Parlamentskorrespondenz Nr. 462 vom 10.06.2010

Diskussion um Gesamtschule und Integration behinderter Kinder

Unterrichtsausschuss weist Oppositionsanträge Unterausschuss zu

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung des heutigen Unterrichtsausschusses standen auch zahlreiche Anträge der Opposition, die dem bestehenden Unterausschuss des Unterrichtsausschusses zugewiesen wurden. Die Opposition übte daran teilweise heftige Kritik, da sie befürchtete, die Anträge würden auf diese Weise "abgelegt". Die Regierungsfraktionen begründeten die Vorgangsweise mit dem umfassenden Diskussionsbedarf zu den einzelnen Themen.

Das betraf zunächst den Antrag der FPÖ, in dem diese die Erhaltung von Klein- und Kleinstschulen abgesichert wissen will, indem man auch Schulverbände schafft. In diesem Fall erfolgte die Zuweisung jedoch einstimmig. Die Abgeordneten Nikolaus Prinz (V), Peter Stauber (S) und Christian Faul (S) machten auf die Auswirkungen dieser Forderung, insbesondere auf das Lehrerdienstrecht aufmerksam sowie auf die Zuständigkeit der Länder. Diese Frage müsse mit großer Umsicht und Sensibilität diskutiert werden und dabei dürfe nicht immer die politische Befindlichkeit von BürgermeisterInnen im Vordergrund stehen, sagten sie. Auch Abgeordneter Harald Walser (G) sprach sich dafür aus, in dieser Diskussion die pädagogischen Überlegungen in den Vordergrund zu stellen. Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) begründete die Initiative auch als eine Verwaltungsvereinfachung und Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach von den Kleinschulen als "Nahversorger".

Nur mit S-V-F-Mehrheit erfolgte die Zuweisung der FPÖ-Initiative, für alle Kinder nichtdeutscher Muttersprache den Bezug der Familienbeihilfe und des Kindergelds an den Besuch und den positiven Abschluss von Deutschkursen zu binden.

Diese Forderung lehnte Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) ab. In Anbetracht der großen Zahl armutsgefährdeter Familien sollte man über sinnvolle Sanktionen nachdenken, meinte sie, aber nicht Maßnahmen setzen, die zu größerer Armut führen können. Dem schloss sich Abgeordneter Harald Walser (G) an und forderte, ein System zu errichten, das Chancen eröffnet, wie etwa die Ausweitung der Kindergartenpflicht.

Die Abgeordneten Walter Rosenkranz und Gerhard Kurzmann (beide F) verteidigten ihren Antrag. Das Erlernen der Landessprache sei eine wichtige Voraussetzung für die Integration, betonte Kurzmann. Es habe sich gezeigt, dass gutes Zureden auf Dauer nicht hilft, man werde mehr Druck ausüben müssen. Wenn Eltern sich nicht um das Kind kümmern, dann müsse man alles tun, um vom Kind Schaden abzuwenden, ergänzte Rosenkranz. Die Kürzung der Familienbeihilfe sei bei Familien mit geringen Einkommen eine spürbare Sanktion. Leider gebe es bildungsresistente Schichten, sagte er. Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) meinte, dieses Problem müsse gelöst werden.

Weiters soll die Forderung der Grünen, die Neue Mittelschule in ganz Vorarlberg einzuführen, im Unterausschuss weiterbehandelt werden.

Zugewiesen wurde auch der Antrag der FPÖ, in dem sie kritisiert, dass überproportional viel Geld in den Schulversuch Neue Mittelschule fließt und eine Benachteiligung der AHS sieht. Beide Entscheidungen erfolgten mit S-V-Mehrheit.

Bei der Diskussion über diese Anträge entwickelte sich eine Debatte über die Einführung einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen. Die Abgeordneten Harald Walser (G), Elmar Mayer (S), Kurt Gassner (S) und Josef Auer (S) traten mit aller Vehemenz dafür ein, das gegenwärtige System zugunsten einer Gesamtschule abzuschaffen. Mayer appellierte auch vor dem Hintergrund jüngster Wortmeldungen aus ÖVP-Kreisen, diesen Kraftakt zu wagen und die gemeinsame Schule zu etablieren. Zahlreiche Studien würden untermauern, dass dies der richtige Weg ist.

