Parlamentskorrespondenz Nr. 491 vom 17.05.2011

Heftiger politischer Schlagabtausch um den Euro-Rettungsschirm

Dringliche Anfrage der FPÖ zu einer europäischen Transferunion

Wien (PK) – Am Nachmittag der heutigen Plenarsitzung des Nationalrats stand der Euro-Rettungsschirm für in Not geratene EU-Mitgliedstaaten im Mittelpunkt der Diskussion. Grundlage dafür war eine von F-Klubobmann Heinz-Christian Strache eingebrachte Dringliche Anfrage betreffend die "Errichtung einer europäischen Transferunion". Darin kritisiert die FPÖ eine falsche Weichenstellung in Brüssel und befürchtet ein "Milliardengrab Euroland". Die Umwandlung der EU zu einer Transferunion stelle eine tiefgreifende Vertragsänderung dar und mache eine Volksabstimmung erforderlich, forderte Strache.

Bundeskanzler Faymann stellte dezidiert in Abrede, dass Österreich eine Transferunion anstrebe. Die Zahlungen an andere Länder seien kein Geschenk, sondern an strenge Bedingungen gebunden. Einmal mehr machte sich der Bundeskanzler für eine Finanztransaktionssteuer stark. Er wies auch den Vorwurf zurück, durch die Gewährung von Krediten an andere Länder Sozialleistungen in Österreich zu kürzen. Das Bekenntnis zum Sozialstaat könne man dem Budget entnehmen, sagte er. Vereinfachende Vorschläge zu einem komplexen Problem seien keine Lösung.

Strache: Eurohaftungsschirm ist Fass ohne Boden

Zu Beginn seiner Begründung stellte Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) fest, dass sich der Eurohaftungsschirm zunehmend als "Fass ohne Boden" erweise. Anscheinend sei die Bundesregierung aber trotzdem gewillt, die Zahlungen an die "Euro-Pleitestaaten" auf Kosten der österreichischen SteuerzahlerInnen fortzusetzen. Bisher betrage die Summe der Direktzahlungen aus österreichischen Steuergeldern über 8 Milliarden Euro, dazu kämen noch Haftungen von mehr als 17 Milliarden Euro. Die Finanzhilfe komme jedoch nicht der Bevölkerung der betroffenen Staaten zugute, sondern man rette vielmehr Banken, die Verluste durch Spekulationen gemacht hätten. Anstatt strukturelle Veränderungen im Finanzsektor durchzuführen, schiebe man damit die Krise nur hinaus. Während die Banken weiter Gewinne lukrieren, müsse die europäische Bevölkerung die entstandenen Verluste tragen.

Der Weg, den man in der Finanzmarkpolitik bisher eingeschlagen habe, habe direkt in die Misere geführt. Trotzdem werde er von der Regierung weiterhin als "alternativlos" dargestellt. Für Österreich bedeute das ein weiteres Anziehen der Steuerschraube und Kürzungen in den Bereichen Familie, Pflege und Sozialleistungen. Dieses "Ausplündern" der ÖsterreicherInnen müsse ein Ende haben, forderte Strache. Die EU sei auf dem Weg zur Transfer-Union, was de facto eine tiefgreifende Veränderung des EU-Vertrags darstelle, die einer Volksabstimmung unterliegen müsste. Bundeskanzler Faymann habe diesbezüglich einmal ein Versprechen gegeben, das er nun einhalten müsse. Unter Berufung auf den deutschen Ökonomen Wilhelm Hankel sah Strache den einzigen Ausweg aus der anhaltenden Krise in der Entlassung der schwachen Volkswirtschaften aus der Eurozone und ihrer teilweisen Entschuldung. Nur "Eurofanatiker und EU-Sektierer" wollten immer noch am eingeschlagenen Weg und am "Phantom" der einheitlichen Währung um jeden Preis festhalten, meinte Strache.

Ein harter Schnitt sollte jetzt gemacht werden, denn er sei früher oder später ohnehin unausweichlich. Schon jetzt sei die tatsächliche Inflation weitaus höher, als der fiktive Warenkorb ausweise, und führe zu einer Wert- und Vermögensvernichtung der Bevölkerung. Österreich könne es sich nicht mehr leisten, EU-Nettozahler zu sein, betonte Strache. Es müsse dringend seine eigene Verschuldung in den Griff bekommen. Ein Umdenken sei deshalb unbedingt erforderlich.

