Parlamentskorrespondenz Nr. 566 vom 01.07.2010

Außenpolitische Tour dHorizon

Außenpolitischer Ausschuss befasst sich mit der Weltlage

Wien (PK) – In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Außenpolitische Ausschuss des Nationalrats mit einer breit gefächerten Themenpalette, die vom Frieden im Nahen Osten über die Kernkraft bis zu den nächsten Entwicklungsschritten der Europäischen Union reichte. Am Beginn stand eine Aktuelle Aussprache mit Bundesminister Spindelegger.

Abgeordnete Christine Muttonen (S) betonte den Wunsch nach einer atomwaffenfreien Welt und fragte den Minister, welche Rolle Österreich bei der Erreichung einer solchen spielen könne. Konkret sprach sie das Ziel einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen Osten an und erkundigte sich danach, wie Österreich sich da einbringen werde. Außerdem wollte sie wissen, welche Vorteile die neue Struktur des EAD für die Bürgerinnen und Bürger haben werde. Abgeordnete Judith Schwentner (G) kam auf die zu befürchtenden Einsparungen im Außenressort zu sprechen und beleuchtete diese vor allem unter dem Gesichtspunkt der Entwicklungszusammenarbeit. Dieses Thema wurde auch von Abgeordneter Petra Bayr (S) aufgegriffen.

Abgeordnete Ursula Plassnik (V) freute sich über die Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und erkundigte sich sodann nach dem Stand der Entwicklungen in Gaza. Abgeordneter Johannes Hübner (F) setzte sich gleichfalls mit der Lage in Gaza auseinander und beleuchtete die Thematik auch aus dem Blickwinkel einer atomwaffenfreien Region im Nahen Osten, die gleichwohl alle Anrainerstaaten vom Iran bis zu Israel betreffen sollte. Außerdem interessierte er sich für die weiteren Schritte hinsichtlich der Verhandlungen zwischen der Türkei und der EU. Abgeordneter Werner Neubauer (F)setzte sich mit dem Mailänder-Abkommen zwischen Italien und Südtirol auseinander, wobei er insbesondere auf die Perspektiven einer Finanz- und Steuerhoheit für Südtirol einging. Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) erfragte die nächsten Schritte bei der Donauraum-Strategie und ging auf die Schwarzmeerregion aus energiepolitischer Sicht ein. Weiters thematisierte er eine allfällige VISA-Freiheit für Russland.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) bedauerte, dass es im Nahen Osten trotz eifriger Besuchsdiplomatie keine Fortschritte gäbe. Er wollte wissen, ob Österreich während der restlichen Dauer seiner Zugehörigkeit zum UN-Sicherheitsrat noch spezielle Akzente setzen wolle und äußerte sich weiters zu möglichen Einsparungen im öffentlichen Dienst. Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) betrachtete die Donau-Strategie aus umweltpolitischem Blickwinkel und befürchtete, das diesbezügliche Wasserstraßenabkommen werde negative Folgen nicht nur für die Donau sondern auch für die March-Auen haben. Zudem befasste er sich mit der Situation am Westbalkan, wobei er insbesondere auf Bosnien-Herzegowina einging, wo die Situation verfahrener denn je sei. Überdies urgierte er eine Lösung für den festgefahrenen Zustand in Makedonien. Sein Fraktionskollege Peter Pilz befasste sich mit der heimischen Sicherheitsdoktrin. Abgeordneter Josef Cap (S) äußerte Verständnis für die Haltung Griechenlands im Makedonien-Konflikt und wollte wissen, in welche Richtung Österreich und die EU gegenüber der Türkei verhandelten. Außerdem thematisierte er die Möglichkeit einer einseitigen Anerkennung eines unabhängigen Palästina.

Bundesminister Michael Spindelegger bezeichnete es als Erfolg, dass es bei der Abrüstungskonferenz gelungen sei, einen Abschlussbericht zu erstellen. Das Ziel einer von Atomwaffen freien Welt sei darin festgeschrieben worden, was auch ein Signal an die Nichtmitglieder – wie Israel – darstelle. Zwar sei es nicht gelungen, ein permanentes Sekretariat zu errichten, doch habe Österreich angeboten, in Wien ein Liaisonbüro einzurichten, das diese Rolle übernehmen könnte.

