Parlamentskorrespondenz Nr. 49 vom 18.01.2011

Neues Teilnutzungsgesetz stärkt die Rechte der VerbraucherInnen

Kontroverse Diskussion über Missbrauchsprävention im Justizausschuss

Wien (PK) – Zu Beginn seiner heutigen Sitzung machte der Justizausschuss ein neues Teilnutzungsgesetz plenumsreif, das den Schutz der VerbraucherInnen beim Abschluss von Teilnutzungs- und damit in Zusammenhang stehenden Verträgen verbessert und an die Entwicklungen der letzten Jahre anpasst. Von den neuen Bestimmungen,  die vor allem auf die Phasen der Vertragsanbahnung und des Vertragsabschlusses abstellen, werden unter anderem "Reise-Rabatt-Clubs", Mitgliedschaften bei "Tauschpools" und Verträge mit Vermittlungsinstanzen betroffen sein. Das Gesetz, mit dem Österreich die Timesharing-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzt, passierte den Ausschuss mit Stimmeneinhelligkeit.

Vertagt wurde der S-V-Antrag betreffend Erlass eines Bundesgesetzes über die Ermächtigung zur Übernahme der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge. Dieser sieht vor, dass die diesbezüglichen, im Dezember 2010 im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes verabschiedeten Bestimmungen aufgehoben und ersetzt werden. Die ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden Oppositionsanträge betreffend Jugendgerichtsbarkeit, Missbrauchsprävention und Qualifikationsprofil für (zukünftige) Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften vertagte der Justizausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP.

Teilnutzungsverträge: Verbraucher sind mittels Formblatt aufzuklären

Laut Entwurf zum neuen Teilnutzungsgesetz sind VerbraucherInnen, die durch einen Teilnutzungsvertrag oder seine Vertragserklärung gebunden sind, von Seiten des Unternehmens kostenfrei und rechtzeitig durch ein – für den jeweiligen Vertragstyp maßgebliches – Formblatt deutlich und verständlich zu informieren. Tritt der Konsument gemäß den diesbezüglichen Regelungen des Teilnutzungsgesetzes zurück, dürfen ihm daraus keine Kosten erwachsen.

S-Mandatar Johann Maier zeigte sich als Konsumentenschutzexperte über den gegenständlichen Gesetzesentwurf erfreut. Diesbezügliche rechtliche Probleme bestünden, wie er ausführte, vor allem mit Spanien, wo TouristInnen tausendfach derartige Vertragsverhältnisse eingingen. Vor dem Hintergrund der ersten Timesharing-Richtlinie habe man aber keine Handhabe in Missbrauchsfällen gefunden. Mit der neuen Richtlinie eröffneten sich Chancen in Hinblick auf die Lösung dieser Probleme, sofern Spanien sie auch adäquat umsetze. Vor diesem Hintergrund forderte Maier die Justizministerin dazu auf, gegebenenfalls auch vor der Europäischen Kommission dafür einzutreten, dass dies geschehe und die noch anhängigen Verfahren behandelt werden.

Auch B-Abgeordneter Herbert Scheibner kündigte seine Zustimmung zum gegenständlichen Gesetzesentwurf an. Die von S-Mandatar Maier umrissenen Probleme seien schon Jahrzehnte lang bekannt. Warum die Richtlinie erst zum letztmöglichen Termin in nationales Recht umgesetzt wird, konnte Scheibner allerdings nicht nachvollziehen.

Zustimmend zum Gesetzesentwurf äußerte sich auch V-Mandatarin Karin Hakl, die seine Bedeutung für den Konsumentenschutz hervorhob. Das sei wesentlich, auch wenn es für den Verbraucher kostengünstigere Urlaubsmodelle als Timesharing gebe, schloss sie.

Auch Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zeigte sich über die Zustimmung, auf die die Gesetzesvorlage stößt, erfreut. Die Umsetzung der Richtlinie sei nicht eher möglich gewesen, zumal große Projekte die Ressourcen ihres Ministeriums gebunden hätten, hielt sie in Richtung Abgeordnetem Scheibner fest.

