Parlamentskorrespondenz Nr. 282 vom 22.04.2010

FPÖ will Zugang von Arbeitskräften aus dem Osten beschränken

Dringlicher Antrag im Nationalrat

Wien (PK) – In einem von FPÖ-Abgeordnetem Norbert HOFER eingebrachten Antrag, zu dessen dringlicher Behandlung der Nationalrat die Diskussion im Rahmen der Tagesordnung unterbrach, wird die Regierung aufgefordert, "auf europäischer Ebene in Verhandlungen einzutreten", um den Zugang von Arbeitskräften aus den neuen EU-Staaten zu beschränken. Hofer wies in der Begründung des Antrags auf die steigende Arbeitslosigkeit als Folge der Wirtschaftskrise hin und warnte, die Übergangsfristen für die Öffnung des Arbeitsmarktes gegenüber den neuen EU-Mitgliedern aus Osteuropa würden zu einem Zeitpunkt auslaufen, in dem der Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt noch größer werde. Es sei daher legitim, vor diesem Hintergrund eine Ausnahmemaßnahme zu beschließen und in Gesprächen mit den europäischen Partnern zu versuchen, auf die Besonderheit der österreichischen Situation hinzuweisen und eine Fristerstreckung anzustreben. Hofer erinnerte an die große Zahl von Tagespendlern im Burgenland und sprach von einem nach wie vor bestehenden Lohngefälle zwischen Österreich und seinen östlichen Nachbarn. Wenn die Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für Osteuropa am 1. Mai 2011 durchgeführt wird, dann werde "kein Stein mehr auf dem andern bleiben", fürchtete der Redner.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER warf der FPÖ vor, Vertragsbruch auf Kosten Österreichs zu fordern. Ein Abschotten des österreichischen Arbeitsmarktes wäre wirtschaftlich, aber auch politisch der schwerste Schaden, den man dem Land zufügen könne. Der Minister erinnerte daran, dass die österreichische Wirtschaft am stärksten von der Osterweiterung profitiert hatte, und gab zu bedenken, wenn Österreich nun dicht mache, dann wären auch die Arbeitsplätze von 250.000 ÖsterreicherInnen, die im EU-Ausland arbeiten, aber auch zahlreiche heimische Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft in Gefahr.

Wichtig sei es vielmehr, auf jene Probleme einzugehen, die mit dem in der Zeit der FP-Regierungsbeteiligung abgeschlossenen Vertrag und seinen Klauseln verbunden sind, betonte Hundstorfer und sprach das Lohn- und Sozialdumping sowie die Öffnung für Saisonniers an. Mit der Auftraggeberhaftung im Baubereich und der Anmeldung vor Arbeitsbeginn habe die Regierung bereits Antworten gegeben. Nun gelte es, darauf zu achten, dass österreichische Rechtsnormen, insbesondere die Kollektivverträge, eingehalten werden. Im Übrigen würdigte Hundstorfer den Stellenwert ausländischer Arbeitskräfte für die österreichische Wirtschaft, hob deren Rolle im Pflegebereich hervor und erteilte jeglicher Stimmungsmache gegen Ausländer eine klare Absage. Ausländer seien im Sozialsystem Nettozahler, sie leisten 10,7 % aller Beträge, beziehen aber nur 6,2 % aller Leistungen, rechnete der Minister vor.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) erwiderte, Hundstorfer stelle sich als Sozialdemokrat gegen die berechtigten Interessen der ArbeitnehmerInnen. Die Öffnung des Arbeitsmarkts und der dadurch zu erwartende Zustrom ausländischer Arbeitskräfte sei ein Anschlag auf die österreichischen ArbeitnehmerInnen. Der Redner rechnete zudem mit einer Zunahme der Armut als Folge dieser Entwicklung und bezichtigte die Regierungsparteien unter Hinweis auf die hohen Gehälter ihrer Abgeordneten der Arroganz. Neubauer kritisierte in seiner Wortmeldung auch die von der SPÖ geplante Reichensteuer, die seiner Meinung nach nicht geeignet sei, die Armut zu bekämpfen.