Hinsichtlich des EAD befinde man sich in der Zielgeraden, alle im diplomatischen Dienst Tätigen würden in den EAD integriert, in den zusätzlich 200 MitarbeiterInnen aus den Mitgliedstaaten eingebaut werden sollen, welche die Drehscheibe für die künftige gemeinsame Außenpolitik bilden werden. Der EAD werde weltweit für EU-BürgerInnen da sein, was auch für die ÖsterreicherInnen von Vorteil sei, da es nicht überall eigene Botschaften gebe. Im Übrigen erfolge die VISA-Erteilung nach strikten Regelungen und strengen Standards.

Die Diskussion zu allfälligen Einsparungen sei noch nicht abgeschlossen, von zentraler Bedeutung sei hier auch die Frage der Wechselkursschwankungen, denn allein aus den Verschiebungen des ersten Halbjahres ergäben sich 13 Mio Euro Mehrkosten, da viele Verbindlichkeiten im internationalen Rahmen in Dollar abgeschlossen würden.

Österreich sei hinsichtlich der Türkei immer für eine privilegierte Partnerschaft eingetreten, die Mehrheit der EU sei jedoch für Beitrittsverhandlungen gewesen, die nun aber stockten. Zur Entwicklungszusammenarbeit meinte Spindelegger, diese müsse natürlich auch Federn lassen, weil Einsparungen generell erfolgen müssten. Man werde also das gesteckte Ziel von 0,7 Prozent des BIP nicht erreichen können. Daher brauche es einen neuen Plan, in dem alle Ressorts in die Pflicht genommen werden.

Die Südtiroler seien mit dem Mailänder-Abkommen zufrieden, eine Finanz- und Steuerhoheit für Südtirol sei derzeit kein Thema, doch bleibe ein solcher Schritt weiterhin auf der Agenda.

Nachdem Spindelegger auf die Strategien hinsichtlich Donauraum und Schwarzmeer eingegangen war, meinte er im Hinblick auf den Nahen Osten, dass die Verhandlungen dort nicht abgebrochen wurden, sei schon als Erfolg zu sehen. Immerhin gäbe es aber Zeichen der Entspannung, wie man etwa bei der Lockerung der Blockade von Gaza sehen könne.

Prinzipiell sei die EU für den gesamten Westbalkan offen, darauf könne und müsse man aufbauen. Bei Makedonien zeigte sich der Minister zuversichtlich, dass man sich bald zu einer Einigung durchringen werde. Spindelegger bekannte sich dazu, dass Österreich auch in Hinkunft ein flächendeckendes Vertretungsnetz habe und meinte, sein Ressort habe hinsichtlich der Sicherheitsdoktrin konkrete Vorschläge erarbeitet, die dann im Herbst im Parlament diskutiert werden sollten.

Im Rahmen der Aktuellen Aussprache war auch das EU-Arbeitsprogramm 2010 mitbehandelt worden, welches sodann einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Wie schon traditionell üblich, gibt es auch für das Jahr 2010 ein Arbeitsprogramm der EU, welches die Schwerpunkte der spanischen, belgischen und ungarischen Ratsvorsitze sowie die Legislativ- und Arbeitsvorhaben der Kommission umreißt. Einerseits fokussiert das Programm auf die weitere Implementierung und Vertiefung der Regelungen des Vertrags von Lissabon, andererseits sollen auf dem Balkan weitere Annäherungsschritte an die EU erfolgen, wobei hier vor allem Kroatien, Makedonien und Serbien im Mittelpunkt stehen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist dem Donau- und Schwarzmeerraum gewidmet. Darüber hinaus agiert die EU auch weiterhin im globalen Rahmen, wobei die Themenpalette hier vom Klima- und dem Umweltschutz über Artenvielfalt und nachhaltige Entwicklung bis hin zu friedenserhaltenden Maßnahmen reicht. (III-148 d.B.)

Dem EZA-Unterausschuss des Außenpolitischen Ausschusses wurde sodann der Bericht über die Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik (III-119 d.B.) zugewiesen.

Ohne Debatte nahm der Ausschuss das Abkommen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit zur Kenntnis. Bei der Auflösung eines Staates stellt sich stets die Frage der künftigen staatsbürgerschaftlichen Zuordnung seiner (ehemaligen) BewohnerInnen. Um Fälle von Staatenlosigkeit zu vermeiden, gibt es nun ein Übereinkommen des Europarats in diesem Zusammenhang, wodurch allfällige Schwächen in bisherigen Vereinbarungen beseitigt werden sollen. (683 d.B.)

