Parlamentskorrespondenz Nr. 340 vom 04.04.2011

Vorschau auf EU-Vorhaben in den Bereichen Bildung, Kunst und Kultur

Unterrichtsministerin Schmied legt diesbezüglichen Bericht vor

Wien (PK) – Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur hat dem Parlament einen Bericht über die strategische Jahresplanung 2011 ihres Ministeriums vorgelegt (III-223 d.B.). Diese Vorschau basiert auf dem Arbeitsprogramm der Kommission sowie dem 18-Monatsprogramm des Rates unter spanischer, belgischer und ungarischer Präsidentschaft.

Bildung als Kernbereich der EU 2020-Strategie

Im Zentrum der Arbeit der Kommission 2011 steht die Bewältigung der Wirtschaftskrise, die Schaffung von nachhaltigem Wachstum und Beschäftigung, die Verbesserung der Sicherheit der EU-BürgerInnen und die Stärkung der Rolle Europas in der Welt – Vorhaben, die in der EU 2020-Stratgie gebündelt werden.

Dem Bildungsbereich kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Als diesbezügliche Kernziele benennt der Bericht die Senkung der SchulabbrecherInnenquote auf höchstens 10 % und die Erhöhung des Anteils der 30- bis 34-Jährigen mit Hochschul- oder gleichwertigem Abschluss auf mindestens 40 %. Was die Schulabbruchsrate anbelange, sei die Zielvorgabe bereits erreicht, doch würden weiterhin Maßnahmen gesetzt, um Jugendliche länger im Bildungssystem zu halten und ihnen Chancen auf einen zweiten Bildungsweg einzuräumen, heißt es im Bericht.  

Zur Umsetzung der EU 2020-Strategie lanciert die Kommission sieben Leitinitiativen, für die der Bereich Bildung eine wesentliche Grundlage zur Zielerreichung darstellt. Die Leitinitiativen "Jugend in Bewegung", "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen", "Digitale Agenda für Europa", "Innovationsunion" sowie "Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung" sind für das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) dabei von besonderer Relevanz.

Als Chance für Österreich werte man außerdem die neue makroregionale EU-Strategie für den Donauraum, heißt es im Bericht. BMUKK und BMASK übernehmen hier die Koordination des Prioritätsbereichs "Investitionen in Menschen und Qualifikationen".

Vorhaben der EU-Kommission 2011 im Bildungsbereich

Der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Initiative "Jugend in Bewegung", mit der man die Mobilität zu Lernzwecken erhöhen möchte, wird vom Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport am 20. Mai 2011 angenommen. Zu erwarten ist außerdem eine Mitteilung der Kommission betreffend Senkung der SchulabbrecherInnenquote, heißt es im Bericht.

Zu den nicht-legislativen Vorhaben des Jahres 2011 zählt unter anderem die Mitteilung der Kommission über eine Initiative für neue Kompetenzen, aufbauend auf der Europa 2020 Leitinitiative "Neue Kompetenzen für Neue Beschäftigungsmöglichkeiten". Was diesen Bereich anbelange, stehe man in ganz Europa vor großen Herausforderungen, da in der nächsten Dekade neue Arbeits- und Beschäftigungsfelder entstehen und in Folge mit einem Volumen von rund sieben Millionen neuen Arbeitsplätzen zu rechnen ist.

Zur Leitinitiative "Jugend in Bewegung" plant die Kommission außerdem eine "Empfehlung im Hinblick auf die Förderung und die Validierung des nicht formalen und informellen Lernens", der das BMUKK große Bedeutung zumisst. Die Frage der Anerkennung von informellen und nicht formalen Lernergebnissen gewinne laut Bericht zunehmend an Bedeutung. Österreich besitze mit der Externistenmatura bereits ein erfolgreiches Modell der Anerkennung von Wissen und Kompetenzen, die außerhalb des formalen Bildungssystems erworben wurden.

Derzeit erarbeite man auch Schlussfolgerungen zur Mitteilung der Kommission zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung, die im Mai vom Rat für Bildung, Jugend, Kultur und Sport angenommen werden sollen. Österreich begrüßt auch diese Initiative der Kommission, da qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung sozioökonomischen Defiziten entgegenwirken könne. Das BMUKK habe sich außerdem 2009 erfolgreich für eine neue europäische Benchmark zur Vorschulbildung eingesetzt: Ziel soll es nunmehr sein, mindestens 95% der Kinder ab dem 4. Lebensjahr eine diesbezügliche vorschulische Betreuung zukommen zu lassen.

