Parlamentskorrespondenz Nr. 383 vom 25.05.2010

EU-Arbeitsprogramm zu Migration, Asyl, innere Sicherheit

Wien (PK) - Das Thema Migration und Asyl steht auch in den nächsten Jahren im Mittelpunkt der Initiativen der EU im Bereich Inneres. Das geht aus dem Bericht der Innenministerin über das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010 sowie über das Achtzehnmonatsprogramm des spanischen, belgischen und ungarischen Vorsitzes hervor (III-137 d.B.). Weitere Themen sind Terrorismusbekämpfung, Maßnahmen gegen den Menschenhandel und den Drogenhandel, die Stärkung von FRONTEX sowie eine bessere Zusammenarbeit der Behörden.

Dazu listet der Bericht zahlreiche konkrete Vorhaben von Kommission und Rat auf. Vorrangig betrachtet die Kommission, ein System zur Registrierung der Ein- und Ausreise (Entry/Exit System – EES) zu installieren, um zu verhindern, dass Drittstaatsangehörige, die legal in die Union einreisen, nach der erlaubten Aufenthaltsdauer bleiben oder untertauchen. Darüber hinaus soll ein System registrierter Reisender für Personen mit niedrigem Risikoprofil und ein Verfahren zur Regelung der Einreise und des befristeten Aufenthalts für innerbetrieblich versetzte ArbeitnehmerInnen sowie für Auszubildende entwickelt werden. In diesem Zusammenhang soll auch der Schengener Grenzkodex geändert werden. Ebenfalls sollen Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von SaisonarbeiterInnen entwickelt werden, um diesen Personen mehr Rechtssicherheit zu geben. Besonderes Augenmerk von Kommission und Rat wird auch dem Problem der steigenden Anzahl von Einreisen unbegleiteter Minderjähriger gewidmet.

Der spanische Vorsitz drängt insbesondere darauf, die noch offenen Richtlinienvorschläge aus dem "Strategischen Plan für legale Zuwanderung" prioritär zu behandeln. Die Präsidentschaft möchte ein einheitliches Zulassungs- und Antragsverfahren bei einer Behörde (One-Stop-Shop-Prinzip) schaffen und Arbeitnehmerrechte für legal aufhältige Drittstaatsangehörige festlegen. Österreich steht einzelnen Punkten kritisch gegenüber.

Skepsis zeigt Österreich auch gegenüber der geplanten Inbetriebnahme des Visainformationssystems (VIS). VIS soll Visashopping verhindern und helfen, nicht dokumentierte Personen schneller zu identifizieren, was seitens des Innenministeriums begrüßt wird. Angesichts der mangelnden technischen Umsetzung von SIS II, dem Schengener Informationssystem, sind aber laut vorliegendem Bericht auch hinsichtlich der Umsetzungsarbeiten zu VIS Bedenken angebracht. Österreich steht auf dem Standpunkt, dass SIS II nur dann fortgesetzt werden soll, wenn die definierten Meilensteine eingehalten werden. Andernfalls müsste ehestens an einer Alternativlösung gearbeitet werden. Die Errichtung einer Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht, wird jedoch unterstützt. 

Als nichtlegislative Maßnahmen plant die Kommission einen Aktionsplan zur Umsetzung des Arbeitsprogramms im Bereich Justiz und Inneres für die Jahre 2010 bis 2014, genannt Stockholm Programm, sowie eine Mitteilung über den "Europäischen Pakt" zur legalen Einwanderung, Bekämpfung der illegalen Einwanderung, Stärkung und Wirksamkeit der Grenzkontrollen, Schaffung eines Europas des Asyls und zur Schaffung einer Partnerschaft mit den Herkunfts- und Transitländern. Das Innenministerium merkt dazu an, dass sie den Pakt mit Ausnahme des Konzepts der zirkulären Migration unterstützt. Vorbehalte gibt es auch gegen Pläne zur internen Verteilung von Flüchtlingen. Da Österreich zu den am stärksten belasteten Mitgliedsländern zählt, wird es sich derzeit nicht an einer freiwilligen EU-internen Umverteilung beteiligen. Begrüßt werden aber Initiativen zur verstärkten Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Die Kommission kündigt weiters ein Grünbuch zum Recht auf Familienzusammenführung an.

Als mittelfristiges Vorhaben im Rahmen des Stockholm Programms soll bis 2013 ein Einwanderungskodex der EU erarbeitet werden, der die Regelungen im gesamten Migrationsbereich zusammenführt.

Widerstände gibt es von Seiten Österreichs auch bei der Umsetzung der zweiten Phase eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, wodurch ein gemeinsames Asylverfahren und ein einheitlicher Status für diejenigen geschaffen werden sollen, die internationalen Schutz genießen. Maßnahmen, die die Grundprinzipien des Dublin-Systems aussetzen oder im Rahmen der Verfahren zu Verzögerungen und einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen, werden laut Innenministerium abgelehnt. Eine klare Effizienzsteigerung des Systems wird jedoch von Österreich unterstützt.

Die Kommission strebt auch an, die bestehenden bilateralen Übereinkünfte bezüglich der Übermittlung von Flugdaten durch einen einheitlichen Vertrag zu ersetzen. Im Bereich der Terrorismusbekämpfung will man den Verkauf bestimmter Explosivstoffe und ihrer Vorläuferstoffe einschränken. Gearbeitet wird auch an Maßnahmen, damit Terroristen keinen Zugang zu biologischen, radiologischen und nuklearen (CBRN) Stoffen oder Waffen erhalten.

Im Spätsommer soll eine Mitteilung über die Strategie der inneren Sicherheit vorgelegt werden, die im März vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Geplant ist weiters eine neue Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels.

Verstärkt will man sich auf EU-Ebene der Prävention geschlechtsbezogener Gewalt und der Bekämpfung von Cyberkriminalität und des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet widmen.

Auch die Antikorruptionspolitik steht auf der Agenda. Eine umfassende Mitteilung darüber soll sich mit der Einrichtung eines Evaluierungsmechanismus befassen und Kooperationsmodalitäten mit GRECO (Staatengruppe des Europarats) präsentieren.

Schließlich beschäftigt sich der Bericht mit Katastrophenschutz und mit Maßnahmen, von Menschen verursachte Katastrophen so weit wie möglich zu verhindern. Zur Stärkung der Zusammenarbeit denkt man an die Entwicklung von Katastrophenschutzmodulen als operatives Kernelement des Katastrophenschutzmechanismus. Darüber hinaus soll das Beobachtungs- und Informationszentrum für den Katastrophenschutz (MIC) ausgebaut werden. Das Katastrophenschutzverfahren sowie das Finanzierungsinstrument sollen evaluiert werden. (Schluss)