Parlamentskorrespondenz Nr. 486 vom 17.05.2011

Heinisch-Hosek unterstreicht Notwendigkeit des Frauenministeriums

Fragestunde im Nationalrat

Wien (PK) – Als Meilensteine ihrer bisherigen Tätigkeit bezeichnete Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek heute in der Fragestunde des Nationalrats etwa die Verpflichtung zur Einkommenstransparenz, das einkommensabhängige Kindergeld, die Anstoßfinanzierung für Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare. Sie sprach sich darüber hinaus auch für einen Mindestlohn von 1.300 € aus und unterstrich die Notwendigkeit, mehr Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft zu bringen. Als Ressortchefin, die auch für den öffentlichen Dienst zuständig ist, betonte sie, dass jährlich 200 zusätzliche PolizistInnen aufgenommen würden und man Maßnahmen gegen Burnout im Exekutivdienst setze.

Frage der Abgeordneten Gisela WURM (S)

: Welche konkreten Projekte und Maßnahmen setzen Sie aktuell, um der geschlechtsspezifischen Lohnschere entgegenzuwirken?

Antwort:

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK nannte dazu vier aus ihrer Sicht wesentliche Projekte und Maßnahmen. Erstens sei im Gleichbehandlungsgesetz die Verpflichtung zur Einkommenstransparenz festgeschrieben worden, weiters müssten Stellenanzeigen ab nun auch über das zu erwartende Gehalt informieren. Ab Herbst werde zusätzlich dazu von ihrem Ressort ein Gehaltsrechner im Internet angeboten. Sie werde sich außerdem massiv dafür einsetzen, dass mehr Frauen die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung erhalten. Die hohe Einkommensdifferenz zwischen den Geschlechtern erklärten sich teilweise daraus, dass immer noch viele Mädchen ihren Beruf nur aus einer kleinen Zahl schlecht bezahlter Lehrberufe wählten. Es sei daher wichtig, mehr Mädchen für technische Berufe zu interessieren. Viele Frauen könnten nach der Babypause nach wie vor nur zu schlechteren Bedingungen wieder ins Berufsleben einsteigen, und man finde immer noch zu wenige Frauen in Führungspositionen, erläuterte Heinisch-Hosek.  

Sie setze sich bei den Sozialpartner für Maßnahmen ein, die der nach wie vor bestehenden Tendenz, Frauen mit 60 Jahren bereits aus dem Berufsleben zu drängen, was zu Pensionseinbußen führe, entgegenwirken sollen, erläuterte Bundesministerin Heinisch-Hosek auf eine diesbezügliche Zusatzfrage von Abgeordneter Gertrude AUBAUER (V). Für Klein- und Mittelbetriebe, die bisher noch nicht von der Regelung der Einkommenstransparenz erfasst sind, bestehe jedenfalls die Möglichkeit zur freiwilligen Offenlegung der Gehaltsschemata. Ihr Ressort unterstütze dies, erfuhr Abgeordneter Gerhard HUBER (B).

Die in einer Zusatzfrage von Abgeordneter Judith SCHWENTNER (G) angesprochenen versteckten Diskriminierungen für Frauen in Kollektivverträgen würden nur wenige Branchen betreffen, meinte die Bundesministerin. Sie setze sich hier für Änderungen ein. Die von Abgeordneter Carmen GARTELGRUBER (F) konstatierten Schwierigkeiten bei der Erstellung der geforderten Einkommensberichte konnte Heinisch-Hosek nicht erkennen. Ihr Ministerium leiste den Betrieben zudem Hilfestellung dabei, hielt die Frauenministerin fest.

Frage der Abgeordneten Dorothea SCHITTENHELM (V)

: Wie ist der Stand der im Regierungsprogramm vorgesehenen Überprüfung der besseren Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension?

Antwort

: Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK verwies darauf, dass man sich erst in der Halbzeit der Legislaturperiode befinde. Sie sei überzeugt, dass die angesprochene Überprüfung noch stattfinden werde. Im Bereich der Beamtenversicherung habe man bereits eine Regelung mit Vorbildcharakter geschaffen, man werde sich um eine harmonisierte Vorgangsweise für die ASVG-Versicherten bemühen.