Eine weitere Mitteilung der Kommission, die im März 2011 veröffentlicht werden soll, betrifft den Vorschlag zu möglichen Benchmarks für Mobilität und für Beschäftigungsfähigkeit. Was die diesbezüglichen Bemühungen für den Bereich Mobilität anbelange, muss nach Auffassung des BMUKK die Realität nationaler Haushalte und die Verfügbarkeit von Daten berücksichtigt werden. Es reiche außerdem nicht aus, quantitative Aspekte bei der Bewertung des Nutzens von Mobilität zu Lernzwecken zu betrachten: Es gelte sie auch mit qualitativen Kriterien in Beziehung setzen, heißt es dazu im Bericht. Der geplanten Benchmark für Beschäftigungsfähigkeit sehe das BMUKK mit Interesse entgegen. Sie werde genau zu prüfen sein, sobald die diesbezügliche Mitteilung vorliege.

Bildungspolitische Schwerpunkte der Ratspräsidentschaften

Als inhaltliche Grundlage für den bildungspolitischen Teil des 18-Monatsprogramms des Rates unter spanischer, belgischer und ungarischer Präsidentschaft fungiert der Strategische Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung, zu dem Rat und Kommission 2012 einen gemeinsamen Fortschrittsbericht vorlegen werden.

Ziel der europäischen Bildungszusammenarbeit ist es, die Qualität und Effizienz der Bildungssysteme Europas zu steigern: Ein Mehr an Bildung bedeute schließlich auch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und ein geringeres Armutsrisiko, heißt es dazu im Bericht. Der Bedeutung des Faktors Bildung solle deshalb auch im Rahmen des Vorschlags für den mehrjährigen EU-Finanzrahmen nach 2013 Rechnung getragen werden.

Unter ungarischer Ratspräsidentschaft soll es unter anderem zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Begabtenförderung kommen. Eine diesbezügliche Konferenz findet zwischen 7. und 9. April 2011 in Budapest statt.

Die Vorbereitungen für die nächste Generation des Programms "Lebenslanges Lernen", das die Chancen der BürgerInnen am Arbeitsmarkt erhöhen und einen wichtigen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leisten soll, sind bereits angelaufen. BMUKK und BMWF haben sich mit einer akkordierten Position an der europäischen Konsultation beteiligt: Man sei der Meinung, die Struktur des Programms habe sich bewährt und solle deshalb nach 2014 beibehalten und ausgebaut werden. Das BMUKK setze sich außerdem für einen stärkeren Fokus auf die Berufsbildung und die Zielgruppe der Lehrkräfte ein, heißt es dazu im Bericht.

Auf Basis des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) wurde in Österreich Anfang 2011 eine Koordinationsstelle für den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) eingerichtet. Zielsetzungen des EQR bzw. NQR bestehen in der Erleichterung der Vergleichbarkeit von Qualifikationen und Bildungssystemen und der Förderung der Durchlässigkeit innerhalb und zwischen formalen und nicht formalen Bereichen des Bildungssystems. Von Februar bis Juni 2011 laufe eine Simulationsphase, in der Kriterien und Verfahren getestet werden sollen, informiert die Unterrichtsministerin.

Im Juni 2009 haben das Europäische Parlament und der Rat außerdem eine Empfehlung zur Einrichtung eines europäischen Bezugsrahmens für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQARF) beschlossen. Darin werden die Mitgliedsstaaten unter anderem aufgefordert, den europäischen Referenzrahmen zur Weiterentwicklung der jeweils eigenen Berufsbildungssysteme zu nutzen. Das BMUKK ist auf diesem Gebiet seit mehr als zehn Jahren tätig. Mit der QualitätsInitiative BerufsBildung (QIBB) besitzt Österreich außerdem bereits ein Qualitätsmanagementsystem für die berufsbildenden Schulen.

Unter polnischer Ratspräsidentschaft werde man sich laut Bericht mit der Festlegung der prioritären Themen für die europäische Bildungszusammenarbeit 2012 bis 2014 befassen, sich der für Mobilität erforderlichen Kompetenzen annehmen und den Vorschlag der Kommission betreffend Benchmarks für Mobilität und Beschäftigungsfähigkeit diskutieren.

Kulturpolitische Initiativen im Berichtszeitraum

Für 2011 sind keine kulturpolitischen Legislativvorhaben der Kommission vorgesehen.

Was den Bereich der nicht-legislativen Vorhaben anbelangt, ist eine Mitteilung in Anschluss an das Grünbuch "Erschließung des Potenzials der Kultur- und Kreativwirtschaft" zu erwarten. Diese soll Rahmenbedingungen zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft vorgeben. Dabei gilt es laut Bericht, besonders auf die KMU Bedacht zu nehmen, die 80 % der Unternehmen der Kulturwirtschaft stellen.

