Parlamentskorrespondenz Nr. 348 vom 11.05.2010

Wirtschaftsausschuss nimmt Strom- und Gaspreise ins Visier

Mitterlehner kündigt mehr Transparenz bei Ökostromzuschlägen an

Wien (PK) – Die Tarife bei Strom und Gas im Gefolge der Preisliberalisierung sowie die Preisverrechnung bei Ökostrom standen heute im Mittelpunkt einer Debatte im Wirtschaftsausschuss. Ausgangspunkt war dabei zunächst ein Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch die Energieversorgungsunternehmungen, der zu dem Schluss kam, dass diese Aufschläge möglicherweise nicht durch Mehrkosten gedeckt sind, jedoch weit unter dem von den Medien kolportierten Betrag von 77 Mill. € für das Jahr 2008 liegen.

Die Abgeordneten Alois Gradauer (F), Rainer Widmann (B) und Christiane Brunner (G) reagierten durchwegs verärgert auf die Ökostromaufschläge und forderten eine gesetzliche Regelung, um eine exakte, transparente und nachvollziehbare Preisverrechnung sicherzustellen. Abgeordneter Christoph Matznetter (S) brachte die allgemeine Einschätzung mit den Worten auf den Punkt, die KundInnen seien trotz der Liberalisierung nach wie vor den Anbietern ausgeliefert.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner bezeichnete die Situation als unbefriedigend, meinte aber, im konkreten Fall würden keinerlei Gesetzesverstöße vorliegen. Die Risikoaufschläge erklärte der Ressortchef mit Unsicherheiten in der Prognose, etwa über das zu erwartende Energieaufkommen. Im Rahmen der kommenden Novelle des Ökostromgesetzes werde aber eine Verpflichtung zur exakten, transparenten Darstellung der Kosten verankert werden, kündigte er an. Verbesserungen für die KonsumentInnen in dieser Richtung erwartete er sich auch von der Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets.

Energie-Control für mehr Wettbewerb unter EVUs

Das Thema der Strom- und Gaspreise wurde auch anlässlich der Debatte über den Tätigkeitsbericht 2009 der Energie-Control angesprochen, wobei die Abgeordneten vor allem spürbare positive Auswirkungen der Preisliberalisierung auf die KonsumentInnen vermissten. So sprach etwa Abgeordneter Alois Gradauer (F) von einer Entwicklung, die von sinkenden Großhandelspreisen bei gleichzeitigen Preissteigerungen für die KleinkundInnen und Haushalte gekennzeichnet ist, und stellte resümierend fest, das Gerede von der Liberalisierung seien nur schöne Worte.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) forderte einen Ausbau des Wettbewerbs und die Schaffung von Transparenz mit dem Ziel von günstigeren Strompreisen für die KonsumentInnen und trat überdies mit Nachdruck für Gesetzesänderungen ein, die einen rascheren Anbieterwechsel ermöglichen.

Abgeordneter Franz Riepl (S) übte Kritik an der Preispolitik der Verbund-Gesellschaft und stellte fest, die Erhöhung der Tarife nach einer erfolgreichen KundInnenakquirierung habe bei vielen Haushalten zu dem Gefühl geführt, "dass man bei der Liberalisierung sowieso immer abgezockt wird".

Abgeordnete Christiane Brunner (G) drängte auf die Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets, während Abgeordneter Gerhard Deimek (F) die Forderung nach Wiedereinführung des Preisregulativs in den Raum stellte.