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) diagnostizierte europarechtliche Unkenntnis bei der FPÖ und erinnerte die Freiheitlichen daran, dass sie in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung dem Erweiterungsvertrag mit seinen Klauseln zugestimmt hatten. SPÖ, Arbeiterkammer und ÖGB hätten hingegen immer auf die Ausschöpfung der Übergangsfristen gedrängt. Die Regierung habe nunmehr mit der Generalunternehmerhaftung und der Anmeldung vor Arbeitsbeginn Maßnahmen gesetzt, um auf den 1.5.2011 vorbereitet zu sein. Trotzdem dürfe man sich nicht zurücklehnen, gelte es doch, Sozial- und Lohndumping sowie Verstöße gegen heimische Arbeitsrechtsnormen zu bekämpfen. Dies sei jedenfalls wichtiger als die populistischen Forderungen der FPÖ, sagte Muchitsch.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) bezeichnete die FPÖ-Initiative als billige Parteipolitik vor der burgenländischen Landtagswahl und betonte, Österreich habe bei den Übergangsfristen das Maximum ausgeschöpft. Es gehe nicht an, sich zu einer Klausel zu bekennen, sie dann aber nicht einzuhalten. Österreich würde sich in Europa lächerlich machen, käme die Regierung der FPÖ-Forderung nach. Im Übrigen appellierte Wöginger an die Freiheitlichen, sie sollten endlich damit aufhören, "immer die Ausländer für alles verantwortlich zu machen".

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) konfrontierte die Bundesregierung mit der Frage, ob sie die Übergangsfrist bis zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für ArbeitnehmerInnen aus den neuen EU-Mitgliedsländern genützt habe, um sich auf diese Öffnung vorzubereiten und Probleme für die heimischen Arbeitskräfte zu vermeiden. Die Rednerin verneinte diese Frage. Die Regierungen der letzten Jahre seien bei Maßnahmen gegen den Lohn- und Sozialdruck nicht nur säumig gewesen, sondern hätten vielfach Verhältnisse geschaffen, die der Verstärkung des Lohn- und Sozialdumpings Raum gaben – so bei der Postliberalisierung, bei der 24-Stunden-Pflege und im Tourismus. Für die Grünen stehe der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping auf dem Arbeitsmarkt im Vordergrund, bekräftigte Schatz.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) schloss sich den Ausführungen seiner Vorrednerin teilweise an und warnte seinerseits vor einer Verschärfung des Sozial- und Lohndumpings durch die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts. Sein Lösungsvorschlag lautete auf Verhandlungen mit der EU über Mindeststandards in den anderen EU-Ländern, eine Senkung österreichischer Standards komme für ihn nicht in Frage. Als ein besonders gravierendes Problem bezeichnete Dolinschek die Scheinselbstständigkeit. Gegenüber der FPÖ hielt der Redner fest, mit "Ausländer-raus-Parolen" komme man beim Schutz der heimischen ArbeitnehmerInnen nicht aus, vielmehr brauche es eine "green-card-Lösung", weil es für Österreich notwendig sei, Fachkräfte ins Land zu holen, wo Mangel an geeigneten Arbeitskräften herrsche.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) ortete beachtliche soziale Sprengkraft in Folge der Probleme, die die Öffnung des Arbeitsmarktes für MigrantInnen und PendlerInnen aus den neuen EU-Mitgliedsländern mit sich bringen werden. Karlsböck wies auf die enormen Kosten der Arbeitsmigration für den Sozialstaat hin und widersprach der Auffassung, MigrantInnen würden das Sozialsystem durch ihre Beiträge stützen. Weiters machte Karlsböck auf den Abfluss von Kaufkraft in das Ausland durch den Gesundheitstourismus aufmerksam. 200 Mio. € verliere die österreichische Wirtschaft durch Menschen, die sich im angrenzenden Ausland mit Hörgeräten, Zahnbehandlungen und Prothesen versorgten. Der Sozialminister sei gefragt, um dieses Problem durch kostengünstige Angebote für österreichische PatientInnen zu lösen.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) warf der FPÖ vor, sich in der Debatte über Arbeitsmarktprobleme auf Polemik zu beschränken und lobte die Bundesregierung für ihre Erfolge bei der Sicherung heimischer Arbeitsplätze. Österreich habe die zweitgeringste Arbeitslosenquote in der EU, aber dennoch nur ein Budgetdefizit, das halb so hoch sei wie im Durchschnitt der EU-Länder. Besonders stolz zeigte sich die Rednerin darüber, dass Österreich zu den ersten Ländern zähle, die mit steigender Beschäftigung aus der Krise kommen. Die FPÖ hingegen habe die verfehlte Arbeitsmarktpolitik sowie Pensionskürzungen aus der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung zu verantworten. Silhavy wies die fremdenfeindlichen Äußerungen der FPÖ entschieden zurück, diese schadeten auch der österreichischen Tourismuswirtschaft.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) erinnerte daran, dass sich die österreichischen ArbeitgeberInnen in der Zeit der Hochkonjunktur eine raschere Öffnung des Arbeitsmarktes gewünscht haben, man sich aber innerhalb der Sozialpartnerschaft auf eine schrittweise Öffnung geeinigt habe, die aus heutiger Sicht gut funktioniert habe. Gegenüber der Forderung der FPÖ gab Bartenstein Vorrednern recht, die darauf hinwiesen, dass Verhandlungen über eine Verlängerung der Übergangsregelungen mit der EU gar nicht möglich wären, weil etwa Ungarn, Tschechen, Slowaken und Slowenen dies als Diskriminierung werten würden. Das Problem der Scheinselbstständigkeit sei wichtig, räumte Bartenstein ein, erinnerte aber an die Einrichtung der KIAB, die mittlerweile nahezu alle großen Baustellen kontrolliere. Österreich sei beim Kampf gegen das Lohndumping gut aufgestellt – der Dringliche Antrag der FPÖ sei ein "politischer Rohrkrepierer", schloss Bartenstein.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) mahnte Vertragstreue Österreichs gegenüber der EU ein und warnte davor, völkerrechtliche Verpflichtungen nicht einzuhalten. Die Grünen seien für eine großzügigere Öffnung des Arbeitsmarktes eingetreten, erinnerte der Abgeordnete, machte aber zugleich darauf aufmerksam, dass sich die Grünen stets für geordnete Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt haben. Trotz Übergangsregelung seien in den letzten Jahren viele Arbeitsverhältnisse für Zuwanderer geschaffen worden, in Form von Saisonier-Verträgen, durch Beschäftigung von Au-Pairs und auch in Form rechtlich bedenklicher Limited-Gesellschaften, die mit der österreichischen Rechtsordnung kaum vereinbar seien. Die Grünen treten für Ordnung auf dem heimischen Arbeitsmarkt ein und verlangen von der Regierung, sich in der EU für Mindestlohnregelungen zu engagieren.

