Parlamentskorrespondenz Nr. 626 vom 20.06.2011

Jugendbegriff im Umbruch

Sechster Bericht zur Lage der Jugend in Österreich liegt vor

Wien (PK) – Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat dem Nationalrat den nunmehr sechsten Bericht zur Lage der Jugend in Österreich vorgelegt (III-248 d.B.). Dieses umfangreiche Konvolut an verschiedenen wissenschaftlichen Beiträgen bietet nicht nur einen profunden Überblick über die Situation junger Menschen in Österreich, sondern beschreibt auch Leistungen und Angebote der heimischen Jugendarbeit.

Jugend beginnt früher und dauert länger

Die soziologische Analyse des gesellschaftlichen Jugendbegriffs ergibt, dass die Jugendphase heute früher beginnt und länger andauert. Die Übergänge vom Kind zum Jugendlichen und vom Jugend- zum Erwachsenenalter seien, so der diesbezügliche Befund, zunehmend weniger klar abgrenzbar: Die Entwicklungspsychologie spricht heute von den Phasen der frühen, mittleren und späten Adoleszenz, die man zwischen dem 10. und 13., dem 14. und 17. sowie dem 18. und 21. Lebensjahr verortet. Für die Bezeichnung des Lebensabschnitts, der zwischen Kindheit und Pubertät durchlaufen wird, verwenden interdisziplinäre Studien außerdem den Begriff der "juvenile transition": In dieser Phase kommt durch Ausschüttung von Geschlechtshormonen eine Reihe von (geschlechtsspezifisch bzw. individuell unterschiedlichen) Verhaltensänderungen zustande. Zunehmend wichtiger werde auch der Lebensabschnitt, den man in der wissenschaftlichen Literatur als "emerging adulthood" bezeichne und der sich zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr bzw. dem dritten Lebensjahrzehnt erstrecke. Da das Heranwachsen in einer pluralistischen Gesellschaft, in der man von einer höheren Lebenserwartung ausgehen könne, sehr viel komplexer geworden ist, verlängerten sich schließlich auch die Phasen der Suche und Orientierung.

An Jugendliche wird vor dem Hintergrund sozialer Veränderung außerdem eine Reihe neuer Anforderungen gestellt: Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang etwa von verschärftem Bildungsdruck und einem Wettbewerb um Bildungsabschlüsse, der zwar zu einer Verlängerung der Ausbildungszeit führe, aber keine Gewähr für eine erfolgreiche berufliche Positionierung biete. Durch diese Verengung von Zukunftshorizonten sei die Konzentration auf Gegenwart und kurzfristige Aufgaben der Lebensbewältigung für Jugendliche wichtiger geworden, heißt es im Bericht.

Die verstärkte gesellschaftliche Differenzierung führe außerdem dazu, dass Selektions- und Differenzierungsprozesse gegenwärtig schon im Jugendalter offensichtlich würden: Man habe Heranwachsende deshalb als eine nach Geschlecht, Ethnizität, Entwicklungsbesonderheiten und Status differenzierte Zielgruppe aufzufassen. Herkunftsbezogene Ungleichheiten brechen laut Studien vor allem in der Übergangssequenz Schule-Ausbildung-Beruf auf und konfrontieren die betroffenen Jugendlichen mit erheblich eingeschränkten Lebensgestaltungsoptionen. Schätzungen zufolge ist davon bis zu ein Fünftel der Heranwachsenden betroffen.

Demographischer Wandel - Spannungsfeld zwischen den Generationen?

Derzeit stellen Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren 21,2% der Gesamtbevölkerung, was einem Minus von 3,8% gegenüber dem Vergleichswert des Jahres 1988 gleichkommt. In 20 Jahren wird ihr Anteil schließlich auf 18,9% geschrumpft sein, während jener der über 65-Jährigen von derzeit 17,2 auf 23% ansteigen wird. Der Rückgang an Jugendlichen werde sich aber nicht kontinuierlich vollziehen, sondern in einem relativ abrupten Einbruch der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen zwischen 2009 und 2018 manifest werden, prophezeit der Bericht.

