Parlamentskorrespondenz Nr. 553 vom 30.06.2010

Nationalfonds und Entschädigungsfonds legen Geschäftsberichte vor

Österreich übernimmt Führungsposition bei EU-Mission EULEX KOSOVO

Wien (PK) – Große Zustimmung gab es heute seitens der Mitglieder des Hauptausschusses für die Geschäftsberichte 2009 des Nationalfonds und des Entschädigungsfonds. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer dankte in ihrer Funktion als Vorsitzende des Kuratoriums den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fonds sowie den Mitgliedern des Kuratoriums für die geleistete Arbeit. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

Prammer unterstrich, dass durch das Finanzrahmengesetz keine Diskussion mehr über den Finanzrahmen bis 2013 nötig sei. Man habe auch sehr auf einen effizienten Ressourceneinsatz geachtet, ergänzte sie. Außerordentlich wertvoll stufte sie die Arbeit des Kontrollausschusses ein, insbesondere jene von Alfred Finz und Richard Bock. Sie hätten jeden Budgetposten hinterfragt und zu Einsparungen beigetragen.

Die Nationalratspräsidentin stellte darüber hinaus auf eine Anfrage des Abgeordneten Albert Steinhauser (G) klar, dass der Fonds für die Auschwitz-Gedenkstätte nur das Büro zur Verfügung stelle, aber kein Projekt durchführe. Wann die Ausstellung gebaut werde, hänge von Auschwitz ab. Damit leiste man Sachbeiträge zur Gedenkstätte, weil die Kosten für das Personal nicht refundiert werden.

Generalsekretärin Hannah Lessing ging dann auf weitere Fragen des Abgeordneten Albert Steinhauser (G) ein und erläuterte, dass der bestehende Ausgabenüberschuss in der Höhe von 670.000 € für Nachzahlungen verwendet werde. Sollte dann noch etwas übrig bleiben, müsse über die Verwendung erst entschieden werden. Sicherlich aber werde das Geld den Opfern zugute kommen, bekräftigte sie.

Geschäftsbericht des Nationalfonds 2009

Dem 1995 gegründeten Nationalfonds (www.nationalfonds.org/ ) obliegt insbesondere die Abwicklung der so genannten Gestezahlung, die pro AntragstellerIn mit einem Betrag von 5.087,10 € ausbezahlt wird. Im Jahr 2009 wurden derartige Gestezahlungen an 146 Personen geleistet, das sind 742.716,45 €. Darüber hinaus wurden 29 AntragstellerInnen auf Grund sozialer Bedürftigkeit insgesamt 143.188,80 € zusätzlich zum Grundbetrag zuerkannt. Der Bericht hält zudem fest, dass die Entscheidungspraxis des Komitees entsprechend dem jeweils aktuellen Stand der historischen Forschung weiterentwickelt wird. Um eine Gleichbehandlung aller AntragstellerInnen zu gewährleisten, sei auch 2009 die Überprüfung von abgelehnten Anträgen auf Gestezahlung erfolgt. Im Jahr 2009 sind überdies noch 95 Neuanträge auf Auszahlung einer Gestezahlung eingelangt.

Der Nationalfonds hatte darüber hinaus auch die Restitutionsanträge gemäß § 2b Nationalfondsgesetz abzuwickeln, die im Berichtsjahr abgeschlossen werden konnten. In diesem Rahmen wurden pro bewilligtem Antrag 7.630 € zur Abgeltung für den Entzug von Bestandrechten an Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten, Hausrat und persönlichen Wertgegenständen sowie ein Zusatzbetrag in der Höhe von 1.000 €, der sich aus dem übrig gebliebenen Mitteln speist, ausbezahlt.

Seit seinem Bestehen hat der Nationalfonds somit Ende 2009 rund 32.500 Anträge auf Gestezahlung und rund 23.000 Anträge für Auszahlungen gemäß §2b Nationalfondsgesetz abgewickelt.

Mittels des Härteausgleichsfonds wurden in den Jahren 2000 bis 2009 87 Auszahlungen zu je 5.087,10 € vorgenommen, was einen Gesamtauszahlungsbetrag von 442.577,10 € ergibt. Anspruchsberechtigt sind jene Personen, die die Voraussetzungen für eine Leistung aus dem Nationalfonds zwar weitgehend, aber nicht zur Gänze, erfüllen, und deren Ablehnung eine besondere Härte darstellt. Mit Jahresende 2009 betrug die Höhe des Härteausgleichsfonds 66.132,23 €. Der Fonds war 1999 eingerichtet und mit 508.710 € aus Projektmitteln des Nationalfonds dotiert worden.

Mit Geldern des Nationalfonds werden auch Projekte gefördert. Im Jahr 2009 kamen 108 Projekte in den Genuss derartiger Unterstützung in der Höhe von 1,304.341,84 €. Die Palette reicht dabei von Schulprojekten und Workshops über Ausstellungen, Kunstprojekte, Filmproduktionen, Opern- und Theaterprojekte bis zur Errichtung und Erhaltung von Gedenkstätten. 

4 Projektförderungen in der Höhe von insgesamt 150.700 € gab es auch aus den Mitteln, die der Internationale Fonds für Opfer des Nationalsozialismus im Jahr 1999 (Nazi Persecutee Relief Fund) dem Nationalfonds zur Verfügung gestellt hat. Das war damals eine Summe von rund 7,9 Mio. €. Mit Jahresende 2009 waren die Mittel des "Raubgoldfonds" aufgebraucht. Dieser Fonds wurde aus Mitteln gespeist, die aufgrund des Verzichts diverser Staaten auf ihren Restbestand am so genannten Raubgold frei geworden sind. Der Nationalfonds verwaltet jene Gelder, auf die der österreichische Staat zugunsten der Opfer des Nationalsozialismus verzichtet hat.