Eine Zusatzfrage von Abgeordneter Schittenhelm betreffend eine zu  befürchtende Einschränkung der Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchungen beantwortete Bundesministerin Heinisch-Hosek mit der Bemerkung, es handle sich um einen Irrtum, wenn angenommen werde, dass hier eine Ausdünnung der Vorsorgeeinrichtungen geplant sei. Es gehe vielmehr darum, dass einzelne Zentren ihren Schwerpunkt auf die Abklärung unklarer Befunde legen sollen, das Screening für die Risikogruppe der Frauen über 45 Jahren soll flächendeckend gestaltet werden.

Die steuerlichen Absetzbarkeit von Ausgaben für die Kinderbetreuung sei ihrer Meinung nach nicht zu kompliziert geregelt, hier bedürfe es aber noch besserer Information darüber, erfuhr Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) auf ihre diesbezügliche Zusatzfrage. Gegenüber Abgeordneter Daniela Musiol (G) hielt die Bundesministerin fest, dass sie sich für eine Fortsetzung der Anstoßfinanzierung für die Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen durch die Länder einsetze. Der Forderung von Abgeordneter Anneliese KITZMÜLLER (F) nach Erziehungsgeld für Eltern konnte sie nichts abgewinnen. Die bestehenden Modelle des Kindergeldes seien dafür ausreichend.  Man strebe zudem an, den Anteil der Väter, die eine Väterkarenz in Anspruch nehmen, innerhalb der nächsten zehn Jahr auf 20% zu steigern. Hier sei die Mitarbeit der Betriebe wichtig, man setze dabei auf eine Top-Down-Strategie, erfuhr Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S).

Frage des Abgeordneten Werner HERBERT (F)

: Wie wollen Sie den besonderen Anforderungen von PolizistInnen und SoldatInnen bei der Gestaltung eines einheitlichen Dienst- und Besoldungsrechts gerecht werden?

Antwort:

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK hielt fest, dass man es im öffentlichen Dienst mit verschiedenen Berufsgruppen mit sehr unterschiedlichen Berufsbildern zu tun habe, was bei einer Neuregelung des Dienst- und Besoldungsrechts zu berücksichtigen sei. Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten betreffend die Neuaufnahme von ExekutivbeamtInnen, um die Arbeit trotz des bevorstehenden Generationswechsels sicherzustellen, meinte Heinisch-Hosek, es sei eine Tatsache, dass die derzeitige Bundesregierung noch die Folgen des Abbaus von Planstellen, der während der vergangenen Legislaturperiode stattgefunden habe, bewältigen müssen. Sie halte daran fest, dass es pro Jahr 200 Neuaufnahmen von PolizistInnen geben werde.

Die Vereinheitlichung des Dienst- und Besoldungsrechts im öffentlichen Dienst beginne man mit einer Gruppe, die immerhin ein Drittel der Bundesbediensteten umfasse, den LehrerInnen. Es sei vorgesehen, höhere Einstiegsgehälter zu zahlen, erläuterte Heinisch-Hosek auf eine Zusatzfrage von Abgeordnetem Rudolf PLESSL (S). Abgeordnetem Michael HAMMER (V) sagte sie zu, sie werde sich für zügige Gehaltsverhandlungen mit der GÖD einsetzen. In der von Abgeordneter Alev KORUN (G) angeschnittenen Frage eines höheren Anteils von ExekutivbeamtInnen mit Migrationshintergrund stellte Bundesministerin Heinisch-Hosek Gespräche mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner dazu in Aussicht. Sie persönlich könne sich eine österreichweite Übernahme des Wiener Modells vorstellen.  

Frage der Abgeordneten Judith SCHWENTNER (G):

Welche konkreten Maßnahmen – zum Beispiel die Einführung einer Quotenregelung – werden Sie ergreifen, um bis 2013 eine verbindliche und spürbare Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen in der Privatwirtschaft zu erreichen?

