Parlamentskorrespondenz Nr. 268 vom 21.03.2011

Vorlagen: Finanzen

Kooperation mit Finnland bei der Verfolgung von Steuersündern

  

Die Bundesregierung hat dem Nationalrat ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Finnland vorgelegt. Die Änderung dient der Anpassung des aus dem Jahr 2000 stammenden Abkommens an den neuen OECD-Standard für steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Amtshilfemaßnahmen, die lediglich der Beweisausforschung ("fishing expeditions") dienen, werden ausdrücklich ausgeschlossen. Das Protokoll lässt keine negativen budgetären Auswirkungen erwarten und bringt keine zusätzlichen Informationsverpflichtungen für Unternehmen mit sich, liest man in den Erläuterungen (1071 d.B.).

Die finanzpolitische Jahresvorschau der EU für 2011 

Das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission (EK) enthält 2011 folgende Schwerpunkte: Reform der wirtschaftspolitischen Governance und der Finanzmarktregulierung, Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, Modernisierung der EU-Finanzen und Stärkung der internationalen Rolle Europas (III-215 d.B.).

Zur Reform der wirtschaftspolitischen Governance zählt 2011 das "EU-Semester": Erstmals müssen die Mitgliedstaaten ihre Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sowie ihre nationalen Reformprogramme bis Ende April vorlegen. Das neue Verfahren soll die Koordination der nationalen Wirtschafts- und Budgetprogramme stärken und die Kohärenz der europäischen Wirtschafts- und Budgetpolitik verbessern.

Der Reform der Finanzmärkte dienen Richtlinienänderungen für Eigenkapitalvorschriften der Banken ("Basel III"), für Insider-Geschäfte und Marktmanipulation ("Marktmissbrauchsrichtlinie") sowie für die Märkte für Finanzinstrumente ("MIFID"). Dazu kommen Vorschläge zur Änderung der Vorordnung für Ratingagenturen sowie Legislativvorschläge zum Krisenmanagement und zur Krisenbewältigung samt Bankenabgaben. Außerdem setzt die EK ihre Arbeiten zur Finanztransaktionssteuer sowie zur Finanzaktivitätssteuer fort und will bis Sommer 2011 dazu Grundlagen für weitere politische Entscheidungen schaffen. Als weitere Projekte kündigt die EK die Überarbeitung der "Investmentfonds"-Richtlinie und Legislativvorschläge für Finanzprodukte für Kleinanleger an.

Bei der Förderung von Wachstum und Beschäftigung setzt die EK auf die EU 2020 Strategie und auf die Weiterentwicklung des Binnenmarktes. Die EK kündigt Legislativvorschläge zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und zur Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie an. Bei der Mehrwertsteuer soll die Strategie zur Modernisierung und Vereinfachung fortgesetzt werden.

Für den Finanzrahmen ab 2013 hat die EK im Oktober 2010 eine Mitteilung vorgelegt, in der sie den Fokus stärker auf Politiken und Tätigkeiten legt, die "echten Mehrwert" für die EU und deren 2020-Ziele bringen. Zur künftigen Finanzierung des EU-Haushaltes stellt die EK die Einführung neuer Eigenmittelquellen, darunter die Besteuerung des Finanzsektors sowie Einnahmen aus dem Handel mit Emissionszertifikaten zur Diskussion; bisherige Eigenmittelquellen könnten im Gegenzug abgeschafft oder reduziert werden. Mitte 2011 wird die EK einen konkreten Vorschlag für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen sowie für das künftige Finanzierungssystem vorlegen.

Das finanzpolitische Arbeitsprogramm des Rates 2011

Im Arbeitsprogramm des ECOFIN-Rates steht die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung im Vordergrund. Die ungarische Präsidentschaft möchte auf Ratsebene möglichst rasch eine Einigung über die Legislativvorschläge der Kommission erzielen und bis zum Ende der Präsidentschaft auch die Verhandlungen mit dem EU-Parlament zu Ende führen. Außerdem will sie die Arbeiten am künftigen Stabilitätsmechanismus abschließen, der Mitte 2013 in Kraft treten soll.

