Parlamentskorrespondenz Nr. 363 vom 18.05.2010

Vorlagen: Bildung

Schulen für Berufstätige stellen auf modulares System um

Mehr Flexibilität, individuellere Gestaltungsmöglichkeiten und damit eine bessere Anpassung an die gesellschaftlichen und pädagogischen Ansprüche an das Bildungswesen für Berufstätige, das ist das Ziel der Novelle zum Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige (654 d.B.), die Bundesministerin Claudia Schmied kürzlich dem Parlament vorgelegt hat. Die Umstellung auf das Modulsystem soll es den betreffenden Personen erleichtern, ihr Studium mit Beruf und Familie zu vereinbaren.

Der gewählte Bildungsgang kann in Zukunft in unterschiedlichen Abläufen und Zeiträumen absolviert werden. Studierende haben die Möglichkeit, vom Lehrplan abweichende Module zu wählen, wenn diese angeboten werden. Bereits erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten werden bei entsprechendem Nachweis angerechnet. Da nicht alle Module an allen Schulen in einem Halbjahr geführt werden können, können einzelne Module auch an anderen Schulen absolviert werden. Die SchulleiterInnen haben jene Module festzulegen, die auf Vorkenntnissen aufbauen.

Vielfältiger sind im Entwurf auch die Wege gestaltet, wenn ein Modul im ersten Anlauf nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Ein verpflichtendes Wiederholen eines Moduls ist nicht vorgesehen, dennoch darf man es ein zweites Mal besuchen. Ein Modul kann auch durch ein Kolloquium, für das zwei Wiederholungsmöglichkeiten vorgesehen sind, abgeschlossen werden. Ein zweiter Besuch eines Moduls schränkt jedoch die Wiederholung von Kolloquien ein. Studierende können auf Antrag auch ohne vorherigen Besuch eines Moduls eine Modulprüfung ablegen, für diese ist aber keine Wiederholungsmöglichkeit vorgesehen. Die Wiederholung von Schulstufen wird damit obsolet. Der Studienerfolg misst sich künftig nicht am Semester, sondern an der Gesamtstudiendauer der Ausbildung.

Die gegenständliche Regierungsvorlage enthält weitere organisatorische Anpassungen an das Modulsystem, wie Aufnahme als ordentliche und außerordentliche Studierende und Zeugnisse. Die Aufgaben der LehrerInnen, der Klassenvorstände, insbesondere der StudienkoordinatorInnen, werden ebenfalls an das Modulsystem angepasst.

Für jene Personen, die das Realgymnasium für Berufstätige an der Theresianischen Militärakademie besuchen, gelten die Bestimmungen, vor allem hinsichtlich der Wahlmöglichkeiten, nur eingeschränkt, da sie in einem Dienstverhältnis zum Bund stehen und für das Studium freigestellt werden.

Anpassungen im Bildungsdokumentationsgesetz

Im Zuge der Umstellung der Schulen für Berufstätige auf ein Modulsystem (siehe Regierungsvorlage 654 d.B. zur Änderung des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige) muss auch das Bildungsdokumentationsgesetz novelliert werden (655 d.B.). Daten, die sich etwa auf das Schuljahr, die Schulstufe, die Berechtigung zum Aufsteigen und die Wiederholungsprüfungen beziehen, sind mit der diesbezüglichen Struktur nicht in Einklang zu bringen, weshalb die betreffenden Bestimmungen angepasst werden müssen.

Darüber hinaus soll analog zu den Universitäten ein Datenverband der Pädagogischen Hochschulen geschaffen werden. Dieser dient etwa der ordnungsgemäßen Vergabe von Matrikelnummern und der Vermeidung der Zulassung von Studierenden für dasselbe Studium an mehreren Universitäten. Der Datenverband führt damit zu Erleichterungen für die Administration.