Faymann: Der Euro-Schutzschirm verursacht keinen Sozialabbau

Bundeskanzler Werner FAYMANN widersprach der Darstellung von F-Klubobmann Strache, wonach die EU auf dem Weg zu einer zentralen "Wirtschaftsregierung" sei. Die unterschiedlichen Meinungen, die  innerhalb der EU zur Krisenbewältigung bestünden, zeigten deutlich, dass das nicht der Fall sei. Österreich als Land mit einer stark exportorientierten Wirtschaft profitiere vom Euroraum und hätte bei einem etwaigen Austritt aus der gemeinsamen Währung einen massiven Einbruch seiner Wirtschaft in Kauf zu nehmen, argumentierte der Regierungschef.

Im Detail führte der Bundeskanzler zur Dringlichen Anfrage der FPÖ aus, bisher habe Österreich im Rahmen der Griechenlandhilfe 1,22 Mrd. € an Darlehen gegeben. Man werde maximal 2,29 Mrd. € an Darlehen an Griechenland bzw. an allfällige weitere Staaten vergeben. Die Frage, ob man eine Transferunion anstrebe, könne er klar mit Nein beantworten. Der Austritt Griechenlands aus der Eurozone und andere vereinfachende Lösungsvorschläge, wie sie von der FPÖ vorgeschlagen werden, könnten jedenfalls nicht die Antwort darstellen, meinte Faymann. Nach Meinung von ExpertInnen würde dies die Spekulation nur weiter anheizen. Der Euroschutzschirm habe für Österreich auch keinen Sozialabbau verursacht. Das Bekenntnis der Bundesregierung zum Sozialstaat könne man dem Budget entnehmen.

Die Haushaltsprobleme der Staaten, die von der Krise betroffen sind, seien vielschichtig und teilweise auch auf spekulative Finanzmarktprodukte zurückzuführen. Eine der Antworten darauf, für die er auf europäischer Ebene immer wieder eintrete, bestehe in einer Finanztransaktionssteuer. Die Zahlungen an Griechenland seien kein Geschenk, sondern an Bedingungen einer strengen Haushaltspolitik gekoppelt. Die richtige Antwort auf die Krise liege aber nicht nur im Sparen, sondern auch in der nachhaltigen Ankurbelung der gemeinsamen europäischen Wirtschaft durch Investitionen in Forschung und Entwicklung und in erneuerbare Energien, schloss Faymann.

Die unterschiedlichen Sichtweisen der Abgeordneten

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) sah die Erhöhung der Geldmenge durch die EZB als Motor der Inflation. Die Inflation stelle dabei nichts anderes als eine indirekte Steuer dar, die gerade die Schwächsten treffe. Der Euroschutzschirm sei auch nichts anderes als eine Absicherung der Risiken von Bankgeschäften. Jene europäischen Banken, die sich zu günstigen Konditionen bei der EZB mit Geld versorgen konnten, konnten dies zu hohen Zinsen weiterverleihen. Dieses Geschäft helfe nur großen Finanziers, aber nicht der Bevölkerung, weder in Österreich noch in Griechenland. Im Grunde sollte die Bevölkerung darüber entscheiden, welchen Weg man weitergehen solle. Die politische Kaste in Europa lebe aber längst in einer Parallelwelt und nehme nicht wahr, dass es nun um die soziale Stabilität Europas gehe. Man müsse aufhören, Politik nur im Interesse der Wirtschaft und der Industriekapitäne zu betreiben, forderte Vilimsky. 

