Parlamentskorrespondenz Nr. 670 vom 14.09.2010

Abgeordnete loben die Arbeit der VolksanwältInnen

Brinek, Kostelka und Stoisits genießen Ansehen bei den Menschen

Wien (PK) – Abgeordnete aller Fraktionen lobten im heutigen

Volksanwaltsausschuss die Arbeit der Volksanwaltschaft, mit der sich diese Einrichtung des Parlaments große Wertschätzung und Vertrauen bei den Menschen erarbeitet habe. Nach der Behandlung allgemeiner Gesichtspunkte des Tätigkeitsberichts der Volksanwaltschaft 2009 (III-116 d.B.) in der letzten Ausschusssitzung vom 5.5.2010 (siehe PK-Meldung Nr. 327) wählten die Ausschussmitglieder für ihre heutige Debatte unter dem Vorsitz von Ausschussobmann Harald Stefan besondere Beschwerdefälle aus. Die Themenpalette reichte von Justiz- und Polizeifragen über Reformbedarf bei der Einstufung Pflegebedürftiger, den offenkundigen Mangel an Rehabilitätionseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, Vorschläge zur Entlastung der Gerichte bei der Sachwalterschaft und zur Beschleunigung von Obsorgerechtsverfahren bis hin zu Klagen von Grundwehrdienern über desolate Unterkünfte sowie zu Einzelfragen in den Bereichen Staatsbürgerschaftsrecht, Visaerteilung und Denkmalschutz. Im Grundsätzlichen erinnerten Sprecher der Oppositionsparteien an die schon lange diskutierte Absicht, die Kompetenz der Volksanwaltschaft zu erweitern und schlugen dazu Gespräche mit dem Ziel eines diesbezüglichen Fünf-Parteien-Antrags vor. - Der Bericht wurde nach einer lebhaften Diskussion einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) ging auf die Probleme von Kindern und Jugendlichen ein, die nach einer schweren Krankheit oder nach einer Operation Rehabilitationsbedarf haben und beklagte die zu geringe Zahl an dafür geeigneten Einrichtungen in Österreich; überdies forderte die Abgeordnete Unterstützung für betroffene Familien.

Abgeordneter Hannes Fazekas (S) thematisierte die Situation bei den Staatsanwaltschaften.

Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) befasste sich mit Beschwerden zum Thema Sachwalterschaft und drängte darauf, die Diskriminierung von Männern bei der Seniorentarifgestaltung der Wiener Linien endlich zu beseitigen.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) klagte über die Verschleppung von Verfahren nach dem Opferfürsorgegesetz, insbesondere in Kärnten, drängte auf eine Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, um Menschen, die sich weiterbilden wollen, davor zu bewahren, ihren Arbeitslosenanspruch zu verlieren, wenn sie sich an einer Hochschule inskribieren. Weitere Themen Zinggls bildeten die neuen Bestimmungen zum Bleiberecht, die viel zu komplizierte Rechtslage bei Besuchsvisa und die Schwierigkeiten finanziell schlecht gestellter Personen, die Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) brachte Probleme Pflegebedürftiger bei der Neueinstufung ihres Pflegegeldanspruchs zur Sprache.

Abgeordneter Ernest Windholz (B) forderte insbesondere die Valorisierung des Pflegegelds und machte auf nach wie vor ungelöste Personalprobleme im Innenressort aufmerksam, obwohl nicht nur die Volksanwaltschaft, sondern auch der Rechnungshof auf Abhilfe drängte.

Abgeordnete Anna Höllerer (V) kritisierte einmal mehr Verzögerungen bei Obsorgerechtsverfahren und setzte sich für die Heranziehung qualifizierter Gutachter ein, insbesondere auch von KinderpsychologInnen.

Volksanwalt Peter Kostelka teilte mit, dass in Österreich Bedarf an 250 Rehabilitationsplätzen für Kinder bestehe und machte darauf aufmerksam, dass eine erfolgreiche Rehabilitation von Kindern, etwa nach Chemotherapie-Behandlungen oder schweren Operationen, nur erfolgreich verlaufen könne, wenn mindestens ein Elternteil einbezogen werde, was entsprechende bauliche Maßnahmen notwendig mache. "Spät genug" arbeite nun eine Arbeitsgemeinschaft von Bund und Ländern an einer Lösung dieses gravierenden Problems.

