Parlamentskorrespondenz Nr. 284 vom 22.04.2010

Ein bunter Strauß von Anliegen der BürgerInnen

Nationalrat debattiert über Petitionen und Bürgerinitiativen

Wien (PK) – Ein Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen stand in den Abendstunden auf der Tagesordnung des Nationalrats. Abgeordnete Susanne WINTER (F) sprach sich einmal mehr für die Aufwertung des Petitionsausschusses aus. Dem Sammelbericht könne sie nicht zustimmen, da die FPÖ diesen im Ausschuss in drei Fällen nicht zur Kenntnis nehmen konnte, obwohl es sich um verständliche und nachvollziehbare Forderungen der Bevölkerung handle. Die Abgeordnete machte Probleme bei der Formulierung der Petitionen und bei ihrer Umsetzung geltend und wies darauf hin, dass die Petition zur Aufhebung des Berufsverbots für Zivildiener bei der Polizei dem Ausschuss nicht hätte vorgelegt werden dürfen. 

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) bekannte sich zu Bemühungen, den Petitionsausschuss im Sinne eines Ausbaus der direkten Demokratie aufzuwerten. Die BürgerInnen nützten die Möglichkeiten, sich direkt an die Abgeordneten zu wenden immer stärker, sagte sie und berichtete von der erfolgreichen Behandlung von Petitionen, etwa hinsichtlich der Lawinen-und Wildbachverbauung. Eine Bürgerinitiative zeigte die kritische Haltung der Menschen gegenüber der Vorratsdatenspeicherung, die eine vorsichtige und grundrechtschonende Umsetzung der diesbezüglichen EU-Richtlinie nahelege, sagte die Abgeordnete.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) hielt die Vorgehensweise des Petitionsausschusses bei der Behandlung von BürgerInnenanliegen für dringend reformbedürftig und drängte darauf, Petitionen und Bürgerinitiativen in den jeweiligen Fachausschüssen zu behandeln, wenn dort bereits eine Regierungsvorlage zum jeweiligen Thema vorliege. Die Petition für gentechnikfreie Futtermittel etwa hätte im Landwirtschaftsausschuss behandelt werden müssen, dasselbe gelte für eine Bürgerinitiative zum Thema Vorratsdatenspeicherung.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) stimmte ihren Vorrednern dahingehend zu, dass Petitionen und Bürgerinitiativen wichtige Elemente der direkten Demokratie seien und besprach neue Wege, die der Ausschuss bei der Behandlung seiner Vorlagen gehe, positiv. Die Stellungnahmen der Ressorts, und neuerdings auch anderer Einrichtungen, werden im Ausschuss sorgfältig debattiert und die Vorlagen im Falle einer zufriedenstellenden Erledigung auch plenumsreif gemacht. Die Frage der Kennzeichnung gentechnikfreier Futtermittel sei intensiv debattiert worden, sagte die Rednerin und wies auf die Produktion hochwertiger Eiweißfuttermittel als Nebenprodukt der Bioethanolproduktion in Pischelsdorf hin.

Abgeordneter Leopold MAYERHOFER (F) hielt es für eine "verunglückte Idee", Zivildiener zum Polizeidienst zuzulassen, da diese sich gegen den Dienst mit der Waffe in der Hand ausgesprochen haben. Der Redner klagte über mangelnde Wertschätzung der Polizisten, die einen schwierigen Beruf ausüben und oft auf die Unterstützung durch die Parteien -  mit Ausnahme der FPÖ - verzichten müssten.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) wies die Behauptung zurück, nur die FPÖ stehe hinter den Polizisten und reklamierte auch für ihre Fraktion, hinter der Polizei zu stehen und sich für deren entsprechende Ausrüstung einzusetzen. Die Abgeordnete lobte die konstruktive Arbeit im Petitionsausschuss, in dem es nur selten zur Vertagung von Vorlagen komme. Mehr Übereinstimmung wäre aber wünschenswert, wenn es darum gehe, Petitionen den zuständigen Fachausschüssen zuzuweisen, vor allem dann, wenn die jeweilige Materie dort gerade behandelt werde. Der Ausschuss sollte auch künftig von der Möglichkeit Gebrauch machen, ExpertInnen zu spezifischen Themen anzuhören.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) wies auf die großen Leistungen der Zivildiener für das österreichische Sozialsystem hin und hielt es nicht für angebracht, Zivildiener länger vom Polizeidienst auszuschließen. Eine Gleichstellung des Zivildienstes mit dem Wehrdienst hinsichtlich der Dauer und zur Herstellung der freien Berufswahl nach dem Zivildienst werde nicht zu verhindern sein, zeigte sich die Rednerin überzeugt.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) sah den großen Vorteil des Petitionsausschuss darin, sich mit der ganzen Breite der BürgerInnenanliegen auseinandersetzen zu können. Dabei zeige die Erfahrung, dass der Ausschuss mehr sei als eine "Poststelle" zur Entgegennahme von Petitionen und Bürgerinitiativen. Den Zivildienst bezeichnete der Redner als eine große gesellschaftspolitische Errungenschaft der siebziger Jahre. Einen Widerruf des Zivildienstes und ein Nachholen des Präsenzdienstes lehnte der Redner als möglicherweise menschrechtswidrig ab. Weninger bekannte sich zur Weiterentwicklung des Zivildienstes, warnte aber vor jeder Anlassgesetzgebung.

