Parlamentskorrespondenz Nr. 473 vom 11.05.2011

Budgetausschuss beschließt Bundesfinanzrahmen 2012 bis 2015

Rechnungshofpräsident Moser mahnt Strukturreformen ein

Wien (PK) – Im Anschluss an das Expertenhearing für ein Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 (1174 d.B.) fand im Budgetausschuss die politische Debatte über den Gesetzentwurf statt, als deren Ergebnis die Abgeordneten dem Plenum mit S-V-Mehrheit empfahlen, die Regierungsvorlage samt Strategiebericht anzunehmen. Für das Bundesbudget 2012 lautet die Ausgabenobergrenze demnach auf insgesamt 73,6 Mrd. €. Bis 2015 soll das Maastricht-Defizit des Bundes von 3,7 % (2010) auf 1,6 % des BIP (2015) sinken. Das gesamtstaatliche Defizit (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen) soll mittelfristig von 4,6 % des BIP (2010) auf 2 % des BIP (2015) reduziert werden. Laut Strategiebericht wird die Quote der Finanzschuld am BIP bis 2013 noch auf 75,5 % steigen und dann bis 2015 auf 74,4 % zurückgehen. Das Bruttoinlandsprodukt soll von 309,2 Mrd. € (2012) um 2 % (2012), 2,1 % (2013) und 2,2 % (2014 und 2015) auf 347,1 Mrd. € (2015) zunehmen. Die Zahl der Arbeitslosen wird von 256.200 auf 249.000 zurückgehen und die Arbeitslosenrate von 4,5 % auf 4,3 % abnehmen, ist dem Strategiebericht zu entnehmen. 

Als wichtige Entscheidungshilfen bei der Aktualisierung der mittelfristige Budgetpolitik lagen den Abgeordneten umfangreiche Dokumentationen zur Entwicklung des Bundeshaushalts im Jahr 2010 und in den Monaten Jänner bis März 2011 vor: Der vorläufige Bundesrechnungsrechnungsabschluss 2010 (III-229), das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2010 bis 2014 (III-233 d.B.), Monats- und Quartalsberichte zur Entwicklung der Haushaltseinnahmen und –ausgaben sowie zu überplanmäßigen Ausgaben und Vorbelastungen in den Monaten Jänner bis März 2010 (vgl. PK-Meldung 429/2011). – Die Kenntnisnahme der Berichte erfolgte mit S-V-Mehrheit, der vorläufige Bundesrechnungsrechnungsabschluss 2010 (III-229 d.B.) wurde mit S-V-G-Mehrheit vertagt.

Grüne wollen mehr Geld für Wissenschaft und Forschung

In der Debatte orteten die Grünen Säumnisse im Bereich Wissenschaft und Forschung. Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte etwa, bei den Universitäten würden sogar die nominellen Ausgaben sinken, obwohl die Rektoren laufend über fehlende Mittel klagen. Seine Fraktionskollegin Abgeordnete Ruperta Lichtenecker sah in diesem Zusammenhang die Forschungsstrategie der Bundesregierung bereits in Frage gestellt.

FPÖ und BZÖ drängen auf Verwaltungsreform

FPÖ und BZÖ wiederum vermissten Ansätze einer Verwaltungsreform. Die Abgeordneten Rainer Widmann und Robert Lugar (beide B) warnten, ohne Verwaltungsreform werde es nicht gelingen, den Stabilitätspfad einzuhalten. Widmann rief die Regierung dazu auf, die Vorschläge des Rechnungshofs umzusetzen, und klagte überdies, die Budgetkonsolidierung werde derzeit nur durch ständige Steuererhöhungen angegangen. Weiters plädierte er dafür, die, wie er es nannte, "Pimperl-Steuern" der Länder abzuschaffen, da diese kaum Einnahmen brächten und bloß mit Bürokratie verbunden seien. Abgeordneter Werner Königshofer (F) konnte ebenso wie Abgeordneter Alois Gradauer (F) im Bundesfinanzrahmen keinerlei Strukturansätze erkennen, wobei Gradauer zudem bemängelte, dass die beabsichtigten Frühpensionierungen bei ÖBB und Post noch in keinen Berechnungen aufscheinen.

