Parlamentskorrespondenz Nr. 261 vom 15.04.2010

Das Thema Konsumentenschutz im Bereich der Justiz

Justizministerin Bandion-Ortner im Ausschuss für Konsumentenschutz

Wien (PK) – Eine weitere Sitzung des Ausschusses für Konsumentenschutz begann heute mit einer aktuellen Aussprache mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Die Ministerin stellte einleitend zentrale Aspekte des Konsumentenschutzes – als Schutz des Verbrauchers, aber auch des redlichen Unternehmers, des Rechts und des Vertrauens – dar. Es gelte bei dieser Querschnittmaterie einen "ausgewogenen Mittelweg" zu gehen, das Augenmaß zu wahren und teure Überregulierungen zu vermeiden. In Österreich sei der Standard hoch, betonte die Ressortchefin und erinnerte an das Verbraucherkreditgesetz, das gestern den Justizausschuss passiert habe.

Die Mitglieder des Ausschusses brachten Fragen zu einem breiten Spektrum von Themen vor. So sprach Abgeordneter Johann Maier (S) die Entwicklung des europäischen Vertragsrechts an, bei der verschiedentlich eine Reduktion der Schutzfunktion befürchtet werde. Weitere Fragen des Abgeordneten betrafen die so genannte Internetabzocke, deutsche "Abzockanwälte", die Kunden in Österreich unter Druck setzten sowie die Fälschung von Medikamenten und die diesbezüglichen Strafdrohungen. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) schloss daran die Frage an, ob nicht die diesbezügliche Internetwerbung verboten werden könnte.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) relevierte das Thema Verbandsklagen; dazu habe es einen Vorschlag der früheren Justizministerin Karin Gastinger gegeben, meinte sie, seither aber herrsche Stillstand. Moser erinnerte daran, dass dafür wohl nur der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in Frage komme, und dieser sei sozialpartnerschaftlich organisiert. Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) wollte Informationen über den aktuellen Stand der Arbeiten bei Änderungen an den Bestimmungen zum Privatkonkurs. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) fragte nach Entwicklungen im Miet- und Strafrecht und sprach dabei speziell das Thema Kautionen an.

Beim europäischen Vertragsrecht verhalte sich Österreich "zurückhaltend", erfuhr Abgeordneter Maier von der Ministerin, und zwar wegen der unterschiedlichen Standards, etwa bezüglich Gewährleistung. Zunächst gelte es, das Mindestmaß einer "Toolbox" zu erarbeiten, etwa einheitliche Begriffe und Fristen. Gegen Internetabzocke gebe es Gesetze, etwa das E-Commerce-Gesetz, sagte Bandion-Ortner weiter. Wegen der deutschen "Abzock-Anwälte" habe sie an ihre deutsche Amtskollegin geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Arzneimittelfälschung sei als Betrug zu werten, könne aber auch als Körperverletzung gelten, je nach den Folgen.

Das Thema Gruppenklage werde im Herbst intensiver bearbeitet werden, sagte die Justizministerin weiter. Das Thema stehe auch als Auftrag im Regierungsübereinkommen; ein Problem dabei sei, dass für Gruppenklagen eine idente Rechtslage und der gleiche Sachverhalt gegeben sein müssten.

Zur Reform beim Privatkonkurs werde bis Ende des Jahres ein Gesetzentwurf vorliegen, eine Arbeitsgruppe sei damit befasst. Diskutiert werde die Möglichkeit, Schicksalsschläge (wie Krankheit) zu berücksichtigen. Abgeordneter Dolinschek erfuhr von der Ministerin, dass zum Thema Kautionen – einer schwierigen, weil mit vielen Interessen belasteten Frage – bereits Gespräche stattfänden.

In einer zweiten Fragerunde ging es um die Gewinnabschöpfung bei betrügerischer Bereicherung (Abgeordneter Gerhard Deimek, F), die weitere Vorgangsweise in der Arbeitsgruppe zu Werbeanrufen mit Vertragsabschluss (Abgeordnete Petra Bayr, S), die drei wichtigsten Projekte des Justizressorts im laufenden Jahr (Abgeorndete Birgit Schatz, G), Pauschalangebote von billigen Notebooks (Abgeordneter Wolfgang Spadiut, B), Maßnahmen des Justizministeriums für sozial Schwache (Abgeordnete Renate Csörgits, S), Regelungen bezüglich Gebühreneinhebung durch Inkassodienste (Abgeordneter Wolfgang Zanger, F) und strafrechtliche Aspekte bezüglich der Firma Prolactal (Abgeordneter Johann Hell, S).