Gegen Jahresende sei außerdem eine Mitteilung über Digitalisierung und digitale Aufbewahrung zu erwarten. Was das Großprojekt der digitalen Bibliothek "Europeana" anbelange, liege es aus österreichischer Sicht an der Kommission, die erforderlichen finanziellen und rechtlichen Weichen zu stellen, da andernfalls der langfristige Erfolg der Initiative nicht zu garantieren sei. Ziel von "Europeana" ist es, bis 2015 einen Zugang zu allen digitalen Objekten der führenden Kultureinrichtungen Europas zur Verfügung zu stellen.

Angekündigt hat die Kommission auch die eventuelle Vorlage einer Empfehlung zur Digitalisierung europäischer Kinos. In Österreich sind bereits mehr Kinoleinwände digitalisiert als im europäischen Durchschnitt, allerdings gerieten Arthouse-, Klein- und Regionalkinos gegenüber kommerziellen Multiplexkinos ins Hintertreffen, heißt es im Bericht. Um diesen Unternehmen unter die Arme zu greifen, initiierte das BMUKK 2008 eine Sondervermittlungsaktion, in deren Rahmen regionale Kinos mittels einer Beamer-Server-Lösung auf digitale Projektion aufgerüstet wurden. Das BMWFJ biete außerdem Investitionszuschüsse und Kleinkredite über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank an. Die Kosten für die Digitalisierung beliefen sich derzeit auf 70.000 € pro Leinwand.

Was die laufenden EU-Programme "Kultur", "Media" und "Europa für Bürgerinnen und Bürger" anbelangt, hat sich Österreich im Rahmen der hierzu durchgeführten Online-Konsultationen für ihre Fortführung ausgesprochen, wenngleich in mancherlei Hinsicht Änderungen inhaltlicher und operationeller Natur wünschenswert seien. Über 2019 hinaus fortgesetzt werden soll auch die erfolgreiche und beliebte Auszeichnung "Europäische Kulturhauptstadt". Zur Vermeidung von Kosten wäre es aber sinnvoll, dem Auswahlverfahren keinen EU-Wettbewerb zugrundezulegen, sondern die Teilnahme aller Mitgliedsstaaten mittels chronologischer Liste zu ermöglichen. Die Beteiligung von Drittstaaten sei außerdem durch die Wiedereinführung des sogenannten "Kulturmonats" einzurichten. Darüber hinaus wäre der Titel "Kulturhauptstadt" nur noch einmal jährlich zu verleihen: Die jeweilige Stadt erhalte wie bisher 1,5 Mio. € zur Verfügung gestellt, heißt es im Bericht.

Was das 18-Monatsprogramm der drei Präsidentschaften betrifft, so steht am 19. Mai 2011 eine politische Einigung des Rates zum Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Maßnahme der Europäischen Union für das Europäische Kulturerbe-Siegel bevor. Österreich hat sich laut Bericht für klare und transparente Kriterien sowie ein strenges Auswahl- und Kontrollverfahren ausgesprochen. Österreichische Nominierungen sollen gemäß vorläufigem Zeitplan 2013 erfolgen.

Das BMUKK begrüßt außerdem den Fokus, den die ungarische Ratspräsidentschaft auf den Themenbereich "Beitrag der Kultur zur Umsetzung der Europa 2020-Stratgie" legt.

Befürwortend äußert sich der Bericht auch zu den Schlussfolgerungen des Rates über Mobilitätsinformationsdienste für KünstlerInnen und Kulturschaffende, die am 19. Mai 2011 angenommen werden sollen. Die Förderung der Mobilität dieser Gruppen sei deklariertes politisches Ziel, die plötzliche Zurückhaltung einiger Mitgliedsstaaten sowie der Kommission halte man deshalb für bedauerlich. Hier scheine nur noch eine Minimalvariante, die den EU-Staaten große Flexibilität bei der Implementierung einräumt, wahrscheinlich, heißt es im Bericht.

Hinsichtlich der Umsetzung des EU-Arbeitsplans für Kultur 2011-2014 wird dieser von österreichischer Seite grundsätzlich als gutes Planungsinstrument bewertet. Das BMUKK informiert den österreichischen Kultursektor laufend mittels Veranstaltungen, Website und Newsletter über neue Entwicklungen in Zusammenhang mit dem EU-Arbeitsplan. (Schluss)