Parlamentskorrespondenz Nr. 386 vom 14.04.2011

Justiz-, Wirtschafts- und Familienthemen in der Länderkammer

Neue Regeln für Waffenexporte, EU-Vorhaben 2011

Wien (PK) - Einstimmigkeit herrschte nach einem diesbezüglichen Beschluss des Nationalrats auch im Bundesrat über ein Bundesgesetz für grenzüberschreitende Mediation in Zivil- und Handelssachen, mit der eine EU-Richtlinie umgesetzt und Mediationsvereinbarungen vollstreckbar gemacht werden. Auch die von der Justizministerin vorgelegte Jahresvorschau der EU zu Justizvorhaben wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Justizvorhaben der EU 2011

 

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) stellte die Zur-Kenntnisnahme der Jahresvorschau der EU-Vorhaben im Justizbereich in Aussicht. Die Vorschau lasse eine Fülle von Änderungen erwarten, es werde die Unterstützung der Opfer von Straftaten verbessert sowie Richtlinien für Strafverfahren vereinheitlicht. Auch die Richtlinie über Datenvorratsspeicherung wird überarbeitet werden. Im Zivilrecht werden unter anderem Regelungen in Erb- und Testamentsangelegenheiten und Ehegüterfragen getroffen.

Bundesrätin Jennifer KICKERT (G/W) meinte, der Bericht gebe einen guten Überblick über die EU-Vorhaben im Bereich der Justiz und enthalte auch immer einen prägnant gefassten Hinweis auf die österreichische Position. Allerdings habe er nur beschränkte Aussagekraft, wie sich an der Umsetzung der Richtlinie über die Rechte der VerbraucherInnen zeige, wo die Position der Bundesregierung kurze Zeit später stark abgeändert worden sei. Der Bericht sei also kurzlebig, die dort dargestellten Position würden nicht unbedingt der Stellung der Koalitionsparteien entsprechen. Das mindere seinen Wert, kritisierte Kickert.

Bundesministerin Claudia BANDION-ORTNER wies darauf hin, dass es in der Frage der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen wichtig sei, einschlägige Seiten im Internet auch sperren zu können. Löschung allein reiche nicht aus. Deutschland sei gegen diese Sperren, sie hoffe sehr, dass sich in dieser Frage nicht die Internetlobby durchsetzen werde. Bei einer Frage wie Kinderpornographie gehe es nicht um Zensur. Sperren hätten aber nur einen Sinn, wenn es eine europaweit einheitliche Regelung gebe, meinte Bandion-Ortner und warb beim Bundesrat um Unterstützung für ihre Haltung. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz wird verfassungskonform

Mehrheitlich passierte eine Novelle zum Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz den Bundesrat. Die Novelle trägt einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Rechnung und gewährleistet die Qualität von Unternehmensprüfungen.  

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) sagte, Österreich habe bisher eine hervorragende Ausbildung für Wirtschaftsprüfer. Das neue Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz werde aber nun dazu führen, dass eine große Gruppe von Wirtschaftsprüfern trotz ausreichender Qualifikation ihren Beruf nicht mehr werde ausüben können. Die Freiheitlichen lehnen das Gesetz ab, da es nur großen Wirtschaftskanzleien zugutekomme.

Bundesrätin Jennifer KICKERT (G/W) sah in der Gesetzesänderungen vor allem formelle, keine inhaltlichen Änderungen, die Grünen werden ihr zustimmen. Es gebe aber auch Kritikpunkte. Es handle sich nach wie vor um keine ernsthafte Reform der Qualitätssicherung von Abschlussprüfungen, diese stehe noch an. Mangelnde öffentliche Aufsicht habe gerade im Bankenbereich schwerwiegende Folgen gehabt. Die Grünen kritisieren zudem, wie die Freiheitlichen, dass sich die zu Prüfenden ihre Prüfer aussuchen dürfen. - Gegen den Beschluss des Nationalrats wurde mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Neue Bestimmungen für Waffenexporte

