Parlamentskorrespondenz Nr. 791 vom 20.10.2010

Thema Bundeshaushalt im Nationalrat: Wo soll gespart werden?

Finanzminister Pröll und Abgeordnete zur Budgetvorbereitung

Wien (PK) – Statt der Budgetrede des Finanzministers, wie sie die  Bundesverfassung für diese Sitzungswoche vorsieht, hörten die Abgeordneten am Beginn der heutigen 80. Sitzung des Nationalrats eine Erklärung von Vizekanzler Josef Pröll über den aktuellen Stand der Vorbereitungen für den Bundeshaushalt 2011. Redner der Opposition prangerten die Verschiebung der parlamentarischen Budgetberatungen als "Verfassungsbruch" an, die FPÖ legte Anträge auf Ministeranklage gegen die Regierungsspitze sowie auf Neuwahlen vor, ein Misstrauensantrag der Grünen scheiterte bei der Abstimmung an der Mehrheit der Koalitionsparteien.

Zum Themenblock "Bundeshaushalt" zählten auch die Verabschiedung der beiden Teile des Bundesrechnungsabschlusses 2009 und die mehrheitliche Ablehnung eines FPÖ-Antrages auf Einführung einer strukturellen Schuldenbremse. Das neue Haushaltsrecht begrenze die Neuverschuldung wirksamer als es die von der FPÖ vorgeschlagene Schuldenbremse, lautete das Argument. Die Umgründung der Neusiedler Seebahn Gesellschaft zur Erhaltung der Bahn durch den Seewinkel passierte den Nationalrat einstimmig.

Vor der Erklärung von Finanzminister Pröll zum Stand der Verhandlungen über das Budget 2011 hatte Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER bekanntgegeben, dass Abgeordneter Gerald Grosz (B) beantragt hat, dem Verfassungsausschuss für den BZÖ-Antrag 461/A zur Änderung von B-VG und Rechnungshofgesetz eine Frist bis 15. November 2010 zu setzen. Die Debatte darüber fand um 15 Uhr statt.  

Ebenso hat Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) verlangt, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 928/A(E) betreffend "6 aus 45" eine Frist bis zum 15. November 2010 zu setzen. 

Finanzminister Pröll zur Vorbereitung des Bundesbudgets für 2011

Die Diskussion in der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde mit einer Erklärung des Vizekanzlers und Bundesministers für Finanzen, Josef PRÖLL, zum Stand der Budgetvorbereitungen eingeleitet.

Pröll appellierte in seiner Stellungnahme an Reform- und Sparwillen. Reformen müssten ohne Ideologie umgesetzt werden, sagte er. Als Ziel nannte der Finanzminister ein "Maximum an Sparen und Reformen und ein Minimum an neuen Steuern". Der Wirtschaftsaufschwung dürfe nicht gebremst werden, gleichzeitig müsse man Freiräume für Offensivmaßnahmen schaffen. Dazu gehörten vor allem Investitionen in ein zukunftsorientiertes Ausbildungssystem, womit insbesondere zusätzliche Mittel für die Universitäten gemeint sind. Dies könne aber nur in einem Gesamtpaket erfolgen, fügte Pröll hinzu, das neben zusätzlichen Mitteln auch Reformen, mehr Transparenz und Zugangsregelungen beinhaltet. Zusätzliche Investitionen sollten nach Auffassung Prölls auch in Forschung und Entwicklung und in die ökologische Gestaltung des Landes erfolgen.

Die kommende Budgetgestaltung soll laut Pröll aber auch durch mehr Gerechtigkeit geprägt sein. Gerechtigkeit definierte er in der Hinsicht, dass man sich der sozial Schwachen annimmt, diejenigen, die das System tragen, dürften aber auch nicht überfordert werden. Er wolle ein Budget vorlegen, mit dem man sowohl den älteren Menschen in diesem Land aber auch den Kindern und Jungen ins Auge schauen kann.

Handlungsbedarf sah der Finanzminister beispielsweise bei den Familien, wobei er unterstrich, das Ergebnis müsse sozial verträglich sein. Aber auch im Pensionsbereich habe man noch große Aufgaben vor sich, stellte er fest. Die Pensionen könnten nur dann gesichert sein, wenn Ausgaben und Einnahmen korrelieren. Wenn man Schlupflöcher und Privilegien belasse, dann werde das Pensionssystem zu einem Pyramidenspiel, formulierte er pointiert. Sein Ziel sei eine Generationengerechtigkeit, und diese sei auch von den beiden Pensionistenvertretern nicht in Frage gestellt worden. Pröll machte sich einmal mehr für die Abschaffung der Hacklerregelung stark, denn diese belaste das Budget mit 2 Mrd. Euro jährlich. Erhöhe man hingegen die ASVG-Pensionen und Beamte um 1 Prozent, so kostet das im Vergleich nur 390 Mio. jährlich. Eine Fortführung dieses ungerechten Systems bedeute, dass man jedes Jahr um den Teuerungsausgleich zittern müsse.

Es könne nicht sein, so der Finanzminister, dass jede Sparbemühung als unsozial gebrandmarkt wird. Vielmehr sei das Schulden machen unsozial, denn von den gegenwärtigen Zinszahlungen in der Höhe von 8 bis 9 Mrd. Euro jährlich profitiere nur die internationale Finanzwirtschaft, aber kein einziger Bürger und keine einzige Bürgerin. Wer sich zum Schuldenabbau bekenne, müsse sich auch zum Sparen bekennen, unterstrich Pröll, denn alles, was der Staat ausgebe, müsse von den Menschen erarbeitet werden. Der Griff in die Staatskassen sei daher nichts anderes als der Griff in die Geldbörsen der Österreicherinnen und Österreicher.