Das Teilnutzungsgesetz passierte den Justizausschuss unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags, der Detailbestimmungen in Hinblick auf das Inkrafttreten des Gesetzes zum Gegenstand hat, mit Stimmeneinhelligkeit.

Diskussion über Kühlgeräteentsorgungsbeiträge geht weiter

In einem Initiativantrag sprechen sich S-Abgeordneter Johannes Jarolim und V-Mandatar Heribert Donnerbauer für eine Neulösung in Hinblick auf die Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge aus. Dabei sollen die am 20. Dezember 2011 im Rahmen des Bundesfinanzgesetzes (BFG) beschlossenen Bestimmungen ersetzt werden.

Überrascht über dieses Vorgehen zeigte sich G-Mandatar Albert Steinhauser. Der Grüne Justizsprecher machte darauf aufmerksam, dass der Initiativantrag vom 22. Dezember 2010 datiere und damit nur kurz nach Verabschiedung des BFG eingebracht wurde. Auch wunderte sich Steinhauser darüber, dass im Antrag von nur 24 Mio. €, die aus der Stiftung herausgeholt werden sollen, die Rede ist. Seines Wissens lägen insgesamt 31 Mio. € in diesem Topf, was die Frage aufwerfe, was mit den übrigen sieben Mio. € geschehe.

Auch B-Abgeordneter Herbert Scheibner sprach von einem "ungewöhnlichen Vorgehen" der beiden Regierungsparteien. Sollten noch andere Materien, die im Rahmen des BFG unzureichend geregelt wurden, Sanierungsmaßnahmen unterzogen werden, wäre es zielführend, die Opposition darüber zu informieren, schloss er.

Johannes Jarolim (S) und Heribert Donnerbauer (V) informierten die Mitglieder des Justizausschusses darüber, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um keinen "Reparaturversuch" handle. Es gehe vielmehr darum, eine einvernehmliche Lösung mit dem UFH zu finden, erklärte Donnerbauer. Die derzeitige Regelung ist, wie Jarolim ausführte, aus seiner Sicht nicht verfassungswidrig, doch gelte es in dieser Frage abzuwarten, weshalb der Abgeordnete einen Vertagungsantrag stellte, der mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen mehrheitlich angenommen wurde.

Grüne: Jugendgerichtsbarkeit und –strafvollzug sind zu verbessern

Zwei Entschließungsanträge der Grünen Fraktion, die auf eine (bauliche) Lösung in Hinblick auf den Jugendstrafvollzug (1373/A[E]) und die Verbesserung der Haftbedingungen für junge StraftäterInnen (1375/A[E]) drängen, wurden nach kontroverser Diskussion im Ausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

Für Antragsteller Albert Steinhauser stand außer Frage, dass auf die Missstände im Jugendstrafvollzug reagiert werden müsse. Den MitarbeiterInnen dieser Anstalten einen "Maulkorb" zu verpassen, wie es die Justizministerin getan habe, sei hingegen nicht zielführend. Gerade für die Häftlinge im Jugendstrafvollzug gelte es zu kämpfen, meinte Steinhauser, denn jüngere Menschen könne man leichter dazu bewegen, die eingeschlagene kriminelle Karriere wieder zu beenden.

Gegen den Neubau eines Jugendkompetenzzentrums sprach sich F-Mandatar Christian Lausch aus. Zwar sei im Jugendstrafvollzug nicht alles "rosig", räumte er ein, das rechtfertige aber nicht ein derart kostenintensives Großprojekt, zumal sich derzeit nur 51 jugendliche StraftäterInnen in der Justizanstalt Josefstadt befänden. Eventuell könne man aber über einen Anbau zwecks Unterbringung junger Häftlinge an diesem Standort sprechen. Gewalt und Missbrauch unter Jugendlichen könne man, so zeigte er sich überzeugt, nicht ganz einschränken, wolle man nicht in die Freiheitsrechte des Einzelnen eingreifen – eine Argumentation, die Abgeordneter Johannes Jarolim (S) nicht nachvollziehen konnte.

