Parlamentskorrespondenz Nr. 571 vom 08.06.2011

Sozialausschuss befasst sich neuerlich mit Oppositionsanträgen

Abgeordnete drängen auf einheitlichen Arbeitnehmerbegriff

Wien (PK) – Der Sozialausschuss des Nationalrats arbeitet, wie zuletzt vereinbart, weiter Oppositionsanträge ab. Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung standen insgesamt 23 Initiativen von FPÖ, Grünen und BZÖ zu den Themen Arbeitsrecht, "Soziales Jahr" und Pflegeeltern. Unter anderem ging es um die weiter aufrechte Forderung der Grünen nach einem gesetzlichen Mindestlohn im Ausmaß von 1.300 €, die rechtliche Gleichstellung von Angestellten und ArbeiterInnen, Maßnahmen zur Eindämmung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und überlanger Arbeitszeiten, eine sechste Urlaubswoche für alle ArbeitnehmerInnen über 40, höhere Beiträge der Arbeitgeber zur betrieblichen Pensionsvorsorge und die Einschränkung von Konkurrenzklauseln in Arbeitsverträgen.

Die Anträge wurden nach eingehender Diskussion abgelehnt bzw. vertagt. Die Koalition griff aber einige Anliegen der Opposition in Form von Entschließungen auf: So ersucht der Sozialausschuss Minister Rudolf Hundstorfer, noch in dieser Legislaturperiode unter Einbindung der Sozialpartner ein modernes, flexibles Arbeitsvertragsrecht auszuarbeiten und darin auch einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff vorzusehen. Außerdem soll Hundstorfer Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Situation von PraktikantInnen entwickeln, und bis zum Jahresende eine Gesetzesvorlage über Maßnahmen zur Förderung von Freiwilligen-Tätigkeit vorlegen.

Der Sozialausschuss unterstützt darüber hinaus ausdrücklich die Position der österreichischen Regierung zur in Diskussion stehenden Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie und geht davon aus, dass bei den derzeit laufenden Gesprächen der Sozialpartner über die Überarbeitung der betrieblichen Mitarbeitervorsorge sämtliche offenen Problemfelder angeschnitten werden.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer wies im Zusammenhang mit dem Problemfeld Praktika darauf hin, dass die Arbeitslosenquote unter AkademikerInnen mit 2,3 % vergleichsweise gering sei und die meisten UniversitätsabsolventInnen relativ bald einen Arbeitsplatz finden, eine ausbildungsadäquate arbeitsrechtliche Absicherung aber meist erst nach zwei Jahren erreicht werde. Bei der Frage von Konkurrenzklauseln in Arbeitsverträgen sieht er angesichts bestehender gesetzlicher Regelungen derzeit keinen Handlungsbedarf.

Eine weitere Sitzung des Sozialausschusses ist für 28. Juni in Aussicht genommen. In dieser Sitzung könnte die Einrichtung des Pflegefonds und die Bündelung der Pflegegeld-Kompetenzen beim Bund zur Diskussion stehen, nachdem die Regierung dem Nationalrat vor kurzem zwei entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt hat.

Grüne pochen weiter auf Mindestlohn von 1.300 €

In den ersten drei Diskussionsblöcken der heutigen Sitzung ging es um Fragen des Arbeitsrechts. So pochen die Grünen unter anderem weiter auf einen Mindestlohn von monatlich 1.300 € brutto (1480/A[E]), sprechen sich für eine gesetzliche Regelung von Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit aus (1486/A[E]) und fordern verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Dazu gehören etwa die gänzliche Abschaffung Freier Dienstverträge (1482/A[E]) und geringfügiger Beschäftigungen (1030/A[E]), ein voller Versicherungsschutz für alle unselbständig Beschäftigten (1481/A[E]), mehr Betriebskontrollen und strengere Sanktionen für Arbeitgeber bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht (1169/A[E]), die Schaffung eines PraktikantInnenausbildungsgesetzes (24/A[E]), eine bessere Unterstützung von AkademikerInnen beim Berufseinstieg (22/A[E]), die Einräumung von Verbandsklagen im Arbeits- und Sozialrecht (1483/A[E]) sowie "faire Beschäftigungsbedingungen" im Postsektor (62/A[E]).