Der Finanzminister warnte davor, die derzeit wieder anlaufende Konjunktur zum Vorwand zu nehmen, nicht mehr sparen zu müssen. Niemand wisse heute, wie nachhaltig der Konjunkturaufschwung ist, bemerkte Pröll. Außerdem sei Sparen eine Frage der Struktur und keineswegs eine der Konjunktur.

Der Finanzminister skizzierte in diesem Zusammenhang ein düsteres Bild der Staatsschulden und konstatierte, man habe seit Jahrzehnten  über die Verhältnisse gelebt und die Probleme vor sich her geschoben. Der Schuldenstand von 27 Mrd. Euro im Jahr 1980 sei auf 161 Mrd. Euro im Jahr 2007 angestiegen. Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise habe man notwendige Maßnahmen setzen müssen, wodurch man im Jahr 2010 bei einem Schuldenstand von 190 Mrd. Euro angelangt sei. Dafür zahle Österreich 8,3 Mrd. Euro an Zinsen jährlich und das sei Geld, das woanders fehle und das den Spielraum einenge. Diese Spirale müsse beendet werden, stellte der Finanzminister fest. Die schwierige Situation in der Krise habe man dadurch meistern können, dass man auf einen soliden Haushalt zurückgreifen habe können. Dieses Vertrauen der internationalen Finanzmärkte müsse erhalten bleiben, betonte Pröll, denn wenn am Sparwillen Österreichs Zweifel aufkommen, dann werde dies gefährliche Folgen haben. Saniere man das Budget nicht, dann werde die Verschuldung bis 2017 auf 80 Prozent steigen. Es sei daher unumgänglich, die Schulden zu senken und zwar, wie vorgesehen, zunächst auf 74 Prozent.

Das Bundesfinanzrahmengesetz habe daher einen entsprechenden Rahmen vorgegeben, der jedes Ministerium zu schmerzhaften Maßnahmen zwinge, sagte Pröll. In den letzten Monaten seien mit jedem Minister und jeder Ministerin Gespräche über die Detailkonzepte für die jeweiligen Ressorts geführt worden. Mit einigen Ministerien habe man die Verhandlungen weitgehend abschließen können, bei anderen seien noch Gespräche notwendig, weil diese lediglich kosmetische Einsparungen oder Einmaleffekte vorgeschlagen hätten. Der Finanzminister räumte auch ein, dass man mit den Bundesländern von einer Einigung noch weit entfernt sei. Trotz der harten Verhandlungen zeigte sich Pröll aber zuversichtlich, bald zu einer Einigung zu gelangen.

Die offenen Punkte sollen im Rahmen einer Regierungsklausur, die am Freitag beginnt, diskutiert werden, mit dem Ziel, bis 26. Oktober für den Bund ein Detailbudget fertigzustellen. In den kommenden Wochen sollen dann die geplanten Maßnahmen der Ministerien in Form eines Budgetbegleitgesetzes in Begutachtung geschickt werden. Er werde am 1. Dezember dem Parlament das Budget vorlegen, damit dieses am 1. Jänner 2011 gemeinsam mit den Budgetbegleitgesetzen in Kraft treten kann, versicherte Pröll.

In seiner Reaktion auf die Ausführungen des Finanzministers erinnerte Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) an die verfassungsmäßige Verpflichtung, zehn Wochen vor Ende des Jahres ein Budget vorzulegen. Die gesamte Bundesregierung begehe daher einen Verfassungsbruch, stellte Strache fest, und befinde sich damit außerhalb des Verfassungsbogens. Strache kündigte in diesem Zusammenhang eine Ministeranklage sowohl gegen Bundeskanzler Faymann als auch gegen Finanzminister Pröll an.

Die letzten Wahlen hätten gezeigt, dass der Verfassungsbruch nichts genützt, sondern nur geschadet hat. Dennoch sei die Regierung nicht zur Vernunft gekommen und unfähig, den Wählerauftrag zur Kenntnis zu nehmen. Die Politik der Ausgrenzung würde fortgesetzt, es bleibe die "Koalition der Verlierer und Steuerchaoten", meinte Strache. Er befürchtete einen Anschlag auf das Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die 13. Familienbeihilfe, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und Eingriffe bei Pensionen und Pflegegeld. Pröll sei ein unsozialer Finanzminister, so Strache, denn unter seiner Ägide sei die Staatsverschuldung um 30 Mrd. Euro gestiegen. Er habe den Banken Geld in den Rachen geschmissen, kritisierte er weiters. Strache forderte Einsparungen in der Verwaltung und bei Subventionen, wodurch 11 Mrd. Euro gespart werden könnten, und gleichzeitig eine Steuersenkung. Der derzeitige Stillstand dürfe nicht prolongiert werden, der einzige Ausweg aus der derzeitigen Situation sind laut dem FPÖ-Klubobmann Neuwahlen. In diesem Sinne kündigte er auch einen Neuwahlantrag seiner Fraktion an.

