Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 30.06.2010

Anpassung von PolitikerInnenbezügen wird 2011 erneut ausgesetzt

S-V-F-B-Mehrheit für Gesetzentwurf im Verfassungsausschuss

Wien (PK) – Die jährliche Anpassung der Politikerbezüge und Politikerpensionen soll auch im kommenden Jahr ausgesetzt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Koalitionsparteien passierte mit S-V-F-B-Mehrheit den Verfassungsausschuss des Nationalrats und kann damit noch vor dem Sommer beschlossen werden. Damit wird es bereits zum zweiten Mal in Folge eine "Nulllohnrunde" für PolitikerInnen geben; die letzte Gehaltsanpassung erfolgte im Juli 2008. Betroffen sind unter anderem Nationalratsabgeordnete, BundesrätInnen, die Mitglieder der Bundesregierung und LandespolitikerInnen. Weitergehende Forderungen der Opposition, etwa ein Einfrieren der Politikerbezüge auch im Jahr 2012 sowie eine Kürzung der – mittlerweile abgeschafften – Politikerpensionen um zumindest 10 %, fanden keine Mehrheit.

Begründet wurde die erneute Aussetzung der Bezugsanpassung von den Abgeordneten damit, dass in Anbetracht des allgemeinen Sparkurses ein Solidarbeitrag der Politik angebracht sei. SPÖ-Klubobmann Josef Cap wollte die "Nulllohnrunde" aber ausdrücklich nicht dahingehend interpretiert wissen, dass Abgeordnete ohnehin überbezahlt seien. Er kritisierte die Tendenz der medialen Berichterstattung, die Politik insgesamt und die Arbeit der Abgeordneten im Besonderen negativ zu beurteilen. Dabei ist das heutige Parlament seiner Ansicht nach in viel höherem Ausmaß als früher ein Arbeitsparlament mit einem Vielfachen an Arbeitsvolumen. Gerade auch der EU-Beitritt habe den Abgeordneten viele neue Aufgaben beschert.

Die Abgeordneten Wilhelm Molterer (V), Wolfgang Zinggl (G) und Karl Öllinger (G) schlossen sich den Ausführungen Caps im Wesentlichen an. Zinggl und Öllinger fragten sich allerdings, warum die Koalition vor diesem Hintergrund eine weitere Nulllohnrunde für Politiker beantragt habe. Man dürfe sich nicht wundern, dass diese "Lizitiererei" nach unten dazu führe, dass der Wert der Politik nicht besonders geschätzt werde, sagte Zinggl.

Deutliche Kürzungen vornehmen will Öllinger allerdings bei jenen Politikerpensionen, die noch nach dem alten, mittlerweile abgeschafften, Pensionssystem gewährt werden. Angesichts der Tatsache, dass früher bereits nach vierjähriger Regierungstätigkeit bzw. zehnjähriger Abgeordnetentätigkeit ein Pensionsanspruch erworben wurde, sei jeder Solidarbeitrag angemessen, bekräftigte er.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) erachtet in Anbetracht der gestiegenen Arbeitslosigkeit in Österreich und der Einkommenseinbußen aufgrund der Wirtschaftskrise ein Signal der Politik für erforderlich und qualifizierte die ausgesetzte Anpassung der Politikerbezüge für ein weiteres Jahr in diesem Sinn als gerechtfertigt. Kritik übte Stadler daran, dass die Koalition einen Antrag des BZÖ "abgeschrieben" habe.

Abgeordneter Harald Stefan (F) gab zu bedenken, dass die PolitikerInnen die einzige Berufsgruppe seien, die selbst über ihre Gehaltserhöhung bestimme. Man müsse daher ein gewisses Signal setzen, auch wenn die Diskussion in der Öffentlichkeit über die Arbeit von Politikern nicht immer fair sei. Eine Lösung urgierte Stefan in Bezug auf "echte Privilegien" im Bereich der alten Politikerpensionen.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Koalitionsparteien mit S-V-F-B-Mehrheit angenommen. Ein ähnlich formulierter Antrag des BZÖ fand hingegen ebenso wenig eine Mehrheit wie ein Antrag der Grünen und ein Entschließungsantrag der FPÖ . Letzterer zielte darauf ab, die Politikerbezüge auch im Jahr 2012 einzufrieren und die Politikerpensionen "alter Art" um zumindest 10 % zu kürzen. Auch die Grünen wollen jene PolitikerInnen, für die noch das alte Pensionssystem gilt, stärker in die Pflicht nehmen und plädieren dafür, den Pensionssicherungsbeitrag für die unter der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG liegenden Teile auf 10 % (statt 8 %) und für darüber liegende Teile auf 20 % (statt 15 %) zu erhöhen.

Beamten-Dienstrecht: Abgeordnete reagieren auf EuGH-Urteil

Mit einer Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes und weiterer Gesetze reagieren die Abgeordneten auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Gehaltseinstufung von öffentlich Bediensteten. Nachdem es laut EuGH unzulässig ist, Dienstzeiten, die vor dem 18. Lebensjahr zurückgelegt wurden, bei der Festlegung des Vorrückungsstichtags generell nicht zu berücksichtigen, sollen die entsprechenden Bestimmungen im Gehaltsgesetz nun adaptiert werden.