Der S-Justizsprecher beklagte die Auflösung des Jugendgerichtshofs unter Minister Böhmdorfer und plädierte dafür, jugendliche Häftlinge wieder aus dem Erwachsenenstrafvollzug auszugliedern. Für eine Verbesserung zum Status-quo sprach sich auch G-Abgeordneter Wolfgang Zinggl aus. Misshandlungstatbestände "schönzureden" sei eine "unwürdige Reaktion", zumal es sich dabei um Folter im Sinne der UN-Folterkonvention handle, argumentierte er.

Die von Seiten seiner Fraktion vorgebrachte Kritik sei zulässig, stellte F-Mandatar Walter Rosenkranz fest. Dem zweiten Antrag der Grünen betreffend Aufklärung der Missbrauchsfälle werde man sich dennoch gerne anschließen, hielt Rosenkranz fest. Auch sein Fraktionskollege Peter Fichtenbauer verteidigte die Stellungnahmen von Abgeordnetem Lausch, denn dieser wisse als Praktiker sehr wohl, wovon er spreche. Er sehe ebenfalls keine andere Möglichkeit, Missbrauch in Haftanstalten auszuschließen, sofern man nicht die Zellen rund um die Uhr mit Kameras überwache, meinte er.

B-Mandatar Herbert Scheibner hielt es für notwendig, dem Bereich der Missbrauchsprävention besonderes Augenmerk zukommen zu lassen. Auch könne man nicht gänzlich ausschließen, dass neue Gerichtsgebäude und Haftanstalten gebaut werden müssen, gab er zu bedenken.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wies auf das umfangreiche Betreuungsangebot für jugendliche Häftlinge in der Justizstrafanstalt Josefstadt hin. Was die Frage der Missbrauchsprävention anbelange, könne man nie ganz verhindern, dass Übergriffe passierten. Die Anti-Folter-Kommission stelle dem österreichischen Strafvollzug aber ein gutes Zeugnis aus, informierte die Ministerin. In Hinblick auf die Verbesserung der räumlichen Situation gebe es Überlegungen, jugendliche StraftäterInnen in der Justizanstalt Gerasdorf unterzubringen. Ein Neubau, wie von den Grünen verlangt, stehe angesichts der Budgetsituation nicht zur Diskussion, wohl aber ein Anbau, wie im Zuge der Debatte mehrfach angeklungen.

Die von V-Mandatar Bernd Schönegger gestellten Vertagungsanträge wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich angenommen.

FPÖ und BZÖ wollen Minderjährige vor Missbrauch geschützt wissen

FPÖ und BZÖ zielen in ihren Entschließungsanträgen auf den Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch ab. Die Freiheitlichen fordern in diesem Zusammenhang lebenslange Freiheitsstrafen für Beischlaf mit Unmündigen, eine unbedingte Anzeigepflicht für Menschen in einschlägigen Berufen und die Möglichkeit der chemischen Kastration in besonders schweren Fällen (272/A[E]). Der Entschließungsantrag des BZÖ (1366/A[E]) zielt auf die Normierung einer verpflichtenden und uneingeschränkten Anzeigepflicht bei Verdacht auf Missbrauch von Minderjährigen in der Strafprozessordnung ab. Beide Anträge wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des aktuellen Falls Miroslav Maletic diskutierten die Ausschussmitglieder äußerst kontrovers über die beiden auf der Tagesordnung stehenden Anträge. SPÖ, ÖVP und Grüne bezweifelten, dass eine Anzeigepflicht zur Lösung des Problems beitragen könne.

