Parlamentskorrespondenz Nr. 906 vom 19.11.2010

Österreich setzt 3. Energie-Binnenmarktpaket um

Wirtschaftsausschuss beschließt ElWOG 2010

Wien (PK) - Mit den Stimmen der Regierungsparteien und der FPÖ verabschiedete der Wirtschaftsausschuss heute das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, mit dem das 3. Energie-Binnenmarktpaket der Europäischen Union in die österreichische Rechtsordnung umgesetzt wird. Nach der Liberalisierung des Energiemarkts stehen die neuen Regelungen nunmehr im Zeichen der Absicherung der Verbraucherrechte und einer wirksamen Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber. Neben einer Sicherstellung des freien Marktzugangs für die Versorger ist auch die Stärkung der Regulierungsbehörde zentraler Teil des Gesetzes.

In der Debatte thematisierten die Abgeordneten das durch das Gesetz anvisierte so genannte Smart Metering, wobei Abgeordneter Wolfgang Katzian (S) meinte, die intelligenten Stromzähler seien die Zukunft im Energiebereich, es gelte aber, Konsumentenschutz und Datenschutz dabei entsprechend abzusichern. Abgeordneter Heinz-Peter Hackl (F) konnte diese positive Einschätzung nicht teilen und befürchtete vielmehr, dass letztlich der Endkunde zur Kasse gebeten wird. Abgeordneter Rainer Widmann (B) trat dafür ein, Smart Metering nur in Absprache mit den KundInnen einzuführen.

Widmann kam zu dem Schluss, das vorliegende Gesetz bringe zwar Verbesserungen, enthalte aber immer noch Doppelstrukturen und verursache ein Mehr an Bürokratie. Er befürchtete auch, ebenso wie G-Abgeordnete Christiane Brunner, Benachteiligungen für den Ausbau erneuerbarer Energien durch die Einspeisetarife und beklagte den Zeitdruck bei der Diskussion. Widmann konnte sich aber mit seinem Antrag auf Vertagung nicht durchsetzen.

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) sprach hingegen von einem guten Mittelweg und warnte im Zusammenhang mit dem Ökostrom vor überbordenden Kosten, die letztlich die KundInnen treffen würden.

G-Abgeordnete Christiane Brunner setzte sich kritisch mit der Wortmeldung ihres Vorredners auseinander. Bartenstein müsse einsehen, dass es schlussendlich um Kostenwahrheit gehe, hielt Brunner fest: Die Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko illustriere schließlich, wie teuer die Beseitigung der Umweltschäden komme, die konventionelle Energieträger zu verursachen imstande sind. Ihre Fraktionskollegin Ruperta Lichtenecker wies außerdem auf die kritische Stellungnahme der Landeshauptleutekonferenz zum gegenständlichen Gesetzesentwurf hin.

F- und B-Abgeordnete vermuteten überdies, dass der Verwaltungsapparat der E-Control aus parteipolitischen Gründe aufgebläht werde – ein Vorwurf, den S-Mandatar Christoph Matznetter strikt zurückwies. Ihm zufolge hätten die Oppositionsparteien hier einiges missverstanden: Bei der Etablierung eines 4-Augen-Systems gehe es nicht um Proporz, sondern um eine sinnvolle Vorgangsweise, zumal dieser Kontrollinstanz weitreichende Kompetenzen zugestanden würden.

F-Abgeordneter Bernhard Themessl kritisierte überdies die Tendenz, EU-Vorgaben schneller umzusetzen als Vorschläge, die aus dem eigenen Haus kämen. Seine Fraktion werde dem gegenständlichen Gesetzesentwurf aber dennoch zustimmen.

