Parlamentskorrespondenz Nr. 29 vom 13.01.2011

Ausschuss debattiert Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes

Berichtspflicht soll Einkommensgerechtigkeit fördern

Wien (PK) – Der Gleichbehandlungsausschuss debattierte heute eine Regierungsvorlage, durch die man dem Ziel der Einkommensgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen näher kommen möchte. Die Novellierung betrifft das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Kernpunkt der Novelle ist, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek übereinstimmend betonten, die Schaffung von mehr Einkommenstransparenz. Diese sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg, die teilweise massiven Einkommensunterschiede, die zwischen Männern und Frauen in Österreich nach wie vor bestehen, abzubauen.

In der ersten Etappe der Durchführung des Gesetzes werden daher, wie Bundesministerin Heinisch-Hosek erläuterte, ab 2011 Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten zur zweijährigen Erstellung eines geschlechtsspezifischen Einkommensberichts verpflichtet. Diese Berichtspflicht werde bis 2014 sukzessive ausgedehnt, um schließlich alle Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten zu erfassen. Damit erfasse man die Einkommenssituation von mehr als 40 % der ArbeitnehmerInnen. Unternehmen werden des Weiteren künftig zu Lohnangaben bei Stellenausschreibungen verpflichtet.

Strafe bei Verstößen gegen Verschwiegenheitspflicht wird gesenkt

Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (S) sah in der Novelle einen wichtigen Schritt zu mehr Einkommensgerechtigkeit – eine Auffassung, der sich auch Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) anschloss. Man habe in langwierigen Verhandlungen ein gutes Ergebnis erreicht, zeigte sie sich überzeugt. Diskriminierung von Frauen im Einkommensbereich stelle auch eine Form des unlauteren Wettbewerbs dar, weshalb auch die Wirtschaft daran interessiert sein müsse, sie zu beseitigen. Silhavy brachte einen S-V-Antrag zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz ein, der auf eine Verbesserung der Einkommenstransparenz im öffentlichen Dienst abzielt. Außerdem sieht der Antrag vor, dass der Mindestschadenersatz in Fällen der Diskriminierung auf 1.000 € angehoben wird.

Ihre Fraktionskollegin Renate Csörgits hielt es für prinzipiell erforderlich, versteckte einkommensbezogene Diskriminierungen von Frauen in der Berufswelt stärker zu thematisieren. Es gehe um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, schloss sie. Abgeordnete Sonja Ablinger (S) meinte in diesem Zusammenhang, die Novelle unterstreiche, dass es Aufgabe der Betriebe sei, von vornherein für Gleichbehandlung bei den Einkommen zu sorgen. Frauen müssten ihr Recht in Gehaltverhandlungen nicht erst explizit einfordern, sagte sie.

Auch Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) sprach in Hinblick auf das Gesetz von einem großen Erfolg der Verhandlungen der Sozialpartner. Dass man die im Gesetz vorgesehene Verwaltungsstrafe in Fällen von Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht von 1500 auf 360 € gesenkt habe, sei positiv zu bewerten, auch wenn sie die Meinung ihrer Vorrednerinnen aus der SPÖ teile, dass man darauf überhaupt hätte verzichten können. V-Mandatarin Katharina Cortolezzis-Schlager meinte, der beste Schutz vor einkommensbezogener Diskriminierung bestehe in Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb erfolgreich bestehen können und damit hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Das führe letztlich auch zu einer besseren Lohnstruktur, von der auch Frauen profitieren, zeigte sie sich überzeugt.

F-Abgeordnete Heidemarie Unterreiner kritisierte die späte Vorlage der eingebrachten Abänderungsanträge. Dies zeige, dass auch innerhalb der Koalition keine Einigkeit in Hinblick auf die Formulierung der Novelle bestanden habe. Ihre Fraktionskollegin Carmen Gartelgruber bewertete die vorliegenden Regelungen als nicht ausreichend. Sie befürchtete, dass sie im Gegenteil dazu führen könnten, dass Frauen bei Bewerbungen in Zukunft sogar schlechtere Chancen hätten.

Abgeordnete Judith Schwentner (G) sah bis auf die Tatsache, dass Einkommensunterschiede nun tatsächlich thematisiert werden, in der Novelle keinen besonderen Mehrwert. Auch sie kritisierte die kurzfristige Einbringung umfangreicher Abänderungsanträge seitens der Regierungsparteien. Schwentner erkundigte sich außerdem zu diversen Details des S-V-Abänderungsantrags, den S-Mandatarin Heidrun Silhavy eingebracht hatte.

B-Abgeordnete Martina Schenk sah die Novelle zum Scheitern verurteilt. Die zu diesem Thema immer wieder eingebrachten BZÖ-Entschließungsanträge betreffend mehr Einkommensgerechtigkeit seien nicht berücksichtigt worden. Ihre Fraktionskollegin Ursula Haubner meinte, die Probleme lägen nicht in der unzureichenden Information über Einkommensdifferenzen innerhalb der Unternehmen, sondern in der grundsätzlich schlechteren Bezahlung in typischen Frauenberufen. Auch die Tatsache, dass Frauen häufiger Teilzeit arbeiten, schlage sich in ihrer Einkommenssituation nieder.