Die Diskriminierung von Männern beim Seniorentarif der Wiener Linien sei für ihn nicht nachvollziehbar, sagte der Volksanwalt und sah auch offene Probleme bei der Vollziehung des Opferfürsorgegesetzes, Kostelka stellte eine amtswegige Untersuchung in Kärnten in Aussicht. Reformbedarf sah der Volksanwalt auch bei den Verfahren zur Feststellung des Pflegebedarfs, wobei er insbesondere unterschiedliche Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene problematisierte. Bei der Möglichkeit Studierender, Arbeitslosenunterstützung zu beziehen, greifen laut Kostelka zwar erste Lockerungen, die Bestimmungen seien seiner Meinung nach aber nach wie vor zu restriktiv.

Volksanwältin Gertrude Brinek sah die Staatsanwaltschaft bei der Umsetzung der letzten Strafprozessordnungsnovelle und durch neue Formen der Kriminalität vor großen Herausforderungen stehen. Einerseits wurde viel Arbeit von der Polizei zur Staatsanwaltschaft verlagert, andererseits stünden die Staatsanwälte vor der Aufgabe, die steigenden Transparenzerwartungen der Öffentlichkeit in Einklang mit einer ungestörten Strafverfolgung zu bringen. Es gebe Beschwerden, u.a. auch wegen Nichteinhaltung der Geschäftsverteilung, insgesamt sei die Staatsanwaltschaft aber auf einem richtigen Weg, hielt Brinek fest.

Angesichts zahlreicher Beschwerden im Bereich Sachwalterschaft sprach sich die Volksanwältin dafür aus, die Gerichte durch neue wohlfahrtliche Maßnahmen zu entlasten. Vorformen der Sachwalterschaft könnten von Angehörigen aufgrund von Vollmachten für Pflegebedürftige wahrgenommen werden, sagte Brinek, und warb bei den Abgeordneten um Unterstützung ihres Vorschlags. Sicherzustellen sei jedenfalls, dass die Betroffenen nicht auf der Strecke bleiben.

Beim Thema Obsorge hielt es die Volksanwältin für notwendig, die Gutachter zu evaluieren, die von den Gerichten zur Absicherung ihrer Entscheidungen herangezogen werden. Es gehe darum, die Verfahren im Interesse der Kinder zu beschleunigen und alles zu unternehmen, damit Kinder nicht zu Racheobjekten ihrer zerstrittenen Eltern werden. Die Erfahrungen der Volksanwaltschaft mit Beschwerden über Obsorgeverfahren sollten jedenfalls in die Entscheidungen zur Neuregelung der Obsorge einfließen, sagte Brinek.

Volksanwältin Terezija Stoisits erklärte den nach wie vor bestehenden Personalmangel bei der Polizei mit den zunehmenden Lasten, die der Gesetzgeber der Exekutive aufbürde, ohne gleichzeitig für mehr Personal zu sorgen. Keine Verbesserungen konnte die Volksanwältin auch beim Bleiberecht registrieren, wo Verfahren wegen Personalmangels ebenfalls viel zu lange dauerten. Kritik übte Volksanwältin Stoisits auch daran, dass bei der Erteilung von Besuchervisa dieselben strengen Maßstäbe angelegt werden wie für Visaersuchen, die auf einen längeren Aufenthaltstitel in Österreich zielten. Darunter leiden Menschen, die aus Ländern mit Visumpflicht ihre Verwandten in Österreich besuchen wollen. Bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft regte die Volksanwältin an, den Behörden die Möglichkeit zu geben, die geltende Bindung an die finanzielle Situation des Antragstellers großzügiger zu behandeln, wenn Menschen ohne eigenes Verschulden in eine prekäre Lage geraten. Es sei ein Härtefall, wenn ein Asylant, der wegen Folter in der alten Heimat zum Invaliden wurde, aus Geldmangel nicht Staatsbürger werden könne.

