Parlamentskorrespondenz Nr. 253 vom 16.03.2011

Kulturausschuss fordert "Masterplan" für öffentliche Bibliotheken

Schmied nimmt zum Rücktritt von MAK-Direktor Noever Stellung

Wien (PK) – Mit einer Aussprache über aktuelle Fragen aus seinem Arbeitsbereich startete der heutige Kulturausschuss in die Erledigung seiner Tagesordnung. Dabei befasste man sich nicht nur mit Museen, Theatern und Filmwirtschaft, sondern auch mit den Umständen, die zum Rücktritt des MAK-Direktors Peter Noever geführt hatten.

Grünes Licht gab der Ausschuss für die Erarbeitung eines Masterplans für den Bereich des öffentlichen Bibliothekswesens und den Abschluss eines Abkommens mit Deutschland und der Schweiz zum Zwecke der Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Films.

Eklat um MAK-Direktor Noever dominiert aktuelle Aussprache

Der Rücktritt von MAK-Direktor Peter Noever dominierte die heutige aktuelle Aussprache im Kulturausschuss: Abgeordnete aller Parteien, darunter Silvia Fuhrmann (V), Christine Muttonen (S), Heidemarie Unterreiner (F), Stefan Petzner (B) und Wolfgang Zinggl (G) griffen das Thema auf und ersuchten die Kulturministerin um Stellungnahme.

Schmied erklärte, dass der Verdacht betreffend Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung der Kosten für eine private Geburtstagsfeier in den Räumlichkeiten des MAK, den G-Abgeordneter Zinggl im Rahmen einer schriftlichen Anfrage geäußert hatte, wohl begründet gewesen sei. Peter Noever, dessen große Verdienste um die Förderung junger KünstlerInnen in jedem Fall anzuerkennen seien, habe daraufhin seinen Rücktritt erklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittle auf Basis der vom MAK eingebrachten Strafanzeige, der ehemalige Museumsdirektor habe bereits ein Treuhandkonto zur Wiedergutmachung eingerichtet, um "tätige Reue" zu zeigen, erläuterte Schmied. Die Überprüfung des Sachverhalts sei derzeit ebenso im Gange wie das Ausschreibungsverfahren für den neuen MAK-Direktor: Beworben hätten sich insgesamt 58 Personen: 36 aus dem Inland und 22 aus dem Ausland. Was das Geschlechterverhältnis anbelange, liege man bei 31 Männern und 27 Frauen, informierte Schmied.

Interesse zeigten die Abgeordneten aber auch für andere Kulturinstitutionen. Abgeordneter Stefan Petzner (B) erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach den Evaluierungsergebnissen betreffend den Wasserschaden in der Albertina, V-Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager nach der Ausfinanzierung des 20er Hauses und B-Mandatar Stefan Markowitz nach dem Stand der Diskussion in Hinblick auf das Freilichtmuseum Stübing und das Pathologisch-anatomische Bundesmuseum. Zur Sprache kam aber auch die geplante Zusammenlegung von Volks- und Völkerkundemuseum, nach deren Umsetzungsstand sich S-Mandatar Ewald Sacher erkundigte.

Bundesministerin Claudia Schmied bedauerte, zur Causa Albertina noch kein Endergebnis vorlegen zu können. Was das 20er Haus anbelange, seien die Gespräche mit dem Finanzministerium sehr gut verlaufen, sodass die Ausfinanzierung der Bauphase 2 zu gewährleisten sei. Das Projekt Freilichtmuseum Stübing befinde sich derzeit in einer Phase intensivster Prüfung, an der auch die Finanzprokuratur beteiligt ist. Hier gehe es schließlich nicht um eine kurzfristige Lösung, sondern eine strukturelle Neuordnung gab sie B-Mandatar Stefan Markowitz zu bedenken. Was das ebenfalls von Markowitz angesprochene pathologisch-anatomische Bundesmuseum anbelange, wolle sie es in das Naturhistorische Museum eingliedern. Die Entscheidung, den freien Museumseintritt für Kinder und Jugendliche einzuführen habe sich, so Schmied in Beantwortung einer Frage von S-Abgeordneter Christine Muttonen, als richtiger Schritt erwiesen: 2010 verzeichnete man 920.000 junge BesucherInnen, was einem Anstieg um 24 % gegenüber dem Vorjahr gleichkomme.

Die Fusion von Volks- und Völkerkundemuseum gestalte sich in Hinblick auf die Abwicklung schwierig. Für sie stehe aber außer Frage, dass damit kein neues Bundesmuseum geschaffen werden solle, sondern die Realisierung dieses Projekts im Rahmen des Kunsthistorischen Museums zu erfolgen habe – eine Auffassung, die weder G-Mandatar Wolfgang Zinggl, noch F-Abgeordnete Heidemarie Unterreiner teilten: Ihnen zufolge mache es keinen Sinn auf etwas zu beharren, das über den Status-quo nicht hinausreiche. Außerdem gehe es nicht um die Kreation eines neuen Bundesmuseums, sondern lediglich um die Wiederbelebung eines alten, das dem Kunsthistorischen Museum einverleibt wurde. Zinggl bezeichnete die Realisierung des Projekts im Rahmen des KHM daher als "kulturpolitische Niederlage".