Streitfrage Diskriminierungsschutz

In der Regierungsvorlage war ursprünglich vorgesehen, durch die Gesetzesnovelle eine Angleichung des Schutzniveaus bei den Diskriminierungsmerkmalen Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, sexuelle Orientierung und Religion bzw. Weltanschauung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang brachte Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien ein, der den nun gesetzlich garantierten Diskriminierungsschutz außerhalb des Arbeitsbereichs auf den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit einschränkt. Was die anderen Punkte betreffe, werde eine solche Angleichung des Schutzniveaus auch innerhalb der EU noch diskutiert. Hier gebe es noch kein allgemeines Ergebnis, legte auch Bundesministerin Heinisch-Hosek dar. Sie ließ aber keinen Zweifel daran, dass die jetzt bestehende Regelung ihren Vorstellungen noch nicht gänzlich entspreche. Es sei jedoch ein Kompromiss gefunden worden, mit dem sich auf einem guten Weg befinde. So werde etwa der Diskriminierungsschutz beim Zugang zu Wohnraum oder für Behinderten nahestehende Personen verbessert.

F-Abgeordnete Heidemarie Unterreiner sah die Pläne zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes äußerst kritisch. Es komme hier ein gesellschaftspolitisches Vorhaben zum Ausdruck, das auf die Herstellung eines "Einheitsmenschen" abziele. Ihre Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein befürchtete, dass die zahlreichen "schwammigen Formulierungen" des Gesetzes und ein Übermaß an Regelungen zu einem Mehraufkommen von Streitfällen vor Gericht führen werden.

Die beiden V-Abgeordneten Dorothea Schittenhelm und Gabriel Obernosterer meinten, es sei eine Gratwanderung, wolle man den Diskriminierungsschutz ausweiten, ohne in die berechtigten Freiheiten von Unternehmen und Dienstleistungsbetrieben einzugreifen. Es bestehe daher keine Veranlassung, durch gesetzliche Regelungen in einer Frage, über die auch innerhalb der EU noch kontrovers debattiert werde, vorschnell Regelungen zu treffen.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) kritisierte den Abänderungsantrag, da durch ihn unterschiedliche Schutzniveaus bei Diskriminierung festgeschrieben würden. Es sei die Aufgabe des Staates, sicherzustellen, dass Private niemand unbegründet den Zugang zu Dienstleistungen verweigern könnten. Seine Fraktionskollegin Judith Schwentner sprach in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer enttäuschenden Novelle. Vor allem im Bereich des Diskriminierungsschutzes hätte Österreich in Europa eine Vorreiterrolle einnehmen können. Sie brachte in Zusammenhang mit der Regierungsvorlage insgesamt drei Abänderungsanträge ihrer Fraktion ein. Diese wurden mehrheitlich abgelehnt.

In Zusammenhang mit der Gesetzesänderung wurde außerdem ein von Abgeordneter Heidemarie Unterreiner (F) eingebrachter Antrag betreffend nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken (606/A(E) ), der in der letzten Ausschusssitzung am 1. Dezember 2009 vertagt worden war, erneut debattiert. Der F-Antrag wurde diesmal mehrheitlich abgelehnt.

Die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz wurde unter Berücksichtigung der eingebrachten S-V-Abänderungsanträge mehrheitlich angenommen.

Ältere Frauen am Arbeitsmarkt: Keine Mehrheit für BZÖ-Initiative

Nicht durchsetzen konnte sich das BZÖ mit seiner Forderung nach Maßnahmen zur Sicherung der Chancen von Frauen über 50 am Arbeitsplatz. Abgeordnete Martina Schenk (B) erinnerte an die Ankündigung im Regierungsübereinkommen 2008, einen entsprechenden Schwerpunkt zu setzen, und meinte, bis jetzt sei noch nichts geschehen. Ihr Antrag, der auch die Unterstützung von FPÖ und Grünen fand, wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien abgelehnt. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) argumentierte, es gebe bereits zahlreiche durchaus erfolgreiche Aktionen, in der Praxis bedürfe es eher eines Umdenkens als zusätzlicher Maßnahmenkataloge. Abgeordnete Renate Csörgits (S) verwies auf diesbezügliche Schwerpunktprogramme des AMS, die, wie sie sagte, dazu geführt haben, dass heute die Arbeitslosenrate von Frauen über 50 unter dem Durchschnitt liegt.

Vorstoß der Grünen gegen Sexismus in der Werbung: Antrag vertagt

Vertagt wurde hingegen ein Antrag der Grünen, in dem Abgeordnete Judith Schwentner die Ausdehnung des Diskriminierungsschutzes auf Medien und Werbung forderte und dabei vor allem sexistische Darstellungen von Frauen im Visier hatte.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die ebenso wie Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) auf die Brisanz und Aktualität des Problems hinwies, plädierte für die Einrichtung eines eigenen Sexismusbeirats im Werberat, und bemerkte überdies, ein Verbot sexistischer Werbung wäre ihr am liebsten, sei aber derzeit nicht verhandelbar. Die Zuständigkeit des Werberats sahen auch die Abgeordneten Silvia Fuhrmann (V) und Martina Schenk (B) angesprochen, wobei letztere feststellte, der Antrag der Grünen schieße über das Ziel hinaus. Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) wiederum lehnte die Initiative mit Nachdruck ab und warf den Antragstellerinnen Scheinheiligkeit und ein Messen mit zweierlei Maß vor. Wenn es um Kunst geht, würden sich die Grünen nie gegen herabwürdigende Darstellungen von Frauen empören, meinte sie. (Schluss)