SPÖ für Koordinierung von Bund, Ländern und Gemeinden

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) bemerkte hingegen mit Blick auf den vorläufigen Bundesrechnungsabschluss, die Abgabenquote sei gesenkt worden, nominell seien die Schulden des Bundes gleich geblieben. Er wertete dies als Zeichen dafür, dass eine anständige Finanzpolitik gemacht und ordentlich gehaushaltet werde. Beim Stabilitätsprogramm ging es seiner Einschätzung nach nicht allein um den Bundesbereich, sondern vielmehr auch um eine entsprechende Koordination von Bund, Ländern und Gemeinden.

Stummvoll: Pensionen als tickende Zeitbombe

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) wies auf die Pensionsproblematik hin und meinte, solange es nicht gelinge, diese tickende Zeitbombe zu entschärfen, werde Österreich auch nicht ausreichend Geld für die Zukunft haben. Es gebe kein Problem bei der Pensionshöhe, sondern vielmehr ein Problem beim faktischen Pensionsantrittsalter, stellte Stummvoll dabei klar und sprach von einem Weltrekord in Sachen Frühpension.

Fekter: Zusätzliches Geld für Unis an Strukturreformen gekoppelt

Finanzministerin Maria Fekter betonte in der Frage des Budgets der Universitäten, die eigentlichen Bedürfnisse könnten erst nach Vorliegen der Leistungsvereinbarung und der strukturellen Reformen an den Unis quantifiziert werden. Mit Sicherheit werde es aber keine generelle Aufstockung der Mittel nach dem Gießkannenprinzip geben, zusätzliche Gelder werden nur in Kombination mit erreichten Zielen und Strukturmaßnahmen fließen, stellte Fekter klar und sah im Kassenstrukturfonds ein Vorbild für die Universitäten. Die "Karotte" zwinge diejenigen, die das Geld haben wollen, dazu, auch sich selbst zu bewegen, formulierte sie in diesem Zusammenhang. Überdies merkte Fekter an, im Bereich Wissenschaft und Forschung dürfe man sich nicht ausschließlich auf die Steuertöpfe verlassen, vielmehr gehe es auch darum, mehr Drittmittel zu erschließen.

Was die Strukturreformen betrifft, erinnerte die Finanzministerin an die in Loipersdorf vereinbarten 300 Einzelprojekte zur Verwaltungsreform und betonte, 170 seien davon bereits umgesetzt, so etwa im Pflegebereich. Insgesamt habe man zur Entlastung der Unternehmen 560 Mio. Euro und zur Entlastung der Bürger 440 Mio. Euro lukriert, rechnete sie vor.

Staatssekretär Andreas Schieder präzisierte, die Reformprojekte würden im Wesentlichen eine Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vorsehen, um Doppelgleisigkeiten zu beseitigen. Derzeit gehe es darum, die größeren Brocken noch mit den Ländern zu diskutieren.

Moser: Ohne Strukturreformen keine nachhaltige Budgetkonsolidierung

Rechnungshofpräsident Josef Moser gab zu bedenken, die strukturellen Probleme hätten sich durch die Krise noch verstärkt, der negative Primärsaldo zeige, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht stattfinde. So würden 90 % des Ausgabenzuwachses bis 2015 in die Bereiche Zinsendienst und Pensionen fließen. Diese beiden Positionen fressen jene Ausgaben auf, die man für die Zukunft benötigen würde, warnte Moser. Ohne die notwendigen Strukturreformen werden die Zielsetzungen des Stabilitätsprogrammes und einer nachhaltigen Budgetkonsolidierung nicht erreicht werden, stand dabei für den Rechnungshofpräsidenten fest. Klar war für Moser auch, dass bei den Reformen auch die Länder und Gemeinden sowie die ÖBB berücksichtigt werden müssen. (Schluss)