Interesse zeigte der G-Abgeordnete aber auch am Stand der Provenienzforschung im Leopold-Museum. F-Mandatarin Heidemarie Unterreiner wollte in diesem Zusammenhang wissen, was man hinsichtlich des Bilds die "Malkunst" von Vermeer zu tun gedenke, dessen Restitution man erneut erwäge.

Für Kulturministerin Claudia Schmied stand in diesem Zusammenhang außer Frage, dass die Provenienz dieser Kunstwerke geprüft werden müsse. Was das Leopold-Museum anbelange, habe man zur Sicherstellung von Objektivität ein unabhängiges Gremium eingerichtet, dass die Dokumente der Provenienzforschung bewerte. Vier seiner bislang 11 Entscheidungen wären zugunsten der Rückgabe des betreffenden Kunstwerks gefallen. Was das von Abgeordneter Unterreiner angesprochene Bild betreffe, tage der Kunstrückgabebeirat am 18. März. Die dort gefällte Entscheidung bleibe abzuwarten, doch werde man sie, so Schmied, akzeptieren.

Was die von Seiten der Abgeordneten Ruth Becher (S) und Heidemarie Unterreiner (F) angesprochenen Ergebnisse der Evaluierung der Bundestheater anbelange, könne sie erst im kommenden Ausschuss mit konkreten Daten aufwarten, meinte Schmied.

Die vom Rechnungshof geübte Kritik am österreichischen Filmförderwesen, auf die V-Mandatarin Claudia Durchschlag, F-Abgeordneter Walter Rosenkranz und G-Mandatar Wolfgang Zinggl zu sprechen gekommen waren, wollte die Bundesministerin nicht überbewertet wissen. Man arbeite, wie sie versicherte, intensiv an der Verbesserung von Information und Transparenz. Was die in diesem Zusammenhang ebenfalls kritisierte Zusammensetzung von Vergabekommissionen anbelange, werde es ebenfalls Neuerungen geben, versicherte Schmied. Bei der von S-Mandatarin Elisabeth Hakel angesprochenen Digitalisierung der Programmkinos wolle man finanzielle Unterstützung leisten: Ihr Ressort habe eine Beteiligung von 25 % in Aussicht gestellt. Sie erachte es außerdem für sinnvoll das Wirtschaftsministerium, Bundesländer und Verleiher, die von dieser Entwicklung profitierten, in die Finanzierung einzubeziehen.

Die von Ausschussobfrau Sonja Ablinger angesprochene Frauenförderung im Kunstbereich forciere ihr Ressort unter anderem durch Mentoring-Programme. Ein diesbezügliches Pilotprojekt sei gerade angelaufen und werde im November diesen Jahres öffentlich präsentiert. Was die Frauenquote in den Vorständen der Bundeskulturinstitutionen anbelange, erfülle man sie in einigen Bereichen schon, in anderen gelte es 2013 entsprechende Personalentscheidungen zu treffen.

Förderung des Bibliothekswesens ist allen Fraktionen ein Anliegen

Die Förderung des öffentlichen Büchereiwesens ist allen Fraktionen ein wesentliches Anliegen. Geht es nach SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen, sollen diese Bibliotheken als integraler Bestandteil des Bildungssystems und des Kulturangebots begriffen und entsprechend unterstützt werden. Ihre Forderung nach einem "Masterplan" für das öffentliche Bibliothekswesen (1455/A[E]) fand die erforderliche Mehrheit, jedoch nicht die Zustimmung des BZÖ, das sich der im Antrag anklingenden "großkoalitionären Aufteilung" dieses Bereichs verwehren wollte. Man habe außerdem schon 2009 einen diesbezüglichen Antrag eingebracht (888/A[E]), der heute mit gegenständlichem 4-Parteien-Antrag mitverhandelt werde, stellte B-Mandatar Stefan Petzner fest.

Bundesministerin Claudia Schmied zeigte sich über die große Zustimmung, auf die gegenständlicher Vorschlag gestoßen war, erfreut. Damit würden neue Qualitätsstandards hinsichtlich der Fördervergabe implementiert, hob sie die Vorteile des Entwurfs hervor. Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) und Ausschussobfrau Sonja Ablinger (S) kamen in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung öffentlicher Büchereien für junge Menschen und Personen mit geringem Einkommen zu sprechen.  

Die Grüne Fraktion forderte außerdem ein Gesetz, mit dem die Strukturen des öffentlichen Bibliothekswesens sowie mediale Ausstattung, Größe und Mitarbeiterstand von Büchereien geregelt werden (1416/A[E]). Der diesbezügliche Antrag von G-Mandatar Wolfgang Zinggl verfehlte jedoch die erforderliche Mehrheit.

Internationale Zusammenarbeit im Bereich Film wird forciert

Grünes Licht gab man schließlich für den Abschluss eines trilateralen Abkommens zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz (1072 d.B.), das die filmwirtschaftlichen Beziehungen im Vertragsgebiet intensivieren soll. Die diesbezügliche Regierungsvorlage passierte den Ausschuss mit Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag der Grünen betreffend Implementierung eines modernen Urhebervertragsrechts (1438/A[E]) wurde unter Verweis auf noch bestehenden Diskussionsbedarf vertagt. (Schluss)


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