Parlamentskorrespondenz Nr. 743 vom 06.10.2010

Bund zieht bei Kapitalerhöhung der Verbund AG mit

Kritik von Grünen und BZÖ an Investitionen in Gaskraftwerke

Wien (PK) – Der Finanzausschuss machte heute Nachmittag mit S-V-F- Mehrheit eine Regierungsvorlage plenumsreif, die dem Finanzminister die Möglichkeit geben soll, sich mit 510 Mio. € an der 1 Mrd. € -Kapitalerhöhung der Verbund AG zu beteiligen und so die 51 %-Aktienmehrheit der Republik im Verbund-Aufsichtsrat zu behalten (879 d.B.). Die Kapitalerhöhung dient dem Ausbau von Wasserkraftwerken und Stromleitungen. Im Ausschuss behandelt wurden auch EU-Anpassungen im Finalitätsgesetz, die für eine effizientere Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen und Wertpapierlieferungen in Europa sorgen. Zudem verabschiedete der Ausschuss eine Ergänzung zum Rechtshilfeabkommen mit den USA für die Aufteilung von Vermögen, die im Zusammenhang mit Straftaten verfallen, sowie ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong. Schließlich schlug die FPÖ vor, das "Too big to fail-Problem" bei Banken durch eine Trennung der Tätigkeiten von Geschäftsbanken ("basic banking") von denen des Investmentbankings zu lösen. Ihr Entschließungsantrag wurde ebenso vertagt wie der Vorstoß des BZÖ auf Verschärfungen im Finanzstrafrecht beim Kampf gegen Markenfälscher und "Produktpiraten".

Bund zieht bei Verbund-Kapitalerhöhung mit und wahrt 51 %-Mehrheit

Eine heftige Debatte entbrannte um den ersten Tagesordnungspunkt, die Behandlung der Regierungsvorlage über Sonderbestimmungen im Zusammenhang mit der Erhöhung des Grundkapitals der Verbund AG. Bei der letzten Hauptversammlung wurde eine Aufstockung des Eigenkapitals des Unternehmens um 1 Mrd. € beschlossen, an dem die Republik Österreich mit 51 % beteiligt ist. Der Bund wird sich daran als Mehrheitseigentümer mit 510 Mio. € beteiligen.

Eingangs kündigte Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) die Zustimmung seiner Fraktion an, da hier wichtige Investitionen getätigt würden. Abgeordnete Christiane Brunner (G) hingegen meinte, es handle sich aus energiestrategischer Sicht um eine Fehlinvestition. In der Energiepolitik der Bundesregierung könne sie nur Planlosigkeit erkennen. Man investiere nicht in die Zukunft der erneuerbaren Energie. Mehrere große Wasserkraftprojekte seien zudem fragwürdig, da sie auch Natura 2000–Gebiete beträfen. Brunner forderte klare Kriterien für den Ausbau der Wasserkraft ein. Abgeordneter Peter Westenthaler (B) vermisste ebenfalls eine Gesamtstrategie in der Energiepolitik. Einem "Blankoscheck" für die Verbund AG werde seine Fraktion nicht zustimmen. Scharf kritisierte der Abgeordnete, dass die Regierung beim angekündigten Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz für den Energiebereich seit eineinhalb Jahren säumig sei. Der beschleunigte Anbieterwechsel, die Transparenz bei Stromabrechnungen und die Weitergabe von Strompreissenkungen seien bisher nicht eingelöst worden.