Weiters drängen die Grünen auf eine rechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten (916/A[E]) sowie auf einen Kurswechsel in der Arbeitszeitpolitik (879/A[E], 30/A[E]). Um Überstunden und Mehrarbeit einzudämmen, sollen laut Abgeordneter Birgit Schatz Überstundenzuschläge angehoben, steuerliche Begünstigungen gestrichen und All-in-Verträge verboten werden. Zudem warnen die Grünen vor Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen durch die geplante Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie (1558/A[E]).

Auch die FPÖ tritt für eine Stärkung der Rechte atypischer Beschäftigter ein (116/A[E]). Überdies fordern Abgeordneter Norbert Hofer und seine FraktionskollegInnen ein weitgehendes Verbot von Konkurrenzklauseln in Arbeitsverträgen (117/A[E]) und eine sechste Urlaubswoche für alle ArbeitnehmerInnen ab dem 40. Lebensjahr (1529/A[E]). Das BZÖ verlangt eine Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge in der betrieblichen Pensionsvorsorge von 1,53 % des Bruttoentgelts auf zumindest 2,5 % (395/A(E]) und plädiert für einheitliche Entlassungstatbestände für ArbeiterInnen und Angestellte (164/A[E]).

Einige der Oppositionsanträge, die zum Teil bereits in den Jahren 2008 und 2009 einbebracht wurden, wurden in der heutigen Sitzung durch Abänderungsanträge der Antragsteller aktualisiert.

Koalition für Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie

Im Rahmen der Diskussion im Ausschuss ging es zunächst um das Thema Arbeitszeit. Abgeordnete Birgit Schatz (G) machte auf zunehmende Arbeitsbelastungen aufmerksam und meinte, die Beschäftigten fühlten sich durch die Politik allein gelassen. Der Druck am Arbeitsplatz wachse ständig, es sei kaum noch möglich, einen Vollzeitjob mit Kinderbetreuung in Einklang zu bringen. Zudem erkrankten Menschen immer häufiger, weil sie nicht zu sagen wagten, dass ihnen die Arbeit zu viel sei. Arbeitszeitflexibilisierung wird ihrer Meinung nach außerdem immer mehr für Lohndumping genutzt.

Schatz forderte in diesem Sinn ein prinzipielles Umdenken. Um Mehrarbeit und Überstunden einzudämmen, will sie unter anderem All-In-Verträge verbieten und Überstunden verteuern. Nur mit gesetzlichen Maßnahmen könne man dem Problem Herr werden, zeigte sie sich überzeugt. Was den von den Koalitionsparteien angestrebten einheitlichen ArbeitnehmerInnenbegriff betrifft, sprach sich Schatz dafür aus, auch atypische Beschäftigungsverhältnisse mit einzubeziehen.

Auch Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) äußerte sich in Bezug auf überlange Arbeitszeiten skeptisch. Mittlerweile sei es bereits 24 Wochen im Jahr möglich, 60 Wochenstunden zu arbeiten, kritisierte er. Dabei sei erwiesen, dass das Risiko von Arbeitsunfällen ab der achten Arbeitsstunde am Tag deutlich steige. Auch würden Anträge auf Invaliditätspension weiter zunehmen. Dolinschek plädierte unter anderem für ein Verbot von All-In-Verträgen für einfache Angestellte, eine höhere Besteuerung von Überstunden lehnte er aber ab.

Die Abgeordneten Andreas Karlsböck (F), Sabine Oberhauser (S) und Martin Bartenstein (V) setzten sich insbesondere mit der geplanten Revision der EU-Arbeitszeitrichtlinie auseinander. Bartenstein wies darauf hin, dass darüber bereits seit längerer Zeit auf EU-Ebene verhandelt werde, eine auf Ratsebene erzielte Einigung vom Europäischen Parlament aber abgelehnt wurde. Viele Mitgliedstaaten der EU agierten in Bezug auf die Bereitschaftszeit derzeit nicht EU-rechtskonform, skizzierte er. Auch Österreich entspreche den Vorgaben des EuGH nicht. Kommt es auf EU-Ebene in absehbarer Zeit zu keiner Einigung, wäre Österreich Bartenstein zufolge gezwungen, inaktive Bereitschaftszeit als aktive Arbeitszeit zu werten, was Mehrkosten für die Spitäler von "einigen hundert Millionen Euro" verursachen würde.