Der Vorwurf des Abgeordneten Öllinger, in FPÖ-Firmen seien Schwarzarbeiter beschäftigt worden, veranlasste F-Abgeordneten Norbert HOFER, sich in einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung an die vorsitzende Nationalratspräsidentin mit der Bitte zu wenden, diesen Vorfall in der nächsten Sitzung der Präsidialkonferenz zu thematisieren, was ihm Präsidentin PRAMMER zusagte.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) zitierte Abgeordneten Cap, der richtigerweise sagte, es gelte "zuerst an Österreich zu denken". Daher seien bei der EU-Osterweiterungen Übergangsregelungen für die Öffnung des Arbeitsmarktes ausverhandelt worden. Man habe damals klar gesehen, dass es noch viele Jahre brauchen werde, bis die enormen Unterschiede beim Lohnniveau und bei den Sozialstandards zwischen Österreich und den neuen EU-Mitgliedern verschwunden sein werden. Es sei eine Aufgabe der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass sich diese Unterschiede verringern, sagte die Abgeordnete und hielt es für notwendig, mit der EU in Verhandlungen über Mindeststandards auf dem Arbeitsmarkt einzutreten, um zu verhindern, dass österreichische Standards gesenkt werden müssen. Das BZÖ setze darüber hinaus auf Ausbildung und Qualifikation der Jugend, um die Zahl jener Fachkräfte, die aus dem Ausland geholt werden müssen, möglichst gering zu halten. Haubner sagte ja zur Freiheit in der EU, warnte aber davor, die Augen vor Schwierigkeiten auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu verschließen.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) verteidigte das Verlangen der FPÖ auf Verhandlungen mit der EU über weitere Übergangsregelungen auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Es müsse in einem Rechtsstaat möglich sein, Verhandlungspotentiale zu nutzen und zu versuchen, Probleme durch Verhandlungen zu lösen.

Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) unterstrich den nachdrücklichen Einsatz seiner Fraktion für eine vernünftige Balance zwischen Regulierung und Öffnung des Arbeitsmarkts. Dem Sozialdumping sagte der Gewerkschafter den Kampf an und machte kritisch darauf aufmerksam, dass es die gegenwärtige Rechtslage zulasse, einen ukrainischen Matrosen über eine zypriotische Leiharbeitsfirma in einem österreichischen Unternehmen mit Sitz in der Slowakei zu beschäftigen, was dazu führe, dass Österreich weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge erhalte. Und einmal mehr plädierte Haberzettl dafür, die Anstrengungen zu erhöhen, heimische Arbeitskräfte durch Weiterbildung zu fördern.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) meinte, das Thema sei zu ernst, um es parteipolitischer Polemik zu überlassen. Im Übrigen habe gerade das Burgenland von der Entwicklung profitiert. Seit 1995 wurden zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen, daher brauche man keine Angst vor einer "Überflutung" durch ausländische Arbeitskräfte zu haben. Die Regierung mache die richtige Beschäftigungspolitik, die Polemik der FPÖ verfange daher nicht.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) erklärte, die von der FPÖ genannten Zahlen seien schlicht falsch, was anhand der Ausführungen zur Sozialhilfe und zu den Löhnen illustrierbar sei. Es zeige sich vielmehr, dass Tschechien, die Slowakei und Slowenien einen bemerkenswerten Aufholprozess durchlaufen hätten, sodass die von der FPÖ befürchteten Szenarien ohnehin unrealistisch seien. Zudem erinnerte der Redner daran, dass mehr ÖsterreicherInnen in Slowenien als SlowenInnen in Österreich arbeiteten. Die Abschottungspolitik der FPÖ mache daher keinen Sinn.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) fragte, ob der Minister glaube, dass die 400.000 österreichischen Arbeitslosen sich darüber freuten, dass man in Ungarn Arbeiter anwerbe. Die Krise bedinge einen neuen Blick auf die Dinge, es liege im Interesse der Bürger, hier der zügellosen Zuwanderung von Arbeitskräften auf den heimischen Arbeitsmarkt zu unterbinden. Man sollte also nachverhandeln, um festzustellen, ob man für Österreich nicht ein besseres Ergebnis erzielen könne.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) meinte, es sei evident, dass seine Fraktion recht hätte. Die Krise stelle eine gravierende Änderung der Umstände dar, daher müsse man die Verträge neu verhandeln. Man müsse verhindern, dass in einem Jahr ein "Tsunami" an Billigstarbeitskräften über Österreich hereinbreche, und daher gelte es jetzt zu handeln.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) bilanzierte, dieser Tagesordnungspunkt habe sich als Nachhilfestunde für die FPÖ entpuppt. In einem gemeinsamen Europa könne man sich nicht einfach abschotten, eine solche Handlung bliebe nicht ohne negative Auswirkungen für das Land. Mit der Strategie der FPÖ würde man Österreich in die Armut führen, warnte die Rednerin. Eine gesamteuropäische ökosoziale Marktwirtschaft sei hingegen die Zukunft, so die Abgeordnete.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) fragte, weshalb man die Fristen dann vor zwei Jahren verlängert habe, wo es dem Arbeitsmarkt damals viel besser gegangen sei. In dieser außergewöhnlichen Situation seien außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich, und diese gelte es zu setzen.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER erklärte, man habe die Frist verlängert, weil man jene Aspekte, welche die FPÖ in ihrer Regierungszeit nicht gelöst habe, noch habe lösen müssen, ab 2011 aber sei die Rechtslage klargestellt, weshalb es dann der genannten Fristen nicht mehr bedürfe.

Der Antrag wurde abgelehnt.