Abgeordneter Josef CAP (S) hielt dem Klubobmann der FPÖ vor, dass dessen finanzpolitisches Konzept jenseits jeglicher Machbarkeit liege. Mit derart unseriösen Lösungsansätzen disqualifiziere sich dieser Abgeordnete selbst, meinte Cap. Es habe sich gezeigt, dass es klug gewesen sei, mit der Budgeterstellung zuzuwarten, denn die Prognosen seien nun weit positiver als noch im Sommer.

Die wirtschaftliche Gesamtsituation sei eine gänzlich andere, und es wäre unsinnig, nicht darauf zu reagieren. Vor allem müsse gerade jetzt der soziale Aspekt des Budgetierens in den Vordergrund gerückt werden, denn "Kaputtsparen" wäre die falscheste aller Möglichkeiten. Die Kategorie der Gerechtigkeit spiele eine ganz zentrale Rolle bei der Erstellung des neuen Budgets, dafür werde seine Fraktion auch einstehen. Die Bundesregierung setze die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit, statuierte Cap, der sodann konkrete Punkte aufzählte, die man beim neuen Budget zu berücksichtigen habe.

Es sollten jene zur Kasse gebeten werden, welche diese Krise verursacht hätten, und wenn man schon für die Banken den Kopf hingehalten habe, dann sei es nur recht und billig, wenn diese nun eine Solidarabgabe leisteten, denn das sei Gerechtigkeit. Zum anderen müsse man auf die Pensionisten Rücksicht nehmen, denn man dürfe gerade diese Gruppe, die dieses Land einst wieder aufgebaut habe, nicht für eine Krise bestrafen, die andere verursacht hätten. Die soziale Gerechtigkeit sei ein ganz wesentlicher Punkt, den man im Sinne eines Vertrauensgrundsatzes bei der Budgeterstellung unbedingt beachten müsse.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) meinte, seine Fraktion habe sich vom Auftritt des Finanzministers mehr erwartet, denn es sei nicht einzusehen, weshalb die Regierung für diesen Auftritt Verfassungsbruch, Wählerbeschwindelung und Steuerlüge in Kauf genommen habe. Es gelte, die nötige Sanierung der Staatsfinanzen gerecht zu organisieren, und so gesehen sei diese Krise tatsächlich eine Chance, denn man könne aus den Entwicklungen, die zur Krise geführt haben, entsprechende Lehren ziehen.

Sparen müsse man mit Herz und Hirn. Es müsse darum gehen, dieselben Leistungen mit weniger finanziellem Aufwand zu bewerkstelligen. Und dazu sei es erforderlich, dort zu sparen, wo wirklich Geld verschwendet wird, und dort Steuern zu erhöhen, wo das Geld wirklich zu Hause ist. Man müsse also gerecht und innovativ sparen, konkret gelte es beispielsweise, den Steuerprivilegien der Superreichen zu Leibe zu rücken. Doch davon sei in der Rede des Finanzministers nichts zu merken gewesen, weshalb er einen Entschließungsantrag einbringe, wonach dem Finanzminister das Vertrauen zu entziehen sei. Mit diesem Finanzminister sei offensichtlich kein Staat zu machen, was sich gleich in mehreren Bereichen – etwa in der Bildung – zeige.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) erklärte, es sei kein Wortbruch, wenn der Finanzminister sich dazu bekenne, keine neuen Steuern zu wollen, dann aber den Wünschen des Koalitionspartner teilweise entgegenzukommen beabsichtige. Es sei doch vielmehr so, dass man jetzt handeln müsse, wenn man den Wohlstand dieses Landes auch für kommende Generationen absichern wolle. Man müsse jetzt darüber entscheiden, wie das Lebensniveau dieses Landes in der Zukunft aussehen werde. Man dürfe sich diverse Standards nicht auf Kosten der Zukunft erkaufen, und Schulden seien nichts als verbrauchte Zukunft. Man habe also die Pflicht, den Kindern keine Belastungen zu hinterlassen.

In diesem Lichte dürfe man sich nicht von einzelnen Wirtschaftsdaten blenden lassen. Sparen sei eine Tugend und keine Krankheit, man spare, um etwas zu erhalten, nicht, um etwas kaputt zu machen. Man werde daher ganz konkret in der Bürokratie und in der Verwaltung sparen, man werde den Privilegien in der Bundesbahn, der Nationalbank und bei der Stadt Wien zu Leibe rücken, man werde die Effizienz steigern, um sich Belastungen zu ersparen, die nicht notwendig seien. Auch müsse man den Sozialbereich treffsicherer machen, kündigte Kopf an, der zudem ausführte, man müsse überdies auch Offensivmaßnahmen setzen, um den Mittelstand zu entlasten, damit der Wirtschaftsstandort Österreich dauerhaft gesichert werden könne.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) bewertete die Rede des Finanzministers als eine inhaltsleere Blabla-Rede, die ihn an den alten Schlager "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo" erinnere. Offenkundig gebe es innerhalb der Regierung keinerlei Übereinstimmung mehr. Keiner wisse, wohin es gehen solle, und wenn es so weitergehe, dann avanciere der Finanzminister bald zum "Witzekanzler". Der Name Pröll stehe für Schulden und Geldvernichtung, das sei eine Tatsache.