Sowohl Bartenstein als auch Abgeordnete Oberhauser befürworten daher im Einklang mit der Regierung eine Revision der Richtlinie und sprachen sich in diesem Zusammenhang auch dafür aus, die geltende "Opting-Out-Klausel" zu streichen. Es soll ihnen zufolge künftig nicht mehr möglich sein, durch individuelle Arbeitsverträge gesetzliche Arbeitszeitregelungen zu unterlaufen. Abgeordneter Karlsböck befürchtet dem gegenüber Verschlechterungen für betroffene ArbeitnehmerInnen, sollte es in der EU-Arbeitszeitrichtlinie zu einer Splittung zwischen aktiver und inaktiver Bereitschaftszeit kommen.

Generell hielt Bartenstein zum Thema Arbeitszeit fest, es sei unverantwortlich, jede Art von Flexibilität in der Arbeitswelt abzuschaffen. Er könne die Argumente von Abgeordneter Schatz nicht nachvollziehen, meinte er. Befürwortet wurde von ihm hingegen die Schaffung eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs.

Auch Abgeordneter Franz Riepl (S) wollte die Einschätzung, dass in der Arbeitswelt "alles grauslich" sei, nicht teilen. Allerdings sei diese auch kein Paradies, meinte er, in einigen Bereichen seien Verbesserungen notwendig. Riepl sprach sich insbesondere für eine Modernisierung des Arbeitsvertragsrechts aus und brachte namens der Koalition einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Für ihn ist es nicht erklärbar, warum Arbeiter und Angestellte heutzutage in manchen Bereichen unterschiedlich behandelt würden, etwa bei den Kündigungsfristen.

Abgeordneter August Wöginger (V) gab zu bedenken, dass flexible Arbeitszeiten nicht nur für Unternehmer wichtig seien, sondern auch Vorteile für ArbeitnehmerInnen brächten. Man könne außerdem nicht alle Berufsgruppen "über einen Kamm scheren", sagte er. Die geplante Modernisierung des Arbeitsvertragsrechts und die Schaffung eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs wurden von Wöginger ausdrücklich befürwortet.

Auch Abgeordneter Norbert Hofer (F) drängte auf einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff, wobei er auch Beamte einbeziehen will. Die derzeit in Österreich geltende Überstundenregelung wertete er hingegen als "brauchbar", sie sollte seiner Meinung nach beibehalten werden. Gerade kleine Gewerbebetriebe hätten es schwer, würden sich die Überstunden verteuern, mahnte Hofer.

Ein Problem sieht Hofer bei der 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen. Selbstständige BetreuerInnen hätten ihm zufolge nach Experteneinschätzung gute Chancen mit einer Klage auf Anstellung, was für die betreuten Personen teuer kommen könnte. Er plädierte für eine staatliche Amtshaftung.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) hielt Abgeordnetem Wöginger entgegen, dass nicht alle Arbeitszeitregelungen, die von den ArbeitnehmerInnen befürwortet würden, sinnvoll seien. So könnten überlange Arbeitszeiten in Krankenanstalten oder für Fluglotsen fatale Konsequenzen haben. Dazu drohten allgemein negative gesundheitliche Folgen für die Betroffenen. Öllinger wandte sich außerdem vehement dagegen, offene Fragen im Bereich des Arbeitsrechts den Sozialpartnern zur Lösungsfindung zu überantworten. Er sprach sich für klare Vorgaben seitens der Politik aus.

Abgeordneter Johann Hell (S) betonte, es dürfe keine Arbeitszeitregelungen geben, die sich negativ auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen auswirkten.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer wies darauf hin, dass die derzeitige Opting-Out-Klausel in der EU-Arbeitszeitrichtlinie nichts anderes als die Ausbeutung von Menschen sei. Sie erlaube es, in Einzelverträgen festzulegen, dass die gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen nicht gelten. Hundstorfer zufolge ist ein Auslaufen des Opting-Outs in der EU mehrheitsfähig, werde derzeit aber noch von Großbritannien blockiert. Generell erachtet er es für legitim, Schlafzeiten von Krankenhauspersonal aus der Normalarbeitszeit herauszurechnen.

