Parlamentskorrespondenz Nr. 940 vom 25.11.2010

Hauptausschuss: Scharfe Kritik von FPÖ und BZÖ an Hilfe für Irland

"Bankenpaket" brachte bis Ende September Einnahmeplus von 311 Mio. ���

Wien (PK) – Die geplante finanzielle Hilfe für Irland beschäftigt nun auch das Parlament. Im Hauptausschuss des Nationalrats übten FPÖ und BZÖ massive Kritik am in Aussicht genommenen Rettungspaket und zeigten kein Verständnis dafür, dass die österreichischen SteuerzahlerInnen nach der Griechenland-Hilfe weitere Risiken übernehmen müssten. Die Sache laufe genau so, wie es das BZÖ prophezeit habe, sagte etwa Abgeordneter Ewald Stadler und warnte vor einem "Fass ohne Boden".

Auch ÖVP-Abgeordneter Wilhelm Molterer sprach von einer "alles andere als erfreulichen Situation". Er gab allerdings zu bedenken, dass es kurzfristig keine Alternative zu den vorgesehenen Hilfsmaßnahmen gebe. Über die Details des Pakets wird laut Staatssekretär Reinhold Lopatka noch verhandelt, mit dem Eurokrisenfonds EFSF steht ein Haftungsrahmen von bis zu 440 Mrd. € zur Verfügung. Auch die Nicht-Euro-Länder Großbritannien, Schweden und Dänemark haben Unterstützung zugesagt.

Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss von BZÖ-Abgeordnetem Ewald Stadler. Er kritisierte, dass es sich bei der Hilfe für Irland erneut um ein Banken-Rettungspaket handle. Die Tendenz der Banken, sämtliche Verluste zu "sozialisieren", setze sich damit fort und würde von den europäischen Ländern noch bestärkt. Österreich müsse lernen, einmal "nein" zu sagen, forderte er.

Den Einwand, es gebe zum Hilfspaket für Irland keine Alternativen, ließ Stadler nicht gelten. Seiner Ansicht nach wäre es durchaus überlegenswert, Banken, "die am Markt vorbei Produkte anbieten", pleitegehen zu lassen. Auch Schuldennachlässe oder ein Staatsbankrott wären Möglichkeiten. Von Großbritannien forderte Stadler einen essentiellen Beitrag zum Rettungspaket ein.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) zeigte kein Verständnis dafür, dass die österreichischen SteuerzahlerInnen "wieder einmal bemüht werden", für Dinge, die sie nicht verursacht haben, mit Steuergeldern geradezustehen. Bei Staatssekretär Lopatka erkundigte er sich, inwieweit die Euro-Länder für weitere Problemfälle wie Portugal gewappnet seien. Irgendwo müsse es ja eine Schmerzgrenze für Haftungen geben, meinte er. Gradauer selbst sprach sich für eine Zweiteilung der Eurozone und eine eigene Euro-Währung für Hartwährungsländer aus.

Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) räumte ein, dass die Situation "alles andere als erfreulich ist". Er gab aber zu bedenken, dass die gemeinsame Währung bisher gerade auch für Österreich ein enormer Vorteil gewesen sei und auch in Zukunft sein werde. Man müsse alles tun, den Euro auch in einer "nicht unkritischen Situation" zu unterstützen, sagte er.

Kurzfristig gibt es Molterer zufolge in diesem Sinn keine Alternative zu den vorgesehenen Hilfsmaßnahmen für Irland. Es brauche gleichzeitig aber auch eine langfristige Strategie der EU, um ähnliche Entwicklungen in Zukunft zu vermeiden, betonte er. Kritik übte Molterer an manchen Politiker-Statements, die seiner Meinung nach geeignet sind, die Märkte weiter zu beunruhigen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) forderte eine Diskussion über die Steuerpolitik Irlands im Zuge des Hilfspakets ein. Den gefährdeten "PIGS-Ländern" - Portugal, Irland, Griechenland und Spanien - sei gemein, dass sie alle eine sehr niedrige Abgaben- und Steuerquote hätten, skizzierte er. So fördere Irland mit seiner niedrigen Körperschaftssteuer "Steuerdumping" in Europa.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap hob hervor, dass sich das "Augenzudrücken" bei der EU-Erweiterung und der Aufnahme von EU-Ländern in die Euro-Zone nun räche. Man müsse künftig sorgfältiger vorgehen und strenger auf die Einhaltung der vorgegebenen Kriterien achten, mahnte er. Cap zufolge gibt es innerhalb der EU außerdem "kein gemeinsames ökonomisches Wollen", die einzelnen Staaten verfolgten unterschiedliche Ziele.