Wie G-Mandatar Albert Steinhauser ausführte, würde eine solche Verpflichtung dazu führen, dass "niemand mehr etwas hört und sieht", was wiederum den Betroffenen schade. Ihm zufolge gelte es, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und zivilcouragiertes Handeln zu fördern – eine Auffassung, der sich auch S-Justizsprecher Johannes Jarolim, V-Mandatar Franz Glaser, die beiden S-Abgeordneten Otto Pendl und Hannes Fazekas sowie Ausschussobmann Heribert Donnerbauer anschlossen. Auch müsse man einsehen, dass ein Heraufsetzen des Strafrahmens nicht alle Straftaten verhindere, schloss Steinhauser. Dass im Fall des kleinen Cain bereits eine Anzeige anhängig war, zeige, dass vor allem auch beim Zusammenspiel der Behörden anzusetzen wäre, stellte S-Mandatar Johannes Jarolim fest. Ablehnend äußerten sich SPÖ, ÖVP und Grüne auch zur Frage der chemischen Kastration von Sexualstraftätern, die, wie Justizministerin Bandion-Ortner ausführte, nicht nur von zweifelhaftem Erfolg sei, sondern auch gegen die Menschenrechte verstoße.

F-Mandatar Peter Fichtenbauer sah jedoch keine Alternative: In Österreich existiere ein "kriminelles Segment", das "nicht mehr beherrschbar" sei, weshalb es härterer Strafen bedürfe, stand für den Abgeordneten außer Frage. Die chemische Kastration von Sexualstraftätern würde darüber hinaus auch von ExpertInnen unterstützt. Fichtenbauer beharrte des Weiteren auf der Forderung seiner Fraktion betreffend Einführung einer unbedingten Anzeigepflicht für Personen, die beruflich mit Minderjährigen zu tun haben und einen Missbrauchsverdacht hegten. Die Einwände von SPÖ, ÖVP und Grünen konnte er nicht nachvollziehen: Hinter ihnen stehe lediglich das Ziel, die eigentlichen Täter zu schützen, womit man weitere "tote Kinder in Kauf nehme".

B-Abgeordneter Herbert Scheibner kritisierte das Vorgehen der Regierungsparteien: Sie vertagten die diesbezüglichen Anträge anstatt sie – ihrer Einstellung entsprechend – abzulehnen, weil sie eine öffentliche Diskussion im Rahmen der kommenden Nationalratssitzung fürchteten. Auch er hielt die Einführung einer uneingeschränkten Anzeigepflicht für ein wichtiges Signal. Immer nur anlassbezogen zu diskutieren, aber keine Maßnahmen auf den Tisch zu legen, hielt Scheibner für nicht zielführend. Die Justizministerin habe sich, das stehe außer Frage, für einen verbesserten Schutz von Kindern einzusetzen und dabei auch Widerstände in den Ländern – wie etwa beim Kinder- und Jugendhilfegesetz der Fall – adäquat zu begegnen.

BZÖ fordert Qualifikationsprofil für AG-Vorstandsmitglieder

Ebenso vertagt wurde ein weiterer Entschließungsantrag des BZÖ (1390/A[E]), der die Verankerung einer Vorschrift im Aktiengesetz vorsieht, die ein Qualifikationsprofil für (zukünftige) Vorstandmitglieder von Aktiengesellschaften festschreibt. Schwere unternehmerische Fehlleistungen und wirtschaftsrechtliche Verurteilungen sollen dabei als Ausschlussgrund für eine solche Tätigkeit fungieren können, erklärte Abgeordneter Herbert Scheibner (B), der sich in seiner Forderung überdies durch den Fall Skylink bestätigt sah.

Skeptisch zur Initiative des BZÖ äußerte sich hingegen Abgeordneter Harald Stefan (F), der diesbezügliche Eingriffe vor allem angesichts der zahlreichen kleineren Familienunternehmen als problematisch einstufte. Abgeordneter Johann Maier (S) meldete gleichfalls Bedenken an und meinte, Wissen sei nicht alles. In der Vergangenheit sei es immer wieder vorgekommen, dass exzellent ausgebildete Aufsichtsräte an Wirtschaftsdelikten beteiligt waren. Maier verwies ebenso wie Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) auf Arbeiten des Justizministeriums an einer Reform des Aktienrechts und plädierte für eine Vertagung des Antrags. (Schluss)