Neu gefasst und an EU-Vorgaben angepasst wird das Außenhandelsgesetz, das die Genehmigung von Exporten regelt. Die Ausfuhr von Gütern kann untersagt werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie für die Herstellung biologischer oder chemischer Waffen bzw. zur Förderung des Terrorismus verwendet werden. Den Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, fasste der Bundesrat mehrheitlich.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) verwies auf einen Entschließungsantrag der Grünen, der eine stärkere Kontrolle des Exports von kleinkalibrigen Waffen gefordert habe. Den Bedenken der Grünen sei aber nur teilweise Rechnung getragen worden, weshalb seine Fraktion der Gesetzesänderung nicht zustimmen werde. Insbesondere sei zu befürchten, dass Waffenlobbyisten ihre Interessen zu Ungunsten von menschenrechtlichen Bedenken durchgesetzt hätten. Die EU gebe nur Mindeststandards vor, und Österreich sei nicht gezwungen, deshalb die eigenen Standards zu senken. Wenn es um die Abwägung von Menschenrechten und wirtschaftliche Einzelinteressen gehe, müsse man immer den Menschenrechten den Vorzug geben, hielt der Redner fest.  

Bundesrätin Sonja ZWAZL (V/N) meinte, Medienkampagnen gegen das neue Gesetz hätten mit inhaltlich unrichtigen Darstellungen gearbeitet. Die Regierung habe sich davon aber nicht beirren lassen und die vorliegende Neufassung des Außenhandelsgesetzes beschlossen. Eine strengere nationale Handhabung der EU-Richtlinie hätte zu untragbaren Wettbewerbsnachteilen für viele stark exportorientierte österreichische Unternehmen geführt. Besonders bei zahlreichen Dual-Use-Gütern wären die verschärfte Bestimmungen, die teilweise gefordert wurden, einem faktischen Exportverbot gleichgekommen. Man habe die Interessen der stark exportabhängigen Betriebe berücksichtigt, von einem Freibrief für die Waffenlobby könne man aber auf keinen Fall sprechen, zeigte sich die Rednerin überzeugt.

Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) wies darauf hin, dass das Außenhandelsgesetz eine der wesentlichen rechtlichen Grundlagen für Waffenexporte darstelle. Es biete daher einen guten Anlass, den bisherigen Umgang mit Waffenexporten zu hinterfragen. Demokratie sei ein Grundrecht, auf das alle Anrecht haben, sagte die Rednerin, Europa habe sich hier in seinem Umgang mit den Revolutionen in den arabischen Staaten und insbesondere mit Libyen nicht sehr rühmlich hervorgetan. In früheren Jahren habe es vielmehr einen regelrechten Wettlauf um die Gunst des libyschen Diktators gegeben. Es gelte, in Zukunft Gesetzeslücken zu schließen, um Waffenexporte in Staaten, welche die Menschenrechte missachten, zu verhindern. Es bleibe Österreich unbenommen, in Zukunft noch strengere gesetzliche Regelungen für Waffenexporte in Drittstaaten zu schaffen. Ihre Fraktion werde dem vorliegenden Gesetz zustimmen, sehe darin aber auch einen klaren Auftrag, diesen Fragen in Zukunft hohe Aufmerksamkeit zu schenken. - Gegen den Beschluss der Nationalrats wurde mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

EU-Vorhaben 2011 in der Wirtschafts- und Familienpolitik

Der Bericht des Wirtschaftsministers zu den EU-Vorhaben im Bereich Wirtschaft, Familie und Jugend wurde mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Staatssekretärin Verena REMLER erläuterte, der Bericht des Wirtschaftsministeriums knüpfe an das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission mit den Schwerpunkten Wachstum, Binnenmarkt und Außenwirtschaft an. Was das Wachstum betreffe, gebe es deutliche Anzeichen der wirtschaftlichen Erholung in Österreich. Dem Klimaschutz und der Energiesicherheit messe man der Erreichung nachhaltigen Wachstums große Bedeutung bei. Das Wirtschaftministerium unterstütze die ambitionierten Ziele Österreichs in den Bereichen erneuerbare Energien und Reduktion von Treibhausgasen. Man fördere auch die Energieeffizienz durch einen Pakt des Wirtschaftsministeriums mit den Unternehmen und investiere in die thermische Sanierung. In Forschung und Entwicklung investiere Österreich mehr, als das EU-Ziel vorsehe.

In der Familienpolitik habe es bereits Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgeld gegeben und man habe Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergriffen. In der Jugendpolitik werde der Berufseinstieg von Jugendlichen ein Schwerpunkt des Jahres 2011 sein.