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) zog eine Parallele zwischen der Rettung der Hypo Alpe-Adria und der Hilfe für Griechenland. Es wäre dem österreichischen Staat letztlich wesentlich teurer gekommen, die Kärntner Bank in die Pleite zu schicken, als ein Rettungspaket für sie zu schnüren. Ein Staatsbankrott von Griechenland, Portugal oder Irland, wie die Freiheitlichen fordern, würde bedeuten, dass die breite Masse der Bevölkerung dieser Länder ihre Ersparnisse verlieren würde, und es käme zu Massenarbeitslosigkeit. Ein solches Szenario habe es in den dreißiger Jahren gegeben, mit den bekannten schrecklichen Folgen. Die Sozialdemokratie sei dafür nicht zu haben. Zweifellos gebe es in der Regulierung der Finanzmärkte noch vieles zu tun, doch die vereinfachenden Lösungen der FPÖ seien abzulehnen.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) wies die Darstellung von Abgeordnetem Strache zurück und meinte, seine Rede habe zahlreiche Ungenauigkeiten und Unwahrheiten enthalten. Griechenland habe sehr wohl bisher die Zinsen bedient, und die Darlehen seien an die Durchführung von Reformen geknüpft. Wolle man von Seiten der FPÖ tatsächlich eine Geldentwertung auslösen, fragte Stummvoll. Die Alternativen, welche Strache fordere, hätten jedenfalls weitaus schlimmere Konsequenzen als der Weg, den man jetzt verfolge. Griechenland müsse die Chance erhalten, seinen Staatshaushalt in Ordnung zu bringen. Das sei zweifellos nur mittelfristig erreichbar. Letztlich werde Griechenland nicht nur sparen müssen, sondern brauche auch eine Beschäftigungs- und Wachstumsinitiative, wie sie auch in Österreich die Antwort auf die letzte Wirtschaftskrise gewesen sei. Es stimme vielleicht rein buchhalterisch, dass Österreich in der EU Nettozahler sei, tatsächlich sei es ökonomisch aber ein Netto-Gewinner, stellte Stummvoll fest.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) leitete seine Ausführungen mit der Feststellung ein, die aktuellen Krisen seien nicht unbewältigbar, attestierte der FPÖ aber zugleich, richtig zu erkennen, dass die Probleme auf die lange Bank geschoben werden. Griechenland braucht Investitionsprogramme, Strukturreformen und einen Haircut, stellte Kogler fest. Irgendjemand müsse die Zeche zahlen, auch jene, die an dieser Misere verdient haben. Falsch sei es jedenfalls, ganz Europa krank zu reden, nur weil Griechenland mit ein paar Prozent Anteil an der EU-Wirtschaftsleistung schwächelt.

Einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion hält Kogler für technisch nicht machbar und warnte zudem vor den unübersehbaren Kosten. Wenn die Griechen die Sanierung am Ende selber zahlen sollen, müsse man ihnen laut Kogler dabei helfen. Laufzeitverlängerung und Zinsreduktion brächten jetzt "mehr Luft", kosteten aber letztlich viel Geld, analysierte er. Kogler will jene zahlen lassen, die bisher gegen alle Regeln der Marktwirtschaft in einem virtuellen Markt an der Krise verdient haben. Sie sollen nicht weiter glauben können, der Steuerzahler kommt für die Verluste auf.

Die EU ist für Kogler eine Transferunion, die Bevölkerung wird aber bei den entsprechenden Maßnahmen nur mitgehen, wenn auch die Banken, die bisher verdient haben, an den Kosten beteiligt werden. "Wir brauchen die Restrukturierung des Bankensektors im Sinne marktwirtschaftlicher Prinzipien samt der Möglichkeit eines Bankenkonkurses, Strukturreformen und so etwas wie einen Marshallplan für Griechenland". Vor diesen Aufgaben sah der Abgeordnete Europa stehen.