Die steigenden Kosten für die Versorgung älterer Menschen nehmen – in Zeiten knapper Budgets - außerdem einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Entwicklung von Angeboten für Jüngere (z. B. im Kindergarten- und Schulbereich). Durch die Alterung der Gesellschaft komme es aber auch zu einer Interessensverschiebung, die sich in für die Jugend nachteiligen politischen Schwerpunktsetzungen niederschlagen könne, skizziert die diesbezügliche Forschung. Daraus ergebe sich wiederum ein Spannungsfeld zwischen den Generationen.

Jugend bekommt Verschlechterung der Arbeitsmarktlage stark zu spüren

Von einer Verschlechterung der Arbeitsmarktlage – wie zuletzt durch die Wirtschafts- und Finanzkrise der Fall gewesen – sind vor allem Jugendliche stark betroffen: Einerseits schrumpfe ihre Chance auf eine Beschäftigung, andererseits seien sie stärker gefährdet, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, zumal sie häufig nicht zur Kernbelegschaft zählten und größtenteils über flexible Beschäftigungsformen eingestellt würden. Für die Kündigung junger MitarbeiterInnen fielen den ArbeitgeberInnen schließlich auch kaum Kosten an, gibt der Bericht in diesem Zusammenhang zu bedenken. In der derzeitigen Krise sei die Jugendarbeitslosigkeit deshalb deutlich stärker gestiegen als die der anderen Altersgruppen. Jugendliche, die als Arbeitssuchende in den Arbeitsmarkt einstiegen, seien aber mit einem Stigma behaftet, das ihre Beschäftigungs- und Erwerbschancen nachhaltig verringere. Vor allem seit dem Jahr 2000 habe man es mit einem überproportionalen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit zu tun, von dem vor allem Frauen betroffen seien, heißt es im Bericht.

Der längerfristige Strukturwandel – von industriell-gewerblicher Arbeit zu Dienstleistungen – trifft junge Menschen vor allem dann hart, wenn das Erstausbildungssystem auf die damit einhergehende Veränderung von Anforderungsprofilen nicht reagiert. Außerdem erschwere laut Bericht auch die Verringerung der Zahl der Eintrittspforten in den Arbeitsmarkt, an denen man angelernt werde, den Einstieg ins Erwerbsleben: Damit fiele es der heutigen Generation nicht leicht in den Arbeitsmarkt einzutreten, obgleich sie besser qualifiziert wäre als jede andere zuvor. Woran es Jugendlichen aber mangle, sei das Erfahrungswissen über die Funktionsmechanismen der Arbeit in Betrieben, da kaum ältere Arbeitskräfte zu ihrer Anleitung zur Verfügung stünden, heißt es in einem der Beiträge.

Gewisse Jugendgruppen, etwa ethnische Minderheiten und MigrantInnen der ersten und zweiten Generation, wiesen ein erhöhtes Risiko auf, am Rande der Erwerbsgesellschaft zu verbleiben, was unter anderem auf ihre Position im Bildungssystem zurückgeführt wird: Vor allem türkische Mädchen, die in Österreich leben, hätten laut Bericht ihren Bildungsgrad nicht verbessern können, sondern seien sogar gegenüber dem Vergleichswert der achtziger Jahre zurückgefallen. Den unterdurchschnittlichen Bildungsstand von Jugendlichen aus Drittstaaten führt man dabei unter anderem auf die mangelnde Anpassungsfähigkeit des Bildungssystems an die Bedürfnisse einer zunehmend multikulturellen und vielsprachigen Schülerschaft zurück. Die Anforderungen, die an Kinder und Jugendliche der zweiten Generation seitens des Elternhauses gestellt würden, seien allerdings durchschnittlich höher als in Familien ohne Migrationshintergrund, gibt man im Bericht zu bedenken.