Sozialpartner sollen über Änderungen bei Abfertigung Neu verhandeln

Breiten Raum nahm im Ausschuss auch die Diskussion über die "Abfertigung Neu" ein. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) warb für den Antrag seiner Fraktion, die Arbeitgeberbeiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge anzuheben. Die Abfertigung Neu sei zwar eine grundlegende Verbesserung für die österreichischen ArbeitnehmerInnen gewesen, sagte er, allerdings hätten sich die Renditeerwartungen der betrieblichen Pensionskassen nicht erfüllt. Gleichzeitig seien auch die Kosten für die ArbeitgeberInnen gesunken, wie eine Untersuchung zeige.

Die Notwendigkeit einer Adaptierung der gesetzlichen Bestimmungen wurde auch von den Koalitionsparteien nicht bestritten. SPÖ und ÖVP wiesen aber auf laufende Sozialpartnergespräche hin. Dabei soll es Abgeordnetem Franz Riepl (S) und Abgeordnetem August Wöginger (V) zufolge allerdings nicht nur um den Arbeitgeber-Prozentsatz gehen, man müsse sich auch überlegen, wie der geringen Rendite der betrieblichen Pensionskassen entgegengewirkt werden könne.

Generell scharfe Kritik an der Abfertigung Neu übte Abgeordneter Karl Öllinger (G). Er sprach von einer "einzigen Katastrophe" und klagte, dass das Geld in manchen Pensionskassen "regelrecht verbrannt" würde. Die ArbeitnehmerInnen bekämen nach jahrelangen Einzahlungen durch den Arbeitgeber nichts anderes als den eingezahlten Nominalwert heraus, skizzierte er. Nach Meinung Öllingers wäre es sinnvoller, den Arbeitgeberbeitrag von 1,53 % in die staatliche Pensionsvorsorge umzulenken.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hielt fest, man solle nicht vergessen, dass vor der Schaffung der Mitarbeitervorsorgekassen nur ein Viertel der ArbeitnehmerInnen eine Abfertigung erhalten habe, während die betriebliche Mitarbeitervorsorge alle ArbeitnehmerInnen umfasse.

Erhöhter Urlaubsanspruch: FPÖ-Antrag stößt auf breite Ablehnung

Der Antrag der FPÖ, allen ArbeitnehmerInnen ab dem 40. Lebensjahr eine sechste Urlaubswoche zuzugestehen, stieß bei allen anderen Fraktionen auf Ablehnung. So machte etwa Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) geltend, dass ein solcher Schritt die Kosten für ältere ArbeitnehmerInnen verteuern würde und die Betroffenen damit weiter vom Arbeitsmarkt verdrängen könnte. Auch ihr Fraktionskollege Johannes Schmuckenschlager verwies auf damit verbundene höhere Lohnnebenkosten. Überdies wertete er eine sechste Urlaubswoche ab dem 40. Lebensjahr als unfair gegenüber jungen ArbeitnehmerInnen und machte darauf aufmerksam, dass oftmals nicht einmal der bereits jetzt bestehende Urlaubsanspruch aufgebraucht werde.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) warnte ebenfalls davor, dass der "Schuss" bei einer Umsetzung des FPÖ-Antrags "nach hinten losgehen könnte", weil kein privater Betrieb mehr ArbeitnehmerInnen über 40 anstellen würde. Er sprach sich dem gegenüber dafür aus, den erhöhten Urlaubsanspruch wie bisher an eine lange Betriebszugehörigkeit zu knüpfen oder generell allen ArbeitnehmerInnen mehr Urlaub zu gewähren.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) qualifizierte das geltende Urlaubsrecht als überholungsbedürftig. Das Ausmaß des Urlaubsanspruchs vom Alter abhängig zu machen, hält er aber für ebenso absurd wie eine Verknüpfung mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Schließlich hätten manche ArbeitnehmerInnen mit 40 Jahren bereits 25 Arbeitsjahre hinter sich, andere jedoch erst 10, rechnete er vor. Überdies seien es meist jüngere Menschen, denen Zeit für Kinderbetreuung fehle. Öllinger plädierte dafür, über einen Urlaubsanspruch von 6 Wochen für alle nachzudenken.