Dass man das Gesetz schnell vorgelegt habe, bedeute nicht, dass es nicht ordentlich vorbereitet sei, reagierte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner auf den Vertagungsantrag des BZÖ. In diesem Bereich gebe es natürlich unterschiedliche Interessen, man habe es aber geschafft, einen guten Ausgleich zu erzielen, stand für ihn fest. Der vorliegende Entwurf bringe nicht nur mehr Wettbewerb, sondern auch mehr Transparenz für die Kundinnen und Kunden. Ein Ökostromgesetz könne und wolle er auch gar nicht ersetzen, hielt Mitterlehner in Richtung der Grünen fest. Was die österreichische Energiestrategie betreffe, so bestehe nach wie vor das Ziel, energieautark zu werden. Den Vorwurf, dass man mit diesem Gesetz Ökostrom benachteilige, wies der Wirtschaftsminister entschieden zurück. Auch die Interpretation, die Vorlage bringe Mehrkosten für die KonsumentInnen, wollte er nicht gelten lassen. Mitterlehner zeigte sich im Gegenteil davon überzeugt, dass die Kundinnen und Kunden von dieser Neuregelung profitieren werden.

Rücken- und Gegenwind für Erdgaspipeline South-Stream

Durch die Genehmigung eines bilateralen Abkommens mit Russland soll das Projekt der Erdgaspipeline South-Stream den nötigen politischen Rückhalt durch Österreich bekommen. In diesem Sinn sprach sich der Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP für ein entsprechendes Vertragswerk aus, das vor allem der Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb der Pipeline dient und damit die erforderliche Rechtssicherheit für die privatwirtschaftliche Finanzierung schafft.

Kritik an diesem Vorhaben kam von Seiten der Opposition. B-Abgeordneter Robert Lugar fragte in diesem Zusammenhang nach dem Verbleib eines nachhaltigen Energiekonzepts. Man brauche keine weitere Pipeline, sondern müsse vielmehr danach trachten, den Energieträger Gas durch Biomasse zu ersetzen, sagte Lugar. Auch G-Mandatarin Christiane Brunner konnte dem Projekt South-Stream nichts Positives abgewinnen. Für sie stand fest, dass ein Umdenken in Richtung Forcierung erneuerbarer Energien stattfinden müsse – eine Auffassung, der sich auch F-Abgeordneter Gerhard Deimek anschloss. Es gelte, unabhängiger von der Ressource Gas zu werden, forderte er. Dass dieser Energieträger über Staaten zu uns gelange, die keine stabilen Volkswirtschaften seien, trage schließlich nicht zur Versorgungssicherheit bei.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) forderte außerdem eine dahingehende Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes, dass kein öffentliches Interesse mehr daran bestehe, Gasleitungen über Grundstücke zu verlegen, die in Privatbesitz stehen. Derzeit würden viele Menschen quasi zum Verkauf ihres Grund und Bodens genötigt.

Wirtschaftsminister Mitterlehner nutzte seine Wortmeldung, um einiges klarzustellen. Zum einen verliefen nur 50 km der gesamten Leitung durch österreichisches Staatsgebiet, zum anderen sei man – trotz Bemühungen um Energieautarkie – nach wie vor auf die Ressource Gas angewiesen. Darauf habe Abgeordneter Martin Bartenstein (V) richtigerweise aufmerksam gemacht, hielt Mitterlehner fest. Dem von F-Mandatar Deimek angesprochenen Problem der Versorgungssicherheit begegne die Europäische Union nunmehr mit Rückspeicherung, versicherte der Wirtschaftsminister. Grob verallgemeinernd sei es auch, wenn B-Mandatar Widmann von Druckausübung auf alle GrundstückseigentümerInnen spreche. Von den 4.000 betroffenen Personen hätte schließlich nur eine auf Enteignung geklagt.

Maß- und Eichgesetz bringt Harmonisierungen

Anpassungen an die Anforderungen des EU-Gemeinschaftsrechts sieht eine Novelle zum Maß- und Eichgesetz vor, die der Ausschuss einstimmig unter Berücksichtigung eines ebenfalls einstimmig angenommenen Abänderungsantrags plenumsreif machte.

(Schluss Wirtschaftsausschuss)