Soziale Faktoren beeinflussen Bildungsbeteiligung

Zwar stelle eine gut gebildete Jugend die Voraussetzung dafür, dass das Wirtschaftswachstum in einer wissensbasierten Gesellschaft aufrechterhalten werden könne, doch bestünden in Österreich auf diesem Gebiet immer noch Defizite: So liege man etwa, was die Zahl der Jugendlichen, die keinen über die Pflichtschule hinausweisenden Bildungsabschluss vorweisen können, anbelange, mit 10,9% nur knapp am von der Europäischen Union vorgegebenen Zielwert von 10%. Und auch die Zahl jener, die die Schule frühzeitig verließen, konnte nicht signifikant nach unten gedrückt werden. Die Bildungsbeteiligung in der Altersklasse der 15- bis 19-Jährigen liege mit 82% leicht über dem OECD-Durchschnitt, jedoch unter jenem der EU-19. Einen noch stärkeren Rückstand gebe es bei den 20- bis 29-Jährigen zu verzeichnen.

Unter den Jugendlichen stellen AbsolventInnen einer Lehre derzeit die – nach Ausbildungsstand gereiht – größte Gruppe. Auf Platz zwei folgen jene jungen Menschen, die ihren höchsten Bildungsabschluss an einer höheren Schule (AHS oder BHS) erworben haben. Ist aber bei jungen Männern eine verstärkte Tendenz zur Lehre als höchstem Bildungsabschluss erkennbar, überwiegen bei den Frauen die Bildungsabschlüsse an höheren Schulen.

Was das österreichische Bildungssystem anbelangt, kann laut Bericht eine zunehmende Differenzierung der Bildungswege attestiert werden: Auf den Abschluss der Pflichtschule folgt eine zunehmend diverser werdende obere Sekundarstufe. Gleichzeitig kann jedoch auch von einer nachhaltigen "Versäulung" der Bildungspfade gesprochen werden, zumal die meisten Jugendlichen dem einmal eingeschlagenen, typischen Weg treu blieben und damit beispielsweise nur 6% der HauptschülerInnen in die Oberstufenform einer AHS wechselten. An den öffentlichen Universitäten setzten sich die Neuzugänge vor diesem Hintergrund auch zu 93% aus ReifeprüfungsabsolventInnen zusammen.

In Hinblick auf soziale Aspekte der Bildung merkt der Bericht an, dass zwischen Kindern aus unteren und oberen Schichten zwar Leistungsunterschiede bestünden, doch Jugendliche aus bildungsferneren Familien selbst dann seltener eine allgemeinbildende höhere Schule besuchten, wenn sie das gleiche Leistungsniveau wie jene aus den oberen Schichten erreichten. Außerdem nehmen Eltern aus unterschiedlichen sozialen Segmenten in verschiedenartiger Weise Einfluss auf die Bildungsaspirationen ihres Nachwuchses: Für Mütter und Väter aus niedriger Schicht spielen Arbeitsplatzchancen, erwarteter Verdienst, Dauer und Kosten der Ausbildung sowie Interesse des Kindes eher eine Rolle als für Eltern aus oberen Schichten.

Für die Entstehung von Bildungsferne können Studien zufolge mehrere Variablen als ausschlaggebend bezeichnet werden: Hierzu zählen etwa die Faktoren Muttersprache, Urbanität, Mediennutzung, finanzielle Situation und Bildungsniveau der Eltern. Die berufliche Situation stellt sich für bildungsferne Jugendliche dabei wesentlich ungünstiger dar als für bildungsnahe: Sie sind mit allen Berufsaspekten, vor allem aber ihrem Verdienst, deutlich unzufriedener und weisen ein intuitiveres Entscheidungsverhalten auf.