Für Abgeordneten Josef BUCHER (B) befindet sich die Bundesregierung auf einem fundamentalen "Holzweg". Sie blockiere Reformprojekte und habe zugleich eine enorme Inflation zu verantworten, weil sie den Familien das Geld wegnimmt und die AutofahrerInnen schröpft, es aber nicht schaffe, in der EU eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, um Banken und Spekulanten zur Kasse zu bitten. Der Bundeskanzler erweise sich als ein wahrer Schutzpatron der Banken und Spekulanten, bemerkte er. Spekulanten erzielen in den Pleitestaaten enorme Gewinne, weil die EU für sie garantiere. Die österreichische Bankenabgabe aber sei keine Bankensteuer, sondern eine Bankkundensteuer, kritisierte Bucher und warf der Bundesregierung vor, die österreichische Bevölkerung "auszuplündern". Griechenland müsse man mit einer eigenen Währung in einen Selbstgesundungsprozess hineinzwingen, forderte der BZÖ-Klubobmann. Es wäre das Ende des Euro, würde man dem schlechtem Geld in Griechenland weiterhin immer mehr gutes Geld nachwerfen, warnte der BZÖ-Klubobmann.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) verwahrte sich mit scharfen Worten gegen jeden Vergleich Kärntens mit Griechenland, das sich  mit falschen Budgetdaten in den Euroraum geschwindelt habe. Österreich müsse zur Stabilisierung ehemaliger Weichwährungsländer nahezu acht Milliarden Euro aufwenden. Hunderte Euro müsse jede österreichische Familie Jahr für Jahr zahlen, um Griechenland zu retten, kritisierte der Redner. Auch Linder warnte vor einem Euroschutzschirm, der zu nichts anderem diene, als Banken zu retten. Statt sich weiter dem europäischen Diktat zu beugen und noch mehr Geld nach Griechenland zu schicken, fordere die FPÖ die Einstellung der Zahlungen und nachhaltige Konzepte zur wirtschaftlichen Gesundung Griechenlands – dazu gehöre eine eigene Währung für Griechenland.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) warf der FPÖ "Angstmache" vor, zeigte sich überzeugt, dass der Euro stabil bleibt, und erinnerte daran, dass Österreich mehr vom Euro profitiere als andere Länder. Die Stabilität der Eurozone sei zu erhalten und jede Spekulation über den Hinauswurf oder den Austritt einzelner Länder aus der Eurozone zu beenden. Eine solche Politik könnte eine Krise auslösen, warnte Muttonen. Die Kredite für Griechenland seien an klar definierte Reformen gebunden, die genau kontrolliert und Griechenland auf den Weg der wirtschaftlichen Gesundung führen würden. Viele Reformen seien bereits umgesetzt und das Defizit reduziert. Um auf seinem Weg voranzukommen, brauche Griechenland Zeit und die Unterstützung Europas. Zugleich sei die Profitgier der Spekulanten einzudämmen und die Finanzmärkte unter Kontrolle zu stellen. Dazu gehören für Christine Muttonen Bankenabgaben, eine Finanztransaktionsteuer sowie ein Insolvenzrecht für Banken.

Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) sprach von einer besorgniserregenden Realitätsverweigerung des FPÖ-Klubobmanns und wies es entschieden zurück, den Euro als ein "Phantom" zu bezeichnen. Die Europapolitik der FPÖ sei auf Panikmache hin ausgelegt, konstatierte Plassnik. Demgegenüber handelten die Regierungsparteien im Interesse der österreichischen SteuerzahlerInnen und im Interesse Europas. Die EU stehe vor epochalen Aufgaben: Schuldenkrise einzelner Staaten, Zukunft des Schengen-Vertrags, Wirtschaftsmigration, Energiepolitik, Außenpolitik – dafür habe die FPÖ keine Rezepte anzubieten. Die Griechen hätten in der Vergangenheit vieles falsch gemacht und müssten jetzt ihre Hausaufgaben machen: die Korruption bekämpfen und einen inneren politischen Konsens herbeiführen. Fristverlängerung und Zinsreduktion betrachtete Plassnik als richtige Maßnahmen im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe. Der Bundesregierung wünschte die Rednerin Mut, um die österreichischen Interesse in der EU wirkungsvoll zu vertreten und dazu beizutragen, dass Europa die stärkste, ökologischste, sozial gerechteste und sicherste Region der Welt bleibt.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) sah Europa vor der Frage stehen, ob es in Richtung Sozialunion mit ökologischen Werten gehe oder zurück zur Kleinstaaterei, wie dies die FPÖ vorschlägt. Sie lehne das ab, verlange aber, dass Griechenland seine Fehler korrigiert und seine Hausaufgaben macht. Griechenland sei auf dem richtigen Weg, brauche aber Zeit, um seinen Reformkurs erfolgreich zu Ende zu gehen und eine gesunde Wirtschaft aufzubauen. Das werde der EU und auch Österreich nützen, sagte Lichtenecker und erteilte dem Gerede über einen Austritt einzelner Mitglieder aus der Währungsunion eine klare Absage. Denn ein Austritt von Mitgliedern würde den Wirtschaftsraum schwächen und die Schuldentilgung der betroffenen Länder erschweren statt erleichtern. Andererseits seien rasch Konsequenzen aus der Krise zu ziehen. Es brauche eine Umschuldung, sagte Lichtenecker, die Junckers Vorschlag einer "Umprofilierung" begrüßte und sich für eine Laufzeitverlängerung und die Senkung von Kreditzinsen aussprach, um Griechenland zu helfen, die Krise zu überwinden. Die gemeinsame Währung brauche Solidarität zwischen den Mitgliedern der Währungsunion und eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik, schloss Lichtenecker.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) zeigte Verständnis für die Angst der Menschen, wenn sie die Zeitung aufschlagen und lesen müssen, dass nichts von dem stimme, was ihnen die Bundesregierung bei der ersten Griechenlandhilfe vor einem Jahr versprochen hat. Die Regierung müsse jetzt mit einem falschen Rezept weiterkochen, um nicht mit dem Schaden konfrontiert zu werden, für den sie durch ihre eigenen Entscheidungen verantwortlich sei. Seine Fraktion habe vor falschen Entscheidungen bei der Hilfe für Griechenland gewarnt, erinnerte Stadler. Wenn Portugal 78 Milliarden bekommt und Griechenland 60 Milliarden, sei zu fragen, wann das aufhört, sagte der Abgeordnete. Denn mit mehr Geld alleine bringe man die Leistungsbilanzprobleme in den Krisenländern nicht unter Kontrolle, befürchtete er und warnte zugleich vor einer Inflation infolge Aufblähung der Geldmenge. Angesichts von EZB-Krediten an die Weichwährungsländer sah Stadler den Zeitpunkt nahe, wo Europa nicht mehr nur mit Haushaltsproblemen in den Krisenländern, sondern auch mit einem Stabilitätsproblem beim Euro kämpfen müsse.