Man habe es mit einer Regierung zu tun, die die Gesetze breche und die Bürger zum Narren halte. In der Politik herrsche nur noch Stillstand und Lähmung, nichts gehe mehr weiter. Der ÖVP gehe es nur noch um das Wohl der eigenen Partei, die Zukunft Österreichs sei sekundär. Aber man werde um Reformen nicht herumkommen, weshalb es dringend eines politischen Kurswechsels bedürfe. So sei eine Bankenabgabe absurd, denn diese treffe ja nicht den Bankdirektor, sondern die Bankkunden, da diese Steuer ja nur auf die Konditionen abgewälzt werden würde. Man schröpfe also die Falschen für diese Krise, und dafür trage diese Regierung die Verantwortung.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) hielt fest, Österreich sei ein Hochsteuerland, aber nur für jene, die arbeiten gingen. Nicht allerdings für jene, die andere arbeiten ließen. Es sollten nicht nur die Arbeiter und Angestellten Steuern zahlen, sondern eben auch die Inhaber von Steuerprivilegien wie etwa IV-Präsident Sorger, dessen Kampagne gegen Steuererhöhungen, wo er Putzfrauen für seine eigenen Interessen vorschiebe, nichts anderes als schäbig sei. Seine Fraktion trete dafür ein, dass auch Leute wie Sorger endlich Steuern zahlen sollte.

Man müsse beim Sparen genau aufpassen, wo man spare. Man dürfe nicht bei der Sicherheit, bei der Bildung und damit bei der Zukunft sparen. Konkret verwies der Redner auf die Fehlentwicklungen im Hochschulbereich. Man brauche mehr Studenten, mehr Absolventen, mehr Akademiker, und dem müsse die Politik Rechnung tragen. Man brauche ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit, auch und gerade im Bildungsbereich.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) behauptete, es seien die Unternehmer, die die Verantwortung für die Arbeitsplätze trügen. Man müsse den Unternehmern daher mit mehr Sensibilität entgegentreten, Klassenkampf sei hier fehl am Platz. Man brauche Handlungsspielraum für die Zukunft, und darauf müsse die Politik abgestellt werden.

Abgeordneter Lutz WEINZINGER (F) zeigte sich ernüchtert über die Budgetvorschau des Finanzministers. Dieser hätte ein richtiges Budget vorliegen müssen, stattdessen habe sich der Minister in Floskeln ergangen, ohne dass man konkret erfahren habe, was nun genau geplant sei. Was hier verkündet worden sei, hätte jeder zusammengebracht, dazu brauche man kein potent ausgestattetes Finanzministerium.

Aber es sei evident, dass die Regierungsparteien zuerst einmal an ihre Klientel dächten und dann erst an den Staat, denn gerade im Hinblick auf diesen sei die Rede des Finanzministers erstaunlich wortkarg geblieben.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) erinnerte an die Studierendenproteste vor einem Jahr. Trotz dieses Warnsignals sei aber keine Bewegung in die Wissenschaftspolitik gekommen – die Uni "brenne" nach wie vor. Gerade in Krisenzeiten gelte es jedoch, in Forschung und Bildung zu investieren, stand für Grünewald fest. Die Diskussion auf Studiengebühren zu reduzieren, sei aber nicht zielführend. Es wäre, so Grünewald, eher geboten, internationale Daten und Rankings für den österreichischen Hochschulbereich ernst zu nehmen und Gespräche über die Zukunft des Bildungswesens zu führen. Wenn man aber erkläre, dass man die Studierendenzahlen halbieren müsse, um den Wissenschaftsbetrieb leistbar und aufrecht zu erhalten, sei dies eine "Bankrotterklärung".

Abgeordneter Robert LUGAR (B) lobte Finanzminister Pröll für seine treffende Analyse der österreichischen Problemfelder. Für Lugar stand jedoch fest, dass es einer solchen Aufzählung nicht gebraucht hätte, zumal alle Anwesenden übereinstimmten, dass in vielerlei Hinsicht Reformbedarf bestehe. Lugar, der Finanzminister Pröll "Selbstgerechtigkeit" vorwarf, kritisierte auch, dass man noch nichts auf dem Gebiet der Verwaltungsreform zu Wege gebracht habe. Die ÖsterreicherInnen verlangten aber nach diesbezüglichen Bemühungen. Der Grund, warum man auf diesem Gebiet noch keine Fortschritte erzielt habe, ist Luger zufolge darin zu sehen, dass sich der Finanzminister vor Gewerkschaften und Landeshauptleuten "fürchte". Vor diesen beiden Gruppen habe er mehr Angst als vor den Wählerinnen und Wählern, stand für Lugar fest.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) forderte im Sinne einer zukunftsorientierten Politik Finanzminister Pröll dazu auf, mehr Geld für eine Bildungsoffensive in die Hand zu nehmen. Es gelte schließlich, gut qualifizierte Menschen für den österreichischen Arbeitsmarkt zu lukrieren. Mehr Geld für weniger Studierende wäre Kuntzl zufolge der falsche Weg. Auch höhere Studiengebühren für besonders beliebte Fächer stellen für die S-Mandatarin keinen gangbaren Weg dar. Die SPÖ fordere ein qualitativ hochwertiges und gerecht finanziertes Studiensystem, wobei es jene zur Leistung eines Solidarbeitrags zu verpflichten gelte, die über mehr Mittel verfügten.