Abgeordneter Alexander van der Bellen (G) rief in Erinnerung, dass Österreich mit der Hypo Alpe Adria ebenfalls eine vor dem Bankrott stehende Bank gerettet habe, ohne dass es von Seiten des BZÖ und der FPÖ zu Widerständen gekommen sei.

Staatssekretär Reinhold Lopatka wies darauf hin, dass es - im Gegensatz zu Griechenland - zu keinen direkten Zahlungen nach Irland kommen werde. Wie genau die Hilfe aussehen wird, steht ihm zufolge aber noch nicht fest, man stehe erst am Beginn der Verhandlungen. Im Rahmen des Euro-Schutzschirms stehe jedenfalls ein Haftungsrahmen von 440 Mrd. € zur Verfügung. Auch die Nicht-Euro-Länder Großbritannien, Dänemark und Schweden hätten eine Beteiligung am Hilfspaket zugesagt.

Positiv hob Lopatka die massiven Bemühungen Irlands zur Konsolidierung des Staatshaushalts hervor. In diesem Zusammenhang wies er auch auf "ehrgeizige Pläne" des Landes bezüglich des Wirtschaftswachtsums hin und gab zu bedenken, dass eine erzwungene Erhöhung der Körperschaftssteuer in diesem Sinn problematische Auswirkungen haben könnte.

Einen "Plan B" im Sinne einer Zweiteilung der Euro-Zone gibt es Lopatka zufolge nicht. Zur Griechenland-Hilfe merkte er an, Griechenland sei auf gutem Weg und habe bisher alle Vereinbarungen erfüllt.

Grundlage für die Diskussion im Hauptausschuss waren zwei Berichte des Finanzministers über den bisherigen Verlauf der Griechenland-Hilfe. Sie wurden mit S-V-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Österreich beteiligt sich an der Griechenland-Hilfe mit maximal 2,3 Mrd. €. Wie aus den Berichten hervorgeht, wurden bislang zwei Darlehen im Ausmaß von zunächst 451,7 Mio. € und im September von 152,6 Mio. € gewährt. Die ersten beiden Zinszahlungen in der Höhe von 1,2 Mio. €  sowie von 4,3 Mio. € hat Griechenland bereits an Österreich überwiesen.

Rechtlich gesehen handelt es sich bei der an strikte Bedingungen geknüpften Hilfe um einen direkten Vertrag zwischen den Geberländern und Griechenland. Der Vertrag garantiere eine Vollkostendeckung und es entstünden keine Kosten für die Republik, heißt es im Bericht des Finanzministers. Das Gesamtvolumen der Griechenland-Hilfe beträgt – nach dem Ausstieg der Slowakei – knapp über 109 Mrd. €, wovon etwas mehr als 79 Mrd. € auf die Euro-Länder und 30 Mrd. € auf den IWF entfallen.

Am Euro-Schutzschirm, mit dem der finanzielle und wirtschaftliche Kollaps eines Euro-Landes verhindert und damit das Funktionieren der Währungsunion sichergestellt werden soll, kann sich Österreich gemäß Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz (FinStaG) mit Haftungen von bis zu 15 Mrd. € beteiligen. Das zwischen den Euro-Ländern vereinbarte so genannte "EFSF Framework Agreement" sieht für Österreich mit anteiligen 12,24 Mrd. € allerdings eine etwas geringere maximale Haftungssumme am Gesamthaftungsrahmen von 440 Mrd. € vor.

Finanzminister legt Vierteljahresberichte zum Bankenpaket vor

Im Hauptausschuss zur Diskussion standen auch zwei Vierteljahresberichte des Finanzministers zum Bankenpaket, die jeweils mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen wurden.

Daraus geht hervor, dass im Zusammenhang mit dem Bankenhilfspaket bislang – mit Stichtag 30. September - Einnahmen im Gesamtbetrag von 736 Mio. € erzielt wurden. Dem stehen Ausgaben in der Höhe von 425 Mio. € gegenüber. Der Saldo beträgt somit 311 Mio. €. Im dritten Quartal hat es laut Bericht keine Nachfragen für neue Maßnahmen aus dem Bankenpaket gegeben.