Antwort:

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK stellte fest, dass sie sich in Fragen der Quotenregelung frischen Wind aus der EU erwarte, da man in vielen EU-Mitgliedstaaten feststellen könne, dass Privatunternehmen an einer Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen interessiert seien. Sie habe deshalb alle ATX-notierten Unternehmen zu Gesprächen über die Frage freiwilliger Frauenquoten eingeladen. Die Wirtschaft könne es sich jedenfalls in Zukunft nicht leisten, auf qualifizierte Frauen zu verzichten, zeigte sich die Frauenministerin überzeugt.

Auf die Anregung von Abgeordneter Heidemarie UNTERREINER (F) nach einer staatlichen Auszeichnung von Unternehmen, die sich durch einen höheren Anteil von Frauen in Führungspositionen hervortun, meinte die Frauenministerin, dass positive Berichterstattung über solche Betriebe zweifellos wichtig sei. Abgeordnetem Hermann KRIST (S) gegenüber erläuterte die Ministerin, die Anhebung des Frauenanteils in staatsnahen Betrieben solle in zwei Stufen bis 2018 erfolgen. Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) versicherte die Frauenministerin, es sei ihrem Ressort ein Anliegen, Frauen dazu zu ermutigen, sich auch die Übernahme von Führungspositionen zuzutrauen. Die von Abgeordneter Martina SCHENK (B) geforderten "Männerquoten" für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind, sah die Ministerin in der derzeit gegebenen Situation nicht als vordringliches Ziel an.

Frage der Abgeordneten Martina SCHENK (B):

Wozu braucht Österreich ein Frauenministerium?

Antwort:

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK stellte fest, dass es viele Gründe gebe, weshalb ein Frauenministerium dringend notwendig sei. Man brauche es etwa, solange Frauen für gleiche Arbeit weniger verdienten als Männer. Die Bundesregierung habe in den letzten zwei Jahren auf Anregung ihres Ressorts viele wichtige gesetzliche Maßnahmen gesetzt. Das betreffe den Gewaltschutz, die Einkommenstransparenz und die verfassungsmäßige Verpflichtung zu Gender-Budgeting. Das bedeute nicht, dass man bereits zufrieden sein könne. Auf eine Zusatzfrage der Abgeordneten stellte die Bundesministerin klar, sie habe sich nie für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen, setze sich aber dafür ein, dass alle Kollektivverträge einen Mindestlohn von 1.300 € brutto vorsehen.

Auf die Zusatzfrage von Abgeordneter Judith SCHWENTNER (G) hielt Bundesministerin Heinisch-Hosek fest, es sei leider eine Tatsache, dass die Notwendigkeit des Gender-Budgetings noch nicht allgemein akzeptiert sei. Gegenüber Abgeordneter Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN stellte die Ministerin klar, sie habe sich nie für die Abschaffung des Muttertags als solchem ausgesprochen, sondern vielmehr darauf hingewiesen, dass Frauen auch an anderen Tagen Unterstützung brauchten. Seit ihrem Amtsantritt habe es einige Maßnahmen gegeben, die als frauenpolitische Meilensteine bezeichnet werden dürften, erläuterte Bundesministerin Heinisch-Hosek auf eine Zusatzfrage von Abgeordnetem Hermann LIPITSCH (S). Dazu zähle für sie auch die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare neben der Verpflichtung zur Einkommenstransparenz sowie das einkommensabhängige Kindergeld und die Anstoßfinanzierung für Kinderbetreuungseinrichtungen.

Frage des Abgeordneten Otto PENDL (S):

Welche Verbesserungen zur Stärkung der Motivation konnten für die Exekutivbediensteten erreicht werden?

Antwort:

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK hielt fest, es gelte, den verschiedenen Gruppen im öffentlichen Dienst die entsprechende Wertschätzung für ihre Leistung entgegenzubringen. Vor dem Hintergrund früherer Einsparungen bei der Exekutive sei eine Aufstockung in diesem Bereich durchaus notwendig gewesen. In Zusammenhang mit der konkreten Frage des Abgeordneten verwies die Bundesministerin auf Erfolge in Hinblick auf die Gleichstellung von PolizistInnen in Ballungszentren und im ländlichen Bereich, was die Reisegebührenabrechnung anbelange. Um die Einsatzkräfte von Schreibtischtätigkeiten zu entlasten, forciere man außerdem auch den Übertritt von Telekom- und PostbeamtInnen in den Exekutivdienst, versicherte Heinisch-Hosek. Bislang hätten 300 Personen einen solchen Wechsel vollzogen.

