Parlamentskorrespondenz Nr. 191 vom 24.03.2010

Hauptausschuss diskutiert über Hilfen für Griechenland

Weitere Themen: Auswärtiger Dienst der EU, Klima, Naher Osten

Wien (PK) – Zweites beherrschendes Thema im heutigen Hauptausschuss war die Frage nach möglichen Hilfen für Griechenland bei der Bewältigung seiner aktuellen Budgetprobleme. Die Abgeordneten schnitten auch den geplanten Auswärtigen Dienst der EU, die Klimaziele und den nahen Osten an.

Faymann: EU muss Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten entwickeln

Bundeskanzler Werner Faymann warnte in der Frage Griechenland vor Populismus. Er erwartete keine Beschlüsse über etwaige Hilfsmaßnahmen innerhalb der EU, weil Griechenland wahrscheinlich keinen Antrag stellen wird, erläuterte er. Den Griechen gehe es in erster Linie um Solidarität.

Griechenland sei aber nur der Anlassfall dazu, sich generell Gedanken darüber zu machen, welche Regulative man in der Eurozone schaffen könne, damit man derartige Probleme in der EU löst und Stabilität in die Eurozone bringt. Es müsse Kontrollmöglichkeiten geben, sagte Faymann, sowie Eingriffsmöglichkeiten. Dazu werde man auch auf die Erfahrungen des Internationalen Währungsfonds zurückgreifen. Er halte es für den richtigen Weg, eine Finanzmarktarchitektur in Europa aufzubauen. Um das in Angriff nehmen zu können, müsse nun analysiert werden, wo Europa jetzt steht.

Leise Kritik am derzeitigen Sparkurs in Griechenland kam von Abgeordnetem Josef Cap (S). Es sei deshalb Vorsicht angebracht, meinte er, weil das rigide Programm der Budgetkonsolidierung den Aufschwung dämpfen könnte. Außerdem sei darauf hingewiesen worden, meinte Cap, dass ein hoher Anteil griechischer Schwarzgelder in der Schweiz liege. Bei aller Notwendigkeit, die Griechen zu unterstützen, sei auf die weitere Unabhängigkeit der Eurozone gegenüber den USA Bedacht zu nehmen und seien strukturelle Veränderungen in Griechenland einzufordern. Sein Klubkollege Kai Jan Krainer (S) wandte sich in seiner Wortmeldung gegen all jene, die eine Hilfe für Griechenland ablehnen. Gegen Griechenland sei massiv spekuliert worden, machte Krainer aufmerksam, und vor solchen Spekulationen innerhalb der Eurozone müsse man die EU-Mitglieder schützen. Außerdem sei es notwendig zu verhindern, dass die Refinanzierung von Volkswirtschaften durch extrem hohe Zinsen erschwert wird.

Verständnis für die Position der Deutschen in dieser Frage zeigte Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V). Man brauche einen Automatismus, wenn sich ein Land nicht an die Spielregeln hält, sagte er. Dennoch befürwortete er eine Hilfe für Griechenland, sollte das Konsolidierungsprogramm vernünftig sein. Kritische Bemerkungen kamen in diesem Zusammenhang von Schüssel aber im Hinblick auf hohe Rüstungsinvestitionen in Griechenland. Auch Abgeordneter Martin Bartenstein (V) hielt es für verfehlt, Griechenland eventuell in den Bankrott schicken zu wollen. Er gab jedoch zu bedenken, dass eine eventuelle Einbeziehung des IWF Auswirkungen auf die Bewertung der Eurozone haben werde. Abgeordnete Ursula Plassnik (V) vermisste in der politischen Diskussion um Griechenland das Wort "Korruption". Sie ortete diesbezüglich viele Missstände in EU-Ländern und sprach sich für Maßnahmen aus, um die Korruption einzudämmen. Diese Maßnahmen müssen jedoch nicht zentral gesteuert sein, hielt sie dabei fest.

Der Europaabgeordnete Andreas Mölzer (F) sprach sich für die Möglichkeit aus, dass sich ein Land selbst aus der Eurozone ausschließt.

Abgeordneter Robert Lugar (B) trat sogar dafür ein, Griechenland eventuell bankrott gehen zu lassen. Das Ganze sei ein Problem der Gläubiger, meinte er, und es sei nicht einzusehen, warum alle dafür zahlen sollen, wenn Banken Staatsanleihen mit hoher Verzinsung und gleichzeitig hohem Risiko zeichnen. Es gehe nicht an, dass alle für die Verluste aufkommen und die Gewinne nur die betreffenden Institute einstreifen. Damit würden all jene, die korrekt handeln, bestraft und all jene, die sich über die Regeln hinwegsetzen, belohnt. Die Auswirkungen des Bankrotts in Griechenland auf den Euro bewertete Lugar als nicht dramatisch, da seiner Meinung nach der Euro ohnehin 20 % überbewertet ist.

