Parlamentskorrespondenz Nr. 544 vom 29.06.2010

Ratingagenturen werden der Finanzmarktaufsichtsbehörde unterstellt

EU-Verordnung über mehr Aufsicht für Finanzmärkte wird umgesetzt

Wien (PK) - Zwei Anträge der Regierungsparteien und drei Entschließungsanträge der Opposition beschäftigten den Finanzausschuss im zweiten Teil seiner heutigen Sitzung. Das Ratingagenturenvollzugsgesetz (RAVG) dient der unverzüglichen Umsetzung der EU-Verordnung über die verschärfte Kontrolle von Ratingagenturen. Diese Kontrollaufgabe wird in Österreich die Finanzmarktaufsichtsbehörde übernehmen. Ein weiterer Antrag betrifft die Ermächtigung des Finanzministers zur Übernahme von Haftungen in Zusammenhang mit einer Michelangelo-Ausstellung im Herbst 2010. Dadurch werden die Belastungen, die den Bundesmuseen durch hohe Versicherungskosten entstehen, verringert.

Die Entschließungsanträge der Opposition reichten thematisch von Forderungen seitens der Freiheitlichen zur Unterstützung der Tourismuswirtschaft über eine von den Grünen gewünschten Reisegebührenvergütung auch für Radfahrer bis zum Verlangen des BZÖ, der Finanzminister möge die Möglichkeiten zur Einleitung rechtlicher Schritte gegen die Bayerische Landesbank (BayernLB) überprüfen. Die Antragsteller argumentieren, dass die BayernLB nach der Übernahme der Hypo Group Alpe Adria in höchstem Grade unverantwortlich gewirtschaftet habe, was letztlich die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria und eine Belastung der österreichischen Steuerzahler zur Folge hatte.

Österreichs Anteil am neuen EU-Aufsichtssystem für Ratingagenturen

Ein Antrag der Abgeordneten Günter Stummvoll (V) und Kai Jan Krainer (S) zielt auf ein Ratingagenturenvollzugsgesetz (RAVG) samt dazugehörigen  Änderungen im Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz ab, um die EU-Verordnung über Ratingagenturen unverzüglich wirksam werden zu lassen. Mit dieser Verordnung über Ratingagenturen führt die EU ein neues Aufsichtssystem für Ratingagenturen ein. Der Gesetzentwurf weist der Finanzmarktaufsichtsbehörde die Aufgabe zu, im Interesse des österreichischen Finanzmarktes am neuen europäischen Aufsichtssystem mitzuwirken. Der Entwurf enthält auch Sanktionen für Verstöße gegen die Verordnung samt Verfahrens- und Aufsichtsvorschriften.(1196/A )

In der Debatte meinte Abgeordneter Robert Lugar (B), die EU habe in dem an sich richtigen Bemühen um eine europäische Ratingagentur einen falschen Weg eingeschlagen, und warnte vor Ratingagenturen, die unter politischem Einfluss stehen.

Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) hielt es für wenig aussichtsreich, die FMA, die sich bei der Aufsicht über die Finanzmärkte schon bisher überfordert gezeigt habe, mit neuen Aufgaben zu betrauen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) machte darauf aufmerksam, dass derzeit keine Ratingagentur in Österreich ansässig sei, und hielt es für zweckmäßig, der FMA die Aufgabe zu übertragen, Ratingagenturen zu beaufsichtigen. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem in Österreich eine Ratingagentur tätig werde, werde bereits wieder eine neue EU-Regelung in Kraft sein.

Der Antrag wurde mit S-V-B-G-Mehrheit angenommen.

Haftung für Leihgaben der Michelangelo-Ausstellung in der Albertina

Weiters beantragten die Abgeordneten Günter Stummvoll (V) und Kai Jan Krainer (S) eine Ermächtigung an den Finanzminister, Haftungen für Leihobjekte der vom 8. Oktober 2010 bis 9. Jänner 2011 in der Wiener Albertina gezeigten Ausstellung "Michelangelo. Zeichnungen eines Genies" zu übernehmen. Bei einem Gesamtversicherungswert der geplanten Ausstellung von 910 Mio. € soll der Gegenwert der Haftungen 550 Mio. €  und im Einzelfall 100 Mio. € nicht übersteigen. Die V-S-Initiative dient der Verringerung der Versicherungskosten für die Bundesmuseen(1195/A).

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) warnte davor, seitens des Staates die Haftung für teure Leihgaben an österreichische Museen zu übernehmen, damit diese sich die Versicherungsprämien sparen. Im Schadensfall, der irgendwann einmal ja doch eintreten könnte, würden Beträge von mehreren hundert Millionen Euro schlagend.

Dem gegenüber unterstützten die Abgeordneten Roman Haider (F), Martin Bartenstein (V) und Christoph Matznetter (S) den Antrag mit Hinweisen auf die Bedeutung der geplanten Michelangelo-Ausstellung. Matznetter machte auf das Prinzip der Gegenseitigkeit aufmerksam und wandte sich gegen eine Subventionierung der Versicherungswirtschaft. 

Der Antrag fand die Zustimmung von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ.