Der Haftungsrahmen im Interbankmarktstärkungsgesetzes (IBSG) wurde infolge der Griechenland-Hilfe und des Euro-Schutzschirms um 15 Mrd. € von 65 Mrd. € auf 50 Mrd. € reduziert. Die EU-Kommission hat im vergangenen Juni die Ausweitung der Frist zur Anwendung der Maßnahmen nach dem IBSG und dem FinStaG bis Ende 2010 genehmigt.

In den Berichten wird auch festgehalten, dass die begünstigten Banken im zweiten Quartal 2010 an heimische Unternehmen und Private neue Kredite in der Gesamthöhe von 6,9 Mrd. €, davon rund 1,1 Mrd. € an kleine und mittlere Betriebe (KMU), zur Verfügung gestellt haben.

Im zweiten Quartal zeichnete der Bund Partizipationskapital der Hypo-Alpe-Adria-Bank-AG (HBA) über 450 Mio. €, womit die im März 2010 übernommene Bürgschaft für Kreditforderungen über 51,15 Mio. € abgelöst wurde. Die Erstfassung des Restrukturierungsplans der Hypo Group Alpe Adria wurde in der Zwischenzeit der EU-Kommission notifiziert, im September ging die Antwort auf einen von der Kommission erstellten Fragenkatalog nach Brüssel.

Auf Fragen der Abgeordneten Elmar Podgorschek (F), Kai Jan Krainer (S) und Ewald Stadler (B) teilte Staatssekretär Lopatka mit, dass er noch keinen Privatisierungszeitpunkt für die vom Staat aufgefangene Kommunalkredit nennen könne. In Bezug auf den Restrukturierungsplan stehe man in Kontakt mit der EU-Kommission.

Ausfuhrförderung im 2. und 3. Quartal 2010

Einstimmig genehmigte der Hauptausschuss Berichte des Finanzministers über die im 2. und 3. Quartal 2010 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen im Bereich der Exportförderung.

Demnach wurden zwischen dem 1. April und 30. September 2010 22 Garantien übernommen, die im Einzelfall den Betrag von 10 Mio. € überstiegen haben. Als Abnehmerländer werden in den Berichten angeführt: Albanien (1), Bahrain (1), Belarus (1), Bosnien und Herzegowina (1) China (5), Gabun (1), Indien (1), Libyen (1), Malaysia (1), Marokko (1), Pakistan (1), Rumänien (2), Sri Lanka (1), Taiwan (2) und Ukraine (1).

Eine größere Garantie für Georgien wurde zugunsten der Österreichischen Entwicklungsbank übernommen. Die Entwicklungsbank beteiligt sich mit 20 Mio. € an einer KfW-Kreditlinie für den Neu- und Umbau von Übertragungsleitungen und Umspannstationen in Georgien im Rahmen des Schwarzmeer-Energieverbund-Vorhabens.

Unter den geförderten Projekten sind laut den Berichten zwei Projekte mit möglichen erheblichen ökologischen Auswirkungen zu finden. Dies betrifft zunächst die Lieferung einer Sinteranlage inklusive Abgasrecycling an ein bestehendes integriertes Stahlwerk in Taiwan. Des weiteren handelt es sich um eine Beteiligungsgarantie für die Planung, Errichtung und den Betrieb von zwei Laufkraftwerken in Albanien. Nähere Informationen dazu sind auf der Homepage der Österreichischen Kontrollbank (www.oekb.at ) zu finden.

Der gesamte Haftungsrahmen von 50 Mrd. € war zum Quartalsultimo mit 39,16 Mrd. € ausgenützt, womit die Ausnützung des Haftungsrahmens bei rund 78,2 % gegenüber 78,3 % per 30. September 2010 lag. Wie die Berichte festhalten, hängt der geringere Ausnützungsgrad mit dem durch die Finanzkrise bedingten Rückgang der Haftungszusagen zusammen.

Auf eine Frage von Abgeordneter Judith Schwentner (G) bestätigte Staatsekretär Lopatka vorgesehene Entschuldungen für die Republik Kongo, Entschuldungen für den Sudan würden noch diskutiert. (Schluss)