Vorgesehen ist, das Kriterium des Lebensalters durch das Kriterium der Erfüllung der Schulpflicht zu ersetzen und gleichzeitig den für die Vorrückung von der jeweils ersten in die jeweils zweite Gehaltsstufe maßgeblichen Zeitraum von zwei Jahren auf fünf Jahre – bei entsprechender Anrechnung etwaiger Schul-, Ausbildungs- und sonstiger Zeiten – zu verlängern. Damit soll eine für den Bund kostenneutrale Regelung sichergestellt werden. Das gilt auch für die Gewährung von Jubiläumszuwendungen, welche für neu eintretende Bedienstete nun in der Regel zwar früher anfallen, aber entsprechend reduziert werden. Ab 2011 neu ist außerdem, dass BeamtInnen die sechste Urlaubswoche nicht mehr nach Erreichen von 25 Dienstjahren, sondern ab dem 43. Lebensjahr gebührt.

Die Opposition äußerte sich durchwegs kritisch zur Regierungsvorlage. So lehnte Abgeordneter Werner Herbert (F) die Vorlage als "Anlassgesetzgebung im negativen Sinn" ab. Sie läuft seiner Meinung nach auf eine Schlechterstellung der Betroffenen hinaus. Abgeordneter Ewald Stadler (B) ortete "legistische Pannen" und sprach von Verweisungen des Gesetzes, die auf nicht mehr in Kraft befindliche Paragraphen gerichtet sind. Für Abgeordnete Daniela Musiol (G) wiederum war der Abänderungsantrag noch unklar, sodass sich ihre Fraktion das endgültige Abstimmungsverhalten noch bis zum Plenum vorbehielt.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek unterstrich vor allem die Kostenneutralität des Gesetzes und gab zu bedenken, ein Nicht-Reagieren hätte Kosten von 3 Mrd. € nach sich gezogen. Mit Nachdruck betonte sie überdies, dass es für niemanden zu einer Schlechterstellung kommen werde, neu Eintretende könnten allerdings gewinnen oder verlieren.

Die Regierungsvorlage wurde vom Verfassungsausschuss unter Berücksichtigung eines S-V-Abänderungsantrags mit S-V-Mehrheit gebilligt. Mit dem Abänderungsantrag wurden am ursprünglichen Gesetzentwurf noch technische Änderungen und Klarstellungen vorgenommen.

Signaturgesetz wird geändert

Einstimmig sprach sich der Verfassungsausschuss für eine Änderung des Signaturgesetzes aus. Mit dem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf sollen in der Praxis auftretende Probleme bei der Vollziehung des Gesetzes beseitigt werden. Derzeit ist bei der Einstellung der Tätigkeit eines Zertifizierungsanbieters (ZDA) die Weiterführung der bereits verwendeten Zertifikate von einem anderen ZDA nämlich nicht gewährleistet. In Zukunft soll im Fall der Einstellung der Tätigkeit eines ZDA der Widerruf der bereits in Verwendung befindlichen qualifizierten Zertifikate nur dann zulässig sein, wenn deren Weiterführung nicht im öffentlichen Interesse liegt. Um eine Missinterpretation der neuen Bestimmungen zu vermeiden, wurde von den Abgeordneten dazu eine so genannte Ausschussfeststellung gefasst.

Anträge der Opposition vertagt

Vom Verfassungsausschuss vertagt wurde ein Antrag der Grünen , der eine Änderung der Nationalrats-Wahlordnung zum Ziel hat. Die Grünen sehen nicht ein, warum Strafgefangene in Österreich nicht wählen dürfen und verweisen auf eine Entscheidung des Europäischen Menschengerichtshofs, wonach der geltende Wahlausschluss ein Zusatzprotokoll zur Menschenrechtskonvention verletzt.

Auch ein vom BZÖ vorgelegter Antrag betreffend umfassende Reform der Schulverwaltung wurde vertagt. Abgeordneter Herbert Scheibner und seine FraktionskollegInnen sprechen sich unter anderem für die alleinige Übertragung der Kompetenzen im Schulwesen an den Bund, die Einrichtung von Bildungsdirektionen, die Abschaffung der Bezirksschulräte und mehr Autonomie für die Schulstandorte aus.

Schließlich vertagte der Verfassungsausschuss einen Antrag der FPÖ , in dem Abgeordnete Carmen Gartelgruber ein Burka-Verbot forderte. Ausdrücklich unterstützt wurde dieses Verbot auch von den Abgeordneten Ewald Stadler (B) und Wilhelm Molterer (V), die wie Gartelgruber in ihrer Argumentation vor allem den Aspekt der Unterdrückung der Frauen ansprachen. Vorstellbar war ein Verbot für Abgeordnete Angela Lueger (S), die die Vertagung mit der Notwendigkeit einer breiten Diskussion begründete.

Gegen das Verbot sprachen sich lediglich die Abgeordneten Judith Schwentner und Wolfgang Zinggl (beide G) aus. Sie interpretierten das Tragen der Burka als Ausdruck von Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit. (Schluss)