Positiv äußerten sich hingegen die Abgeordneten von ÖVP und SPÖ zu der Regierungsvorlage. Abgeordneter Jakob Auer (V) erinnerte an die hohe Dividende und Steuerleistungen, die durch das Unternehmen Verbund AG an den österreichischen Staat abgeführt werden. Man investiere mit hohem Beschäftigungseffekt in eine erneuerbare Energie, nämlich die Wasserkraft. Abgeordneter Konrad Steindl (V) schloss sich seinem Vorredner an und sah eine richtige strategische Entscheidung. Abgeordneter Christoph Matznetter (S) stellte klar, dass es sich hier nicht um eine Förderung für das Unternehmen handle, sondern um die Erhöhung der Eigenkapitalquote des Unternehmens. Dadurch könne es auf dem Kapitalmarkt zu günstigeren Bedingungen Geld aufnehmen. Man bewirke eine Wertsteigerung des Unternehmens, die letztlich dem Mehrheitseigentümer zugutekomme. Die SPÖ bekenne sich zum öffentlichen Eigentum und damit konsequenterweise auch zu dieser Kapitalerhöhung.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) erwiderte, ihre Partei sei sehr wohl für eine Eigenkapitalerhöhung und nicht prinzipiell gegen Wasserkraft eingestellt. Sie vermisste aber eine Vorgabe durch den Mehrheitseigentümer Verbund, in welche Richtung das Unternehmen gehen solle. Die Abgeordnete wandte sich gegen Simplifizierungen in der Frage der erneuerbaren Energie durch die Fokussierung auf die Wasserkraft. Der Verbund lasse zukunftsfähigen Strategien in anderen Bereichen, wie etwa der Fotovoltaik, vermissen. Abgeordneter Robert Lugar (B) konnte ebenfalls den angekündigten "ökologischen Meilenstein" nicht erkennen. Es gehe hier um ein budgetpolitisches Nullsummenspiel, meinte er. Der Staat solle dem Unternehmen nicht ermöglichen, "business as usual" zu betreiben, sondern seinen Einfluss auf dessen Strategie zum Tragen bringen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) wies darauf hin, dass das Unternehmen nur Kapital erhöhen könne, wenn der Staat als Mehrheitseigentümer mitgehe, um damit die Marktchancen des Unternehmens zu verbessern. Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) war überzeugt, dass die Ertragskraft des Unternehmens und damit dessen Steuerleistung gestärkt würden. Die Argumente der Grünen waren für ihn nicht stichhaltig, da man hier in eine erneuerbare Energie investiere. Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) unterstützte die Kapitalerhöhung mit dem Argument, der Einfluss des Mehrheitseigentümers werde abgesichert.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) kritisierte nochmals die Intransparenz von Stromabrechnungen des Verbundes, zu hohe Strompreise und die Säumigkeit der Regierungsparteien im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz. Abgeordnete Christiane Brunner (G) meinte, es gehe nicht an, dass ständig Wirtschafts- vor Bürger- und Umweltinteressen gestellt würden. Es gelte, eine falsche energiepolitische Weichenstellung zu korrigieren.

Staatssekretär Reinhold Lopatka verwies in seiner Antwort auf die Wortmeldungen der Abgeordneten darauf, dass bereits positive Stellungnahmen aus dem Finanz- und dem Umweltressorts zur Regierungsvorlage vorliegen. Er konnte in ihr keinen Widerspruch zur Energiestrategie der Regierung erkennen. Die Kapitalerhöhung bei der Verbund AG diene vielmehr der Steigerung der Energieeffizienz, dem Ausbau der erneuerbaren Energie Wasserkraft und der Sicherstellung der Energieversorgung. Damit würden alle Punkte der Energiestrategie erfüllt. Lopatka gab auch die positiven Effekte auf das Unternehmen und die Volkswirtschaft zu bedenken. Es gehe hier um nicht weniger als 37.000 Arbeitsplätze. Der Kapitalmarkt und die Ratingagenturen hätten bereits positiv auf die angekündigte Kapitalerhöhung reagiert. Zum Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz kündigte der Staatssekretär an, dass es in den nächsten Wochen Begutachtung geben werde.

In einer weiteren Wortmeldung bekräftigte Abgeordneter Robert Lugar (B) seine Bedenken gegen die Regierungsvorlage. Nur ein Teil des Geldes werde in Wasserkraft investiert, der andere fließe in Gaskraftwerke. Er sah darin den Beweis, dass man den staatlichen Einfluss auf das Unternehmen nicht genützt habe, um eine strategische Wende herbeizuführen. Abgeordneter Werner Kogler (G) äußerte ebenfalls heftige Kritik in Richtung der Bundesregierung und der Verbund AG. Er bezweifelte, dass es in Österreich eine energiepolitische Gesamtstrategie gebe. Der Umgang mit elektrischem Strom sei grundsätzlich zu überdenken. Die derzeitige Energiepolitik fördere nur sinnlose Verschwendung. Große Energiekonzerne seien in ihrem strategischen Denken auf große Einheiten fixiert. Alternative Strategien der Energiegewinnung, in denen die Zukunft liege, ließe man hingegen ungenützt. Auch der weitere Ausbau der Wasserkraft in der bisher üblichen Weise sei der falsche Weg, meinte Kogler. Die Länder seien in der Energiepolitik teilweise schon wesentlich weiter als der Bund. - Die Regierungsvorlage (879 d.B.) passierte den Ausschuss mit S-V-F Mehrheit.

Mehr Effizienz bei grenzüberschreitenden Zahlungen

 

EU-Anpassungen im Finalitätsgesetz, die einer effizienteren und kostengünstigeren Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen und Wertpapierlieferungen dienen (888 d.B.), verabschiedete der Ausschuss einstimmig an das Plenum.

