Parlamentskorrespondenz Nr. 668 vom 29.06.2011

Österreich strebt 3,76% F&E-Quote bis 2020 an

Forschungsausschuss debattiert über Forschungsbericht

Wien (PK) – Die Behandlung des Forschungs- und Technologieberichts 2011 im Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie war heute Ausgangspunkt für eine Standortbestimmung der heimischen Forschungspolitik. Während sich die Abgeordneten der Koalitionsparteien sowie die beiden Regierungsmitglieder Karlheinz Töchterle und Doris Bures zur Erreichung einer F&E-Quote von 3,76% bis 2020 bekannten und den vom Bericht ausgewiesenen Aufwärtstrend bei den Forschungsausgaben begrüßten, äußerte sich die Opposition skeptisch bezüglich der Zielerreichung und forderte noch weitere Anstrengungen.

    

Bundesminister Karlheinz Töchterle sprach erfreut von einer dynamischen Entwicklung des Forschungssektors in den letzten zehn Jahren und meinte, der Bericht zeige, dass Österreich auch in Krisenzeiten als Forschungsstandort aktiv gewesen ist. Erstmals sei es gelungen, die 8 Mrd. €-Grenze zu überschreiten, im EU-Ranking liege man derzeit auf Platz 5. Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, sei es unabdingbar, in die Bereiche Forschung, Technologie und Innovation zu investieren, stand für Töchterle fest, der in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der FTI-Strategie der Bundesregierung hervorhob. An Schwerpunkten für die Forschungspolitik nannte der Minister nun vor allem einen weiteren Ausbau der Grundlagenforschung sowie verstärkte Innovationen in die Exzellenz. Zum Ziel von 3,76% F&E-Quote bis 2020 bemerkte Töchterle, dies stelle keine Utopie dar, er bestreite aber nicht, dass diese Marke sehr ambitioniert sei und knapp am Erreichbaren liege.

Bundesministerin Doris Bures konstatierte, Österreich sei gut in Richtung "Innovation Leader" unterwegs und habe erstmals eine höhere Forschungsquote als die USA. Die FTI-Strategie der Bundesregierung erlaube nun als Querschnittsmaterie eine politische Gesamtsicht. Ziel sei es, bis 2020 eine Forschungsquote von 3,76% am BIP zu erreichen, dies bei einem Drittel öffentlicher Beteiligung und zwei Dritteln privater Finanzierung, kündigte auch Bures an. Innovationsschübe strebte sie vor allem in den Bereichen Mobilität, Energie und neue Produktionstechnologien an. Klar war für die Ministerin, dass nach dem antizyklischen Gegensteuern in der Krise durch Anhebung der öffentlichen Förderungen nun in der Zeit nach der Krise die Unternehmen aufgefordert sind, ihren Beitrag zu leisten und verstärkt in Forschung und Innovation zu investieren.

Österreich habe seinen technologischen Aufholprozess abgeschlossen und zeichne sich durch ein sehr generöses Fördersystem aus, meinte auch Andreas Schibany (Ioanneum Research), der den Bericht als Experte präsentierte. Mögliche Potentiale und damit verbundenen Handlungsbedarf ortete er vor allem in den Bereichen Grundlagenforschung und auf dem akademischen Sektor, bei der Entfesselung von Innovation durch die Unternehmen und der Schaffung eines stabilen makroökonomischen Umfelds für die Forschung.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) warnte in der Debatte, wenn die Budgetzahlen hinsichtlich der Grundlagenforschung so bleiben, wie sie derzeit sind, dann werde man das Ziel bis 2020 sicher nicht erreichen. Er vermisste zudem eine entsprechende Finanzierungssicherung des Exzellenzinstituts in Gugging.

Abgeordneter Gerhard Deimek (F) sah ebenfalls noch Handlungsbedarf, dies insbesondere im Grundlagenbereich und bei der Bereitstellung von Risikokapital zur Schaffung wissenschaftlicher Arbeitsplätze.

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Abgeordneter Rainer Widmann (B), der zu bedenken gab, mit dem jetzigen Budgetpfad sei das Ziel von 3,76% Forschungsquote im Jahr 2020 nicht zu schaffen. Wichtig wäre es, die Forschungsfinanzierung langfristig auf sichere Beine zu stellen und die Forschung von staatlicher Seite "ordentlich zu pushen".

Abgeordnete Karin Hakl (V) trat dafür ein, die Forschungsförderung verstärkt in jenen Bereichen anzusetzen, wo die Aktivitäten der heimischen Unternehmen erfolgreich sind, so etwa auf dem Gebiet der Life Science.

Abgeordneter Harry Rudolf Buchmayr (S) wies auf die für Österreich hohe Bedeutung eines engen Zusammenspiels zwischen den Unternehmen und der Wissenschaft hin und sprach dabei vor allem den Bereich Metalle an. Wichtig war es für ihn, die Förderungen an die Wirtschaft auch mit konkreten Zielen zu verbinden.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Ein im weiteren Verlauf der Sitzung behandelter Antrag des BZÖ betreffend Anpassung der Forschungsförderungsrichtlinie an die tatsächlichen Gegebenheiten von kleinen und mittleren Unternehmen (1382/A(E)), in dem Abgeordneter Rainer Widmann vor allem vereinfachte Richtlinien für KMU verlangte, wurde unter Hinweis auf noch bestehenden Diskussionsbedarf mehrheitlich vertagt.

Londoner Übereinkommen: Kein Zeitdruck für Beitritt

Mit S-V-F-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde auch der Endbericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Vor- und Nachteile eines möglichen Beitritts zum "Londoner Übereinkommen" für Österreich. Der Vertrag - ein Zusatzabkommen zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) - regelt die Einreichung von Übersetzungen von Europäischen Patenten in den einzelnen Mitgliedsstaaten und bezweckt die Reduzierung der Kosten der Patentierung. Der Bericht kommt im Wesentlichen zum Ergebnis, dass die Vorteile eines Beitritts weitgehend überwiegen.

Bundesministerin Doris Bures sprach von noch offenen Fragen hinsichtlich der Einführung eines EU-Patents und sah derzeit keinen Zeitdruck, dem Übereinkommen beizutreten. Insgesamt gelte es, die diesbezüglichen Entwicklungen auf EU-Ebene abzuwarten und die Frage dann neu zu bewerten. Der von Abgeordnetem Rainer Widmann (B) gemachte Vorschlag, darüber eine Parlamentarische Enquete abzuhalten, fand bei den Grünen Resonanz. (Schluss)