Seitens der SPÖ regte Abgeordneter Erwin Spindelberger an, allen ArbeitnehmerInnen nach 20 Jahren Arbeitszeit ein höheres Urlaubspensum zuzugestehen, unabhängig von der Länge der Betriebszugehörigkeit. Schließlich seien unselbstständig Erwerbstätige im Durchschnitt nur noch drei Jahre in einem Betrieb beschäftigt, konstatierte er. Mehr Urlaub nach einer gewissen Arbeitszeit ist für Spindelberger auch insofern berechtigt, als die hohe Zahl von Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspensionen die zunehmende gesundheitliche Beeinträchtigung von älteren ArbeitnehmerInnen zeige. Zur Feststellung von Seiten der ÖVP, wonach ein höherer Urlaubsanspruch die Lohnnebenkosten erhöhe, merkte Abgeordneter Franz Riepl (S) an, auch Krankheit wegen zu wenig Urlaub führe zu höheren Lohnnebenkosten.

Verteidigt wurde der Antrag der FPÖ von Abgeordnetem Norbert Hofer. Die FPÖ habe lange darüber diskutiert, ob eine sechste Urlaubswoche für alle über 40 ein Hemmschuh für die Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen sein könnte, skizzierte er, sei aber zum Schluss gekommen, dass man im Gegenzug Lohnnebenkosten für ältere ArbeitnehmerInnen auf anderer Ebene senken könnte. Ältere ArbeitnehmerInnen brächten viel Erfahrung und Wissen in ihrem Beruf mit, sagte Hofer, sie seien aber zeitlich nicht mehr so belastbar wie jüngere.

Konkurrenzklausel: Hundstorfer sieht keinen Handlungsbedarf

Mitverhandelt mit dem FPÖ-Antrag auf erhöhten Urlaubsanspruch wurden auch die Forderungen nach gesetzlichen Mindeststandards für Nacht-, Sonntags-, und Feiertagszuschläge und nach einem weitgehenden Verbot von Konkurrenzklauseln. Beide Anliegen wurden in der Diskussion von allen drei Oppositionsparteien unterstützt. Abgeordnete Birgit Schatz (G) gab zu bedenken, dass immer weniger Beschäftigungsverhältnisse unter einen Kollektivvertrag fallen und darüber hinaus bestehende Standards bei Zuschlägen in manchen Branchen nach unten revidiert worden seien. Abgeordneter Bernhard Vock (F) verwies darauf, dass viele Unternehmen Konkurrenzklauseln im Wissen um ihre Unhaltbarkeit in Arbeitsverträge aufnehmen würden, um die ArbeitnehmerInnen einzuschüchtern.

Seitens der SPÖ hielt Abgeordneter Franz Riepl fest, seine Fraktion lehne einen gesetzlichen Mindestlohn ab und sei daher auch gegen gesetzliche Regelungen im Bereich von Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschlägen. Diese Fragen sollen seiner Meinung nach auf Kollektivvertragsebene gelöst werden. Riepl fürchtet, dass gesetzliche Vorgaben die Verhandlungsposition der Gewerkschaft überall dort schwächen könnten, wo diese deutlich übererfüllt würden.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer erinnerte daran, dass Konkurrenzklauseln bereits im Jahr 2006 gesetzlich eingeschränkt worden seien. So sind laut Hundstorfer und Abgeordnetem August Wöginger (V) Konkurrenzklauseln erst ab einem Mindestverdienst von derzeit rund 2.300 € monatlich erlaubt. Hundstorfer sieht daher keinen Handlungsbedarf.

Abgeordnete wollen verbesserte Bedingungen für PraktikantInnen

Mit einem gemeinsamen Entschließungsantrag verliehen die beiden Regierungsparteien ihrem Wunsch nach Verbesserung der Situation von PraktikantInnen Ausdruck: Sozialminister Hundstorfer möge unter Einbindung der Sozialpartner entsprechende Lösungsvorschläge entwickeln, fordern SPÖ und ÖVP.

FPÖ und Grünen geht dieser Antrag allerdings zu wenig weit. FPÖ-Mandatar Werner Neubauer sprach von einer "Alibihandlung", denn die Bundesregierung verpflichte sich damit ausschließlich zu Dingen, die sie Kraft ihres Amtes ohnehin zu erledigen habe. Angesichts des virulenten Problems in diesem Bereich gelte es jedoch zu handeln: Neubauer verwies in diesem Zusammenhang auf die Schwierigkeiten, die junge Menschen hätten, wenn sie im Rahmen ihrer Ausbildung Pflichtpraktika absolvieren müssten, die hierfür erforderlichen Praktikumsplätze aber nicht zur Verfügung stünden.

