Parlamentskorrespondenz Nr. 65 vom 21.01.2011

Anträge auf Untersuchungsausschuss in der Causa Grasser abgelehnt

SPÖ strebt 5-Parteien-Antrag an

Wien (PK) - Sowohl das BZÖ als auch die Grünen haben in der heutigen Sitzung des Nationalrats einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingebracht. Das BZÖ will die Rolle des ehemaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser bei der BUWOG-Privatisierung prüfen. Den Grünen geht es generell um die Untersuchung "aufklärungsbedürftiger Vorgänge" während Grassers Amtszeit, neben dem Verkauf der BUWOG werden im Antrag etwa auch weitere Privatisierungen und "fragwürdige Einmietungen" von Bundesinstitutionen genannt.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) umriss die Eckdaten der Vorgeschichte, die zur Einbringung des Antrags auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der "Affäre Grasser" geführt haben und mutmaßte, dass die ÖVP tief in die Angelegenheit verwickelt gewesen sei. Die Offenlegung der BUWOG-Affäre und des sogenannten "Münchner Gschichtls" werde – wenn nicht jetzt, so später – im Rahmen eines Untersuchungsausschusses erfolgen, für dessen Einsetzung auch Franz Fiedler eintrete.

G-Mandatarin Gabriela MOSER erinnerte daran, dass man über Bundesvermögen in der Höhe von ein bis zwei Mrd. € spreche, das in den Kreisen des ehemaligen Finanzministers und seiner Freunde versandete. Strohmänner wie Meischberger hätten dabei oft gar nicht gewusst, für welche Leistungen sie Provisionen kassierten. Vor dem Hintergrund all dieser Verwicklungen müsse parlamentarische Aufklärungsarbeit geleistet werden. In Hinkunft gelte es überdies Vorsorge zu treffen, dass sich keine Freundeskreise um hohe Funktionsträger bildeten, die finanziell von diesem Naheverhältnis profitierten. Hier sei auch die Frage der politischen Moral eine essentielle: Es gehe schließlich nicht an, dass die Regierungspartner einander behilflich seien, derartige Zusammenhänge zu verschleiern. Der Karren werde nicht "aus dem Sumpf" herausgezogen, sondern hineingeschoben, schloss Moser.

Auch S-Mandatar Günther KRÄUTER hielt die Einsetzung eines diesbezüglichen Untersuchungsausschusses für unumgänglich. Man müsse jedoch noch Geduld aufbringen, bis die entsprechenden Voraussetzungen dazu gegeben seien. So bestehe etwa zwischen den Oppositionsparteien eine "wilde Streiterei" betreffend des Untersuchungsgegenstands, weshalb es eine Einigung zu erzielen gelte, um als geschlossener 5-Parteien-Block eine umfassende Aufklärung in Angriff nehmen zu können. Was die Justizministerin anbelange, solle sie, wie Kräuter festhielt, der Justiz "Beine machen", "denn lange habe man keine Geduld mehr".

Abgeordneter Hermann GAHR (V) bekräftigte in Richtung Opposition, "wir schützen niemanden". Die ÖVP bekenne sich dazu, dass sämtliche Vorwürfe gegen Grasser rasch und lückenlos aufgeklärt werden. Sie vertraue aber auf die Justiz, sagte Gahr, diese arbeite mit Nachdruck. So seien etwa bereits rund 100 Zeugen befragt und 5.000 Telefonate abgehört worden. Ein paralleler Untersuchungsausschuss zu den Ermittlungen der Justiz macht seiner Ansicht nach auch deshalb wenig Sinn, da sich die Auskunftspersonen der Aussage entschlagen könnten.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) zeigte wenig Verständnis für die Argumentation von Abgeordnetem Kräuter und Abgeordnetem Gahr. Die FPÖ sei für einen Untersuchungsausschuss, betonte er. Seiner Meinung nach dürfte es auch keine Schwierigkeit sein, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) sprach sich ebenfalls für parallele Untersuchungen des Nationalrats zu den Ermittlungen der Justiz aus. Es gehe schließlich auch um die Rolle der Justiz, erklärte er, Vertrauen sei hier nicht angebracht. Nach Ansicht Koglers hätte die Justiz in der gegenständlichen Causa nämlich nichts unternommen, wenn nicht von engagierten PolitikerInnen und anderen Seiten laufend Druck gemacht worden sei.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) bekräftigte, ein Untersuchungsausschuss sei notwendig, sinnvoll und richtig. Seiner Ansicht nach besteht das politische Grundproblem darin, dass sowohl das Innenministerium als auch das Justizministerium in der Hand der ÖVP seien. Es sei, so Petztner, eine "sehr gefährliche Entwicklung", dass die Menschen immer weniger in eine unabhängige Rechtssprechung vertrauten. Problematisch ist für ihn aber auch, dass interne Ermittlungsergebnisse unter Ausschaltung des Amtsgeheimnisses permanent in den Medien landen, damit werde einer Vorverurteilung der Betroffenen Vorschub geleistet.

Bei der Abstimmung blieb sowohl der Antrag des BZÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Buwog-Privatisierung als auch der Antrag der Grünen in der Minderheit.

Eine weitere (94.) Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen.  (Schluss Nationalrat)