Für Abgeordneten Jakob AUER (V) stand fest, dass man die Realität nicht schlechter darstellen solle, als sie ist. Über die vorgeschlagene Einsparung von StaatssekretärInnen könne man durchaus diskutieren, doch wäre es auch möglich, auf die Parteienförderung zu verzichten, was mehr finanzielle Mittel freisetze als der von Strache in die Diskussion eingebrachte Vorschlag. Das notwendige Bankenpaket wurde auch mit den Stimmen der Opposition geschnürt, es gelte nun aber auch, zu dieser Entscheidung und ihren Konsequenzen zu stehen, forderte Auer. Dass man mehr Mittel für den Bildungs- und Wissenschaftssektor in die Hand nehmen müsse, stand für den V-Mandatar außer Frage.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) hoffte, dass das bislang Gesagte den ZuseherInnen nicht "auf den Magen schlage". Was der Finanzminister in der heutigen Sitzung geboten habe, sei schließlich "mehr als dürftig". Die ZuseherInnen von heute werden der Bundesregierung aber schon bei der nächsten Wahl die Rechnung dafür präsentieren, zeigte sich Themessl überzeugt. Pröll habe nicht ausgeführt, in welchen Bereichen gespart werde und welche konkreten Maßnahmen man zu setzen gedenke. Einsparungen beim Förderwesen wolle die FPÖ mittragen, allerdings müsse man auch über den Verwaltungsabbau sprechen. Darüber hinaus gelte es, die Familienpolitik dahingehend zu verändern, dass sich österreichische Familien wieder zwei und mehr Kinder leisten können. Dem Fachkräftemangel durch Zuwanderung entgegenzuwirken, sei der falsche Weg, zeigte sich der Redner überzeugt.

Auch Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) übte Kritik an Finanzminister Pröll. Dieser sei erneut vieles schuldig geblieben. Es gelte nämlich, die Handlungsspielräume aufzuzeigen, nicht nur allgemeine "Stehsätze" zu formulieren. Auch die Stärkung der Universitäten dürfe, so Lichtenecker, nicht zum Schlagwort verkommen. Diskussionen über Eingriffe beim Pflegegeld müsse man grundsätzlich ablehnen, zumal derartige Maßnahmen die Schwächsten einer Gesellschaft treffen würden. Die Krise sei zwar vorbei, doch nun müsse man, so Lichtenecker, "intelligent investieren": Investitionsoffensiven in Forschung und Technologie – wie in der Schweiz – seien der richtige Weg, um hoffnungsvoll in die Zukunft blicken zu können. Lichtenecker brachte vor diesem Hintergrund einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion betreffend Vorrang für Forschung, Bildung und Innovation ein.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) freute sich darüber, dass der Debatte eine Schweizer Delegation beiwohnt, zumal dieses "Musterland" illustriere, wie man mit Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche umzugehen habe. Österreich solle sich an der Schweiz orientieren und ebenfalls in die Zukunftsfelder Forschung und Technologie investieren, schlug Widmann vor. Der österreichischen Wissenschaftspolitik stellte der Redner ein desaströses Zeugnis aus: Widmann konnte in diesem Zusammenhang auch nicht verstehen, warum man Studiengebühren per se ablehne. Die Erfahrungen, die man damit gemacht habe, könnten als durchaus positiv bezeichnet werden, stellt Widmann fest. Das BZÖ fordere darüber hinaus Einschreibgebühren für die ca. 20.000 Nicht-EU-Staaten-Angehörigen, die in Österreich studierten.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) erinnerte daran, dass alle Parteien die Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise mitgetragen haben. Es sei deshalb zynisch zu erklären, die Verschuldung sei darauf zurückzuführen, dass man über seine Verhältnisse gelebt habe. Was derzeit stattfinde, sei ein Ringen um die Frage, wer die "Zeche" für die Wirtschafts- und Finanzkrise tragen solle. Bei der Beantwortung dieser Frage gelte es aber, auf Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit zu setzen. Es gehe schließlich nicht an, dass ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen für die Budgetsanierung aufkommen sollen, empörte sich Katzian. Sparen dürfe nicht Einschnitte in den Sozial- und Gesundheitsbereich bedeuten: "Ist Geld für die Industrie da, muss auch Geld für die Menschen da sein", schloss der Redner.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) hielt S-Mandatar Katzian vor, einen Klassenkampf heraufzubeschwören. Jeder werde einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten müssen, man bemühe sich aber um soziale Ausgeglichenheit. Die Sozialquote Österreichs sei eine der höchsten ganz Europas, stellte Wöginger fest, weshalb es auch hier anzusetzen gelte. So sei es etwa ein "Gebot der Stunde", das Pensionsantrittsalter zu vereinheitlichen, wolle man das System nachhaltig gestalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die LeistungsträgerInnen, weshalb es eines ausgewogenen Gesamtpakets bedürfe. 

Für Abgeordneten Alois GRADAUER (F) stand fest, dass sich die Bundesregierung "auflöse". Ob angesichts der heute manifest gewordenen Differenzen die Erstellung eines Budgets möglich sein werde, stehe in den Sternen. Der selbstauferlegte Zeitdruck erschwere es Finanzminister Pröll in jedem Fall, ein gutes und ausgewogenes Budget auf die Beine zu stellen. Die angekündigte Konsolidierung der Finanzen habe bislang nicht stattgefunden, man stehe im Gegenteil vor hohen Defizitzahlen. Es gelte nun, die erforderlichen Reformen – etwa im Bereich Verwaltung – in Angriff zu nehmen, wobei die FPÖ gerne unterstützend zur Seite stehe.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) kritisierte, dass Pröll nur strukturelle Probleme in ihrer Gesamtheit angesprochen, aber nicht definiert habe, was er darunter konkret verstehe. Die Bundesregierung demonstriere "Entscheidungsunlust" und "Feigheit" vor Landeshauptleuten und WählerInnen, stand für van der Bellen fest. Im Gegensatz zu früheren, hoch analytischen Budgetreden habe man aus dem heute Präsentierten nichts mitnehmen können. Was den Wissenschaftsbereich anbelange, stehe fest, dass es mehr finanzieller Mittel für die heimischen Universitäten bedürfe. Ohne diese werde die Uni "brennen".

