt Anschaffungen getätigt wurden.

Bezüglich der EU-Richtlinie betreffend Vorratsdatenspeicherung (Frage des Abgeordneten Hermann Gahr, V) sei Österreich säumig, die Zuständigkeit liege beim BMVIT, das einen Entwurf in Begutachtung verschickt habe, mit dem sie als Innenministerin nicht zufrieden sei, denn es sollen Ermittlungsmethoden eingeschränkt werden; es gehe also um einen Rückschritt, einen Schritt hinter das geltende Recht, betonte die Ressortleiterin.

RH-Präsident Josef Moser bezog sich in seiner Wortmeldung vornehmlich auf die Ausführungen des Abgeordneten Pilz und unterstrich, der RH sei keine Strafverfolgungsbehörde und habe auch keine Möglichkeit, sich im privaten Bereich Unterlagen zu beschaffen. Der RH prüfe, ob Abläufe wirtschaftlich seien, der Gebarung entsprechen und der Zielsetzung des Gesetzes Rechnung tragen.

In einer weiteren Wortmeldung schnitt F-Abgeordneter Werner Herbert die Dienstzuteilungspolitik im Innenressort im allgemeinen und die Dienstzuteilungen bei der SEO im besonderen an. – Ministerin Fekter erklärte, die Zuteilungen seien notwendig; es handle sich zwar um eine teure Form des Einsatzes, aber es sei die einzige Form, um flexibel reagieren zu können. Die SEO-Dienstzuteilungen erfolgen in Absprache mit der jeweiligen Dienststelle und seien freiwillig; es handle sich um einen unregelmäßigen Dienst, aber der sei mit Zusatzeinnahmen verbunden.

Der Bericht wurde mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien zur Kenntnis genommen; der Antrag der Oppositionsparteien, den Bericht III-21 d.B. zu vertagen, fand keine Mehrheit.

Einhellig vertagt wurde die Behandlung des RH-Berichtes III-108 d.B. (Schluss)