Ein Schwerpunkt der ungarischen Präsidentschaft ist die erstmalige  Umsetzung des EU-Semesters, das in Zukunft eine stärkere Abstimmung der nationalen Wirtschafts- und Budgetpolitiken erreichen soll. Die Verbesserung der Finanzmarktstabilität und der  Finanzmarktintegration wird fortgesetzt. Eine politische Einigung soll zur Verordnung über außerbörslich ("over the counter") gehandelte Derivate sowie zur Verordnung über Leerverkäufe und Credit Default Swaps erzielt werden. Auch die Beratungen zur Krisenvorsorge und zum Krisenmanagement im Bankensektor sowie zu den Legislativvorschlägen betreffend Einlagensicherung und Anlegerentschädigung werden fortgesetzt. Zur Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für Banken hat die EK für Juni einen Vorschlag angekündigt; die Verhandlungen können daher erst unter der nachfolgenden polnischen Präsidentschaft beginnen.

Schwerpunkte in der EU-Steuerpolitik bilden 2011 Zinserträge und der Finanzsektor. Die Energiesteuerrichtlinie wird überarbeitet. Für die Besteuerung des Finanzsektors (Stichwort: Finanztransaktionssteuer, Finanzaktivitätssteuer) möchte die Präsidentschaft einige Grundsätze außer Streit stellen. Bei der geplanten Verbreiterung des Anwendungsbereiches der Zinsenrichtlinie strebt die Präsidentschaft eine politische Einigung an. Über die Mandate für die Verhandlungen über Betrugsbekämpfungsabkommen mit Drittstaaten will die Präsidentschaft eine Einigung erreichen.

Zur Sicherung der Finanzstabilität in der Euro-Zone sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, die budgetpolitischen Empfehlungen und Budgetziele für 2011 und 2012 strikt umzusetzen, wachstumsfördernde Reformen zu beschleunigen und die Arbeiten an der zwischenstaatlichen Vereinbarung für die Einrichtung des permanenten Stabilitätsmechanismus abzuschließen. Österreich will umfassende Lösungsansätze mit Maßnahmen in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene: Defizite und Verschuldungsquoten sollen rasch wieder auf einen nachhaltigeren Entwicklungspfad zurückgeführt werden, wobei die Konsolidierung mit der Förderung von Wachstum und Beschäftigung verknüpft sein muss.

Eine bessere wirtschaftspolitische Governance soll laut Österreich die Glaubwürdigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion durch ein Bündel von Reformen wiederherstellen. Wichtig ist eine wirksamere Koordination/Überwachung der nationalen Wirtschafts- und Budgetpolitiken. Der Schulden- und Ausgabenentwicklung soll mehr Stellenwert zukommen als in der Vergangenheit. Erforderlich ist auch eine effizientere Koordination zwischen den Gebietskörperschaften, wie sie etwa der Österreichische Stabilitätspaktes bewirkt. Ein neues Verfahren soll makroökonomische Ungleichgewichte vermeiden. In der Budgetpolitik und in der Makroökonomischen Koordination sollen die Regeln wirksamer durchgesetzt werden.

Für Österreich sind die Wiederherstellung der makroökonomischen Stabilität sowie die Stärkung des Wachstumspotentials zentrale wirtschaftspolitische Herausforderungen. Zudem sollen die nationalen Wachstumsstrategien mit den EU-Politiken verknüpft und der Binnenmarkt weiterentwickelt werden. Die Stichwort dazu lauten: Integration der Finanzmärkte, Umsetzung der Dienstleistungs-Richtlinie, Stärkung des Wettbewerbs und Modernisierung des EU-Haushaltes. Wichtig ist auch eine wachstums- und beschäftigungsfreundlichere Besteuerung. Österreich unterstützt eine Reform der Energie-/CO2-Besteuerung und plädiert für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Verbesserung der öffentlichen Finanzen und der Finanzmarktstabilität.

Eine Reform der Finanzmarktregulierung und –aufsicht hält Österreich im Lichte der Finanzkrise für notwendig und will die Verhandlungen darüber rasch abschließen. Auch außerhalb der EU sollen gleichwertige Regulierungs- und Aufsichtsstandards geschaffen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Finanzplätzen zu vermeiden. Daher sollte die EU den Finanzmarktdialog mit den USA fortsetzen und weiter verstärken, lautet die österreichische Position dazu.

Österreich unterstützt auch die Ziele und Umsetzung der G-20 Reform und setzt sich für eine Stärkung des globalen Wirtschafts-, Finanz- und Währungssystems samt der geld- und fiskalpolitischen Koordination. Globale makroökonomische Ungleichgewichte sollen abgebaut, die Wechselkursflexibilität erhöht und exzessive Kapitalflüsse vermieden werden. Positiv bewertet Österreich die Absicht des G-20-Vorsitzes, sich verstärkt mit der Entwicklung der Rohstoffpreise zu befassen und die Transparenz auf den Rohstoffmärkten zu verbessern. Österreich begrüßt auch die Ankündigung Frankreichs, die "Finanztransaktionssteuer" auf die Tagesordnung der G-20 zu bringen.

