Parlamentskorrespondenz Nr. 1054 vom 21.12.2010

Bundesheer: Debatte über Sinn und Zweck der Miliz

Höchste Dotierung des Sportbudgets

Wien (PK) – Den Abschluss des überaus langen Sitzungstags des Nationalrats bildete die Diskussion über die Landesverteidigung und den Sport im Rahmen des Budgets für 2011. Während Bundesminister Norbert Darabos beim Bundesheer starke Einschnitte verteidigen musste, steigt das Sportbudget sogar.

Bis 2014 soll der Verteidigungsminister 530 Mio. € beim Bundesheer einsparen. Der Budgetentwurf sieht für 2011 Ausgaben von 2,1861 Mrd. €, um 64 Mio. € weniger als 2010, und gleich bleibende Einnahmen von 48,55 Mio. € vor. Für den Sport werden 2011 129,1 Mio. € zur Verfügung stehen, und damit um 1,1 Mio. € mehr als im Vorjahr.

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) ortete eine dramatische budgetäre Entwicklung im Bereich der Landesverteidigung und äußerte erhebliche Zweifel daran, dass das Bundesheer in der Lage sei, seine verfassungsmäßig vorgegebenen Aufgaben zu erfüllen. Das Milizsystem sei mehr oder weniger durch die Politik zerstört worden, beklagte er. Ein erster Schritt sei, so Podgorschek, die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate gewesen, mit der in Aussicht gestellten Abschaffung der Wehrpflicht werde ein weiterer Teil der Verteidigungsbereitschaft Österreichs verloren gehen. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag wendet sich gegen weitere Budgetkürzungen im Bereich der Miliz.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) nahm zum Bereich Sport Stellung und machte auf die positive Entwicklung bei der Sportförderung aufmerksam. Noch nie habe es in der Geschichte des Sports so viele Fördermittel gegeben wie heuer, skizzierte er. Haubner wies auf die Bedeutung sowohl des Breitensports als auch des Spitzensports hin.

Abgeordneter Peter PILZ (G) trat neuerlich für die Abschaffung der Wehrpflicht ein und sprach von einem "vollkommen sinnlosen militärischen Zwangsdienst". Niemand brauche die Miliz, sagte er und warf der FPÖ vor, die Interessen der Jugendlichen zu ignorieren und stattdessen die Interessen "alter Milizabenteurer" zu vertreten. Innerhalb der SPÖ ortete Pilz hingegen ein Umdenken. Er ist daher auch zuversichtlich, dass es im kommenden Jahr eine Volksabstimmung zur Abschaffung der Wehrpflicht geben wird.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) machte geltend, zuerst müsse die Politik über die Frage der Wehrpflicht diskutieren, um Entscheidungsgrundlagen für die Bevölkerung aufzubereiten. Er wolle sich einer Diskussion nicht verwehren, meinte er, in der Landesverteidigung sei einiges modifizierbar. Prähauser gab allerdings zu bedenken, dass die Landesverteidigung in der Verfassung verankert sei, und bekräftigte, die SoldatInnen seien in der Vergangenheit nicht nutzlos gewesen.

Abgeordneter Kurt LIST (B) warf Verteidigungsminister Darabos vor, das Bundesheer in eine schwere Krise geführt zu haben. In nur vier Jahren Amtszeit habe der Minister die Einsatzbereitschaft des Heeres beinahe abgeschafft, konstatierte er und qualifizierte das Heeresbudget als viel zu niedrig. Der ÖVP hielt List vor, nicht einzuschreiten. Das BZÖ verlangt List zufolge die sofortige Abschaffung der Wehrpflicht, seine Fraktion trete für ein Freiwilligen-Berufsheer mit Milizkomponente ein. Als "vollkommen sinnlos" beurteilte er die Fortführung des Assistenzeinsatzes des Bundesheers an der Ostgrenze.