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) sprach sich für die Abschaffung von Privilegien der Beamten aus. Finanzminister Pröll hielt der Redner entgegen, dass er enttäuscht habe. Man hätte Zahlen, Daten und Fakten erwartet, doch nichts davon habe der zuständige Minister heute vorgelegt. Nach Wochen des "Vertuschens" und "Verheimlichens" sei das Gebotene mehr als "dürftig". Es gelinge der Bundesregierung schließlich nicht einmal im Ansatz, eine neue Kompetenzverteilung mit den Ländern auszuhandeln, kritisierte Scheibner.

Abgeordneter Josef JURY (o.F.) forderte die Bundesregierung zum Abgang auf, denn die Zukunft Österreichs und seiner Bevölkerung liege in ihren Händen. Die heutige Debatte habe schließlich mehr als deutlich gezeigt, dass es im "Gebälk" der Bundesregierung unüberhörbar "krache". Die von F-Klubobmann Heinz-Christian Strache eingebrachten Misstrauensanträge seien deshalb zu unterstützen.

Der Antrag der Grünen betreffend Vertrauensentzug gegenüber Finanzminister Pröll fand jedoch keine Mehrheit. Abgelehnt wurde auch der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Vorrang für Forschung, Bildung und Innovation. 

Die Spuren der Krise im Haushalt – Bundesrechnungsabschluss 2009

 

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) sagte zum Bundesrechnungsabschluss 2009, dieser weise ein Defizit von 9,6 Mrd. € bzw. 3,5 % des BIP aus, was eine wesentliche Verschlechterung gegenüber 2008 bedeute. Die Länder seien ebenfalls stark ins Minus gerutscht. Bei den ÖBB, in die der Bund 6,5 Mrd. € gepumpt habe, blieben Schuldenstand und Personalkosten katastrophal hoch. In Zeiten angespannter Budgets müssten auch die Pensionsprivilegien, die bei den ÖBB nach wie vor bestehen, fallen. Die FPÖ spricht sich gegen neue Steuern aus. Man brauche vielmehr eine Strukturreform, um klare Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu schaffen. Ein Beispiel dafür sei das Pflegegeld, wo 10 % der Gelder in die Verwaltung gehen. Bund und Länder müssten gemeinsam eine Verwaltungsreform erreichen, forderte Gradauer.  

Abgeordneter Jakob AUER (V) meinte, der Bundesrechnungsabschluss müsse im Kontext der Krise von 2008 und 2009 betrachtet werden. So gesehen stehe Österreich bei Verschuldung und Arbeitslosenquote und mit seinen Banken nicht so schlecht da. Österreich habe die EU-Benchmark beim Budgetdefizit erreicht. Es dürfe nicht alles schlechtgeredet werden, sondern man brauche Mut zur Zukunft. Die Lage der "Firma Österreich" stelle eine Bestätigung der Budgetpolitik der letzten Jahre dar. Für das Jahr 2010 habe man es aufgrund der getroffenen Maßnahmen geschafft, die Konjunktur in Schwung zu bringen. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gewährleiste damit auch die soziale Sicherheit, meinte Auer.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) kritisierte hingegen, die Versprechungen des Finanzministers, es werde keine Steuererhöhungen geben, seien nicht eingelöst worden. Er bemängelte, dass das Budget nicht ausgabenseitig saniert werde, oder es werde an der falschen Stelle, etwa bei Familienleistungen, gespart. Es gebe jedoch ausreichend Vorschläge des Rechnungshofes, wie ausgabenseitig effektiv gespart werden könne, sagte Lugar. Nicht die Menschen, sondern die Regierung hätten über die Verhältnisse gelebt, da müsse man ansetzen.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) sah im Rechnungsabschluss die gute Arbeit der Regierung bestätigt, die Eckdaten seien sehr gut. Die SPÖ stehe auf dem Standpunkt, dass man an den richtigen Stellen sparen müsse. Krainer sprach sich dagegen aus, dass Spekulationseinkünfte weiterhin steuerfrei bleiben. In der Gruppenbesteuerung sei die Regelung der Firmenwertabschreibung zu streichen, die Regelung sei nicht einsichtig und führe zu hohen Steuerausfällen, meinte er. 

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) ortete einen generellen Stillstand in der Politik. Reformen müssten rasch angegangen sein, um endlich Geld für dringend benötigte Maßnahmen zu haben. Die Finanz- und Wirtschaftskrise sei eine Realität, sei aber nur durch die Leistung starker und innovativer Firmen überstanden worden. Die Bundesregierung habe hingegen die notwendigen Reformen verschlafen. 

