Parlamentskorrespondenz Nr. 271 vom 22.03.2011

Prammer appelliert an Hilfsbereitschaft für Opfer in Japan

NR-Präsidentin fordert Konsequenz und Sachlichkeit in Atomdebatte

Wien (PK) – Am Beginn der Sondersitzung gedachten heute die Abgeordneten in einer Schweigeminute der Opfer der dramatischen Ereignisse in Japan. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer verlieh in einer Ansprache der aufrichtigen Anteilnahme des Nationalrats Ausdruck. "Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt in dieser schweren Zeit dem japanischen Volk", sagte Prammer und bat den anwesenden japanischen Botschafter Shigeo Iwatani, diese Anteilnahme in seine Heimat zu übermitteln.

Über das Land und seine Menschen sei eine ganze Serie von Katastrophen hereingebrochen, deren Ausmaß bei weitem noch nicht absehbar sei, betonte Prammer. Man wisse nicht, wie viele Tote letztendlich zu beklagen sein werden, wie viele Verletzte es geben wird, wie schwerwiegend die bleibenden physischen und psychischen Verwundungen sein werden. Man könne das Ausmaß menschlichen Leids bestenfalls erahnen. Auch die materiellen Schäden ließen sich im Augenblick nicht bemessen, schon gar nicht kenne man die ökologischen Folgen dieser Tragödie.

Durch die permanente Information, nähmen die Menschen in aller Welt an Tragödien wie jener in Japan live und unmittelbar teil, ob man wolle oder nicht, werde man zum Zeugen unfassbarer Ereignisse. Menschliche Schicksale würden in einer Intensität vor Augen geführt, die kaum verkraftbar sei, führte Prammer aus. Auch diese unmittelbare Teilnahme an der Katastrophe bedeute Globalisierung, der wir uns nicht entziehen können.

"Wir können uns allerdings fragen, ob wir uns damit begnügen, dass unser momentanes Interesse oder gar unsere Neugierde befriedigt wird - und wir sodann der medialen Flüchtigkeit zum nächsten Krisenschauplatz folgen. Ich meine, dass sich aus der von den Medien hergestellten Nähe zur Katastrophe Verantwortung ableitet", appellierte die Nationalratspräsidentin.

"Wir alle - die internationale Staaten- und Schicksalsgemeinschaft - sind aufgefordert, Solidarität zu beweisen". Der Wiederaufbau in Japan werde enormen Einsatz erfordern, sehr viel Geld kosten und sehr lange dauern. Deshalb komme es in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten darauf an, alle Kräfte zu bündeln, um rasch, koordiniert und wirksam zu helfen.

"Dabei haben wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten einzubringen", fuhr Prammer fort. "Die Österreicherinnen und Österreicher haben in der Vergangenheit in solchen Situationen immer wieder Verantwortungsbewusstsein und Hilfsbereitschaft bewiesen", betonte Prammer und wandte sich sodann direkt an die BürgerInnen: "Darum bitte ich Sie, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch dieses Mal. Bewährte Organisationen haben Spendenaktionen gestartet, die Kontonummern finden Sie in den Medien".

Die Nationalratspräsidentin nahm die Katastrophe in Japan, insbesondere aber das Reaktorunglück von Fukushima auch zum Anlass, um politische Konsequenzen einzufordern. Derzeit tue sich in Europa die Chance zu einer energiepolitischen Neuorientierung auf, weil die Regierungen die Ängste der Menschen nicht ignorieren können. Diese kritische Sensibilität gelte es für Überzeugungsarbeit pro Ausstieg und für die Suche nach Alternativen zu nutzen, ohne Belehrungen, die speziellen Gegebenheiten berücksichtigend und ohne Schielen auf parteipolitischen Nutzen.

Alle Fraktion eine ein klares Nein zur Atomenergie, zu dem sich Österreich vor mehr als 30 Jahren nach einer Volksabstimmung entschlossen hat. Unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse mache sich auch in vielen anderen Ländern die Erkenntnis breit, dass

Atomenergie niemals wirklich beherrschbar sein wird, die Gefahren nicht in vollem Umfang abgeschätzt werden können, die langfristigen Folgekosten nicht kalkulierbar sind, der Preis für Atomenergie alles in allem viel zu hoch ist.

Die politische Konsequenz werde sich allerdings nicht in einem bloßen Nein erschöpfen können, stellte Prammer fest. Vielmehr zeige uns die unbeherrschbare Nutzung der Atomenergie die Grenze des Machbaren auf. Darüber werde die Debatte zu führen sein, und zwar nicht nur jetzt unter dem Eindruck der Katastrophe, sondern mit Konsequenz, Sachlichkeit, Nachhaltigkeit und mit langem Atem, der zweifellos notwendig sein wird. (Schluss)