In die gleiche Kerbe schlug Abgeordneter Ewald Stadler (B). Er hatte Verständnis für die Proteste der Bevölkerung in Griechenland, da die Probleme nun auf die kleinen Leute abgewälzt werden. Stadler befürchtete, dass Portugal, Italien und Spanien die nächsten Länder sein werden, die große budgetäre Probleme haben. Wenn man die Stabilität in Europa halten wolle, dann müsse man nachdenken, ob Länder nicht auch die Eurozone verlassen können, oder ob man mit Hilfe des IWF Potemkinsche Dörfer weiter aufrecht erhalten will. Das gesamte Konzept Europa scheitere an der Frage, ob man ein Europa wolle, das über einen Kamm geschoren wird, oder ob es nicht besser sei, den Weg eines Kerneuropa zu gehen, wie das BZÖ vorschlage. Die Antwort der Union auf Griechenland sei nun offensichtlich, Einfluss auf nationale Budgetpolitik und Sozialpolitik nehmen zu wollen, die Verursacher der Krise, die Finanzmärkte, wolle man nicht kontrollieren. Ein solcher Weg sei zum Scheitern verurteilt, stellte Stadler fest.  

Wie geht es mit dem Klimaschutz weiter?

Die aktuelle Klimaschutzpolitik wurde im Ausschuss kurz kritisch unter die Lupe genommen. Abgeordnete Christiane Brunner (G) hielt das, was seit Kopenhagen geschehen ist, für unzureichend. Wenn man so weiter mache wie bisher, dann komme es zu einer Reduktion der Emissionen bestenfalls um 2 %, rechnete sie vor und bekräftigte, dass man beim Ziel von 30 % Reduktion unbedingt bleiben müsse. Vor allem müssen Schlupflöcher geschlossen werden, verlangte Brunner.

Darauf räumte der Bundeskanzler ein, dass sich seit Kopenhagen tatsächlich wenig getan habe. Viele Länder wollten sich nicht gemeinsamen Regelungen unterwerfen, erklärte er und stellte fest, man müsse sich Strategien überlegen für den Fall, dass sich manche Länder nicht an Zielsetzungen halten.

Ein Europäischer Auswärtiger Dienst

Bundesminister Michael Spindelegger äußerte sich auch zum Aufbau eines Europäischen Auswärtigen Dienstes. Österreich unterstütze das Projekt eines professionellen Dienstes voll inhaltlich, sagte er. Derzeit liege ein Entwurf der hohen Repräsentantin der Außenpolitik im Hinblick auf die Struktur vor, den er unterstütze. Vorgesehen sei ein/e GeneralsekretärIn, zwei StellvertreterInnen und sechs Generaldirektionen. Dennoch seien noch viele offene Fragen zu klären.

Seiner Ansicht nach könne der Dienst nur dann funktionieren, wenn Bedienstete der Mitgliedstaaten auf allen Ebenen gleichberechtigt mit den BeamtInnen aus Kommission und Sekretariat des Rats zusammenarbeiten können und in diesem Dienst auch zahlenmäßig entsprechend vertreten sind. In Zusammenarbeit mit zehn anderen Staaten habe man in der Frage der geografischen Ausgewogenheit bei der Repräsentation von BeamtInnen aus den Mitgliedstaaten und in der Frage der Ausbildung der DiplomatInnen Fortschritte in den Verhandlungen erzielen können. Wesentlich sei auch die Beibehaltung von Deutsch als Amts- und Arbeitssprache.

Was die Kosten des Dienstes für die Nationalstaaten betrifft, so konnte der Außenminister keine konkreten Zahlen nennen, da man die Synergieeffekte noch nicht abschätzen könne. Spindelegger beantwortete damit Fragen der Abgeordneten Alexander Van der Bellen (G), Christine Muttonen (S), Ursula Plassnik (V) und des Europaabgeordneten Andreas Mölzer (F). Plassnik legt im Hinblick auf den gegenständlichen Dienst Wert darauf, dass dieser vor allem im Krisenmanagement und im Bürgerservice tätig ist. In diesem Sinn hielt sie es für sinnvoll, über ein Rotationsprinzip nachzudenken, da der Wechsel zwischen EU und nationalstaatlicher Ebene den BeamtInnen mehr Bodenhaftung bringen würde.

Kritik an Israels Siedlungspolitik

Der Außenminister ging auch auf die Schwierigkeiten bezüglich des Nahostfriedensprozesses ein. Er hoffte, dass die indirekten Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern wieder in Gang kommen. Die Politik Israels des Siedlungsbaus in Ost-Jerusalem bezeichnete er als einen schweren politischen Fehler. Spindelegger wies darauf hin, dass die EU in der Region als Partner sehr geschätzt werde und man sich sogar wünsche, dass sich die Union noch mehr einbringe. Das Quartett habe in der Vorwoche seine Unterstützung für die Rückkehr der Parteien an den Verhandlungstisch angeboten, berichtete Spindelegger.

Auch Abgeordneter Josef Cap (S) kritisierte den israelischen Regierungschef. Der Siedlungsbau sei inakzeptabel, sagte er, Europa und die USA müssten eine klarere Sprache sprechen. (Schluss)