"Wie kommt Österreich dazu, im Rahmen der Griechenlandhilfe deutsche und französische Banken zu retten?", fragte Stadler weiter und erinnerte an den Vorschlag einer "Zwei-Paritäten-Eurolösung", die heute auch vom deutschen Industrie-Präsidenten vertreten werde. Stadler befürchtet enorme Haftungen, eine Währungsabwertung und Probleme, von denen der Bundeskanzler mit dem Hinweis auf eine Kärntner Landesbank nicht mehr wird ablenken können.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) sah den "Rettungsschirm" in Griechenland und in Portugal gescheitert. Für Österreich bringe er zusätzliche Milliardenhaftungen und zusätzliche Kreditüberweisungen über den ohnehin hohen EU-Nettobeitrag hinaus. In Wahrheit sei das Geld für Banken und Fonds, die mit enormen Risikoaufschlägen Gewinne auf Kosten der SteuerzahlerInnen lukrieren. Der griechische Teufelskreis bestehe in dem wachsendem Risiko für Anleger, das höhere Zinsen nach sich ziehe sowie die harten Auflagen für Kredite und Haftungen, die Wirtschaftsleistung und Steuereinnahmen beeinträchtigten. Die Bevölkerung Griechenlands, Irlands und Portugals zahlten die Zeche für ihre unfähigen Regierungen und die österreichischen SteuerzahlerInnen würden die Zeche für die falschen Entscheidungen der Bundesregierung zahlen. Griechenland brauche einen Marshallplan und eine strenge Kontrolle des Finanzmarkts. Den vieldiskutierten "Haircut" hält Haider für unumgänglich. Die Banken und Fonds, die die Krise verursacht haben, sollten zahlen, sagte der Redner und legte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion gegen den Weg der EU in eine Transferunion vor.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) wies darauf hin, dass in der gegenständlichen Diskussion vieles miteinander vermengt werde, das nicht zusammengehöre. Er hielt die von Abgeordnetem Strache entworfene Alternative für nicht gangbar, zumal diese einen Zusammenbruch von Staaten und hohe Arbeitslosigkeit bedeute. Dafür sei die Sozialdemokratie nicht zu haben, schloss Weninger.