Eine wichtige Aufgabe hat der Nationalfonds hinsichtlich der Kunstrestitution zu erfüllen. Laut Gesetz ist er beauftragt, erblose Kunstobjekte im Sinne des Kunstrückgabegesetzes zu verwerten und den Erlös Opfern des Nationalsozialismus zugute kommen zu lassen. Seit Oktober 2006 betreibt der Nationalfonds in Zusammenarbeit mit den kooperierenden Bundesmuseen und der Stadt Wien eine Online-Kunstdatenbank, und zwar in deutscher (www.kunstrestitution.at )

und englischer (www.artrestitution.at ) Version als zentrale Informationsstelle für Restitutionsinteressierte. Diese umfasst mittlerweile über 9.000 Objekte. VertreterInnen des Nationalfonds nehmen seit Jahren auch als BeobachterInnen an den Sitzungen der Kommission für Provenienzforschung und der Wiener Rückstellungskommission teil und wirken so bei der Aufklärung von Sachverhalten und Rückgabefragen mit. Durch die Novelle zum Kunstrückgabegesetz Ende 2009 sind künftig nicht nur Kunstgegenstände, sondern auch sonstiges Kulturgut vom Geltungsbereich des Gesetzes erfasst.

Geschäftsbericht des Entschädigungsfonds 2009

Im Juli 2009 hat der Allgemeine Entschädigungsfonds mit den abschließenden Zahlungen begonnen. Man rechnet damit, das Gros der Zahlungen an lebende AntragstellerInnen nun in absehbarer Zeit leisten zu können.

Der Allgemeine Entschädigungsfonds wurde 2001 gegründet, um noch offene Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus für Verluste und Schäden, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, umfassend zu lösen. Um der Aufgabe gerecht zu werden, gibt es 10 Kategorien von möglichen Verlusten und Schäden, wobei deren Höhe individuell berechnet wird. Insgesamt wurden rund 20.700 Anträge fertig recherchiert, die meist Forderungen für mehrere EigentümerInnen enthalten.

Bis 30. Juni 2009 waren 20.570 Vorauszahlungspakete zugestellt, 18.062 Begünstigte ausbezahlt. Seit Beginn der Schlusszahlungen ab Juli 2009 waren Ende des Jahres bereits 12.117 Schlusszahlungspakete zugestellt und 5.469 Begünstigte ausbezahlt. Man rechnet aber damit, dass sich der Auszahlungsprozess im Jahr 2010 durch die Zahl der schwieriger abzuwickelnden Auszahlungsvorgänge verlangsamen wird.

Die Recherchearbeit ist enorm, zumal sich die Notwendigkeit einer umfangreichen Provenienzforschung ergeben hat. Mit Ende des Berichtzeitraums konnten die Recherchen bis auf sechs offene Kunstfälle abgeschlossen werden. Die durch die Recherchearbeit entstandene Datenbank kann als einzigartige und ausgezeichnete Quelle zu Verfolgten des NS-Regimes in Österreich angesehen werden.

Detaillierte Informationen sind der Homapage des Nationalfonds zu entnehmen: http://www.de.nationalfonds.org/ .

Österreich erhält Führungsposition bei EULEX KOSOVO

Österreich soll im Rahmen der Rechtsstaatlichkeitsmission der EU im Kosovo (EULEX KOSOVO) eine führende Position erhalten. Botschaftsrat Thomas Mühlmann ist für die Position des "Chief of Staff" vorgesehen. Deshalb wird das österreichische Kontingent um eine "Zivilperson", wie es im Antrag des Außenministeriums heißt, aufgestockt. Die Genehmigung zur Entsendung bis vorerst 30. Juni 2011 erfolgte seitens der Mitglieder des Hauptausschusses mehrheitlich gegen die Stimmen der F-Abgeordneten.

Die Betrauung dieser Funktion durch einen Mitarbeiter des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten stellt die bisher ranghöchste Verwendung eines österreichischen Experten bei einer zivilen Mission der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) dar.

Österreich beteiligt sich derzeit an der Mission mit bis zu 25 Polizistinnen und Polizisten und bis zu 5 Angehörigen des Bundesministeriums für Justiz. Darüber hinaus ist die Entsendung einer Zivilperson mit speziellen Fachkenntnissen in den Bereichen Menschenrechte und insbesondere Gender vorgesehen. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Hauptausschuss am 17. Juni 2010 (siehe PK-Meldung Nr. 481/2010 ).

Bei EULEX KOSOVO handelt es sich um die bislang größte zivile Mission im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Insgesamt sollen daran bis zu 2.210 Polizei-, Justiz-, Zoll- und Verwaltungsexpertinnen und –experten sowie zusätzliche 1.233 lokale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen.

Gerichtskommissionstarifgesetz, Notariatstarifgesetz

Mit Zustimmung von SPÖ, ÖVP und Grünen wurden auch zwei Verordnungsentwürfe des Justizministeriums genehmigt, mit denen die Zuschläge zu den im Gerichtskommissionstarifgesetz sowie zu den im Notariatstarifgesetz angeführten festen Gebührenbeträgen neu festgelegt werden. Die letzte Änderung erfolgte im Jahr 1997. Die Berechnung für den neuen Zuschlag im Ausmaß von 20 % erfolgt unter anderem auch auf Grund der Entwicklung des Verbraucherpreisindex.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit dem Hinweis auf die Budgetlagen, auch wenn es sich dabei nur um kleinere Beträge handle. Dennoch sei eine Erhöhung das falsche Signal, sagte er. (Schluss)