Wichtige Legislativvorhaben

Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften für Banken

 

Die EU-Kommission wird am Ende der ungarischen Präsidentschaft einen Vorschlag zur Änderung der Eigenkapital-Richtlinie ("CRD IV") vorlegen. Höhe und Qualität der Eigenkapitalausstattung sollen schrittweise verbessert werden. Dazu kommen höhere Mindestanforderungen für das Kernkapital (bei unveränderter Mindestanforderung für das Gesamtkapital), ein verpflichtender "fixer" Kapitalpuffer zur Abdeckung von Verlusten bei Stressphasen sowie ein von den Aufsichtsbehörden festzulegender "antizyklischer" Kapitalpuffer zur Verlustabdeckung sowie zur Eindämmung übermäßigen Kreditwachstums. Die neuen Bestimmungen sollen ab dem 1.1.2013 umgesetzt werden.

Einlagensicherung und Anlegerentschädigung

Die ungarische Präsidentschaft will über die beiden dazu vorliegenden Änderungsvorschläge der Kommission eine politische Einigung auf Ratsebene erzielen, sodass sich die darauf folgende polnische Präsidentschaft auf die Verhandlungen mit dem EU-Parlament konzentrieren kann. Die Auszahlungsfrist der gesicherten Einlagen soll verringert, ein ex-ante Fonds aufgebaut, die Finanzierung durch ein ex-post Element ergänzt und ein Solidaritätsmechanismus eingerichtet werden. Die Richtlinie über die Anlegerentschädigung soll geändert, die Entschädigung von 20.000 € auf 50.000 € erhöht und eine ex-ante Finanzierung des Entschädigungssystems eingeführt werden.

OTC-Derivate

Für "over-the-counter" gehandelte Derivaten liegt ein EK- Verordnungsvorschlag vor. Die ungarische Präsidentschaft strebt dazu eine Einigung auf Ratsebene an. Die Transparenz des Derivatehandels soll durch zentrale Transaktionsregister erhöht werden. Die Regelungen sollen für alle Arten von Derivaten gelten und sowohl Finanzinstitute als auch Unternehmen außerhalb des Finanzsektors umfassen.

Leerverkäufe und Kreditausfallversicherungen ("CDS")

Zum diesbezüglichen Verordnungsvorschlag der Kommission strebt die ungarische Präsidentschaft eine politische Einigung auf Ratsebene an. Der Vorschlag sieht Melde- und Offenlegungspflichten für Leerverkäufe auf geregelten Märkten und in multilateralen Handelssystemen vor; ungedeckte Leerverkäufe sollen zurückgedrängt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen nationale und Europäische Aufsichtsbehörden Transaktionen zeitlich befristet untersagen oder zumindest beschränken können. Von den Melde- und Offenlegungspflichten sollen alle natürlichen und juristischen Personen erfasst werden. Bilaterale Abkommen sollen die Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen auch außerhalb der EU sicherstellen.

Steuerthemen

Zur geplanten Änderung der Zinsenrichtlinie will die ungarische Präsidentschaft beim ECOFIN-Rat im Juni eine politische Einigung erzielen. Außerdem strebt sie eine Einigung über die Mandate für die Verhandlungen über Betrugsbekämpfungsabkommen mit Drittstaaten an. Hinsichtlich des Mehrwertsteuersystems will die Präsidentschaft Initiativen zur Modernisierung und Vereinfachung weiterführen. Außerdem bemüht sie sich um Fortschritte bei der Diskussion über die Besteuerung des Finanzsektors (Stichwort: Finanztransaktionssteuer). Nach Vorlage entsprechender EK-Vorschläge soll mit der Überarbeitung der Energiesteuer-Richtlinie sowie mit der Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage begonnen werden.

Neuer Finanzrahmen ab 2013

 

Zur Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushaltes liegen ein Konsultationspapier und eine Mitteilung der Kommission sowie eine erste Positionierung Österreichs. Außerdem existiert ein Kommissionsbericht über die künftige Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik sowie über die Fortschritte bei der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Kohäsion. Die Vorschläge für die Verordnung zum Finanzrahmen ab 2013, zum Eigenmittelbeschluss sowie zu den Gemeinschaftsprogrammen sollen bis Juli 2011 vorliegen. (Schluss)