Parlamentskorrespondenz Nr. 11 vom 11.01.2011

Gleichbehandlungsanwaltschaft für mehr Transparenz bei Einkommen

Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft liegt vor

Wien (PK) – Das Gleichbehandlungsgesetz sollte laut Gleichbehandlungsanwaltschaft weiterentwickelt werden. Das geht aus dem Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2008 und 2009 hervor, der nunmehr dem Parlament vorliegt (III-193 d.B.).

Regelungsbedarf sieht die Anwaltschaft vor allem bei der Angleichung der Schutzniveaus bezüglich verschiedener Diskriminierungsgründe. Es habe sich darüber hinaus gezeigt, so der Bericht, dass Individualverfahren zur Durchsetzung des Anspruchs auf gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit oft scheitern und insbesondere kein taugliches Rechtsinstrument gegen die Intransparenz der Entgeltsysteme in den Unternehmen sind. Die in der geplanten 9. Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes vorgesehene Verpflichtung von Unternehmen, Einkommensberichte zu legen, sei daher ein wichtiger Schritt zu mehr Gerechtigkeit und Transparenz, hält die Gleichbehandlungsanwaltschaft fest. Weiters spricht sich die Anwaltschaft für eine klare Regelung des Schutzes vor Diskriminierung durch Assoziierung aus. Sie regt auch die Aufnahme einer Verwaltungsstrafbestimmung bei diskriminierenden Immobilieninseraten in das Gesetz an.

Laut dem Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-Gesetz) ist dem Nationalrat alle zwei Jahre ein Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes vorzulegen. Der Bericht besteht aus zwei Teilen, in dem sich Angaben über die Tätigkeit und die Wahrnehmungen der Anwaltschaft sowie über die Verfahren vor der Kommission finden.

Teil I des Berichts umfasst den Tätigkeitsbericht der drei Senate der Gleichbehandlungskommission sowie den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes und des GBK/GAW-Gesetzes, Informationen über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes durch die Gerichte sowie Ausführungen zur Gleichbehandlung im EU-Recht. Teil II des Berichts gibt Auskunft über die Tätigkeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlung.

Die Tätigkeit der drei Senate der GBK im Zeitraum 2008-2009

Der GBK-Senat I ist für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt zuständig, das gilt auch dann, wenn ein Fall zusätzlich Aspekte der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt berührt.

Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 127 Anträge eingebracht, von denen zwei an andere Senate abgetreten und 34 Verfahren zurückgezogen wurden. 107 Anträge stammten von Frauen, 17 von Männern und einer von einer Transgenderperson. Es wurden 56 Prüfungsergebnisse und 1 Gutachten erstellt und es fanden 42 Sitzungen, davon 12 Ausschusssitzungen, statt.

Die in den Anträgen genannten Diskriminierungstatbestände aufgrund des Geschlechts bezogen sich am häufigsten auf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (57 Fälle). In 37 Fällen wurde gegen die allgemeinen Arbeitsbedingungen Klage erhoben. Häufig genannt wurden auch Fälle sexueller Belästigung (36 Fälle) bzw. mangelnder Abhilfe bei sexueller Belästigung (21 Fälle). Der Tatbestand des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot wurde 29 mal angeführt.

Der GBK-Senat II ist für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt zuständig. Hier wurden im Berichtszeitraum 52 Anträge eingebracht, 24 von Frauen und 28 Männern. 18 Anträge zog man in verschiedenen Stadien des Verfahrens zurück. Es wurden 23 Prüfungsergebnisse erstellt, und es fanden 22 Sitzungen statt.

Beim Diskriminierungsgrund der ethnischen Zugehörigkeit wurde am häufigsten über Belästigung oder mangelnde Abhilfe bei Belästigung (12 bzw. 5 Fälle) Beschwerde erhoben. Beim Diskriminierungsgrund Alter gab vor allem die Beendigung von Arbeitsverhältnissen Anlass, sich an die Gleichbehandlungskommission zu wenden (20 Fälle). Der Tatbestand der Diskriminierung aufgrund der Religion wurde in sieben Fällen, der sexuellen Orientierung in vier, der Weltanschauung in zweien angeführt.  