Das von Abgeordnetem Günter KÖSSL (V) im Rahmen einer Zusatzfrage angesprochene Lebensarbeitszeit-Modell werde natürlich auch für diese Berufsgruppe diskutiert, hielt die Bundesministerin fest. Um ExekutivbeamtInnen zu entlasten und dem von den Abgeordneten Christoph HAGEN (B) und Christian LAUSCH (F) angesprochenen Phänomen Burnout entgegenzuwirken, bemühe man sich außerdem um die Reduktion von Überstunden und die bereits skizzierten Maßnahmen zur Entlastung der PolizistInnen bei der Erledigung von Schreibtischtätigkeiten. In Hinblick auf die von G-Mandatarin Daniela MUSIOL gestellte Zusatzfrage zum Thema Demonstrationen verwies Heinisch-Hosek auf die Zuständigkeit des Innenministeriums, mit dem es eine Lösung zu finden gelte, um die Situation für DemonstrantInnen und ExekutivbeamtInnen gleichermaßen besser zu gestalten.

Frage der Abgeordneten Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V):

Warum ist die Anerkennung des Bachelor-Abschlusses als erster akademischer Grad (graduate) im Öffentlichen Dienst bisher noch nicht erfolgt?

Antwort:

Bundesministerin HEINISCH-HOSEK erläuterte, was die Anerkennung dieses akademischen Titels im öffentlichen Dienst anbelange, liefen bereits Gespräche mit der Gewerkschaft. Man habe sich jedoch noch nicht auf eine der verschiedenen Varianten, die zur Diskussion stünden, einigen können. Mit dem Pragmatisierungsstopp und der Abkehr vom Vorbildungssystem als zentraler Priorität fänden Personen mit einem Bachelor-Abschluss aber schon jetzt entsprechende Rahmenbedingungen: Ausschlaggebend für die Bezahlung sei hier die Beschreibung des jeweiligen Arbeitsplatzes, erläuterte die Ministerin.

Die von Abgeordnetem Ernest WINDHOLZ (B) im Rahmen einer Zusatzfrage angesprochenen Privilegien von Landesbediensteten im "roten Wien" fielen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich, erläuterte Heinisch-Hosek. Außerdem würden die Harmonisierungsbestrebungen des Bundes meist auch von den Ländern nachvollzogen. Bestünden dennoch Abweichungen, seien diese wohl auch begründet, zeigte sie sich überzeugt. Den Verhandlungen bezüglich des neuen LehrerInnendienstrechts, auf die eine Zusatzfrage des Abgeordneten Harald WALSER (G) abgestellt hatte, wollte die Bundesministerin nicht vorgreifen. Wichtig sei in jedem Fall, dass die neu eintretenden LehrerInnen eine einheitliche Ausbildung erhielten und einer einheitlichen Besoldung unterlägen. Die Einstufung der im öffentlichen Dienst befindlichen AbsolventInnen eines Bachelorstudiums als AkademikerInnen würde zu erheblichen Mehrkosten führen, skizzierte die Bundesministerin auf eine Zusatzfrage von Abgeordneter Susanne WINTER (F). Allein für die Gruppe der LehrerInnen wäre dadurch mit Mehrkosten in Höhe von 700 Mio. € zu rechnen. Die von S-Mandatar Michael SCHICKHOFER angesprochene Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes hielt die Bundesministerin für in vielen Bereichen gegeben. Sie kam in diesem Zusammenhang auf die Frauenförderung, die Lehrlingsausbildung und die Anerkennung von Mobbing als Dienstpflichtverletzung zu sprechen.

(Fortsetzung Nationalrat/Ende Fragestunde)