Abgeordneter Werner KOGLER (G) erkannte die angekündigte "Punktladung" des Budgets nicht. Er sah ein Gefahrenpotenzial im Bankensektor schlummern, vor allem durch die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria. Erst jetzt versuche die Bundesregierung, im Bankensektor einzugreifen. Die Kooperation der Gebietskörperschaften müsse besser geregelt werden, um Einsparungspotenziale zu heben, meinte Kogler, zeigte sich aber skeptisch, dass bald positive Fortschritte erzielt werden könnten.  

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) antwortete Abgeordnetem Krainer, dass die Gruppenbesteuerung in der derzeitigen Form für die österreichische Industrie mit ihrem kleinen Heimatmarkt absolut notwendig sei. Der Bundesrechnungsabschluss spiegle das Krisenjahr wider, zeige aber auch, dass die Krisenbekämpfung erfolgreich gewesen sei und man eine solide Finanzpolitik betrieben habe.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) entnahm den Eckdaten des Bundesrechnungsabschluss, dass die Bundesregierung im Jahr 2009 hervorragende Arbeit geleistet habe. Dass der Nettosaldo 2009 erstmals in Minus gerutscht sei, sei allerdings ein Warnsignal, man werde in den nächsten Wochen versuchen, hier eine Gegenstrategie zu entwickeln.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) verwies auf den Einbruch der Steuereinnahmen durch die Wirtschaftskrise. Man habe jedoch zahlreiche Maßnahmen dagegen ergriffen. Sie sprach sich dagegen aus, Unternehmen und Arbeitgeber gegeneinander auszuspielen. Tamandl sprach weiter den erforderlichen Beitrag der Länder zur Pensionsreform an. Zudem müssten Abgabenrückstände von Firmen, vor allem bei der Umsatzsteuer, effizienter eingetrieben werden, sagte sie.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) resümierte, Österreich habe trotz der Krise Rahmenbedingungen geschaffen, in denen der Sozialstaat und der private Konsum stabil bleiben konnten. Es werde in der Budgetdebatte darum gehen, ohne Tabus darüber zu reden, wer welchen Beitrag zu seiner Sanierung leisten könne, sagte Silhavy und wandte sich gegen eine Belastung des Mittelstandes. Man werde auch ernsthaft über die Verwaltungsreform sprechen müssen. Die Abgeordnete kritisierte, dass die ÖVP sich der Diskussion um eine einnahmenseitig gerechte Budgetsanierung verweigere.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) sah Österreich bei den wirtschaftlichen Kennzahlen im europäischen Spitzenfeld liegen. Das sei eine gemeinsame Leistung der Unternehmen und der Bundesregierung. Es bedürfe einer kooperativen Strategie zwischen Bund und Ländern, um die notwendigen Reformen zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich durchzusetzen.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) verwies auf die zahlreichen Maßnahmen, mit denen man richtig und sozial auf die Wirtschaftskrise reagiert habe. Die Forderung nach einer Banken- und Finanztransaktionssteuern seien kein Klassenkampf, betonte sie. Man müsse vielmehr darüber diskutieren, wie man diejenigen, die die Krise verursacht haben, dafür auch zahlen lasse.

Rechnungshofpräsident Josef MOSER nahm in seiner Wortmeldung zur bevorstehenden Budgetdebatte Stellung und verwies darauf, dass Strukturprobleme des Bundeshaushalts bereits vor der Finanzkrise bestanden hätten. Schon in Jahren des Wirtschaftswachstums habe man die Verschuldung nicht in den Griff bekommen. Diese Situation sei durch die Krise noch verschärft worden, und so sei 2009 bereits ein negativer Primärsaldo entstanden. Für die notwendige Sanierung brauche der Bund die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger als Partner, die zunehmend Probleme bei der Erstellung ihrer Budgets haben. Am Gesamtbefund ändere sich auch durch die neue Konjunkturlage nichts, da die Gesamtverschuldung weiter ansteigen werde. Die Konsolidierung sei auch durch mehr Transparenz im Rechnungswesen zu fördern, wenn man die Zukunftsfähigkeit des Budgets gewährleisten wolle. Das betreffe nicht nur den Bund, sondern auch die Gebietskörperschaften, sagte Moser.

Staatssekretär Reinhold LOPATKA zeigte sich erfreut darüber, dass trotz Krise der private Konsum nicht eingebrochen sei. Man habe eine gute Situation bei der Arbeitslosigkeit. Die  Maßnahmen zur Abfederung der Krisen hätten allerdings die Staatsfinanzen belastet, darum sei jetzt eine Konsolidierung erforderlich. Gemeinsam müsse man die Verschuldung einbremsen, die sich bei Ländern und Gemeinden weit dramatischer entwickle als im Bund. Der Stabilitätspakt müsse daher neu ausgehandelt werden. Es müsse Ausgaben- und Haftungsobergrenzen für die Länder geben und auch effektivere Sanktionsmaßnahmen. Der Bundesrechnungsabschluss bilde eine wichtige Basis für die Verhandlungen mit den Ländern, um die Defizite abzubauen, betonte Staatssekretär Lopatka.

Abgeordneter Franz ESSL (V) wies darauf hin, dass die Zahlen im Bundesrechnungsabschluss 2009 nicht mit den Zahlen des Bundesvoranschlags übereinstimmten. Sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen seien geringer als veranschlagt gewesen, skizzierte er. So habe es etwa aufgrund der Wirtschaftskrise starke Rückgänge bei der Körperschaftssteuer gegeben. Alles in allem wurde laut Eßl aber ein "vernünftiges Ergebnis" erzielt, dennoch müsse man weiter hart an der Konsolidierung der Staatsfinanzen arbeiten.