Auch die Grüne Abgeordnete Birgit Schatz zeigte sich mit der vorliegenden Entschließung nicht zufrieden. Man müsse vielmehr ein PraktikantInnenausbildungsgesetz, das der missbräuchlichen Verwendung des Begriffs Praktikum einen Riegel vorschiebe, verabschieden und AbsolventInnen umfassende Hilfestellungen bei Eintritt in den Arbeitsmarkt gewähren, zeigte sie sich überzeugt –Forderungen, denen sich auch Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) anschloss.

ÖVP-Mandatarin Ridi Maria Steibl sah nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die betroffenen JungakademikerInnen selbst gefordert: Dass einige in Praktikumsdauerschleifen gefangen seien, habe schließlich auch mit der von ihnen getroffenen Fächerwahl und einer zu geringen Mobilität zu tun, führte die Abgeordnete aus.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hielt fest, die Arbeitslosenquote unter AkademikerInnen halte derzeit bei 2,3 % und sei damit vergleichsweise gering. Die meisten AbsolventInnen fänden relativ bald einen Arbeitsplatz, doch gelte es festzuhalten, dass eine ausbildungsadäquate arbeitsrechtliche Absicherung meist erst nach zwei Jahren erreicht werde. Im Zusammenhang mit Praktika gebe es immer noch Probleme, auf deren Beseitigung mittels Informationsoffensiven hingearbeitet werden solle. Was die von Abgeordneter Schatz angesprochenen Fördermaßnahmen anbelange, verwies Hundstorfer außerdem auf das diesbezügliche breit gefächerte Angebot des AMS.

Er wolle außerdem kein "Arbeitsrecht light" für junge Menschen formulieren, meinte der Sozialminister, denn die diesbezüglichen Regelungen müssten für alle ArbeitnehmerInnen in gleicher Weise gelten. Das Ziel solle vielmehr die Rechtsdurchsetzung und Verbesserung des bestehenden Instrumentariums sein.

Die ebenfalls von Seiten der Grünen Fraktion formulierten Forderungen nach Abschaffung geringfügiger Beschäftigung und Freier Dienstverträge stießen bei den anderen Parteien auf wenig Gegenliebe. Die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek (B), Ridi Maria Steibl (V) und Ulrike Königsberger-Ludwig (S) charakterisierten die diesbezüglichen Anträge als nicht zielführend, da sie die Wahlfreiheit der ArbeitnehmerInnen einschränkten.

Grüne, FPÖ und BZÖ fordern "Einkommen zum Auskommen"

Grüne, FPÖ und BZÖ halten die Einführung eines existenzsichernden Mindestlohns für sinnvoll und fordern ein diesbezügliches Bekenntnis des Nationalrats. Es brauche ein "Einkommen zum Auskommen", zeigte sich Abgeordneter Christian Höbert überzeugt, der vor dem Hintergrund eines Fallbeispiels auch von notwendigen Nachbesserungen am Lohn- und Sozialdumping-Gesetz sprach. Sein Fraktionskollege Norbert Hofer machte in diesem Zusammenhang außerdem auf Probleme hinsichtlich der Anerkennung von im Ausland absolvierten Ausbildungen aufmerksam. Damit würde eine Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt geschaffen, die sowohl In- als auch AusländerInnen zum Nachteil gereiche, meinte er.

ÖVP-Abgeordneter Martin Bartenstein plädierte dafür, nicht in die Lohnverhandlungen der Sozialpartner einzugreifen und übte Kritik an der Tendenz der Freiheitlichen Fraktion, arbeitsmarktpolitische Themen zu vereinnahmen: Ihre "Kassandra-Rufe" zur Öffnung des Arbeitsmarkts am 1. Mai hätten sich schließlich auch nicht bewahrheitet. Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer schloss sich dieser Auffassung an und forderte die Freiheitlichen dazu auf, die Realität anzuerkennen. Nun "krampfhaft" auf Modalitäten der Ausbildungsanerkennung abzustellen, sei angesichts der Tatsache, dass es sich dabei um einen "alten Hut" handle, wenig zielführend, schloss er.