Großteil der Jugend geht rational und vorsichtig mit Geld um

Studien zufolge geht ein Großteil der jungen Menschen rational und vorsichtig mit Geld um und vermeidet, Schulden zu machen. Dem steht jedoch ein kleinerer Anteil Jugendlicher gegenüber, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, in eine gefährliche Verschuldungsdynamik einzutreten. Besonders bedroht sind dabei junge Menschen mit Migrationshintergrund, finanziell benachteiligtem Elternhaus, prekärem Erwerbsstatus, aktueller Schuldenbelastung und teurer Selbständigkeit. Insgesamt sei festzustellen, dass Konsumverhalten und Finanzkompetenz Jugendlicher wesentlich davon abhängen, ob bzw. inwieweit sie in die familiären Kaufentscheidungen eingebunden waren bzw. über die finanzielle Situation ihrer Eltern Bescheid wissen, heißt es im Bericht.

Rund 236.000 armutsgefährdete Jugendliche zwischen 10 und 27 Jahren

Auf Basis der EU-SILC (Statistics on Income and Living Conditions) 2007 schätzen ForscherInnen die Zahl der armutsgefährdeten Jugendlichen in Österreich auf rund 236.000. Das entspricht 13% der 10- bis 27-Jährigen. Das Gefährdungsrisiko der Jugendlichen liegt mit 12% allerdings deutlich geringer als jenes von Kindern (16%). Betroffen sind vor allem Mädchen und junge Frauen. Außerordentlich hoch liegt die Gefährdungsquote außerdem im Bundesland Wien (25%). Ein besonderes Armutsrisiko trifft darüber hinaus Haushalte mit nur einem Elternteil und Jugendliche, die weder mit ihrem Vater noch mit ihrer Mutter zusammenleben. Das geringste Risiko tragen Jugendliche, die erwerbstätig sind und im Haushalt der Eltern leben.

Neben der Feststellung der Armutsgefährdung gelte es aber auch, die finanzielle Deprivationsquote von jungen Menschen in Österreich zu betrachten, heißt es im Bericht. Diese liege mit 313.000 Jugendlichen sogar noch etwas höher als die Armutsgefährdungsquote: Betroffen sind vor allem Jugendliche, die die Volljährigkeit bereits erreicht haben, denn in der späten Jugendphase klafften Notwendigkeiten und finanzielle Verwirklichungschancen besonders stark auseinander. In einer manifesten Armutslage (deprivierte Lebensführung bei zeitgleich geringem Einkommen, die zu einer länger andauernden Benachteiligung führt) befinden sich rund 92.000 Jugendliche.

Der Bericht weist in diesem Zusammenhang auf das Bestehen einer Verbindung zwischen der sozialen Herkunft der Eltern und der Armutsgefährdung der Jugendlichen hin: Bei jungen Menschen, deren Vater und Mutter höchstens einen Pflichtschulabschluss besitzen, ist eine vier Mal so hohe Armutsgefährdungs- und eine sechs Mal so hohe Deprivationsquote feststellbar wie bei Jugendlichen, deren Eltern einen Hochschulabschluss vorweisen können. Die soziale Herkunft schaffe dementsprechend gravierende finanzielle Benachteiligungen für junge Menschen, die mitunter auch ihre soziale Teilhabe und Bildungschancen berührten.

Stark benachteiligt sind dabei auch Jugendliche aus Zuwandererhaushalten, und hier vor allem der zweiten Generation: Ist zumindest ein Elternteil migriert, liegt die Armutsgefährdungsquote vier Mal zu hoch (28%) als im Falle junger Menschen, deren Eltern in Österreich geboren wurden.

Besonders ungünstig gestaltet sich auch die finanzielle Situation von Müttern und Vätern im Jugendalter: Die Zahl der armutsgefährdeten jugendlichen Eltern wird im Bericht mit etwa 30.000 beziffert. Ihre Deprivationsquote liegt bei 27%.

Wertehorizont junger Menschen: "Lieben, Leisten, Hoffen"

Freunde und Familie sind für 70% der Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren am wichtigsten, das belegen die Befunde der Österreichischen Jugend-Wertestudie. Arbeit und Schule rangieren mit 50% im Mittelfeld der Wertschätzung, Religion (11%) hat die Bedeutung der Politik (4%) bereits verdrängt, zitiert der Bericht die Ergebnisse der Umfrage.