Der Bundesrechnungsabschluss wurde vom Nationalrat mehrheitlich angenommen.

Die Bahn fährt weiter durch den Seewinkel

Abgeordneter Ferdinand MAIER (V) äußerte sich zustimmend zum vorliegenden Gesetzentwurf und begrüßte die vorgesehene Weiterführung der Neusiedler Seebahn. Er forderte Verkehrsministerin Doris Bures allerdings gleichzeitig auf, Verhandlungen mit ihrem ungarischen Amtskollegen aufzunehmen, um auch in Bezug auf die Raaber Bahn und den Kauf der Rail Cargo Hungaria durch die ÖBB eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Ein von Maier zum vorliegenden Gesetzentwurf eingebrachter Abänderungsantrag enthält lediglich eine formale Korrektur.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) erläuterte, die Neusiedler Seebahn sei bereits in Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie gegründet worden. Aus dieser Zeit resultiere auch die bestehende Rechtsform der Bahn. Ziel der nunmehr vorgesehenen Umgründung ist es Hagenhofer zufolge, den österreichischen Streckenteil der Bahn auch dann weiter befahren zu können, sollte die ungarische Teilstrecke stillgelegt werden.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zur Regierungsvorlage an. Es gehe um die Aufrechterhaltung einer Regionalbahn, betonte sie und appellierte an die Regierung, sich auch für die Fortführung des ungarischen Streckenabschnitts einzusetzen. Generell machte sich Moser für den Erhalt von Nebenbahnen stark.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) hielt fest, auch das BZÖ werde der Umgründung zustimmen. Schließlich befinde sich 90 % des Vermögens der Neusiedler Seebahn in Österreich und nur 10% in Ungarn. Das gesamte Betriebsvermögen solle bei einer etwaigen Insolvenz nicht in die Hände des ungarischen Staats fallen, unterstrich Huber.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) verwies auf die Bedeutung der Neusiedler Seebahn für den Tourismus und die Arbeitsplätze der Region. Die Umgründung gewährleiste, dass die Bahnlinie erhalten werden könne, sagte er.

Der Gesetzentwurf wurde unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags einstimmig verabschiedet.

Wer zieht die Schuldenbremse?

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) hob die Notwendigkeit hervor, die österreichischen Staatsschulden "in den Griff zu bekommen" und forderte in diesem Sinn die Einführung einer "Schuldenbremse" nach Schweizer Vorbild. In der Schweiz sei bereits seit dem Jahr 2003 eine Schuldenbremse verankert, seither habe sich der Schuldenstand dort stabilisiert, skizzierte er. Gradauer hält es für notwendig, dass sich die Einnahmen des Bundes an den Ausgaben orientieren, nur für Katastrophenfälle solle es Ausnahmen geben.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) erklärte, er habe viel Sympathie für den Antrag der FPÖ, da kein Weg an der Konsolidierung des Staatshaushalts vorbeiführe. Dass die ÖVP den vorliegenden Antrag dennoch ablehnen wird, begründete er damit, dass Österreich mit dem neuen Budgetrecht einen Ausgabenrahmen habe, der de facto als Schuldenbremse wirke.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) äußerte sich zum FPÖ-Antrag hingegen zustimmend. Eine Schuldenbremse könnte verhindern, dass der Staat neue Schulden mache, meinte er. Das müsse auch für Krisenzeiten gelten. In wirtschaftlich guten Zeiten braucht es Lugar zufolge Überschüsse, um die bestehenden Schulden abzubauen. Er sieht in Österreich enormes Einsparungspotenzial.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) zeigte sich davon überzeugt, dass eine Schuldenbremse Österreich bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise keinen Schritt weiter gebracht hätte. In Bezug auf die geplante Budgetkonsolidierung hält er soziale Gerechtigkeit für vordringlich, wobei seiner Auffassung nach Österreich im internationalen Vergleich zu niedrige Steuern auf Kapital hat.

Auch Abgeordneter Werner KOGLER (G) lehnt die Schuldenbremse in der von der FPÖ vorgeschlagenen Form ab. Österreich würde sich mit einer Schuldenbremse notwendiger wirtschaftspolitischer Instrumente berauben, die es dem Staat in Krisenzeiten ermöglichten, gegenzusteuern, erklärte er. Kogler kann sich aber eine Art Schuldenbremse für Bundesländer und Gemeinden vorstellen.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) führte aus, Österreich sei besser durch die Wirtschaftskrise gekommen als andere europäische Länder. Zur von der FPÖ geforderten Schuldenbremse äußerte er sich skeptisch. Die mit dem neuen Budgetrecht eingeführten Ausgabenobergrenzen hätten sich bewährt, unterstrich Haubner, es brauche keine neuen Instrumente.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) bekräftigte, das flexible Budgetsystem in Österreich sei "intelligenter" als jede starre Regel. Man brauche entsprechende Mechanismen in außergewöhnlichen Zeiten. Zudem würden fixe Grenzen in Krisenzeiten leicht missachtet, sagte Matznetter und verwies etwa auf die Stabilitätskriterien für den Euro-Raum und den Stabilitätspakt mit den Bundesländern.

Der ablehnende Ausschussbericht über den FPÖ-Antrag wurde vom Nationalrat mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Schluss/Forts.NR)