Wege aus der Kernenergie

Als nächstes standen mehrere Anträge auf der Tagesordnung, die sich mit der Atomfrage auseinandersetzten. In einem Antrag fordert die FPÖ die Bundesregierung auf, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten, die eine Volksabstimmung über einen Ausstieg Österreichs aus dem Euratom-Vertrag vorsieht. (44/A [E]) Die FPÖ hält in einem Entschließungsantrag fest, dass das Thema KKW Temelin nach wie vor aus österreichischer Sicht nicht zufriedenstellend gelöst ist. In dem Antrag werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung aufgefordert, gegenüber der Tschechischen Republik umgehend festzustellen, dass für Österreich das Melker Abkommen nach wie vor einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag darstellt, weshalb die Vertreter der CR aufzufordern seien, in diesbezügliche Verhandlungen mit Österreich einzutreten. (49/A [E]). Ein weiterer Entschließungsantrag mit vergleichbarer Stoßrichtung betrifft das slowakische KKW Mochovce (50/A [E]). Im Sinne der österreichischen Antiatompolitik fordert das BZÖ die Bundesregierung in einem Antrag auf, unverzüglich bei der slowenischen Regierung und im Rahmen der EU gegen den Bau eines weiteren Reaktors im KKW Krsko Stellung zu beziehen. (162/A [E])

Abgeordneter Werner Neubauer (F) verwies auf vier Gutachten, die einen Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag für möglich hielten und erneuerte die Forderung nach einem Ausstieg. Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) zeigte sich hingegen überzeugt, dass ein einseitiger Austritt nicht möglich sei, er wäre auch nicht sinnvoll, vielmehr solle man seine Mitgliedschaft dazu nützen, die österreichischen Positionen entsprechend zu propagieren. In diesem Sinne brachte der Redner einen SV-Entschließungsantrag ein. Abgeordnete Petra Bayr (S) schloss sich der Sichtweise Großrucks an.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) erklärte, seine Fraktion unterstütze die Anträge, da sie ja auch der Antiatomlinie der Grünen entsprächen. Er bezweifelte, dass ein Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag rechtlich unmöglich sein sollte, denn bei den vier Gutachtern handle es sich ja um profilierte Experten. Dem pflichtete Abgeordneter Herbert Scheibner (B) bei. Man sollte sich nicht vorschnell selbst binden, was die Möglichkeiten eines Austritts anbelange. Der Redner signalisierte Zustimmung zu allen Anträgen als deutliches Signal für die österreichische Antiatompolitik.

Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) sprach sich hingegen für den Entschließungsantrag aus und meinte, man müsse versuchen, zu europäischen Sicherheitsstandards zu kommen, um wirklich Fortschritte in dieser Angelegenheit erzielen zu können. Nachdem Abgeordneter Johannes Hübner (F) nochmals den Standpunkt seiner Fraktion verdeutlich hatte, betonte Abgeordneter Josef Cap (S), man bekenne sich mit diesem Entschließungsantrag eindeutig zum österreichischen Nein zur Atomkraft, die weder nachhaltig sei noch positive Auswirkungen auf den Klimawandel habe.

Die Anträge auf der Tagesordnung wurden sämtlich abgelehnt, der S-V-Entschließungsantrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Sodann wurde der Antrag der Grünen gegen den modernen Landraub dem EZA-Unterausschuss und der Antrag der FPÖ bezüglich faschistischer Symbole in Südtirol dem Südtirol-Unterausschuss des Außenpolitischen Ausschusses zugewiesen.

Die Grünen kritisieren die private Aneignung von Land als gewinnbringende Anlage, da diese Vorgangsweise massive negative Folgen für die örtliche Bevölkerung habe. Sie fordern die Regierung daher auf, auf allen Ebenen gegen diese neuen Formen der Landnahme aufzutreten und sich gleichzeitig dafür einzusetzen, dass das Menschenrecht auf Nahrung Vorrang vor den Profitinteressen reicher Konzerne, Banken oder sonstiger Großinvestoren hat. (1118/A [E])

Ein weiterer F-Entschließungsantrag zielt auf die Beseitigung faschistischer Relikte in Südtirol ab. Bauwerke wie das "Siegesdenkmal" und das "Mussolini-Relief" in Bozen oder diverse Beinhäuser und faschistische Ortsnamen sollten im Sinne einer umfassenden Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit Italiens beseitigt werden, so die FPÖ. (48/A [E]) (Schluss)