Abgeordneter Jakob AUER (V) stellte fest, Österreich schneide im internationalen Vergleich sehr gut ab. Der Pessimismus hätte dennoch Konjunktur, obgleich mit dieser Perspektive keine Lösungsvorschläge einhergingen. Für eine stabile gemeinsame Währung brauche es aber politische Stabilität, eine Wirtschaftsunion und Koordination. Das Vorgehen der Rating-Agenturen konnte der Redner nicht nachvollziehen: Schließlich würden viele Länder der Euro-Zone schlechter geratet als die USA, die eine Verschuldungsquote von über 100% aufwiesen.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) meinte, es bestehe bereits eine "Transferunion", zumal die Griechen nicht erst seit der Krise subventioniert würden. Man dürfe sich deshalb zu Recht fragen, was Griechenland mit diesen Finanzmitteln angestellt hat. Es gehe schließlich nicht an, weiter zu akzeptieren, dass im griechischen Steuersystem Missstände bestehen. "Pleite zu sein ist ein Teil der griechischen Kultur", stellte Lugar fest, man könne deshalb auch nicht auf das Solidaritätsargument setzen: Schließlich könne dieser Staat auch Österreich nicht in einer finanziellen Ausnahmesituation zur Hilfe eilen. Bei den Unterstützungspaketen gehe es auch nicht um die Rettung des Euro, sondern um die Rettung der Finanzmärkte. Lasse man Griechenland, das zweifelsfrei verloren ist, fallen, habe man es auf den Finanzmärkten selbst schwerer, resümierte Lugar.

Abgeordneter Werner KÖNIGSHOFER (F) konstatierte, immer mehr Menschen seien von Armut betroffen. Gleichzeitig überweise Österreich aber Finanzmittel an Portugal, Griechenland und Irland, die damit unwiederbringlich verloren sind. So zu verfahren, gehe aber nicht an, wenn man gleichzeitig überlegen müsse, wie man den heimischen Hochschulsektor finanziere. Die EU-Gelder, die an Griechenland geflossen sind, habe dieser Staat unter anderem für die Aufstellung der größten Panzerarmee Europas aufgewendet. Damit subventioniere Europa die Aufrüstung, nicht aber Bedürftige, stand für Königshofer fest. Der Redner brachte überdies einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, aktiv gegen die Wahl von Mario Draghi zum EZB-Präsidenten vorzugehen.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) konfrontierte die Regierungsfraktionen mit kritischen Aussagen Hannes Androschs zur Griechenlandkrise, die dieser im Rahmen der gestrigen ZIB getätigt habe. Diese belegten, dass die SPÖ nicht einmal auf ihre eigenen Experten höre und die Bundesregierung alle Warnungen in den Wind schlage, schloss Themessl.

Klubobmann Josef CAP (S) brachte eingangs seiner Rede einen Antrag betreffend innerösterreichische Umsetzung des Instruments der Europäischen Bürgerinitiative ein. Dieses könnte etwa die Basis für das Werben um einen Atomausstieg bilden, stand für Cap fest. In Hinblick auf Griechenland wolle er nicht der Schwarz-Weiß-Malerei das Wort reden: Diskussionen in "apokalyptischen Angstbildern" seien der Situation schließlich keineswegs zuträglich, hielt Cap fest. Es gelte vielmehr in die Tiefe zu gehen und zu erkennen, dass man hierbei über nicht weniger als die Existenz von Menschen und Arbeitsplätzen spreche. Mit der "Stammesstruktur", die sich die FPÖ wünsche, könne man den globalen Wettbewerb jedenfalls nicht gewinnen, stand für Cap außer Frage.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) meinte, die Fragen, die die Freiheitliche Fraktion gestellt habe, gelte es seriös zu beantworten. Der Fall Griechenland werfe schließlich eine Menge solcher auf. Für ihn stehe fest, dass der Weg, den man gewählt habe, der Entwicklung des Landes nicht zuträglich sein könne: Das Ausmaß der Kürzung von Sozialleistungen und Löhnen, das angestrebt werde, sei schließlich "erschreckend". Kritisch zu betrachten gelte es außerdem die griechischen Militärausgaben. Dass aber Mitglieder der FPK den Ausschluss von "Weichwährungsländern" aus der EU fordern, sei kurios: Ihnen sollte schließlich noch in Erinnerung sein, dass die Republik Haftungen für die Hypo übernommen habe, gab Öllinger zu bedenken.

B-Mandatar Robert LUGAR forderte die Anwesenden dazu auf, eine Schweigeminute für die 2.280 € einzulegen, die in dieser Zeit wieder an Griechenland überwiesen worden sind.

Die Entschließungsanträge der Freiheitlichen betreffend Verhinderung einer europäischen Transferunion und betreffend Nachbesetzung des EZB-Präsidenten fanden nicht die erforderliche Zustimmung und wurden damit abgelehnt.

Der S-V-G-Entschließungsantrag betreffend innerösterreichische Umsetzung der europäischen Bürgerinitiative wurde hingegen mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

(Fortsetzung Nationalrat/Ende Dringliche Anfrage)