Kurze Debatte über eine Anfragebeantwortung der Justizministerin

Im Anschluss an die Debatte über den Dringlichen Antrag der FPÖ gab es eine kurze Debatte um die Beantwortung einer FPÖ- Anfrage an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) erläuterte die Hintergründe der in Rede stehenden Kurzdebatte. Er sei in größter Sorge um den heimischen Rechtsstaat und habe konkrete Fälle angesprochen, die diese Sorge begründeten. Die Ministerin habe in ihrer Beantwortung von haltlosen Gerüchten gesprochen, doch belege das umfangreiche Kompendium, welches er der Anfrage beigelegt habe, eindrucksvoll, dass hier ein reales Problem bestehe. Dieses dürfe nicht unter den Teppich gekehrt werden. Der Redner wiederholte mündlich einige Teile der gestellten Anfrage und begehrte von der Ministerin entsprechende Antworten auf die gestellten Fragen, zumal es sich hierbei um schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Justiz handle.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) meinte, er habe von diesen Anschuldigungen bislang noch nichts gehört. Aus eigener Wahrnehmung könne er einige der aufgeworfenen Kritikpunkte nachvollziehen, doch müsse man festhalten, dass es sich hier um eine umstrittene Einzelperson gehandelt habe, die mittlerweile aus der Justiz ausgeschieden sei. Auch in anderen Fällen könne man über Details diskutieren, in Summe aber könne er die Generalkritik seines Vorredners nicht nachvollziehen und daher auch nicht teilen.

Bundesministerin Claudia BANDION-ORTNER erklärte, Grundlage dieser Anfrage sei ein seit Jahren schwelender Ehestreit, der bereits so ziemlich jede relevante Stelle beschäftigt habe. Es sei richtig, dass es 2006 ein vermutetes Fehlverhalten eines Staatsanwalts in dieser Causa gegeben habe. Dieses sei überprüft worden, doch hätte sich ergeben, dass der Tatbestand des Amtsmissbrauchs nicht erfüllt worden sei. Es sei jedoch keinesfalls angebracht, pauschal Staatsanwälte zu verunglimpfen. Wo Fehlverhalten vermutet würde, gebe es entsprechende Verfahren, in diese einzugreifen stehe ihr jedoch nicht zu. Parteipolitik habe in einem Gerichtsverfahren nichts zu suchen, daher sollten diesbezügliche Zurufe auch unterbleiben.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) sprach von einem "plumpen Skandalisierungsversuch" durch die FPÖ und bedankte sich bei Justizministerin Bandion-Ortner, dass sie klar gegen "politisch motivierte Attacken" auf die unabhängige Justiz Stellung bezogen habe. Bei den Vorwürfen der FPÖ handelt es sich seiner Meinung nach um Unterstellungen, Gerüchte und Behauptungen. Die FPÖ versuche, die Justiz in die politische Arena zu holen und damit in Kauf zu nehmen, dass der Rechtsstaat beschädigt werde, kritisierte er. Schönegger zufolge werden jährlich 600.000 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, dass es dabei zu einzelnen menschlichen Fehlleistungen kommen könne, sei verständlich.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) meinte, natürlich solle man nicht die Justiz in Misskredit bringen, er machte aber geltend, dass Justizministerin Bandion-Ortner die Anfrage unzureichend beantwortet habe. Bezugnehmend auf den in der Anfrage angesprochenen Fall sprach sich Hofer für eine gemeinsame Obsorge für Kinder im Scheidungsfall aus und appellierte an die Ministerin, hier intensive Überzeugungsarbeit bei SkeptikerInnen zu leisten. Eine gemeinsame Obsorge komme letztendlich den Kindern zugute, zeigte er sich überzeugt.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) hielt fest, das Parlament sei ein Kontrollorgan, und wenn es nur den geringsten Anlass zur Vermutung gebe, dass bei der Staatsanwaltschaft etwas nicht korrekt abgelaufen sei, hätten die Abgeordneten die Verpflichtung nachzufragen. Der von der FPÖ angesprochene Fall eines bekannten Rechtsanwalts "stinkt" seiner Ansicht nach tatsächlich, für ihn sind nach wie vor viele Fragen offen. Steinhauser erwarte sich von der Justizministerin, dass sie "nichts unter den Tisch kehrt".

Abgeordneter Ewald Stadler (B) meinte, es sei nicht ganz von der Hand zu weisen, dass in der Staatsanwaltschaft fehlerhaft gearbeitet werde. Er kenne selbst einige Fälle, wo eine "Wunschstaatsanwaltschaft" eine Causa an sich gezogen habe, skizzierte er. Gleichzeitig übte er allerdings heftige Kritik an der Anfrage der FPÖ. Es gehe nicht an, im Nationalrat privateste Angelegenheiten zu diskutieren, ohne dass diese auch nur die geringste politische Implikation hätten, mahnte Stadler, private "Rosenkriege" hätten im Hohen Haus nichts verloren.

(Schluss Dringlicher Antrag/Forts. NR)


Themen