Was den Wertehorizont männlicher Jugendlicher anbelangt, so ist laut Studie festzustellen, dass mehr als die Hälfte ein traditionelles Rollenverständnis vertritt, dem 40% der Frauen etwas abgewinnen können. Besonders ausgeprägt seien traditionelle Rollenbilder bei nicht-muslimischen jungen Männern mit Migrationshintergrund, heißt es im Bericht.

Ein Drittel der 13- bis 15-jährigen SchülerInnen gibt an, sich bereits mindestens einmal gewaltbereit verhalten zu haben, wobei aber geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen: Männliche Jugendliche weisen eine höhere Tendenz zur Gewaltanwendung auf als Mädchen. Das Ausmaß der Gewaltbereitschaft schätzen die ForscherInnen auf Grundlage verschiedener Studien auf 10 bis 30%.

Die zentralen Dimensionen jugendlicher Werthaltungen bringt die Österreichische Jugendwertestudie auf den Nenner "Lieben, Leisten, Hoffen": Junge Menschen sehnten sich nach Liebe und Glück in Beziehungsnahräumen, begegneten den an sie gestellten Anforderungen mit hoher Leistungsbereitschaft und hofften auf die Einlösung ferner Wünsche, die sich nicht nur auf Religion und Ethik, sondern auch auf sichere Arbeit, zukunftsorientierte Ausbildung und eine veränderte Politik konzentrierten.

Jugendliche sehnen sich nach Verbindlichkeit in Beziehungen

Die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung wird laut vorliegendem Bericht überwiegend positiv charakterisiert, wenngleich Jugendliche den Familienalltag nicht uneingeschränkt als "Hafen der Harmonie" beschrieben: Immerhin jede/r Fünfte gibt an, dass seinen/ihren Eltern "die Hand ausrutsche". Der familiäre Druck sei vor allem in Familien mit Migrationshintergrund stark, erklärt der Bericht.

Jugendliche mit Migrationshintergrund blieben außerdem häufig auf Kontakte im eigenethnischen Milieu konzentriert, was Studien auf Ablehnung durch Einheimische, selbstgewählte Orientierung und aktive Einflussnahme des Elternhauses zurückführen.

Die Jugendforschung attestiert nicht nur eine ausgeprägte Sehnsucht junger Menschen nach verbindlichen und stabilen Primärbeziehungen, sondern auch ein Streben nach Identitätsgewinn durch Identifikation mit post-traditionalen Lebensstilgemeinschaften, so der Bericht.

Jugendliche berichten von Freizeitstress

Nicht nur Schule, Arbeit und Studium werden von jungen Menschen mit Stress in Verbindung gebracht, auch der Bereich der Freizeit kann unter bestimmten Voraussetzungen als belastend empfunden werden. Das sei etwa der Fall, wenn Eltern ihren Kindern – in bester Absicht – Förderangebote verordneten, die zu einem vollständig durchstrukturierten frühjugendlichen Freizeitalltag führten.

Politisches Interesse junger Menschen steigt wieder

Studien attestieren der Jugend ein gestiegenes politisches Interesse seit Senkung des Wahlalters auf 16, das durch verschiedene Variablen wie Ausbildung, Herkunft und Geschlecht beeinflusst werde. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil (29%) zeigte sich 2007 allerdings nicht mit der Staatsform der Demokratie einverstanden.

Der politischen Partizipation in der Schule komme dabei besondere Bedeutung zu, heißt es im Bericht: Wer sich hier engagiere, werde auch im späteren Leben politisch aktiv sein.

Zu dick, zu viel Tabak & zu viel Alkohol

Wie Erhebungen zeigen, können nur zwei von fünf unter 15-Jährige einen ausgezeichneten Gesundheitszustand zu Protokoll geben. Erste ernsthafte körperliche Beschwerden werden allerdings erst im Alter zwischen 15 und 29 Jahren bemerkbar, wobei es sich vor allem um Probleme im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule handle.

Der Anteil der Jugendlichen, die an Übergewicht oder Adipositas leiden, hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen, wofür unausgewogene Ernährung und zu wenig Bewegung verantwortlich gemacht werden. Laut Bericht waren 2007 zwei von zehn der unter 15-Jährigen übergewichtig oder adipös.