Dem gegenüber trat Abgeordneter Nikolaus Prinz (V) dafür ein, die Schulversuche abzuwarten. Er plädierte für eine Aufwertung der Hauptschule und forderte eine bessere Leistungsdifferenzierung im gegenwärtigen System. Abgeordnete Anna Franz (V) hielt es für wenig zielführend, AHS zu verpflichten, am Schulversuch teilzunehmen. Auch Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) sprach sich dagegen aus, die traditionsreiche AHS aufzulösen. Er möchte das differenzierte Schulsystem erhalten, zumal die Hauptschule nur in den Ballungsräumen, vor allem in Wien, unter Druck geraten ist. Er erwähnte einige Studien, wonach das Gesamtschulwesen keineswegs positive Ergebnisse erzielt.

Der Unterausschuss soll sich auch mit der Forderung der Grünen, wonach der Lehrberuf Menschen mit Behinderung geöffnet werden soll, sowie mit deren Antrag auf umfassende Inklusion im Bildungssystem befassen. Auch hier stimmten nur SPÖ und ÖVP für die Zuweisung.

Die Abgeordneten waren sich einig, dass hier weitere Schritte gesetzt werden müssen. Abgeordneter Ewald Sacher (S) machte jedoch darauf aufmerksam, dass mit den Forderungen viele Aspekte betroffen sind, wie etwa das Dienstrecht, die Schulorganisation, die schulische Förderung sowie bauliche Maßnahmen. Damit begründete er die Zuweisung an den Unterausschuss. Abgeordneter Elmar Mayer (S) ergänzte, all diese Fragen müssen mit ExpertInnen diskutiert werden. Eine optimale Förderung von SchülerInnen mit besonderen Bedürfnissen würden seiner Meinung nach in einer gemeinsamen Schule am besten gefördert. Auf keinen Fall dürfe man junge Menschen in die Sonderschule abschieben.

Die Befürchtung der Abgeordneten Ursula Haubner, wonach die beiden Anträge, die für die Gleichstellung der Menschen mit Behinderung auf allen Ebenen sehr wichtig seien, "entsorgt" würden, versuchte Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) damit zu entkräften, dass der Unterausschuss der richtige Platz sei, die Fragen intensiv zu diskutieren. Auf keinen Fall dürften Kinder in der Sonderschule "aufbewahrt" werden, bekräftigte er. Abgeordnete Helene Jarmer (G), die die beiden Anträge initiiert hatte, mahnte einen Fahrplan für die Integration der Kinder und Jugendlichen ein.

Das Verlangen des BZÖ nach einheitlicher Ausbildung für Tageseltern wird nach mehrheitlichem Beschluss von SPÖ und ÖVP ebenso Diskussionspunkt im Unterausschuss sein wie der Antrag des BZÖ zur Gleichstellung aller Privatschulen. Die Zuweisung des letzten Antrags erfolgte einstimmig.

Die Abgeordneten Ursula Haubner (B), Harald Walser (G) und Anneliese Kitzmüller (F) unterstrichen die Notwendigkeit einer qualitätsvollen Kinderbetreuung. Ein Rahmengesetz sei deshalb notwendig, weil für die Tageseltern in jedem Bundesland eine andere Ausbildung und eine andere Bezahlung vorgesehen ist, argumentierte Haubner.

Schließlich wurde auch der Antrag, in dem sich das BZÖ für eine alleinigen Kompetenz des Bundes im Schulwesen ausspricht, dem Unterausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP zugewiesen. Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) meinte, bei der Verwaltungsreform sei jetzt die Regierung am Zug und man sollte die Gespräche abwarten. Nachdem ein wortidenter Antrag im Unterausschuss des Verfassungsausschusses liegt, hielten es die Abgeordneten Peter Stauber (S) und Walter Rosenkranz (F) für zweckmäßig, auch diese Diskussion abzuwarten. Abgeordnete Ursula Haubner (B) warf ein, sie wolle mit dieser Initiative die diesbezüglichen Reformbemühungen der Ministerin unterstützen. (Schluss)  


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