Die Neuerungen im Gesetz nehmen auch auf die Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes Bezug, da man gemäß Eingetragene Partnerschaft-Gesetz nun auch den Nachnamen des eingetragenen Partners führen darf.

Pädagogische Hochschulen: Studienausweise mit mehrfacher Funktion

Studienausweise an Pädagogischen Hochschulen ("PH-Card") sollen laut Entwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes (676 d.B.) neben ihrer Ausweisfunktion auch weitere Daten abrufbar haben können, jedoch nur mit Zustimmung der Studierenden. Als zusätzliche Informationen kommen etwa die Anmeldung zu Prüfungen, der Abruf von Prüfungsergebnissen oder der Ausdruck von Lehrveranstaltungszeugnissen in Betracht. Im privatwirtschaftlichen Bereich ist unter anderem die elektronische Geldbörse für Kopiergeräte und Mensen angedacht.

AbsolventInnen von Lehramtsstudien vor Inkrafttreten des Hochschulgesetzes 2005 wird die Möglichkeit eingeräumt, durch Absolvierung von berufsbegleitenden Ergänzungsstudien den akademischen Grad "Bachelor of Education, BEd" zu erwerben. Als "Diplompädagoge" hat man derzeit nicht die selben Berechtigungen beim Zugang zu einschlägigen Masterstudien. Weiters sieht die Novelle eine Ausweitung der Anrechnungsbestimmungen im Sinne einer besseren Durchlässigkeit vor.

Die Nostrifizierung von Zeugnissen ausländischer Lehrerbildungseinrichtungen soll durch das Absolvieren von Ergänzungsprüfungen über österreichspezifische Inhalte ermöglicht werden.

Besonderes Augenmerk wird im Entwurf dem Gender Mainstreaming geschenkt. Darin heißt es, dass die Pädagogischen Hochschulen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Strategie des Gender Mainstreaming anzuwenden und die Ergebnisse im Bereich der Gender Studies und der gendersensiblen Didaktik zu berücksichtigen haben.

LehrerInnen an berufsbildenden Schulen sollen auch in Vorbereitungslehrgängen zur Berufsreifeprüfung unterrichten

LehrerInnen für den fachtheoretischen Unterricht an Berufsschulen sowie an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen können in Zukunft auch als Vortragende in Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung herangezogen werden. Das geht aus dem Entwurf zur Änderung des Berufsreifeprüfungsgesetzes hervor (712 d.B.). Der Gesetzesvorschlag listet in § 8 Abs. 1 genau auf, welche Lehrämter dafür in Frage kommen.

Die Vorlage enthält darüber hinaus die notwendigen terminologischen Anpassungen an die geplante modulare Struktur an den Schulen für Berufstätige (siehe Regierungsvorlage 654 d.B. zur Änderung des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige).

Sprachförderkurse werden verlängert

Die Sprachförderkurse, die derzeit Kindern und Jugendlichen angeboten werden, weil sie wegen mangelnder Kenntnisse der Unterrichtssprache nur als außerordentliche SchülerInnen die Volksschule, Hauptschule oder den Polytechnischen Lehrgang besuchen, sollen ausgeweitet werden. Die entsprechende Regierungsvorlage zur Änderung des Schulorganisationsgesetzes (713 d.B.) liegt seit kurzem dem Nationalrat vor.

Die Sprachförderkurse haben sich laut einem Evaluierungsbericht des Instituts für Höhere Studien bewährt. Es habe sich gezeigt, dass sie die nötigen Kompetenzen vermitteln bzw. festigen, aber auch die soziale Integration der betroffenen SchülerInnen begünstigen, heißt es in den Erläuterungen. Daher sollen die Kurse auch in den Schuljahren 2010/11 und 2011/12 weitergeführt und zusätzlich für SchülerInnen der AHS-Unterstufe angeboten werden. Sollte es notwendig sein, können die SchülerInnen die Sprachförderkurse auch zwei Jahre lang besuchen, bisher waren diese auf ein Jahr befristet.