Bei der Abstimmung wurde der FPÖ-Antrag 1529/A(E) betreffend Erhöhung des Urlaubsanspruchs vertagt, alle anderen Oppositionsanträge wurden mehrheitlich abgelehnt. Den Entschließungsantrag der Koalition betreffend Modernisierung und Kodifizierung des Arbeitsvertragsrechts nahm der Sozialausschuss einstimmig, jenen betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit Praktika mit S-V-B-Mehrheit an. Die Ausschussfeststellung zur EU-Arbeitszeitrichtlinie wurde mit S-V-B-Mehrheit, die Ausschussfeststellung zu betrieblichen Mitarbeitervorsorge mit S-V-F-Mehrheit gefasst.

Einigkeit über Notwendigkeit der Förderung von Freiwilligenarbeit

Weiteres Diskussionsthema in der heutigen Ausschusssitzung war das so genannte "Soziale Jahr", zu dem zwei Entschließungsanträge des BZÖ (1328/A[E] und 1244/A[E]) vorlagen. Abgeordnete Ursula Haubner und ihre FraktionskollegInnen fordern unter anderem eine adäquate Entlohnung für den freiwilligen Sozialdienst, darüber hinaus wollen sie zusätzliche Anreize für Betroffene – z.B. Anerkennung des Sozialen Jahres bei einer Ausbildung für Pflege- und Betreuungsberufe, Pensionsanrechnungen, Bevorzugung bei Stellenausschreibungen des Bundes – schaffen.

Abgeordneter August Wöginger (V) brachte vor diesem Hintergrund einen S-V-Entschließungsantrag ein, der die Vorlage eines Gesetzesentwurfs über Maßnahmen zur Förderung des Freiwilligen Engagements bis Ende 2011 vorsieht. Für ihn stand jedoch außer Frage, dass ein soziales Jahr den Zivildienst niemals ersetzen könne – eine Auffassung, der B-Mandatarin Ursula Haubner und S-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig nicht beipflichten konnten.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass man die Frage eines solchen Ersatzdienstes langfristig betrachtet durchaus diskutieren müsse, denn man sei mit einem Rückgang der Jugend konfrontiert.

Der S-V-Entschließungsantrag wurde mit den Stimmen aller Fraktionen verabschiedet. Der Antrag des BZÖ betreffend Aufwertung des freiwilligen sozialen Jahres als Bürgerhilfe fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit, zumal die Forderung nach Verpflichtung von Langzeitarbeitslosen, wie G-Mandatar Karl Öllinger ausführte, diesem Zweck nicht dienlich sei. Der zweite Antrag der BZÖ fand zwar die Zustimmung aller Oppositionsparteien, verfehlte damit aber dennoch das erforderliche Quorum.

Vereinheitlichung der Regelungen für Pflegeeltern ist notwendig

Auch mit einem weiteren Entschließungsantrag zum Thema Pflegeeltern konnte sich das BZÖ nicht durchsetzen. Abgeordneter Gerald Grosz und seine FraktionskollegInnen fordern bundeseinheitliche Regelungen in diesem Bereich und argumentieren, dass sowohl das Betreuungsentgelt als auch die sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung von Pflegeeltern von Bundesland zu Bundesland stark schwanke.

Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (V) hielt es für notwendig, auf eine diesbezügliche Harmonisierung hinzuwirken, wenngleich diese Materie in die Zuständigkeit der Länder falle. Er kündigte einen entsprechenden Entschließungsantrag für das Plenum kommende Woche an. Seine Fraktionskollegin Ridi Maria Steibl hoffte in diesem Zusammenhang auf eine Verbesserung des Status-Quo durch das im Entstehen begriffene Jugendwohlfahrtsgesetz. SPÖ-Abgeordnete Sabine Oberhauser verwies – wie auch in Hinblick auf einen Antrag der Grünen betreffend finanzielle Entlastung von Familien durch Streichung der Kostenbeiträge bei Krankenhausaufenthalten von Kindern – auf die Zuständigkeit der Länder und meinte, die beiden Materien seien im Rahmen des Finanzausgleichs 2015 zu verhandeln.

Auch Abgeordnete aller Oppositionsparteien hielten die Harmonisierung der Regelungen für Pflegeeltern für grundsätzlich begrüßenswert. Sowohl der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend Pflegeeltern als auch jener der Grünen betreffend Streichung der Kostenbeiträge für Krankenhausaufenthalte von Kindern blieben allerdings letztendlich in der Minderheit. (Schluss)


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