Bezüglich der Gewinnabschöpfung gebe es, wie Ministerin Bandion-Ortner dem Ausschuss mitteilte, Überlegungen, von netto auf brutto umzusteigen. Einen Zeitplan bezüglich der Frage Werbeanrufe gebe es nicht, erfuhr Abgeordnete Bayr. Als die drei wichtigsten Projekte nannte Bandion-Ortner die Neuregelung bei den Privatkonkursen, die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und das – im Justizausschuss bereits erledigte – Verbraucherkreditgesetz. Bei den von Abgeordnetem Spadiut genannten Notebooks gehe es um Fragen der Gewährleistung. Bezüglich der Inkassokosten gebe es einen Tarif, es liefen aber Verhandlungen, die bisher keine Lösung gebracht hätten. Grundsätzlich sei die Frage im ABGB geregelt. Zum Thema Prolactal stellte die Ministerin fest, dass derzeit in Graz ein Verfahren laufe; sie könne sich daher dazu nicht äußern.

Im Anschluss an die Aktuelle Aussprache nahm der Justizausschuss Anträge von Oppositionsabgeordneten in Verhandlung und fasste dazu -  jeweils auf Antrag der Abgeordneten Gabriele Tamandl (V) – mehrheitlich Vertagungsbeschlüsse.

Grüne gegen "Endlosbindungen"

G-Abgeordnete Birgit Schatz wandte sich in einem Entschließungsantrag gegen lange vertragliche Bindungsfristen, insbesondere bei Mobilfunkbetreibern, und verlangte eine Beschränkung der Bindungsfristen auf längstens 18 Monate bei Verbraucherverträgen.

In der Debatte wiesen die Abgeordneten Gabriele Tamandl (V) und Johann Maier (S) sowie Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner darauf hin, dass generell bereits eine 18-Monate-Frist für vertragliche Bindungen gelte und für den Telekom-Bereich eine entsprechende EU-Richtlinie in den nächsten Monaten umgesetzt werden wird. Bis dahin müsse allerdings der geltende Telekom-Pakt eingehalten werden. 

BZÖ für Schutz bei Vertragsanbahnung durch Telefonkeiler

Das BZÖ griff Beschwerden über lästige Werbeanrufe auf und forderte in einem Initiativantrag gesetzliche Schritte, die sicherstellen sollen, dass Verträge, die im Rahmen unerbetener Werbeanrufe abgeschlossen werden, bis zur schriftlichen Bestätigung durch den Kunden schwebend unwirksam sind. – In dieser Sache sei eine Arbeitsgruppe bereits tätig, erfuhren die Antragsteller von den Abgeordneten Gabriele Tamandl (V) und Johann Maier (S), der überdies darauf aufmerksam, machte, dass eine Lösung des Problems telefonisch abgeschlossener Verträge im Regierungsübereinkommen paktiert sei und sich auch der Nationalrat bereits in diesem Sinne ausgesprochen habe. Tamandl und Maier erklärten den Abgeordneten Bernhard Vock (F) und Sigisbert Dolinschek (B) ihre generelle Bereitschaft zur Ausarbeitung von Fünf-Parteien-Anträgen und zur Berücksichtigung von Oppositionsvorschlägen.   

FPÖ: Aufrechterhaltung des heimischen Verbraucherschutzniveaus

In einem Entschließungsantrag drückte die FPÖ ihre Sorge über die Gefährdung des österreichischen Konsumentenschutzgesetzes aus. Die Europäische Kommission sehe darin nämlich ein Hemmnis für den Binnenmarkt und plane eine Vereinheitlichung der Vorschriften der einzelnen Länder, indem sie eine Vollharmonisierung in diesem Bereich durchsetzen wolle. Die Bundesregierung müsse daher alles daran setzen, um die Beibehaltung des Prinzips der Mindestharmonisierung im Verbraucherschutz zu gewährleisten, forderten die Antragsteller.

In der Debatte bekannte sich Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) zur Vollharmonisierung der Verbraucherschutzbestimmungen in Europa und zugleich zur Erhaltung der hohen österreichischen Konsumentenschutzbestimmungen. (Schluss)