Walter Boltz (Geschäftsführer der Energie-Control) erinnerte grundsätzlich, man habe die Liberalisierung der Energiepreise in der Annahme vorgenommen, dass der Wettbewerb einen fairen Preis schaffen werde. In einer ersten Phase hätten die KundInnen tatsächlich davon profitiert, ein Teil der Kostensenkungen sei jedoch durch Steuererhöhungen kompensiert worden. Derzeit habe die Energie-Control kaum Eingriffsmöglichkeiten auf die Preisgestaltung. Dies werde sich aber nach der Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets ändern, zumal die Regulierungsbehörde dann zusätzliche Kompetenzen wie das Monitoring erhält, kündigte Boltz an und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass seine Behörde auf diesem Wege Verbesserungen für die KonsumentInnen durchsetzen werde können. Zur Energiepreissituation in Österreich merkte Boltz grundsätzlich an, viele der Preisentscheidungen würden nicht in privatwirtschaftlichen Unternehmen, sondern in Unternehmungen fallen, die sich zu einem gewissen Teil auch im Eigentum der Öffentlichen Hand befinden. Auf Grund der Verflechtung der EVUs könne sich in Österreich kein wirklicher Wettbewerb entwickeln.

Was den Anbieterwechsel betrifft verwies Boltz auf relativ lange Fristen in Österreich. Die Binnenmarkt-Richtlinie schreibe aber verbindlich eine Frist von maximal 3 Wochen vor, so dass die Umsetzung auch auf diesem Gebiet Verbesserungen für die KonsumentInnen bringen werde. Vorteile für die Haushalte durch das Binnenmarktpaket erwartete sich Boltz auch bezüglich Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Strom- und Gasrechnungen, warnte aber, die Abrechnungen würden nie so gestaltet werden können, "dass sich jeder Kunde auskennt".

Verständnis zeigte Boltz für die Irritation der Abgeordneten über die Strompreispolitik der Verbund-Gesellschaft, schränkte aber ein, der Verbund zähle nach wie vor zu den günstigsten Stromlieferanten. Eine Lösung könne nur in einem Mehr an Wettbewerb und in den damit verbundenen Wahlmöglichkeiten für die Kunden liegen, meinte Boltz und sprach sich gegen neuerliche Preisregulierungen aus.

Bundesminister Reinhold Mitterlehner kündigte eine Beschleunigung des Anbieterwechsels im Rahmen des 3. Binnenmarktpakets an. Im Juni werden die entsprechenden Bestimmungen in Begutachtung gehen, die Umsetzung werde dann innerhalb der Frist von 18 Monaten erfolgen. Insgesamt trat auch Mitterlehner für mehr Wettbewerb ein und erteilte Forderungen nach Wiedereinführung der Preisregulierung eine klare Absage. Das System der Liberalisierung habe sich an sich bewährt. Sozial kalkulierte Preise werde es am Markt aber nicht geben, Aufgabe des Gesetzgebers könne es nur sein, für den entsprechenden Wettbewerb zu sorgen. Allgemein rechnete der Ressortchef damit, dass sich die österreichischen Energiepreise in Richtung des europäischen Durchschnitts bewegen werden.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde mit S-V-F-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Den Tätigkeitsbericht der Energie-Control genehmigte der Ausschuss mit S-V-G-B-Mehrheit. 

Schwellenwerte beim Bund: Mitterlehner für Verordnungsverlängerung

Auf der Tagesordnung stand weiters der Tätigkeitsbericht 2009 des Bundesvergabeamts, den der Ausschuss ebenfalls mit S-V-G-B-Mehrheit zur Kenntnis nahm. Zu der in der Debatte von den Abgeordneten Hubert Kuzdas (S), Ruperta Lichtenecker (G) und Bernhard Themessl (F) angesprochenen Erhöhung der Schwellenwerte auf 100.000 € durch eine befristete Verordnung teilte Bundesminister Reinhold Mitterlehner mit, diese Maßnahme diene der Belebung der Wirtschaft und habe Vorzieheffekte von insgesamt 400 Mill. € ausgelöst. Derzeit werde geprüft, inwieweit eine Verlängerung der Verordnung stattfinden könne. Maßgeblich sei dabei das Vorgehen der anderen EU-Länder. Wenn Deutschland seine Verordnung verlängert, werde sich jedenfalls auch Österreich anschließen, kündigte Mitterlehner an. (Forts.)


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