In einer zweiten Verhandlungsrunde unterstrich Volksanwalt Peter Kostelka, wie wichtig es sei, bei der Einstufung von Pflegegeldbeziehern auf die Qualität der Gutachter zu achten und stimmte dem Vorschlag des Abgeordneten Johann Hechtl (S) zu, das Pflegepersonal in die Begutachtung einzubeziehen. Abgeordnetem Werner Herbert (F) gab Volksanwalt Kostelka in dessen Forderung nach Sanierung von Bundesheerkasernen vollinhaltlich recht, sprach von schweren Mängeln und inakzeptablen Verhältnissen bei der Unterbringung von Grundwehrdienern und drängte vehement auf die Sanierung der Gebäude. Beim Thema Heeres-Disziplinarrecht unterstrich Kostelka das Recht jedes Bundesheerangehörigen, sich mit Beschwerden an die Volksanwaltschaft zu wenden. Zu lange dauerten laut Kostelka auch Arbeitsplatzbewertungsverfahren beim Bundesheer.

In seiner Antwort auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten Sonja Ablinger (S) sprach Volksanwalt Kostelka sein Bedauern darüber aus, dass das Additivabkommen zur Menschenrechtskonvention betreffend Folter in Österreich noch nicht ratifiziert wurde. Kostelka erklärte dies mit der Notwendigkeit, die darin vorgesehene Ausweitung der Gültigkeit des Abkommens auf psychiatrische Kliniken sowie Jugend- und Altersheime in der österreichischen Rechtsordnung umzusetzen, was legistische Maßnahmen erforderlich mache.

Volksanwältin Gertrude Brinek informierte Abgeordneten Wolfgang Großruck (V), dass die Volksanwaltschaft ihre Erfahrungen auf Länder- und Gemeindeebene in ihren Länderberichten dokumentiere und teilte dem Abgeordneten mit, dass sie für eine Verwaltungsreform eintrete, die auf eine stärkere Kooperation zwischen Gemeinden, auf die Nutzung von Know-how und Synergien sowie auf mehr Effizienz gerichtet sei. Das bedeute aber nicht, Gemeinden zusammenzulegen oder Bezirke abzuschaffen, wovor Großruck in seiner Wortmeldung ausdrücklich gewarnt hatte.

Den Strafvollzug in Österreich beurteilte die Volksanwältin in ihrer Antwort auf eine Frage des Abgeordneten Oswald Klikovits (V) als "nicht schlecht". Die Justiz greife Anregungen der Volksanwaltschaft auf und habe etwa WC-Anlagen in Zellen, die von mehreren Häftlingen belegt seien, baulich abgetrennt. Auch beim Strafvollzug stehe die Justiz vor neuen Herausforderungen, etwa durch neue Formen der Kriminalität.

Volksanwältin Terezija Stoisits zeigte sich angesichts zahlreicher Beschwerden von Menschen, die an der Grenze zwischen Bundesländern leben und über Verzögerungen bei Verwaltungsverfahren wegen unterschiedlicher Normen in den einzelnen Bundesländern klagen, skeptisch darüber, "dass wir wirklich so viel Föderalismus und so viele Bezirkshauptmannschaften brauchen". Mehr Effizienz durch eine Verwaltungsreform würde auch zu Kosteneinsparungen führen, zeigte sich Stoisits überzeugt. Bei der von F-Abgeordnetem Werner Herbert kritisierten doppelten Mautpflicht bei Wechselkennzeichen regte die Volksanwältin eine Fünf-Parteien-Initiative an. Eine Möglichkeit, Ungerechtigkeiten bei der Zuerkennung von Betriebsprämien im Agrarbereich zu beseitigen - Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hatte darauf hingewiesen -, sah Volksanwältin Stoisits bei der kommenden Änderung der EU-Agrarrechtsordnung. Mit dem Abgeordneten einig wusste sich Stoisits auch darin, dass unterschiedliche Strafen wegen der Verwendung unzulässiger Pflanzenschutzmittel zwischen einzelnen Bundesländern nicht nachvollziehbar seien. Die Kooperation zwischen Volksanwaltschaft und Bundesdenkmalamt sei sehr gut, teilte Volksanwältin Stoisits mit, sprach von Erfolgen bei der Bewusstseinsarbeit und wies darauf hin, dass die Volksanwälte das Bundesdenkmalamt wirkungsvoll unterstützen, wenn es unter politischen Druck gerate. Anlass für diese Feststellung hatten Wortmeldungen der Abgeordneten Wolfgang Zinggl und Wolfgang Pirklhuber (beide G) gegeben, die auf Beschwerden wegen des Abbruchs des "Parkhotels" und des Bahnhofs in Gmunden eingegangen waren. (Schluss)