Rechtshilfeabkommen mit USA, Doppelbesteuerungsabkommen mit Hongkong

Eine S-V-G-B-Mehrheit stimmte einer Ergänzung zum bestehenden  Rechtshilfeabkommens mit den USA zu, die die Möglichkeit schafft, Vermögen aufzuteilen, die bei der Aufklärung von Straftaten verfallen, eingezogen oder abgeschöpft werden (869 d.B.).

Staatssekretär Reinhold Lopatka informierte auf kritische Fragen des Abgeordneten Alois Gradauer (F) darüber, dass das vorliegende Abkommen der europäischen Rechtslage entspreche und es erlauben werde, beschlagnahmte Drogengelder aufzuteilen.

Eine Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen stimmte sodann einem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong zu. - Die Vorteile des Abkommens für die österreichische Wirtschaft legte Abgeordneter Christoph Matznetter (S) dem Ausschuss in einer kurzen Wortmeldung dar (870 d.B.).

FPÖ für "Firewall" zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken

 

Dann unterbreitete FPÖ-Abgeordneter Lutz Weinzinger seinen Entschließungsantrag 1220/A[E] mit Vorschlägen zur Lösung des "Too big to fail-Problems" bei Banken. Die FPÖ will Geschäftsbanken von den Investmentbanken trennen. Geschäftsbanken, die im Interesse der Realwirtschaft für das Einlagengeschäft, das Kreditgeschäft und für eine sichere Abwicklung des Geldverkehrs sorgen, sollen den Schutz der Republik genießen, Investmentbanken hingegen, die fremdes Geld risikoreich veranlagen, sollen künftig Unternehmen sein, die bei Misserfolg wie andere auch aus der Wirtschaft ausscheiden.

Abgeordneter Michael Ikrath (V) hielt dem zunächst sympathisch erscheinenden Anliegen der FPÖ entgegen, es gebe in Österreich gar keine Investment-Banken. Die österreichischen Banken seien allesamt als Geschäftsbanken zu bezeichnen. Der Antrag stelle daher – in Hinblick auf den österreichischen Fall – eine "Themenverfehlung" dar, sagte Abgeordneter Ikrath und beantragte dessen Vertagung. Der Beschluss erfolgte mit S-V-Mehrheit.  

Abgeordneter Robert Lugar (B) unterstützte den Antrag der Freiheitlichen, weil es notwendig sei, Spekulationen und Eigenhandel, wie sie etwa bei der Kommunalkredit AG zur Zwangsverstaatlichung geführt haben, zurückzudrängen.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) plädierte nachdrücklich für eine "Firewall" zwischen dem Kerngeschäft der Banken und dem Investmentbanking, weil es zu verhindern gelte, dass Banken auf Risiko der Steuerzahler spekulieren können. Königshofer hielt es für nicht nachvollziehbar, wenn österreichische Banken behaupten, sie müssten Derivate von mehr als 2 Billionen Euro "aus Absicherungsgründen" in ihren Portfolios halten.

Auch Abgeordneter Werner Kogler (G) zeigte Sympathie für den Antrag der Freiheitlichen und meinte, entweder müsste man das Bankgeschäft und das Investmentbanking voneinander trennen, oder ein Insolvenzrecht für Banken schaffen, wie es längst versprochen, aber immer noch nicht geschaffen wurde.

BZÖ will Produktpiraterie wirksamer bekämpfen

Positive Reaktionen bei den anderen Fraktionen löste Abgeordneter Robert Lugar (BZÖ) mit seinem Antrag auf Einführung wirkungsvoller Maßnahmen zur Bekämpfung der Produktpiraterie aus. Auf Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer wurde der Antrag vertagt, um Zeit für die Ausarbeitung eines gemeinsamen 5-Parteien-Antrages zu gewinnen.

(1160/A[E]).

Vor Eingang in die Tagesordnung hatten sich Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) und Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) nach den Regierungsvorlagen zur Finanzstrafgesetz-Novelle und zum Betrugsbekämpfungsgesetz erkundigt, die dem Vernehmen nach bereits vorliegen. Sie wollten wissen, warum diese nicht bereits auf der heutigen Tagesordnung zu finden seien. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) verwies auf konstruktive Gespräche der Koalitionsparteien, die zu den Gesetzen im Gange seien. Aussschussvorsitzender Günter Stummvoll bekräftigte, dass die Gesetzesvorlagen mit Sicherheit in der nächsten Ausschuss-Sitzung am 3. November behandelt würden. (Schluss)