Darüber hinaus habe bereits ein Drittel der 11- bis 15-Jährigen Erfahrungen mit der Zigarette gesammelt, die laut ForscherInnen in einem besorgniserregenden Ausmaß über das Probierverhalten hinausgingen: Rund 20% der 15-jährigen SchülerInnen greifen täglich, weitere 7,8% wöchentlich zum Glimmstängel. Bei den 15- bis 29-Jährigen zeige sich hingegen nur ein vergleichsweise geringer Zuwachs an RaucherInnen.

Was das Suchtmittel Alkohol anbelange, liege das Einstiegsalter mit durchschnittlich 13 Jahren sehr niedrig, fanden die ExpertInnen heraus, ihre erste Betrunkenheit erlebten Jugendliche bereits mit 14 Jahren. Rund 15% der unter 15-Jährigen konsumieren wöchentlich oder sogar öfters Alkohol – ein Verhalten, das mit zunehmendem Alter noch ausgeprägter werde.

Jugendsexualität ist weiterhin Beziehungssexualität

Wie eine Studie belege, habe der Trend zur Vorverlegung des ersten Geschlechtsverkehrs abgenommen. Die meisten Jugendlichen (80%) erlebten ihn heute zwischen dem 15. und dem 19. Lebensjahr. Obgleich sich aber die Mehrheit als in sexuellen Belangen aufgeklärt bezeichnet, würden im Rahmen von Umfragen immer noch Defizite deutlich. So gaben in einer Studie etwa 12% der Befragten an, beim ersten Mal nicht oder nur unsicher verhütet zu haben. Die Zahl der Teenager-Schwangerschaften ist dennoch weiterhin rückläufig.

Obgleich die Vorverlagerung der sexuellen Erfahrungen zum Stillstand gekommen ist, würden romantische Gefühle zunehmend früher von Bedeutung, heißt es im Bericht: Der Zeitpunkt der ersten Verliebtheit rücke weiter nach vorne.

Der bereits im dritten Bericht zur Lage der Jugend in Österreich beinhaltete Befund, wonach Jugendsexualität vorwiegend Beziehungssexualität ist, sei weiterhin zutreffend.

Mehr Anzeigen aber rückläufige Verurteilungszahlen

Mit dem Boom bei den Jugendlichen betreffenden Anzeigen der letzten Jahre korrespondiere keine entsprechende Verurteilungspraxis, stellt der Bericht fest: Die Zahl der Verurteilungen ist seit 2002 rückläufig. Der Anteil der von jungen Menschen begangenen, registrierten Straftaten bleibt relativ konstant.

Öffentliche Hand stellt 43 % der Gesamtausgaben für Jugendarbeit

Die Jugendarbeit steht vor der Aufgabe, Jugendliche als Menschen wahrzunehmen, die in ihrer eigenen Persönlichkeitsentwicklung begleitet und unterstützt werden sollen. Die Anforderungen, die an sie gestellt werden, umfassen daher die Orientierung an ihren Bedürfnissen sowie die Möglichkeit, Freiräume zu gestalten. Das Abstellen auf die Lebenswelt der Jugendlichen ist dabei ebenso von Bedeutung wie ein offenes und niederschwelliges Angebot. Wesentlich ist darüber hinaus auch die Partizipation der Betroffenen im Rahmen diesbezüglicher Maßnahmen.

Der Anteil, den die öffentliche Hand für die Finanzierung der Jugendarbeit stellt, liegt mit 43% im europäischen Vergleich ziemlich hoch. Freiwilligen- und hauptberufliche Erwerbsarbeit durch Fachkräfte spielen in diesem Tätigkeitsbereich eine zentrale Rolle.

Das Angebotsspektrum, theoretische Modelle und Praxis der österreichischen Jugendarbeit werden im zweiten Teil des insgesamt 618 fassenden Berichts ausführlich dargelegt. (Schluss)