Der europäische Binnenmarkt müsse weiter entwickelt und belebt werden, um den Anschluss an andere Weltgegenden nicht zu versäumen. Es gehe dabei vor allem um die Förderung von KMU, etwa durch den Zugang zu alternativen Finanzierungsmöglichkeiten. Im Außenhandel müsse Europas Weltmarktstellung ausgebaut werden, der Handel sei der Weg, der aus der Wirtschaftskrise führe. Erfreulicherweise stiegen 2010 die österreichischen Exporte wieder an, hielt Remler fest. Die Internationalisierungsoffensive habe dazu beigetragen, die negativen Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Grenzen zu halten und die österreichische Wirtschaft auf Wachstumskurs zu bringen.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) merkte kritisch an, der Bericht sei in Anbetracht der komplexen Materien, die er behandle, viel zu kurz gefasst und der Zeithorizont der EU 2020-Strategie sei viel zu weit gegriffen. Er werde sich daher auf das österreichische nationale Reformprogramm und die darin vom Wirtschaftsminister genannten makroökonomischen Ziele für 2011 beziehen. Hier werde zwar eine Erreichung der Budgetziele in Aussicht gestellt, man schaffe es aber nicht, die Neuverschuldung für 2011 und 2012 in den Griff zu bekommen. Ein Wachstum, das nur durch permanente Kreditaufnahme erreicht werde, sei für Österreich aber schädlich.

Was das Ziel einer Stärkung des Finanzsektors betreffe, so sei die Frage, ob man hier die Banken oder den Kapitalmarkt fördern wolle. Gegen eine Förderung von Banken, in denen er die Hauptnutznießer der Krise sah, wandte sich der Redner strikt. Hingegen müssen man den Problemen, welche die KMU beim Zugang zum Kapitalmarkt hätten, mehr beachten. KMU seien in jeder Hinsicht zu stärken, ihre Abhängigkeit von den Banken müsse reduziert werden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Regierung nannte Pisec "Planwirtschaft pur". Es sei aus Sicht der Freiheitlichen dringend geboten, die Abgabenquote massiv zu senken. Mit weniger Steuern schaffe man mehr Arbeitsplätze und stärke die Eigenkapitalbasis der KMU. Ein diesbezüglicher Reformansatz sei dem Bericht jedoch nicht zu entnehmen, weshalb seine Fraktion ihn nicht zur Kenntnis nehmen werde.

Bundesrat Friedrich REISINGER (V/St) widmete sich dem Bereich Energie und Klima und forderte ein energiepolitisches Umdenken bei der Energiegewinnung, aber auch einen effizienteren Energieeinsatz.

Er rief insbesondere zur thermischen Sanierung sowie zum Ausbau erneuerbarer Energien auf und meinte, bei entsprechender Förderung könnte dadurch ein enormes Investitionsvolumen ausgelöst werden.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) konnte in dem vorliegenden Bericht Ansätze zu einem modernen, verantwortungsvollen, ressourcenschonenden und zukunftsorientierten Wirtschaften erkennen. Mit Nachdruck begrüßte er die Schwerpunkte der ungarischen Ratspräsidentschaft, wie etwa die Erhöhung der Erwerbsquote und der Akademikerquote, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die EU-Erweiterung, insbesondere den Abschluss mit Kroatien. Schennach hob ferner das Programm "Jugend in Bewegung" zur Förderung der Mobilität Jugendlicher hervor, gab aber zu bedenken, dieses dürfe nicht nur für die "Studierten" gelten, sondern müsse vielmehr auch die Lehrlinge erfassen. Er schlug in diesem Zusammenhang die Absolvierung von einem halben Jahr der Lehrlingsausbildung im Ausland vor.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) ortete Widersprüche zwischen den EU-Programmen und der Realität, dies vor allem bei der Energiepolitik, wobei er kritisch feststellte, die Atomenergie werde in dem Bericht nicht einmal erwähnt. Er forderte eine Energiewende in Richtung eines Ausstiegs aus der Atomenergie und drängte auf eine wirkungsvolle Anti-Atompolitik Österreichs. Er rief in diesem Sinn die Bundesregierung auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien und die Slowakei wegen deren AKW-Ausbauplänen einzuleiten.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Bundesrat)


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