Abgeordneter Norbert KAPELLER (V) hielt Abgeordnetem List entgegen, ein Freiwilligen-Berufsheer mit Milizkomponente würde das Doppelte wie das derzeitige Mischsystem kosten. Diejenigen Länder, die auf ein Berufsheer umgestiegen seien, seien durchwegs in der NATO verankert, skizzierte er. Das österreichische Bundesheer habe aber auch Inlandsaufgaben zu erfüllen. Ohne das Heer sind für ihn die Bündnisfreiheit und die Neutralität Österreichs in Frage gestellt.

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) verwies darauf, dass das Bundesheer bis zum Jahr 2014 530 Mio. € einsparen müsse. Was das bedeute, wisse jeder, dazu brauche man kein Sicherheitsexperte zu sein, sagte er. Die von Verteidigungsminister Darabos vorgenommenen Einsparungsmaßnahmen qualifizierte Kunasek als "unkoordiniert", unter anderem würden massive Einsparungen bei der Truppe vorgenommen. So sei "keine seriöse Sicherheitspolitik zu machen". In einem von Kunasek eingebrachten Entschließungsantrag fordert die FPÖ die Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass das Bundesheer trotz der geplanten Budgetkürzungen seine Aufgaben weiter erfüllen könne.

Bundesminister Norbert DARABOS (S) bekannte sich zur Budgetkonsolidierung, zu der auch das Bundesheer seinen angemessenen Beitrag leisten müsse. Gleichzeitig betonte er, dass die Effizienz von Katastrophen- und Auslandseinsätzen des Bundesheeres gewährleistet bleibe. Die Entscheidung, schweres Gerät abzubauen, stelle aufgrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage eine sinnvolle Maßnahme dar, sagte der Minister. Er führe außerdem in seinem Ressort die stets geforderte Verwaltungsreform durch.

Zur Sportförderung hielt Darabos fest, hier handle es sich um das höchste Budget, das es je für diesen Bereich gab. Ein neues Fördermodell sei für 2011 in Ausarbeitung und werde zu mehr Gerechtigkeit der Mittelvergabe führen. Sein Ressort werde nicht nur große Sportveranstaltungen finanzieren, sondern neben dem Spitzensport auch den Breitensport fördern.

Abgeordneter Hermann KRIST (S) dankte den ParlamentsmitarbeiterInnen für ihre Leistungen bei dieser überlangen Sitzung. Er kam dann auf das Sportbudget zu sprechen, das sehr erfreulich sei, und begrüßte auch die für 2011 geplante Reform der Sportförderung.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) sah ebenfalls die Reform der Sportförderung als ein notwendiges Vorhaben an. Es müsse vor allem die Kontrolle der Mittelvergabe und eine zielgerichtete Förderung sichergestellt werden. Ein besonderes Anliegen war ihm die Förderung des Tischtennistrainingszentrums in Schwechat.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) meinte, nachdem man das Milizsystem in den letzten Jahren zu Tode gespart habe, müsse man sich entweder für eine bessere Finanzierung oder für ein Berufsheer entscheiden. Für ihn bestand kein Zweifel, dass die Zukunft einem Berufsheer gehört. Bei der Sportförderung müsse eine bessere Kontrolle der Vergabe von Fördergeldern und eine billigere Dopingkontrolle das Ziel sein, sagte er.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) hielt fest, die späte Sitzung habe die Regierung durch ihre verspätete Vorlage des Budgets zu verantworten. Der Sportbereich sei einer der wenigen Lichtblicke des vorliegenden Budgets. Von einem neuen Sportfördermodell erwartete er sich eine Zurückdrängung der "Verpolitisierung" der Sportverbände und eine bessere Dopingkontrolle.

Eine viertel Stunde nach vier Uhr früh wurden die Budgetberatungen bis 9 Uhr morgens unterbrochen. Dann steht der große Bereich Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf der Tagesordnung.

(Schluss Nationalrat/Budget)