Abgeordneter Gerhard KURZMANN (F) sah sich angesichts der Forderung, die Parteienförderung zu kürzen, wenn diskriminierende Äußerungen im Wahlkampf verwendet würden, veranlasst, jede Zensur abzulehnen und den hohen Wert der freien Meinungsäußerung zu unterstreichen.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) stellte außer Frage, dass Österreich sowohl das Bundesheer, als auch den Zivildienst brauche und bekannte sich zur einer sorgfältigen Weiterentwicklung des Zivildienstes, die weder dem Sozialsystem, noch der Sicherheit des Landes schade. Besorgt zeigte sich der Abgeordnete über die Zunahme untauglicher junger Männer.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) unterstrich das Anliegen von BürgerInnen in Paudorf, einen weiteren Schotterabbau in ihrer Gemeinde zu verhindern und forderte die anderen Abgeordneten, insbesondere VP-Abgeordnete Höllerer, dazu auf, dieses Interesse ernst zu nehmen.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) wollte Zivildienern, die ihre Entscheidung als einen Fehler erkennen, die Möglichkeit geben, das Bundesheer nachzuholen und damit die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Polizei zu schaffen. Auch Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, beim Bundesheer die Grundausbildung zu absolvieren, ehe sie in den Polizeidienst aufgenommen werden können, meinte Hagen. Zivildiener sollen die Option haben, ihre möglicherweise falsche Entscheidung zu revidieren und den Präsenzdienst nachträglich zu absolvieren.  

Abgeordneter Maximilian LINDER (o.F.) schloss sich der Forderung Pirklhubers an, Petitionen und Bürgerinitiativen Fachausschüssen zuweisen zu können. Inhaltlich auf eine Petition zum Thema Wildbachverbauung eingehend, klagte der Redner über sinkende Förderungen von Seiten des Bundes und machte darauf aufmerksam, dass viele Gemeinden deswegen auf die Umsetzung wichtiger Schutzprojekte verzichten müssten.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) schloss sich der Forderung nach Aufwertung des Petitionsausschusses und nach Verbesserung seines Verfahrens an, würdigte aber zugleich die Arbeit des Ausschusses, der sich aufgrund der Stellungnahmen aus den Ressorts jeweils ein gutes Bild über die Probleme machen könne, die von den BürgerInnen angesprochen werden. Bürgerinitiativen würden von den Abgeordneten sehr ernst genommen, bekräftigte die Abgeordnete.

Abgeordneter Jochen PACK (V) sah im Zivildienst einen Wehrersatzdienst für Menschen, die den Einsatz von Waffengewalt ablehnen. Die Polizei sei aber ein nach militärischen Prinzipien organisierter ziviler Wachkörper, hielt der Redner fest. Argumente für und gegen Änderungen im Zivildienstgesetz seien sorgfältig abzuwägen, riet der Abgeordnete.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) wandte sich gegen die Vorstellung, Gen-Soja und gentechnikfreies Soja könnten ohne Probleme nebeneiander angebaut werden und wandte sich entschieden gegen die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft. Für notwendig hielt der Redner auch ein Importverbot für gentechnisch verändertes Futtermittel. Huber warnte vor toxischen Aminosäuren in gentechnisch veränderten Futtermitteln.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) sagte, mit diesem Sammelbericht werde der Wunsch nach Einbeziehung der Anliegen der Bürgerinnen und Bürger klar zum Ausdruck gebracht. Die Bedeutung dieser Anliegen werde auch durch die intensive Auseinandersetzung mit den diversen Dokumenten unterstrichen.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) verwies darauf, dass der VfGH festgestellt habe, dass es vorstellbar sei, eine Norm zu erlassen, wonach die Wahlkampfkostenrückerstattung unterbleiben könne, wenn die wahlwerbende Gruppierung rassistisches oder ähnlich rechtsextremes Gedankengut verbreitet hat. Sodann ging die Rednerin auf einzelne Bürgerinitiativen ein. Generell sollten die Menschen motiviert und ermutigt werden, Anliegen an das Parlament heranzutragen.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) meinte, der Bericht zeige, wie wichtig dem Nationalrat die Bürgerinitiativen und Petitionen seien, was sich auch an der Rednerliste ablesen lasse. Auch diese Rednerin ging sodann auf konkrete Teilaspekte des Berichts ein.

Abgeordneter Johann HELL (S) erklärte, Petitionen und Bürgerinitiativen lägen ja oft Hilferufe der Bevölkerung zugrunde, die glauben, sich nicht mehr anders Gehör verschaffen zu können, und umso wichtiger sei es daher, diesen Punkten besonderes Augenmerk zu schenken.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) setzte sich mit der Wildbach- und Lawinenverbauung auseinander und votierte für entsprechende Schutzbauten im Interesse der jeweiligen Anrainer.

Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) zeigte sich erfreut über die Neugestaltung des Ausschusses, da dies noch mehr als bislang zum Ausdruck bringe, welchen Stellenwert das Parlament den Anliegen der Bevölkerung einräume. Wie seine Vorredner setzte sich dann auch Lipitsch mit einzelnen Aspekten des Sammelberichts auseinander.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) ging auf eine Petition aus seiner Heimatgemeinde ein. In dieser werde ein Thema behandelt, das vielen Menschen unter den Nägeln brenne, und umso erfreulicher sei es, diese Problematik nun auf breiter Ebene diskutieren zu können.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Schluss Petitionen/Forts. NR)