Die restlichen Änderungen des Schulorganisationsgesetzes beziehen sich auf die Umstellung der Schulen für Berufstätige auf das modulare System (siehe Regierungsvorlage 654 d.B. zur Änderung des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige). Das betrifft unter anderem die Schülerzahlen in einem Modul. Diese soll mit 30 begrenzt sein.

Gesetzliche Grundlage für teilzentrale Reifeprüfung an BHS

Mit BGBl. I Nr. 112/2009 wurde die gesetzliche Grundlage für die Einführung der teilzentralen Reifeprüfung an den AHS ab dem Haupttermin 2014 geschaffen. Ab dem Haupttermin 2015 sollten die berufsbildenden höheren Schulen sowie die Anstalten der Lehrer- und Erzieherbildung folgen. Die vorliegende Novelle zum Schulunterrichtsgesetz (714 d.B.) trägt dem Rechnung, indem sämtliche Bestimmungen für die teilzentrale Matura an allen höheren Schulen nunmehr im 8. Abschnitt des Schulunterrichtsgesetzes zusammengefasst sind. Dabei wird insbesondere bei den Prüfungsgebieten und Aufgabenstellungen auf die Anforderungen der einzelnen Schularten eingegangen.

Geregelt werden Form, Umfang und Aufgaben der abschließenden Prüfungen, die Zusammensetzung der Prüfungskommission und die Prüfungstermine. Um zur Hauptprüfung zugelassen zu werden, müssen die KandidatInnen die letzte Klasse vor dem Antreten zur Klausurprüfung erfolgreich abgeschlossen haben, das heißt, es gibt keine Jahresprüfung mehr. Die Gesetzesvorlage sieht auch Näheres über die Leistungsbeurteilung, die Prüfungszeugnisse und die Möglichkeiten, Prüfungen zu wiederholen und Zusatzprüfungen abzulegen, vor.

Bis zu den Hauptterminen 1014 bzw. 2015 laufen an den entsprechenden Schularten noch Schulversuche.

Die Bildungsministerin nützt die Novelle zum Schulunterrichtsgesetz auch, um die aus dem Jahr 1974 stammenden Bestimmungen über die Approbation von Schulbüchern und Unterrichtsmitteln zu modernisieren. Als zusätzliche Eignungskriterien kommen die Kompetenzorientierung der Schulbücher und Unterrichtsmittel gemäß den Bildungsstandards bzw. den gesetzlichen Grundlagen zu den abschließenden Prüfungen sowie deren Beitrag zur Erlangung von fächerübergreifenden Bildungszielen und Kompetenzen hinzu. Die Materialien sollen auch in der Anschaffung wirtschaftlich und sparsam und für den Einsatz im Unterricht zweckmäßig sein. 

Anpassungen im Schülerbeihilfengesetz an Modulsystem

Das geplante Modulsystem an Schulen für Berufstätige (siehe Regierungsvorlage 654 d.B. zur Änderung des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige) bedingt auch Änderungen im Schülerbeihilfengesetz (715 d.B.). Vor allem betrifft dies die erforderliche Anzahl der Module und die Definition des günstigen Schulerfolgs als Voraussetzung für den Bezug von Schülerbeihilfe. Somit entsprechen Module über Pflichtgegenstände und verbindliche Übungen einer Schulstufe, deren Wochenstunden der durchschnittlichen Gesamtwochenstundenzahl eines Semesters der Ausbildung gleichkommt. Der Nachweis eines günstigen Schulerfolgs erfolgt durch Zeugnisse über Module.

FPÖ drängt auf mehr Schulsport

Schließlich liegt dem Nationalrat ein Entschließungsantrag (1090/A[E]) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F) vor, in dem sich diese für die Ausweitung des Sportunterrichts an den Schulen einsetzt. Sie fordert auch einen umfassenden Bewegungsplan im Rahmen der Nachmittagsbetreuung.


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