Parlamentskorrespondenz Nr. 975 vom 02.12.2010

Die vielen Facetten der österreichischen Außenpolitik

Außenpolitischer Bericht und internationale Abkommen im Bundesrat

Wien (PK) – Die außenpolitische Debatte im Bundesrat setzte sich auch nach der Aktuellen Stunde fort, da der Außenpolitische Bericht auf der Tagesordnung stand. Dieser wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die Bundesrätinnen und Bundesräte diskutierten darüber hinaus das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien, ein Amtssitzabkommen mit der Europäischen Grundrechtsagentur, ein Partnerschaftsabkommen der EU mit Indonesien, ein Katastrophenschutzabkommen mit Albanien sowie ein Abkommen mit der Weltbank über die Errichtung von Verbindungsbüros für drei ihrer Organisationen in Wien (Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Internationale Finanz-Corporation und Multilaterale Investitions-Garantie Agentur). All diese Abkommen passierten den Bundesrat – teils einstimmig, teils mehrstimmig - ohne Einspruch.

BundesrätInnen beurteilen Außenpolitik unterschiedlich

Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) würdigte den Außenpolitischen Bericht 2009 als eine übersichtliche Informationsquelle und begrüßte es ausdrücklich, dass der Bericht über das Jahr 2010 bereits im kommenden Frühjahr vorgelegt werden wird. Kritisch setzte sich die Rednerin mit der Erhöhung der "Heranführungshilfe" für die Türkei auseinander, die sie als hinausgeworfenes Geld bezeichnete, weil die Türkei niemals Mitglied der Europäischen Union werden könne. Michalke wies in diesem Zusammenhang die "unverschämten Äußerungen" des türkischen Botschafters gegenüber Österreich zurück und stellte fest, dass es immer noch das Parlament sei, das Entscheidungen darüber treffe, wie die Menschen in unserem Land zusammenleben. Unverantwortlich sei auch die Finanzhilfe für Griechenland und Irland in einer Zeit, in der den österreichischen Familien Budgetkürzungen zugemutet werden.

Ein Abkommen zur Katastrophenhilfe für Albanien sei grundsätzlich zu begrüßen, man müsse aber fragen, ob die geographisch näheren EU-Mitglieder Italien und Griechenland oder Beitrittskandidat Kroatien nicht geeigneter zur Katastrophenhilfe in Albanien wären. Da Albanien Österreich im Katastrophenfall kaum wirkungsvoll unterstützen könne, fehlten für ein Abkommen "auf Gegenseitigkeit" die Voraussetzungen, meinte die Bundesrätin.

Bundesrat Günther KÖBERL (V/St) gab einen umfassenden Überblick über die österreichische Außenpolitik des Jahres 2009. Die Aktivitäten reichten vom Engagement für eine europäische Perspektive der Westbalkanländer über die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags und die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in Europa bis zur Vertiefung der regionalen Partnerschaften in Mitteleuropa. Dazu komme die Entwicklung einer Donau- und Schwarzmeer-Strategie und der vorbildliche Einsatz des Außenministers für eine erfolgreiche Mitgliedschaft Österreichs im UN-Sicherheitsrat. Der Hinweis auf österreichisches Engagement für Abrüstungsabkommen, für die globale Wirtschafts- und Umweltpolitik sowie die Auslandskulturarbeit rundeten das Bild einer ausbalancierten und erfolgreichen Auslandspolitik im Interesse der Republik ab, schloss Bundesrat Köberl.

Bundesrat Peter ZWANZIGER (F/K) wandte sich gegen die Einrichtung einer europäischen Agentur für Grundrechte, weil es seiner Meinung nach für den Schutz der Grundrechte mit dem Europarat, dem Internationalen Gerichtshof, dem UN-Menschenrechtsrat und dem UN-Grundrechtekommissariat bereits ausreichend viele Institutionen gebe, die sich mit diesem Thema befassen. Ein weiterer teurer bürokratischer Apparat werde lediglich die SteuerzahlerInnen belasten, könne in der Sache aber keinen Nutzen bringen.

Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) wiederholte ihre Forderung nach einem schärferen außenpolitischen Profil Österreichs und konkretisierte dieses Verlangen mit dem Hinweis darauf, dass es für Österreichs Außenpolitik nicht genug sein könne, EU-Positionen zu übernehmen, zugleich aber die aktive Neutralitätspolitik aufzugeben. Österreich brauche eine eigenständige Außenpolitik gegenüber einer Europäischen Union, die sich immer stärker an der NATO orientiere. Duzdar vermisste Konzepte für zivile und friedliche Konfliktlösungen und ließ Skepsis gegenüber der Ausweitung der Petersberger Aufgaben und gegenüber einer strukturellen Zusammenarbeit mit der NATO erkennen. Die Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik sah die Rednerin in Alternativen zu militärischen Strategien. Österreich sollte darauf verzichten, sich dem Mainstream in der Sicherheitspolitik anzupassen und statt dessen eine global orientierte Außenpolitik betreiben, monierte sie.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) sah in der geplanten Aufnahme des Westbalkans in die europäische Union den wichtigsten Beitrag zu Frieden, Sicherheit und Stabilität in Europa und begrüßte in diesem Zusammenhang das "Aufgehen des Fensters" für Serbien durch den nunmehrigen Wegfall der Visumspflicht. Hohen Stellenwert räumte der Redner auch der Donaurauminitiative ein. Was den Iran betrifft, meinte Schennach wiederum, es führe kein Weg an einem Dialog vorbei.

Außenminister Michael SPINDELEGGER betonte grundsätzlich, er arbeite mit dem Bundeskanzler in der Außenpolitik perfekt zusammen. Dies sei auch notwendig, denn in der Außenpolitik brauche man eine Linie und keine Befindlichkeiten. Zum Westbalkan stellte Spindelegger fest, Serbien sehe in Österreich einen permanenten Unterstützer auf dem Weg nach Europa. Österreich fordere nun aber auch die notwendigen Reformen ein, so insbesondere auch hinsichtlich Korruptionsbekämpfung.

Bei der Abstimmung passierten der außenpolitische Bericht, das Abkommen mit Serbien, das Abkommen mit Indonesien und das Abkommen mit der internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung den Bundesrat jeweils einstimmig. Stimmenmehrheit ergab sich für das Abkommen mit Albanien, sowie für das Amtssitzabkommen mit der Grundrechtsagentur. (Fortsetzung Bundesrat)


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