Senat III der GBK ist für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen und seit 1. August 2008 auch für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuständig. Im Berichtszeitraum wurden 23 Anträge eingebracht, von denen drei zurückgezogen wurden. Nach Geschlechtern aufgeschlüsselt betrafen 4 Fälle Frauen, 16 Männer. Es fanden 28 Sitzungen des Senats III statt und wurden insgesamt 25 Prüfergebnisse und ein Gutachten erstellt. Die Anträge bezogen sich in 19 Fällen auf Tatbestände aufgrund der ethnischen Diskriminierung und in 10 Fällen auf Tatbestände einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.

Der Bericht des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz erläutert die Novelle des GBK/GAW-Gesetzes, die mit 1. August 2008 in Kraft getreten ist, sowie die in Verhandlung befindliche Novelle, die 2011 in Kraft treten soll. Berichtet wird auch über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes durch die Gerichte sowie über richtungsweisende Urteile des EuGH und die Weiterentwicklung des EU-Rechts.

Die Tätigkeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlung 2008-2009

Teil II des Gleichbehandlungsberichts betrifft die Tätigkeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlung. Er umfasst die Tätigkeitsberichte der Anwältinnen und Anwälte für Gleichbehandlung mit Beratungsstatistiken, Themenschwerpunkten der Beratung 2008/2009 und der Darstellung von Beispielen aus der Beratung. Insgesamt wurden von der Gleichbehandlungsanwaltschaft 4336 Anfragen und Beratungen verzeichnet, 2009 waren es 4578. Weiters werden Fälle von Mehrfachdiskriminierungen, die Informations- und Bewusstseinsarbeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlung, ihre Wahrnehmungen, ihre Situation und die Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes und des GBK/GAW-Gesetzes im Bericht behandelt.

Auf die Anwältin für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt (Teil I GlBG) entfielen 2008 3157 Anfragen und Beratungen, 2009 waren es 3455. 2008 waren davon 50 % Beratungen zu Tatbeständen, 40 % Information zum Gleichbehandlungsgesetz, 2009 entfielen 56 % auf Beratungen zu Tatbeständen, 34 % auf Information. Bei den Tatbeständen machten Fälle geschlechtsbezogener oder sexueller Belästigung (2008: 29 %, 2009: 25 %) und Verstöße gegen das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung bzw. Fälle sprachlicher Ungleichbehandlung (2008: 25 %, 2009: 28 %) den Löwenanteil aus. 2008 betraf zudem ein Drittel der Beratungen Arbeitsbedingungen, Festsetzung des Entgelts und Begründung bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses, 2009 hatte der Anteil dieser Problemfälle weiter zugenommen. 81 % der Anfragen und Beratungen betrafen 2008 die Anliegen von Frauen, 2009 waren es 82 %.

Von der Anwältin/dem Anwalt für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II GlBG) wurden 2008 491 Anfragen und Beratungen verzeichnet, 2009 waren es 359. Davon entfielen 2008 60 % auf Wien, 2009 sogar 68 %. Die Anfragen und Beratungen bezogen sich 2008 in 69 % der Fälle auf Anliegen von Frauen, 2009 waren es 67 %. Den Großteil der Beratungen zu Tatbeständen machten Fragen der Begründung bzw. Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sowie der Arbeitsbedingungen aus.

In der Beratungsstatistik der Anwältin/des Anwalts für Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen und Gleichbehandlung von Frauen und Männern bei Gütern und Dienstleistungen (Teil III und Teil IIIa GlBG) sind 2008 264, 2009 322 Anfragen und Beratungen verzeichnet. Auch hier führt Wien die Statistik an, die Fälle betrafen sehr oft den Zugang zu Wohnraum. (Schluss)