FPÖ will die "Kreditklemme" für Tourismusbetriebe mildern

Um die Investitionen von Tourismusbetriebe in Fremdenzimmer, Bäder, Klimaanlagen und Wellnesseinrichtungen zu erleichtern, verlangte Abgeordneter Roman Haider (F) eine Änderung des Einkommensteuergesetzes, um die Abschreibungsdauer bei Tourismusinvestitionen zu verkürzen (1069/A(E)).

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) riet zu einer prinzipiellen Reform der Abschreibungsbestimmungen und begründete damit ihren mit S-V-Mehrheit angenommenen Vertagungsantrag.

Grüne fordern Reisegebührenvergütung auch für Radfahrer

Abgeordnete Gabriela Moser (G) verlangt in ihrem Entschließungsantrag 1023/A(E) eine Änderung der Reisegebührenvorschrift, um die in diesem Benachteiligung von Radfahrern bei der Zuerkennung von Kilometergeld zu beheben. Sie wies darauf hin, dass insbesondere Angestellte im Pflegebereich Dienstfahrten oft mit dem Fahrrad unternehmen. Man solle gerade Personen, die sich umweltfreundlich verhalten, nicht benachteiligen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) sah bei Details des Antrags noch Diskussionsbedarf und beantragte dessen Vertagung.

Der Antrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt.

BZÖ will BayernLB für Hypo Alpe Adria zur Verantwortung ziehen  

In einem Entschließungsantrag (1178/A[E]) forderte Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ) vom Finanzminister, in seiner Eigenschaft als Eigentümervertreter der Hypo Group Alpe Adria einen Auftrag an die Finanzprokuratur zu erteilen, alle strafrechtlichen und zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber der Bayerische Landesbank (BayernLB) zu prüfen und, wenn notwendig, rechtliche Schritte einzuleiten und dem Nationalrat darüber zu berichten.

Der Antragsteller resümierte aus seiner Sicht die Vorgeschichte des Erwerbs der Mehrheitsanteile an der Hypo Group Alpe Adria durch die Bayern LB 2007, bei der es sich zum damaligen Zeitpunkt um eine bedeutende und erfolgreiche Regionalbank gehandelt habe. Die BayernLB sei ihren Aufgaben und Pflichten als Mehrheitsaktionär nicht nachgekommen, sondern für schwere wirtschaftliche und personelle Fehlentscheidungen verantwortlich, meinte Petzner. Der Abgeordnete führte insbesondere ein völlig unkontrolliertes Wachstum, eine unverantwortliche Verdoppelung des Kreditvolumens, Führungslosigkeit, Entscheidungsunfähigkeit durch ständige personelle Änderungen im Vorstand der Bank, gesetzeswidrige Millionen-Abfertigungen, sowie eine massive Kapitalflucht in Milliardenhöhe von der Bank durch die vorzeitige und unkoordinierte Veröffentlichung der Ergebnisse eines Asset-Screenings der Wirtschaftsprüfungskanzlei PricewaterhouseCoopers an.

Im Zusammenhang mit nicht nachvollziehbaren milliardenschweren Abschreibungen und Wertberichtigungen vor dem Verkauf der Hypo Alpe Adria beschuldigte der Abgeordnete den damaligen Finanzminister Karl Heinz Grasser, eine undurchschaubare Rolle gespielt zu haben, die der Aufklärung bedürfe. Erst die schweren wirtschaftlichen und personellen Fehlentscheidungen durch den Mehrheitseigentümer BayernLB hätten aber letztlich dazu geführt, dass die Bank in jene Schieflage geraten sei, die letztlich zur Notverstaatlichung der Hypo Group Alpe Adria Ende 2009 geführt habe. Es müsse Interesse daran bestehen, hier alle Sachverhalte aufzuklären, um die Interessen der österreichischen Steuerzahler zu wahren, schloss Petzner.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) meinte, der Antrag enthalte Forderungen, für deren Durchführung es keine rechtliche Grundlage gebe, und beantragte daher die Vertagung.

Abgeordneter Werner Kogler (G) konnte die Argumentation des BZÖ nicht nachvollziehen, sah aber durchaus Sachverhalte im Vorfeld des Verkaufs der Hypo Alpe Adria, die der Aufklärung bedürften, insbesondere was damalige Entscheidungen der FMA betreffe. Die derzeit laufenden Untersuchungen seien derart unübersichtlich organisiert, dass es letztlich auf eine Behinderung des in Kärnten laufenden Untersuchungsausschusses hinauslaufe, meinte Kogler, und fragte Staatssekretär Lopatka, wie der Stand der Ermittlungen zur Causa Hypo Alpe Adria sei.

Abgeordneter Stefan Petzner (B) widersprach Abgeordnetem Matznetter und verwies darauf, dass der Antrag darauf abziele, rechtliche Möglichkeiten der Republik Österreich gegenüber Bayern zu prüfen. Die Untersuchungen würden politisch motiviert geführt, kritisierte der Antragsteller.

Staatssekretär Reinhold Lopatka stellte gegenüber Abgeordnetem Werner Kogler (G) fest, dass das Finanzressort, die Finanzprokuratur, die FMA und die Hypo Alpe Adria gemeinsam untersuchten, wie es zur Schieflage bei der Bank gekommen sei, die deren Verstaatlichung notwendig gemacht habe. Sollten Ansprüche bekannt werden, werden diese selbstverständlich geltend gemacht, sagte der Staatssekretär. -  Der Antrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt. (Schluss)